Maße zurückziehen,«18 der Minister die seinige zurückzieht. DaSist mein letztes Wort. Der Präsident mahnt dann zu allseitigerMäßigung und schließt den Zwischenfall.Trotz dieser Vorgänge denkt man in Belgien an keineVerschärfung der Disziplinarbefugnisse des Präsidenten.—Lord Nandolph Churchill. Unser Londoner Kor«respondent schreibt uns über den verstorbenen englischenStaatsmann:Die politische Karriere dieses Mannes, der seit Wochen nurmit Aufwand aller möglichen medizinischen Künste im Todeskampferhalten wurde— ein nicht sehr beneidenswerthes Privilegiumder Groben— ist ein merkwürdiges Beispiel, wie schnell parlamen-tarische Positionen erobert und wie schnell sie verloren werden können.Wen» Randolph Churchill lange vordem zu leben aufgehört, bevor erdie Augen geschloffen, so war er schon politisch todt, bevor hoff«nungslose Krankheit ihn von der politischen Bühne abtreten ließ.Seine glänzendste Epoche war die der erste» Hälfte der achtzigerJahre, wo er die„unverantwortliche" Opposition der„viertenPartei" fast mehr noch gegen die offizielle Leitung der Tory-partei als gegen da? in Amt befindlich« Kabtnet Gladstone führte.Rücksichtslose Verachtung allerTradilioncn der konservativen Parteiund des politischen Konventionalismus, sowie namentlich der Bour-geoisrespektabililät, machten den Abkömmling der Marlboroughs zumwahren Schreckenskind im konservativen Lager, verschafften ihmaber zugleich eine Popularität und einen Einfluß, die es denParteileilern unmöglich machten, ihn einfach bei Seit« zu schieben.Man mußte ihm l88S einen Sitz im Ministerium Salisburygeben, und alle Zeichen deuteten daraus hin, daß der erst36jnhrige sehr bald Ministerpräsident fei» werde, als1886 Gladstone sich zu Homerule bekehrte, die Masse dergroßen Whigs auS der liberalen Partei austraten undsick, als liberale Unionisten mit den Tories alliirten. Diese Allianzbedeutete den Wendepunkt in Churchill's Karriere. Jetzt konnteman ihn abstoßen, und man stieß ihn ab. Oder vielmehr, jetztduckte man ihn. Und er war nicht stark genug, sich von neuemaufzulehnen. Wohl legte er nach kurzer Zeit dasPortefeuille, das man ihm gegeben, nieder, und wurdewieder unverantwortlich. Aber mit der Keckheit derJugend war auch der Zauber seiner Persönlichkeit dahin. Erdatte sich erschöpft, nach allen Richtungen hin. Gegen Gladstonehalte er Parnell und den Inländern beigestanden, nach 1886erklärte er den Jrländern:„ich habe euch bisher geholfen, soviel ich konnte, jetzt werde ich euch, so viel ich nur kann, de-kämpfen." Damit band er sich selbst an den Wagen der Tory-Koalition, und gegen die Balfur- Salisbury'schen Zwangsgesetzefand er kein Wort. Schließlich verlor die parlamentarischeThätigkeit jeden Reiz für ihn, und auf Rennplätzen und inSportklubs ruinirte er seine nie sehr starke Konstitution vollends.Hat er so das Ziel seines Lebens verfehlt, so hat er dochans den Gang der englischen Politik großen Einfluß ausgeübtund dauernde Spuren seines Wirkens hinterlassen. Durch seineOpposition hat der Torydemokrat Gladstone eine demokratische Politikaufgezwungen und damit die ganze Partcimaschine vorwärts-geschoben. Ohne seine Revolte gegen die konservativen Partei-führer wäre vielleicht auch die Wahlreform von 1334 wenigerglatt abgegangen. Jetzt steht sein einstiger Adjutant Balfourauf dem Sprung, die Zügel der konservativen Partei in dieHand zu bekomme», er ist gestiegen, wie Churchill fiel. Stattdes Cynikers, gelangt der Skeptiker— der Philosoph desZweifels')— ans Ziel.