des Natioiialismus, damit aber auch zugleich die Gefahr neuer blutiger Kriege heraufzubeschwören. Man kann mit Fug und Recht von den Sünden und Ver- fehlungen des deutschen Großkapitals sprechen, dessen kurzsichtige, egoistische Politik ein gerüttelt Maß von Schuld an der Verschärfung der außenpolitischen Lage wie an der Verelendung der arbeitenden Massen in Deutschland trägt. Aber mit Recht hat schon Genosse W e l s in seiner Etatrede im Reichstag erklärt, was bei uns in Ordnung zu brin- gen fei, würden wir selbst ohne fremde Hilfe fertig bringen. Die deutsche Sozialdemokratie denkt keinen Augen- blick daran, ihren Kampf gegen die Mächte des Kapitalismus abzuschwächen oder gar einzustellen. Sie hat es abgelehnt, sich mit jenen Elementen in eine„nationale Einheitsfront" zu stellen, deren Bestreben einzig und allein darauf gerichtet'st, durch die Aufpeitschung des Nationalismus ihre eigenen Sünden vergessen zu machen und den Klassengegensatz zwischen Kapital und Arbeit mit schönen Phrasen und Versprechungen zu verkleistern. Gegenüber den Schmeicheleien aus reaktionär- bürgerlichen Kreisen, daß die Arbeiter des Ruhrgebietes nun zum ersten Male in einen„nationalen Streik" eingetreten seien und daß es nun klar zutage trete, daß die irnistriellen Unternehmungen auf den breiten Schultern der Arbeiter- und Betriebsröte fester ruhten als auf dem ererbten Recht der „Herren im Hause", bewahrt die Arbeiterklasse jene kühle Skepsis und Geringschätzung, die ihr durch Jahrzehnte harter, erbitterter Klassenkämpfe eingcbläut worden ist. Es möge nach außen hin mit aller Deutlichkeit gesagt sein: Nach wie vor steht die deutsche Arbeiterklasse aus dem Boden der E r s ü l l u n g s p o l i t i k, soweit diese der Lei- slungsfähigkeit Deutschlands angepaßt ist. Nach wie vor strebt sie eine Verständigung mit den Unterzeichnern des Ver- sailler Friedensoerttages an, um die Politik und die Wirt- fchast Europas von der furchtbaren Geißel der fortgesetzten Reparationskrisen zu befreien. Sie denkt keinen Augenblick daran, sich schützend vor die Kassenschränke der Besitzenden ZU stellen, um den Gläubigern Deutschlands das zu' entziehen, was sie mit Fug und Recht zu beanspruchen berechtigt sind und was im Vereich der deutschen Leistungsfähigkeit liegt. Sie lehnt aber mit Entschiedenheit die Zumutung ab, sich der Beb- mittlung Poincar6s und seiner bewaffneten Mannschaften zu bedienen, um ihre Rechnung mit den großkapitalistischen Steucrhinterziehern und Saboteuren der Crfüllungspolitik zu bereinigen. Diese„Vermittlung" muß vielmehr zwangsläufig dahin führen, daß der proletarische Klassenkampf in Deutsch - land abgeschwächt, die Position der kapitalistischen Reaktion verstärkt und dem Treiben der monarchistischen Sonderbündler und nationalistischen Verschwörer Tür und Tor geöffnet wird. In dieser Stunde der Gefahr ergeht daher unser Ruf an dos internationale Proletariat, insbesondere an das Proletariat Frankreichs , Belgiens , Eng - lande und Italiens , daß es durch energischen und stets zunehmenden Druck auf die Regierungen der Gefahr der Bat- kainsierung Europas , der Vernichtung der deutschen Demo- kratie, der Entfachung neuer kriegerischer Konflikte Einhalt gebiete. Und ebenso ergeht unser Ruf an das deutsche Proletariat, daß es sich freihalte von jedem Rückfall in nationalistische Irrgänge, von seder Konzession an die bürger- lichen Harmonieapostel und Burgsriedenspolitiker, von jeder Verkleisterung des Gegensatzes zwischen Kapital und Arbeit, die letzten Endes nur der Wucher- und Ausbeutungspraxis des Kapitals Borschub leistet. Wohl noch nie in seiner langen Leidensgeschichte hat das Geschick dem deutschen Proletariat eine so schwere Last wie jetzt auf die Schultern geladen. Es l?at Hand in Hand mit seinen Brüdern im Auslande gegen den Rechtsbruch und die Gewalt des französischen Jmperialis- mus anzukämpfen. Und es hat gleichzeitig im Imiern die Deutsche Republik und den deutschen Sozialismus vor ihren crbittersten Feinden zu verteidigen und den Boden für einen neuen Aufschwung der Arbeiterbewegung vorzubereiten. In diesem Kampfe gilt es, klaren Blick und sozialistische Erkenntnis zu bewahren. Es gilt, sorgfältig hauszuhalten
