Nr. 23.
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12. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Beutb- Straße 2.
Wie Haus Blum şitirt.
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Sonntag, den 27. Januar 1895.
Welchen Werth diese amtlichen Zeugnisse" des Herrn Blum haben, wollen wir im nachstehenden zeigen, indem wir neben den Blum'schen Zitaten die wirklichen Aeuße rungen, wie sie in den stenographischen Berichten enthalten find, wiedergeben.
Herr Blum führt als ersten Zeugen für seine Anschuldigung unseren Genossen Grillenberger an, von dem er schreibt:
Wir haben in unserer gestrigen Nummer bereits nachgewiesen, daß die entscheidenden Stellen, welche Hans Blum dem französischen Politischen Jahrbuch" entnommen hat und durch welche er den Beweis dafür geliefert zu haben behauptet, daß General Boulanger mit deutschen Sozialdemokraten Beziehungen angeknüpft habe zu dem Zwecke, damit sie, wenn Frankreich den Krieg an Deutschland er- Als zu Ausgang des Jahres 1886 die Kriegsgefahr tlärt hätte, im Hintergrunde der deutschen Heere die Revo- aufs höchste gestiegen war, schloß Herr Grillenberger im Intion entfesselten, und so die Wehrkraft unserer gegen Reichstag am 4. Dezember eine Donnerrede gegen die deutschen Frankreich kämpfenden Brüder schwächten und sie zwischen Heeresbedürfnisse mit den Worten: zwei Feuer brächten," theils gefälscht wiedergegeben sind, theils dadurch jeder Beweiskraft entbehren, daß diese Angaben, durch andere, aber von Blum unterschlagene Stellen deffelben Buches widerlegt werden.
" Jeder derartigen Forderung der Regierung gegenüber haben wir nur ein Wort, das entschiedene, unabänderliche non possumus! Eine Kommissionsberathung halten wir eigentlich für überflüssig, aber wir werden uns daran betheiligen, um zu hö.en, und um diese Aufschlüsse beim Volfe zu verwerthen."( Stenogr. was für Aufschlüsse vom Kriegsminister gegeben werden sollen, Bericht. S. 102.)
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Obwohl Blum nur amtliche Zeugnisse beis bringen will und er die vorstehende Aeußerung des Kriegsministers, wie alle seine übrigen Zitate, in Gänsebeinchen giebt, was doch den Anschein erwecken soll, als zitire er wörtlich, so ist das doch keineswegs der Fall. Herr Blum giebt auch die Rede des Kriegsministers in gefälschtem Texte wieder, in Wirklichkeit lautete dieselbe:( Ste. B. S. 108). Ich muß gerade zunächst auf denjenigen Herrn näher eingehen, welcher der Vorlage ein feftes non possumus entgegen gefegt hat, welcher gleichwohl die Bereitschaft seiner Fraktion ers flärt hat, an den Verhandlungen in der Kommission theilzunehmen, nicht um daran mitzuarbeiten im Interesse einer Verständigung, sondern, wie er sagte, um Kenntniß zu erhalten von dem, was dort gesprochen wird, um es im Interesse des Volkes zu verwerthen.
Mit Rücksicht auf diese Aeußerung möchte ich doch hier die flärungen, die ich da in vollster Offenheit zu geben bereit bin, & rage aufwerfen, wie denn der Herr Abgeordnete und event. andere Herren seiner Fraktion zu der Pflicht stehen, die Ers vertraulich zu behandeln.( Sehr richtig! hört, hört!)