—Ter Nationalkongresz der italienischen Sozia-listen. Die italienischen Sozialisten hielten,wie wir schon vor einiger Zeit berichtet haben, am Sonn-tag, den 13. Januar in Parma ihren Nationalkongreßab. Vertreten waren die Sozialisten von Mailand, Turin,Neapel, Florenz, Pavia, Creniona, Jvrea, Sampierdarena,Novara, Mantua, Rovigo, Lodi, Ferrara, Alba, Siena,Pisa, Ancona, Parma und anderen Städten.Jetzt sind wir in der Lage, etwas näheres über denKongreß mittheilen zu können. Der Zweck des Kongresseswar vor allem, gegenüber der brutalen UnterdrückungspolitikCrispi's eine geeignete Parteiorganisation zu schaffen, undferner die Taktik für die nächsten allgemeinen Wahlen zubestimmen.— Obgleich der Kongreß geheim abgehaltenwurde, weil alle sozialistischen Versammlungen verbotensind, war er doch von 59 Delegirten besucht.Aus dem Kongreß wurden nun folgende Beschlüssegefaßt:„Die italienischen Sozialisten konstituiren sich als„Italienische Sozialistische Partei". Die Or-ganisation besteht in lokalen Gruppen, deren Mitglieder dieeinzelnen Parteigenossen der betr. Orte sind. Der jährlicheMinimalbettrag beträgt 1,20 Lire(96 Pfennig).Die Partei hat einen Nationalrath und einexekutives Zentralbureau.Tie sozialistischen Gruppen jedes Wahlkreises senden ihreRepräsentanten zu den regionalen und nationalen Kongressen.In den ersten werden die Mitglieder des Nationalraths, in denletzteren die Mitglieder des exekutive» Zentralbureaus gewählt.Das exekutive Zentralbureau hat in den Versammlungen desNationalraths nur berathende Stimme."Diese Resolution, durch die also die Gewerkvereine ic.von der politischen Partei ausgeschlossen sind, wurde mitallen gegen drei Stimmen angenommen.Ferner wurde folgende Resolution angenommen:„Tie Sozialisten nehmen an den kommunalen, provinzialenund politischen Wahlen als selbständige Partei theil und stellenüberall selbständige Kandidaten auf. Es ist aber gestattet, in de»Stichwahlen solche bürgerliche Kandidaten zu unterstützen,welche die bestehenden Freiheiten zu vertheidigen versichern."Einige Anwesende wollten, daß in solchen Wahlkreisen,wo die sozialistische Partei keine Aussicht auf Erfolg hat,radikale Abgeordnete ohne weiteres unterstützt werdensollten. Jndeß wurde die obige Resolution mit 34 gegen20 Stimmen angenommen.—Crispi arbeitet nach alten Mu st er n. Stetshat man bei Gefahren innerer Verwickelungen das Volkniit äußeren kriegerischen Erfolgen von der Betrachtung derinneren Lage abzulenken gesucht; so machte es Napoleon III,so der Czar im Jahre 1877. Ob das gleiche in Italiengelingen wird, bleibt dahingestellt. Interessant ist aberjedenfalls die folgende Meldung:In Regierungskreisen scheint man sich sehr viel von denSiegen des Generals Baratieri zu versprechen und hofft durchdas glückliche Vorgehen in Massauah die erschütterte Autoritätbezüglich der innere» Politik wieder zu gewinnen. Ter Minister»ralh soll beschlossen haben, das Protektorat aus die in de»Kolonien von Uglhua wohnende» Stämme auszudehnen und alsdann die zuerst nach Afrika bestimmten 10 000 Mann dorthin zusenden.—Getreidezölle in Spanien. Die Schutzzollpolitik machtSchule. Aus Madrid wird telegraphirt: Der Ministerrath hatüber die Erhebung von Schutzzöllen aus Getreide Be<schluß gefaßt. Es soll ein Zoll und zwar nur auf einebegrenzte Zeitdauer auf die Einfuhr festgesetzt werden;man wird verlangen, daß die Eisenbahngesellschafle» die Tarifevom Inneren des Landes»ach der Küste herabsetzen und dieTarife von der Küste nach dem Innern erhöhen.