G, Siefs Zeiten! Von Fritz Müller, Chemnitz . Richard B., Inhaber eines gutgehenden Koloniallvorenge- [(Hösts: 0, diese Zeiten! Wenn das Lahr tS23 nicht besser wird als das verflossene war, so muß ich mein Geschäft aufgeben und auf Arbeit gehen! Bemerkung: Roch nie ging Richard B.'s Geschäft so gut wie im Jahre 1922. Besonders im letzten Monat wurde er Ro- fmen, Mandeln, Lichter, Christbaumschmuck, Rum, Liköre, Zigarren, Zagiretten, Seife, Parfüms usw. trotz der hohen Preis« reißend los. Cr hat sich ein drittes Haus gekauft. Hugo H., Packmeist-r auf dem Güterbahnhof: O, diese Zeiten! Man weiß nicht, wo man das Geld hernehmen soll! Di« verfluchte Revolution!! Bemerkung: Hugo H. stand vor dem Kriege schlecht da. Er hatte einen Sohn und drei Töchter, die ihm auf der Tasche lagen. Jetzt sind der Sohn und eine Tochter auswärts verheiratet. Die zweite Tochter ist verlobt und geht mit ihrem Bräutigam, der bei Hugo i H. Astermicter ist, ins Geschäft. Die jüngste Tochter ist verheiratet und wohnt ebenfalls zu Haus«. Ihr Mann oerdient mehr als Hugo H. Da drei Familien einen Haushalt haben und sich alle gut vertragen, können sie sehr gut leben. Die jungen Paare schaffen sich viele Sachen an,• e sie nicht kaufen könnten, wenn sie allein wirtschaften müßt« e alten Leute leisten sich ebenfalls manches, was sie sich früt.'- cht geleistet hatten, und werden all- seitig beneidet. Paul N., Hausbesitzer, Beamter im Haupt- und Geflügelzüchter im Nebenamt: O, diese Zeiten! Daß ich ein Haus habe, ist mein Berderb. Es verzehrt mein Gehalt und mein NermSgen und bringt mich an den Bettelstab! Bemerkung: Paul N. hat im Garten, im Hinterhaus und auf den, Boden eine Geflügelzucht eingerichtet. Auf Ausstellungen erhält er für seine Hühner und Tauben kostbar« Preise. Er ver. kauft die besten Tier« entweder ins valutastarke Ausland oder an Landwirt«, Fabrikanten. Händler usw. gegen Waren. Seiner Frau schenkte er zu Weihnachten 100 und jedem Kind 50 holländische Gulden. Außerdem bog sich der Weihnachtstisch förmlich unter der Last der Stoffballen, des Porzellans, der Schmucksachen usw. Emil Gr., ein Lugendlicher: O, diese Zelten! Es ist gar nicht mehr schön auf der Welt. Wenn es so weiter geht, schieße ich mich tot! Bemerkung: Emil Gr. wohnt bei den Eltern und braucht, da er der einzig« Sohn ist und die Eltern nicht schlecht dastehen, so gut wie kein Kostgeld zu bezahlen. Von den Einkünften, die er hat. müssen ander« eine ganze Familie erhalten. Er ist modern von den Halbschuhen bis zum teuren Delourhut gekleidet, trägt.
mit den vorhandenen Kräften, eine elastische Taktik zu üden, die Selbständigkeit semer eigenen Politik zu wahren und vor allen Dingen das höchste Gut, das es im letzten Jahre errun- gen hat, zu schützen: die Einheit und Geschlossen- heit der Partei!____ Luüenöorff und der �vorwärts". Wer lügt? Am 25. Januar bracht« der„V o r w ä r t s" eine Mel- dung aus München des Inhalts, Ludendorsf habe bei der Reichsgriindungsfeier des Bundes Oberland eine Rede gs- halten, vün der dann berichtet wurde: „Der Geist der ehrlosen E r s ü l l u n g beherrsche auch die gegenwärtige Rcichsregiemng. Höhnisch bezeichnete er die Ein- heitsfront als eine Fassade, solange sich noch M o r x i- sten in leitenden Stellen befinden und solange nicht Ratio- naliften in der Reichsregierung und allen Landesregierungen herrschen." Im Reichstag hat nun H e l f f e r i ch gestern erzählt, der Bericht des„Vorwärts" habe Anlaß zu einer telegraphischen Rückfrage an Ludendorfs gegeben, auf die dieser geantwortet habe:„Vorwärts lügt." Nun gibt die„München-Zlugs- burger Abendzeitung" die betrefsende Stelle der Rede folgen- dermaßen wieder: „Der Geist der Erfüllung geht wiede�: stärker umher. W i r wissen, wer ihn belebt und werden uns den merken. Lassen wir uns nicht noch einmal durch das Schlagwort Einheitsfront täuschen. Es ist nur eine Faf- fade. Die Einheitsfront ist nicht da, solange sich betätigende Vater- landsliebe verboten, gehemmt oder sogar bestraft wird, solange un- gestraft Verrat am deutschen Volke getrieben werden darf, solange der internationale Marxismus in leitenden Stel- l e n sitzt und die vaterländisch Denkenden sich zerfleischen. Der Feind steht immer noch in unseren Reihen." In diesem Bericht fehlt nur der Hinweis auf die Reichs- regierung. Da aber auch diese immer wieder ihre Bereitschaft erklärt, in Verhandlungen mit der Entente das Maß des von Deutschland Erreichbaren ehrlich festzustellen, geht Lndendorffs Hetzrede auch gegen die Reichsregierung, gleichgültig, ob sie ausdrücklich' genannt wurde oder nicht. In allen anderen Punkten stimmt unser Bericht mit dem des Mün- chener L u d e n d o r f f- O r g a n s nahezu wörtlich ü b e r e i n Wenn also in diesem Fall einer lügt, dann ist es ganz bestimmt nicht der„Vorwärts".