Daß die Angaben, auf welche sich Hans Blum stüßt und durch welche er die deutsche Sozialdemokratie moralisch vernichtet" zu haben glaubt, von General Boulanger her Die vorstehend angeführte Aeußerung Grillen rühren, und daß dieser die Schrift, aus welcher Blum zitirt, berger's lautet im amtlichen Stenogramm: Ich kenne die politischen Gesinnungen und politischen Grundzum Zwecke der eigenen Bertheidigung gegen die schwerste Eine Kommissionsberathung hielten wir eigentlich für voll- darauf eine Antwort zu geben; aber das erkläre ich schon jetzt: sätze dieser Partei nicht hinlänglich, um mir selbst im Augenblick Auflage, welche gegen einen Staatsbürger und Soldaten ge- kommen überflüssig, aber wir werden uns troßdem betheiligen, wenn der Herr Abgeordnete seine Theilnahme an der Koms richtet werden kann, geschrieben hat, das müßte für jeden um zu hören, was eigentlich für Aufschlüsse seitens des Herrn mission nur dazu benüßen will, um dasjenige, was hier im anftändigen Mann schon genügen, Angaben aus solcher Kriegsministers gegeben werden sollen, und um diese Aufschlüsse Interesse des Deutschen Reiches im Plenum nicht vers Quelle mit größter Vorsicht zu begegnen. Seit wann beim Volke dann zu verwerthen.( Buruf.) Im übrigen, m. H., handelt wird, sondern in der Kommission vertraulich be= gelten Angaben eines Angeklagten, die dieser zum Zwecke haben wir gegenüber jeder derartigen Vorlage nur sprochen wird, an die Deffentlichkeit zu bringen, so würden mir feiner Bertheidigung vorbringt, als zweifelfreie Thatsachen, einen Standpunkt, nur eine Antwort, und das ist ein recht unangenehme, mir persönlich recht unangenehme Schranken die einer Nachprüfung nicht bedürfen? entschiedenes, unabänderliches non possumus." in bezug auf die Tarlegung der Verhältnisse da auferlegt worden." Herr Haus Blum hat aber nicht nur diese Nachprüfung Herrn Blum, wie wir noch weiter zeigen werden, zur unser Genosse in Gestalt einer persönlichen Bemerkung in Die Echeu vor jedem ehrlichen Zitiren, welche bei Auf diese Ausführungen des Herrn Kriegsministers gab unterlassen, er hat sogar, wie wir nachgewiesen haben, Stellen, wahren Manie ausgeartet ist, hat ihn dazu gebracht, die derfelben Sigung sofort nachfolgende Erklärung ab( St. B. die das Gegentheil von seinen Echlußfolgerungen beweisen, von Grillenberger ausgesprochenen Säße einfach umzukehren S. 114/15): unterschlagen. Dieses Verfahren nach Gebühr zu und den Anfang an das Ende und dieses an die Spitze zu würdigen, fönnen wir ruhig den anständigen Angehörigen setzen. Indeß fommt dieser Punkt kaum in betracht gegen- fagte, hat den Anstrich gehabt, als ob wir gewissermaßen landes. Die Art und Weise, wie der Herr Kriegsminister das aller Parteien überlassen. Im nachstehenden wollen wir nun zeigen, wie Herr über den sonstigen Leistungen, die wir noch aufzudecken haben. verrätherische Abfichten hätten bei etwaigen solchen Aufschlüffen. Blum die deutsch en Quellen behandelt hat, aus welchen Blum fährt, nachdem er die Aeußerung Grillenberger's Ich muß darauf erklären: Der Herr Kriegsminister hat gestern. er die Beweise beibringen will, daß:„ die deutsche Sozial- Bitirt hat, fort wie folgt: als er davon sprach, daß in der Kommission Aufschlüsse gegeben demokratie( tereit war) zu der kritischen Zeit, von der schon tags zuvor, am 3. Dezember, erklärt( Sten. Bericht Aufschlüsse sein würden. Wenn in der Kommission solche ver " Der Kriegsminister Bronsart v. Echellendorf hatte werden würden, nichts davon erwähnt, daß das vertrauliche Boulanger spricht, daß wir dem Kriege niemals näher G. 70), daß er in der Kommission diese Aufschlüsse nur minister ja sagen: Das ist etwas, was ich als vertraulich traulichen Aufschlüsse tommen, dann kann der Herr Kriegswaren", d. h. zu Anfang 1887 und beim Schnäbele Fall geben fönne mit Rücksicht auf die Verschwiegenheit der aufzusaffen bitte. Wenn mir das nicht paßt, kann ich sagen: ( 20. April 1887) zur Ausführung der feinen Dienste, Kommission. Herr Grillenberger aber wollte in dieser Das akzeptire ich nicht; dann kann der Herr Minister seine Aufdie Boulanger von seinen Soldknechten im Lager Kommission, obwohl er und seine Genossen der Militär- fchlüsse für sich behalten.( Lebhafter Widerspruch.) der deutschen Sozialdemokratie erwartete."