— Ter Minister') Balfour hat eine Abhandlung„on doubl" verfaßtfür Ackerbau hat infolge dieseSs Beschlusses seine Absicht zudemissioniren aufgegeben.Giers, der seit dem 9, April 1882 als NachfolgerGortschakow's das russische Auswärtige Amt leitete, ist gesternim Alter von 75 Jahren nach langen Leiden verschieden. Erwurde von den Panslavisten, deren Kriegsgelüste er stetsmit Geschick zu bekämpfen verstand, scheel angesehen. Jeden-falls hat er um die friedliche Haltung Rußlands währenddes letzten Dezenniums sich weit eher Verdienste erworben,als der um deswillen von der servilen Presse so mit Unrechtverherrlichte Alexander III. Den russisch-französischen Freund-schafts-Betheuerungen stand er kühl gegenüber. Einfluß aufdie innere Politik Rußlands zu nehmen, scheint er stetsvermieden zu haben.—Aus Tripolis(Nordafrika) wird gemeldet:Das englische Kriegsschiff„Dolphin" traf am 18. d, Mts.vor Tokra ein. Der Kommandant und mehrere Offiziere, welchegelandet waren, mußten wieder an Bord gehen, weil die türkischeGarnison eine feindselige Haltung gegen sie einnahm. NachBenghasi zurückgekehrt, setzte der Schiffskommandant es durch,daß der Gouverneur Weisungen ergehen ließ. dem AnlaufenTvkra's durch den„Dolphin" kein weiteres Hinderniß in denWeg zu legen. Gleichzeitig wurde der Oberbefehlshaber dertürkischen Truppcnabtheilung in Tokra beauftragt, sein Verhaltenzu entschuldigen.—VsvlsurenkavifNxes.Tie Umsturzkommission tagte heute Vormittag wieder.Ter Vorsitzende iheilt zunächst mit, daß vom Reichs-Justizamtdas Begründungsmatenal eingegangen sei. Dasselbe wird, lautfrüherem sBeschluß, dem Protokoll zur Einsichtnahme für dieMitglieder einverleibt. Der Vorschlag, bereits jetzt einenBerichterstatter zu bestimmen, wird angenommen und werdendie Abgeordneten Spahn und Enneccerus mit der Abfassung desBerichts beauftragt. Bei Beginn der Diskussion erklärt Spahnnamens der Zentrumsmit�lieder, daß dieselben denAntrag Greiß zu Z lila zurückziehen und für den An-trag Boltz stimnien werden.Hüpede» erklärt es als die Absicht der Vorlage, nichtnur die Sozialdemokratie zu bekämpfen, sondern der lang-samen Untergrabung der Staatsordnung überhaupt ent-gegen zu treten. Dieser Absicht zu dienen sei der§ III a bestimmt und derselbe müßte deshalb»»geändertangenommen werden. Der Paragraph soll sowohl gegen dieSozialdemokraten und Anarchisten, wie gegen sogenannte wiflen-schaftliche Arbeiten gewisser Professoren Anwendung finden. Imweiteren Verlaufe seiner Ausführungen ergeht sich der Rednerüber alles Mögliche und noch einiges, ohne zu dem in Fragestehenden Paragraphen etwas Bemcrkenswerthes zu sagen.Während dieser Rede ist der Kompromiß-Antrag Boltz-Spahnformulirt eingelaufen, danach soll bestrast werden, wer„in solcherWeise oder unter solchen Umständen(Verbreche» oder Ver-gehen) als rühmlich oder berechtigt darstellt,daß die Darstellung geeignet erscheint, andere zurBegehung solcher strafbaren Handlungen anzuregen."Dr. Barth läßt, angesichts dieses Kartellprodukles seinenAntrag zu§ lila fallen und nimmt den vom Zentrum zurück-gezogenen Antrag zu diesem Paragraphen auf.Munckel erklärt den neuen Antrag Spahn-Boltz fürabsolut unannehmbar und weit schlimmer als die Re-gierungsvorlage.Stumm spricht sich für de» Kompromißantrag aus.Bebel konstatirt, daß mit dem Kompromißantrag dasBündniß des neuen Kartells, Konservativ-Nationalliberal-Ultra-montan, bestätigt werde. Weiler weist Redner die Angriffe desAbgeordneten Hüpede« auf unsere Partei zurück. Für die Be-urtheilung durch den Richter komme es in der Regel nichtdarauf an, was man sage, sondern wer nnd vor wem manes sage. Das Gedicht der„Kreuz-Zeitung" zum letzten Geburts-tage des