Luise Aietz zum Andenken. Heute vor einem Lahre bereitete der Tod dem unermüdlichen Wirken unserer Genossin Z i e tz ein plötzliches Ende. Kaum faßbar für alle jene, die sie kannten und seit Jahren ihren heroischen Kampf gegen ihr schweres Leiden miterlebten. Der Tod traf sie an jenem Platz, um dessen Eroberung für die Frau sie seit Jahrzehnten io Wort und Schrift unermüdlich gekämpft: mitten im Reichstag, zu dessen arbeiiseifrigsten Mitgliedern sie gehört hat. Mit Luise Zietz ist eine jener Genossinnen dahin gegangen, die zu einer Zeit für den Sozialismus, für die Befreiung der Frau gekämpft, als jeder Sozialdemokrat in Deutschland Freiwild war und die Gleichberechtigung der Frau selbst im Kreise. der eigenen Genossen nicht mehr bedeutete al« ein fernes Zukunfts- lied. Doch sie setzte sich durch! Innerhalb wie außerhalb der Part« wurde sie bald als unerschrockene Kämpferin für die Rechte oller Ausgebeuteten geachtet und geschätzt. Tausende von proletarischen Klassenkämpfern hat sie dem Sozialismus gewonnen. In Massen- Versammlungen wie in dem kleinsten Frauenleseabend wußte sie ihre 5)öm zu fesseln. In der Nationalversammlung, in die sie das Vertrauen der Berliner Arbeiterschaft entsandt, wie im Reichstag rief ihre scharfe Kritik oftmals den Widerspruch der bürgerlichen Parteien hervor, trotzdem haben auch diese stets die Lauterkeit ihrer Gesinnung wie ihrer Absichten offen anerkannt.
wenn er ausgeht, stets funkelnagelneue Glacehandschuhe. Ist nie anders als mit der Zigarette zwischen den Zähnen zu sehen. Be> sucht Abend für Abend Bergnügungslokale usw. usw. Bruno F„ Gutsbesitzer: l), diese Zeiten! Wenn es so weiter geht, muh die Landwirtschaft zugrunde gehen I Bemerkung: Im Herbst 1922 hat sich seine einzige Tochter verheiratet. An der Hochzeilsfeier, die vier Tage lang dauerte, nah. wen 48 Personen teil. Da» ganze Gut war neu vorgerichtet worden. Die Möbel- und Wäscheausstattung der Tochter wurde allgemein bewundert. Obwohl im Gut für die alten Leute Platz genug gewesen wäre, wurde ein Auszugshäusel erbaut, das man ganz neuzeitlich einrichtet« und vollständig mit neuen Möbeln aus- stattete. Trotz der Riesenausgaben, die Hochzeit, Hausbau ufw. erforderten, konnte der Vater seiner Tochter zum Geburtstag ein Klavier und zu Weihnachten eine Skunkspelzgarnitur schenken!