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Parteien.
Die Dienste, von denen in dem vorstehenden Bitat die forderung doch nur ein unabänderliches non possumus" Ich führe das nur als Möglichkeit an, erkläre aber zut Rede ist, sollten nach Blum darin bestehen, daß die durch Kriegsministers beim Volted. h. natürlich auch beim Gegentheil, wenn der Herr Kriegsminister mit solchen vers Rede ist, sollten nach Blum darin bestehen, daß die durch gegenüberstellten, nur erscheinen, um die Aufschlüsse des gleicher Zeit, daß uns das gar nicht einfällt; in Boulanger getauften Führer der deutschen Sozialdemokratie französischen Volte zu verwerthen". Kriegsministers beim Volke vom„ Vorabend des Kriegsausbruches" an das revolutionäre Kriegsminister nagelte den fränkischen Cicero sofort auf diesem genau so refpettiren, wie die Herren von den anderen zu verwerthen". Der traulichen Aufschlüssen kommt, dann werden wir dieselben, wenn sie uns als solche bezeichnet werden, und vaterlandslose Programm ihrer Partei in Thaten um Geständniß fest( Sten. Bericht S. 108) mit den Worten: setzten und damit die Widerstandskraft der deutschen Heere gegen Frankreich brachen, mindestens erheblich abschwächten." " Der Herr hat die Bereitschaft seiner Partei erklärt, an den Was ich mit der Verwerthung sagen wollte, bezog sich 2aß auf Seite der Führer unserer Partei die Bereitwillig- Verhandlungen der Kommission theil zu nehmen, nicht um daran darauf, daß wir den Geist, der sich in den Kommissionskeit zu diesem Vaterlands- Verrath verhanden war, das will dort gesprochen wird, um dasjenige, was im Interesse des schildern werden, mitzuarbeiten, sondern um Kenntniß von dem zu erhalten, was verhandlungen widerspiegelt, selbstverständlich unseren Wählern und wir Herr Blum durch eine Reihe a mtlicher Zeugnisse, Deutschen Reich es nicht im Plenum verhandelt, sondern in der sein müssen, unsere politische Stellung nach diesen Verhandselbstredend auch berechtigt die die Führer der deutschen Sozialdemokratie selbst auszu- Kommission vertraulich besprochen wird, an die Oeffentlichkeit zu lungen zu richten. Etwas anderes wollte ich damit nicht ausstellen die Freundlichkeit hatten", beweisen. bringen."
Feuilleton.
Am Exil.
von Marie Runert.
[ Nachdruck verbo ten.]
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trächtigkeit begangen halen, wenn ich nicht gefürchtet hätte, nicht nur mir, sondern auch den Meinigen den Lebensunterhalt abzuschneiden. Glaubst Du mir, Messant? Armer Bursche! sagte René mitleidig.
drücken."
einige Aufsätze und Skizzen zu veröffentlichen. Eine schwache Bewegung der Sympathie schien sich für ihn geltend zu machen, seit man wußte, daß er verwundet war, und die letzten Monate waren einträglich genug gevesen, um ihm zu gestatten, daß er seine Genesung geduldig abwartete.