Kaisers würde, wenn es in einem sozialdemokratischenBlatte erschienen wäre, einen Verstoß gegen den Z lila enthalten, denn es fordere ganz offen zum Bürgerkriege auf. DasZentrum verleugne mit der Z u st i m m u n g zudem Antrage Boltz sowohl seine ganze Ver-gangenhcit, wie auch die Erklärungen seinerRedner im Plenum. Wäre der Antrag Boltz-JSpahnschon Gesetz, so würde die gesammte süddeutsche Presse wegenEntschuldigung der Fuchsmühler Vorgänge demselben ver-fallen sein.L e n z m a n n erklärt, daß er gegenüber dem KompromißBoltz-Spahn sich genöthigt sehe, jetzt, entgegen seiner frühere»Erklärung, für den Antrag Barth(Greiß) zu stimmen.Stephan(Z.) versucht das Kompromiß zu entschuldigen,was ihm aber nicht gelingt. Spahn unterstützt seinen Fraklions-genossen in dem Bestreben, den Umsall der Zentrumsmitgliederzu beschönigen.Ein konservativer Schlußantrag wird abgelehnt.Bebel konstatirt noch einmal die Schwenkung deS Zentrums,welche wohl eine Folge der Erklärung des Regierungsvertretersam vorigen Freitag sei, wonach die Regierung in jeder Ab-schwächung des§ lila eine Verwerfung der Vorlage erblicke.Enneccerus giebt zu, daß der ß lila bedenklichsei, aber man könne zu unseren Richtern daL Ver-trauen haben, daß sie das Richtige findenwerden.Lenzmann konstatirt, daß Rintelen bereits in der letztenSitzung eine Schwenkung des Zentrums in Aussicht gestellt habe,wenn die Regierung aus dem Gebiete der Schule und KircheKonzessionen macke. Der Minister habe sich sehr rcservirt aus-gesprochen. Trotzdem sei jetzt das Kompromiß fertig. Wasmag in der Zwischenzeit gespielt haben?Rintelen und Dr. Lieber suchen die Darlegungen Lenz-mann's zu widerlegen. Lieber betont, daß Rinielen nicht imAuftrage des Zentrums gesprochen habe. Rintelen selbst wiesden Verdacht, daß er und seine Freunde in dieser Angelegenheitein Tauschgeschäft machen wollen, auf das entschiedenste zurück.In der hierauf erfolgenden Abstimmung wird der AntragBarth(Greiß) mit allen gegen sechs Stimmen abgelehnt. DasZentrum stimmte gegen seinen eigenen früheren Antrag. Hierauswird der Antrag Boltz-Spahn mit zwanzig gegen siebenStimmen angenommen. Vom Zentrum stimmte Dr.Schädler dagegen.Nach dieser Abstimmung wird also in Zukunft die Dar-stellung von Verbrechen(z. B. der französischen Revolution oderdes Bauernkrieges) als rühmlich oder berechtigt in derPresse oder öffentlich vor einer Menschenmenge bis zu einemJahre Gefängniß bestraft.Außer der„Glorisikation" von Verbrechen sollen auch dieAnpreisung jener Vergehen mit der gleichen Strafe belegtwerden,„die unmittelbar und in besonders bedenklicher Formgegen die Staatsmacht sich richten, oder die das Gefühl derSicherheit in der Bevölkerung am ehesten gesährden". In dieAuswahl dieser Paragraphen trat die Kommission nun ein. ZurFrage stehen zunächst die ßß 113 und 114(Widerstand gegendie Staatsgewalt). Vom Zentrum liegt ein Antrag vor, diesebeiden Paragraphen zu streichen.Von den Regierungsvertretrrn, Minister v. Köller undGeheimer Rath Lukas, wurde besonders die Gefahr für dieAutorität des Beamtenthums hervorgehoben, welche darin liegt,wenn der Widerstand gegen die Staatsgewalt unbestraftglorifizirt werden darf. In derselben Richtung plädiren Herrv. S a l i s ch(k.). S t u in m und B u ch k a(k.). Ersterer beklagtbesonders die vielen Feindschaften, denen die Polizei-Organeausgesetzt seien. Minister von Kölker hat einenBrief erhalten, in dem er grob beschimpft, und ihm mit-getheilt wird, daß der„anarchistische Klub" sein(des Ministers)Todesurtheil gefällt habe.