O ja, armer Bursche! erwiderte Cayrolaz. Ein armer Bursche, der das Gewand eines bezahlten Spaßmachers Roman von Georges Renard. Autorisirte Uebersehung jetzt fest auf dem Gesicht. Schließlich bin ich wirklich so Herzensbruder, ihm nur ein lakonisches Billet geschickt, bas trägt! Da ich sie so lange getragen, klebt die Maste Allein, warum hatte sein Freund Henri Roveran, sein geworden, wie ich sein wollte. Ich habe schließlich mit sich unter der Fülle der übrigen Bezeugungen der TheilCayrolaz schwieg einige Augenblicke. Er schien vor der Ehre und dem Leben von Menschen gespielt, die hundert nahme und der Wünsche fast verlor? Hené wußte, daß er einem Geständniß, das ihm schwer wurde, zu zögern. Endlich mal besser waren, als ich, und ich weiß wirklich nicht sich nach ihm erkundigt hatte, als seine Thür noch vor begann er mit der plöglichen Entschlossenheit eines mehr, ob ich noch im stande bin, wieder in die Haut des anderen verschlossen gehalten wurde. Aber seitdem waren Wiannes, der sich in das Wasser stürzt, mit leiser Stimme: braven Burschen, der seinen Freunden, wenn nicht gar nur diese wenigen Zeilen gekommen. Zweifellos war Henri Du mußt alles erfahren. Ich fürchtete meine Stellung feinen Jocen treu bleibt, zurückzukriechen. Doch habe ich für die Osterferien nach der Schweiz gegangen. Und denn beim Unparteiischen" zu verlieren, weil ich Geld es versucht. Am Tage nach unserem Tuell habe ich den noch verwunderte und betrübte dieses Schweigen den brauchte, viel Geld. Du fragst, warum? Nun, ich über- Unparteiischen" laufen lassen. Es war mir, als müßte Rekonvaleszenten. liefere Dir mein Geheimniß. Ich habe eine Frau und vier ich dort fortan in Dein Blut getauchtes Brot essen. Ich Endlich erkannte er den Poststempel Vevey auf einem Kinder. Eine Frau, die ich nicht heirathen kann, weil sie weiß wohl, daß dadurch nichts besser wird, leider. Willst schwarzumränderten Briefe, den er in fieberhafter Haft nicht verheirathet ist, eine Französin, die mich dort drüben in Tu mir trotzdem verzeihen, Messant, und mir die Hand ohne eine Vorahnung öffnete. Das Schreiben lautete Amerika geliebt, die mir alles geopfert hat, die mir nach reichen? Paris gefolgt ist und der ich, das wirst Du zugeben, ein Stück Brot und auch ein wenig Komfort schuldig bin. Für sie und unsere Kleinen habe ich soviel zusammengeschrieben, den Rücken gebeugt, bin ich eine Schreibmaschine geworden, ein Mädchen für alles. Wir wollten
eben leben.
Cayralaz las auf René's Antlig ein nur schlecht verhülltes Staunen. Er fuhr traurig fort:
René reichte ihm schweigend die Hand. In diesem Augenblick erschien Frau Messant, die durch die lange Tauer der Unterhaltung, die den Kranken ermüden mußte, beunruhigt war. Ihr Sohn wies auf Cayrolaz, der gedemüthigt und traurig mit gesenktem Kopfe fortging.
Mutter, sagte er, gieb ihm auch die Hand. Er ist unglücklicher als ich. XVIII.
folgendermaßen:
Mein lieber Lehrer und Freund,
Nein, wir haben Sie hier nicht vergessen, wir haben in der letzten Zeit viel an Sie gedacht. Doch waren wir selbst durch sehr ernste Ereignisse in Anspruch genommen. Meine Schwester ist seit drei Wochen Wittwe
René unterdrückte einen Schrei. Annette, Wittwe! Annette frei! Wollte das Glück ihm wirklich noch einmal leuchten? Mit der mitleidlosen Grausamkeit der LeidenIch verstehe, Du erkennst Cayrolaz nicht wieder, der Und wieder verging ein Tag nach dem andern. René schaft gegen alles, was sich ihr in den Weg stellt, sah er in immer fagte: Jch pfeife auf alles. Siebst Tu, ich will begann aufzustehen und umherzugehen. Aber als er zum dem Tode des Mannes, der ihn von der jungen Frau mich nicht besser machen, als ich bin. Ich bin der Ver- ersten Male die Treppe hinabsteigen wollte, war seine Wunde trennte, nur das Verschwinden eines Hindernisses. suchung gegenüber schwach. Ich liebe ein behagliches Leben, aufgebrochen, und er war von neuem zur Ruhe verurtheilt. Er wollte weiterlesen. Aber der Brief zitterte ihm ich mache es mir zum Vorwurf. Ich habe nicht, wie Verdier Tennoch litt er weniger, als er gefürchtet hatte, unter in der Hand, die Buchstaben tanzten ihm vor den Augen. und Du, den Muth, arm zu sein. Aber, glaube mir, ich dieser gezwungenen Muße. Er konnte lesen, schreiben, und Er mußte einige Minuten warten, um die Fortsetzung lesen würde niemals einen Freund verrathen, eine Nieder- es war ihm sogar durch Cayrolaz' Vermittelung gelungen, zu können.