(Auer ruft dem Herrn Minister zu:Da leben Sie noch lange!)Lenzmann will keine Verstärkung der Polizeigewalt.Auer meint, wenn die Polizei viel angefeindet wird, somuß dafür doch ein Grund vorhanden sein und der ist darinzu suchen, daß die Polizei in ihrem Machtbewußtsein aufdie Bedürfnisse des Publikums keine Rücksicht nehme.Wo die Polizei dem Schutze des Publikums obliege,finde sie auch die Sympathien desselben. Wer aber dieGewohnheiten, besonders der Berliner berittenen Schiitzmannschastgelegentlich großer Volksaufzüge kennt, wird begreifen, warumfür dieses Verhalten im Publikum keine Sympathien vorhandensind. Redner erinnert weiter an die Zeit des Kulturkampfes.wo in der ultramontanen Presse Priester und Bischöfe, welche derStaatsgewalt Widerstand entgegensetzten, häufig glorifizirt wurden.Redner erinnert auch an die Rheinbroller Glockenaffäre und die Vor-gänge in Marpingen, wo die gesammte katholische BevölkerungPartei gegen die Behörden und für den Widerstand gegen diebehördlichen Maßnahmen nahm.Bei der Abstimmung wird der ß 113 mit 13 gegen 11 Stimmengestrichen, dagegen der§114 mit 12 gegen 14 Stimmen stehengelassen. Für die Streichung des Z 113 stimmte auch Lieber-mann von Sonnenberg. Die Beibehaltung des§ 114erfolgt«, weil 2 Mitglieder des Zentrums bei der Abstinimungfehlten.Dr. Barth beantragt, den Z 124(öffentliche Zusammenrottung) zu streichen.Bebel frägt an, ob nach Annahme dieses Paragraphendie Ausführung der„Weber" von Gerhart Hauptmann auchzu verbieten sei? Buchka(kons.) bejaht diese Frage; dieRegierunhsvertreter aber schwiegen sich dieserAnfragegegenüber aus.Bei H 125(Landsriedensbruch) macht Bebel darauf auf-merksam, daß mit dieser Bestimmung die gesammte bayerischePresse in der Fuchsmühler Angelegenheit sich strafbar gemachthätte.Die 8Z 124 und 125 werden mit allen gegen 5 StimmenFreisinnige und Sozialdemokraten) angenommen. Ebenso wirddie Aufnahme des 8 240(Nöthigung), dessen Streichung dasZentrum beantragte, mit 13 gegen 12 Stimmen beschloffen.In diesem Falle stimmte Dr. Barth, der übrigens erklärte,gegen den ganzen Paragraphen in der Fassung Boltz-Spahnstimmen zu wollen, für die Regierungsvorlage. Mittlerweileivar es Ve3 Uhr geworden und wurde die Sitzung geschlossen.Die nächste Sitzung findet am Mittwoch um 10 Uhr statt.Tie vier Volksversammlungen in denen über„das Wahl-recht der Frauen", reserirl werden wird, finden nicht, wieirrthümlich angegeben, Ende dieses Monats, sondern am 5. und6. Februar statt, und zwar, am 5. Februar in den Lokalen„Kolberger-Salon" und„Sanssouci", am 6. Febr.in den„ A r m i n h a l I e n" und Böhmisches Brauhaus.Wir ersuchen die Vereine möglichst Rücksicht auf diese wichtigenVersammlungen zu nehmen. Die Frauen-Agitationskommission.»*Zur Umsturzvorlage. Unser Genosse Bebel äußerte sichkürzlich in der Umsturzkommission in bezug auf die Unparteilich-keil der Richter sehr treffend dahin, daß unsere Richter wohl inder Regel nicht„bewußt parteiisch" seien, sonderndaß sie eben auch nur Menschen wären, und als solche sichden Einflüssen ihrer Umgebung und Klassenstellung nichtentziehen könnten. Der Redner berief sich dabei aufdie letzthin aus Breslau berichtete Thatsache, wo esoffenes Geheimniß sei, daß vor derselben Strafkammer inbezug aus das Strafmaß die widersprechendsten Urtheile gefälltwurden. Es komme nur daraus an, ob man am Dienstag oderFreitag vor Gericht stehe. Die Richter wechseln an diesen Tagen, undmit diesem Wechsel ändere sich auch die Beurtheilung des Falles.Die Vorlage lege die Entscheidung in die Hände des Richtersund diese haben es in der Hand, dieselbe Aeußerung bei demeinen Redner als harmlos und bei dem anderen als strafbar zuerachten. Die freie Beweiswürdigung gebe den Angeklagtenhilflos in das Ermessen der Richter, die Richter aber könnten sichso wenig, wie die übrigen Menschen, des Einflusses ihrer Klaffen-vorurtheile entziehen.Wer die von uns an dieser Stelle veröffentlichten Urtheilegegen Sozialdemokraten, die sich sehr häufig, oft bei den nichtigstenDingen durch ihre drakonische Härte, noch mehr aber durch dieeigenthüniliche Begründung auszeichnen, regelmäßig verfolgt,kann sich der Richtigkeit der Bebe l'schen Ausführungen nichtentziehen.Ein weiteres Beispiel, daß die Richter nach ihrem Ermessenauch ohne Umsturzgesetz in der Lage sind, sozialdemokratische„Verbrecher" empfindlich zu strafen, wird uns in folgendem ausF r e i b u r g i. S ch l. gegeben. Dort hatte der GenoffeHärtung eine zwanzigtägige Haftstrafe zu absolviren. Wäh-rend dieser Strafverbüßung wandle er sich an den Amtsrichter,dem zugleich die Gesängnißaussicht mit obliegt, mit dem Er-suchen, man möge ihm(H.) eigene Beschäftigung(schriftlicheArbeiten), Selbstbeköstigung, Tabakrauchen und Lektüre gewähren.Amtsrichter Schindler lehnte sämmtliche Forderungen abund zwar erstens mit dem Bemerken, das GsrichtsgesängnißFreiburg sei kein Ort zum Fabriziren sozialistischer Romane.zweitens und drittens mir der Motivirung, wenn man dieses ge-währen würde, wo bleibe denn dann eigentlich die Strafe!—Briefwechsel mit seiner Frau wurde H. nur insofern gestattet,als H. nur geschäftliche Fragen und Themen in seinen Briefenberühren durfte. Auch gestattete man ihm, aus einem der erstenreiburger Hotels sein„täglich Brot" gegen einen horrendenreis zu beziehen!Im ersten Briefe, den H. an seine Frau schrieb, beging ernun allerdings die Unvorsichtigkeit, den Amtsrichter wegen derAblehnung seiner Anträge der„Chikanirerei" zu zeihen.Der Amtsrichter Schindler, der bei der Kontrolle der zu be-fördernden Briefe auch diesen las, stellte Strasantrag wegen Be-leidigung. Am Freitag, den 18. Januar er., wurde vorstehendeAngelegenheit vor der Strafkammer in Schweidnitz verhandelt.Genosse Härtung plädirte für seine Freisprechung, da in derThat der Amtsrichter Schindler gegen ihn voreingenonimen ge-wesen sei. Denn derselbe habe in demNegiren aller Anträge H.'s undbesonderen Herauskehren seiner politischen Gegnerschaft der An-»ahme Berechtigung verliehen, daß' er(Schiudler) gegen politischAndersgläubige anders als gegen den Sozialdemokraten H. ver-fahren wäre. Wenn aber parteipolitische Gründe und Momentein Frage kämen, dann sei man wohl berechtigt von Chikanen zureden. Ferner, daß H. ein armer Teufel ist, wußte Schindler.und trotzdem suchte er den theuersten Speisebezug fürihn heraus. Des weiteren betonte H., daß in der Ge-fängnißordnung sehr wohl ein Passus vorhanden ist, der für dasRauchen kein durchgehendes Verbot auskommen läßt, und daßinfolge dessen einem leidenschaftlichen Raucher im GesundheitS-intereffe eine Erleichterung hätte gestattet werden können, wenn,nun ja, wenn der gute Wille da gewesen wäre. Ueberdies,führte H. weiter an, sei der Brief für seine Frau und nicht fürSchindler bestimmt gewesen.Ter Staatsanwalt faßte die Angelegenheit wesentlich andersauf. Er sagte unter anderm: Wenn ein Landstreicher(!?)eine derartige Beleidigung gebraucht, so verzeiht man ihm, wennaber ein Mann von Bildung und außerdem ein Agitator derSozialdemokratie sich Aeußerungen wie vorstehend geschilderteerlaubt, dann muß mau mit höchstem Strafmaßemessen. Er schilderte H. als einen ruchlosen Menschen