Die prcmßische Polizei soll die Theatermlßssände sanieren. Der Preußische Minister des Innern hat im Einvernehmen mit dem Kultusminister ein« Verfügung an die Polizeibehörden gerichtet, worin der zügelloie Lebensgenuß gewisser Schichten und die Preis- gäbe der künstlerischen Aufgaben gewisser Theater zugunsten der Befriedigung niederer Instinkte festgestellt wird. ,„In weiten Kreisen"— heißt es dann weiter„begegnet man der Auffassung, daß durch Beseitigung der Zensur dem Staate jeße Möglichkeit zur Bekämpfung der Mißstände im Theaterwesen ge- nommen worden sei, und daß nunmehr auch die schamlosesten Darbietungen auf der Bühne ungehindert geduldet werden müßten. Dieser irrigen Annahme muß nachdrücklichst entgegengetreten werden. Durch die Reichsvcrfaflung sind, worüber weder in der Wissenschaft noch in der Rechtsprechung Streit herrscht, lediglich die Vorschriften beseitigt worden, dj « sich auf die sogenannte„Vorzensur" bezogen. Im übrigen, darf heute weniger denn je die Polizei sich der Aufgab« entziehen, alle Maßnahmen zu treffen, die zur Erhaltung der öffcnt. lichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung erforderlich sind. Ist also der Inhalt eines Theaterstückes oder die Art seiner Aufführung ge- eignet, die öffentliche Sittlichkeit und damit«inen wichtigen Bestandteil der dem staatlichen Schutz anvertrauten öffentlichen Ord- nung zu gefährden, so ist'die Polizei zum Einschreiten verpflichtet. Dies ist keine Zensur im Sinn« der Reichsverfassung, sondern ergibt sich aus den durch d>e Verfassung nicht beseitigten allgemeinen Auf- gaben der Polizei. Bor allem wird bei Stücken, die schon durch die Wahl Ihres Gegenstandes oder die Art und Wirkung Ihrer Dar- stellung in leichtfertiger, frivoler oder abstoßender Weise die be- rechtigten Empfindungen aller anständig denkenden Volkskrelse un- verkennbar herausfordern und verletzen müssen, in der jetzigen Zeit in noch streng-rem Matze als bisher zu prüfen sein, ob nicht die Gefahr einer unmittelbaren Störung der öffentlichen Ruhe, Sicher- heit und Ordnung zu befürchten ist. Werden diese Boraussetzungen bejaht, so haben die Polizeibehörden sich aller ihnen nach dem Gesetz zur Verfügung stehenden Mittel zu bedienen, um diesen Störungen mit Nachdruck entgegenzutreten."
Was Luise Zietz für die Propaganda soziallstischer Weltanschauung, für die Aufklärung der Frauen und deren Ge- winnung als Genossinnen im Kampf für ihre eigene Befreiung ge- leistet, das fetzt ihr m der Geschichte der Sozialdemokratie ein un- vergeßliches Denkmal. Ihr Andenken zu ehren, ihr Wirken denen nahezubringen, die sie nicht gekannt, veranstaltet der Bczirksverband Berlin am Sonn- tag, den 28. Januar, nachmittags 3 Uhr, in der Aula der Sophien- schule, Weinmeisterstr . 16/17, eine Gedenkfeier, in der Genossin Wurm spricht. die landwirtschaftliche Ruhrkilfe. Nachdem die Spitzenorganisationen der deutschen Landwirt- schast bereits mit einem Aufruf an ihr« Mitglieder herangetreten sind, für die durch die Besegung des Ruhrgebiets betroffenen Be- völkerungskreise Liebesgaben zu spenden, ist dieses Hilfswerk nun- mehr in Verhandlungen zwischen den Organisationen und dem Reich unter dem Vorsitz des Reichsernührungsministers organisiert worden. Di« Sammlung und Zusammenführung und die Zuweisung in die notleidenden Gebiete bleibt in der Hand der Landwirtschaft, die Unterverteilung aber liegt m der Hand derer, die hier die Ber- hältnisse am besten beurteilen können, nämlich der leitenden Per- sönlichleiten des Ruhrgebiets. Im einzelnen ist die Gliederung folgendermaßen: Die Vorsitzenden der Landwirtschaftskammern setzen sich in ihren Bezirken mit den in Betracht kommenden Kreisen in Verbindung und organisieren die Sammlung. Sie rufen die in ihren Gebieten vorhandenen landwirtschaftlichen Organisationen zu gemeinsamem Sammelwerk auf und nehmen dessen Leitung in die Hand. Die Sammelstelle steht unter der Leitung der Landwirt- schaftskammer Westfalen, und zwar wird die Zweigstelle Minden i. W. der Landwirtschaftskammer die Aufgabe der Sammlung und Weiterleituiig übernehmen. Alle unentgeltlich zur Borfügung gestellten Spenden werden als Liebesgaben von der Reichsbahn frachtfrei befördert. Zur frachlsteien Beförderung ist erforderlich, daß die Absendestelle amilichen Charakter hat und den Beförderungspapieren ihren Dienststempel beidrückt(z. B. Land- rat, Amtsvorsteher, Landwirtschaftskammer). In den Frachtbriefen ist unter der Angabe des Inhalts der Vermerk aufzunehmen: .Freiwillig gespendete Gaben zur unentgeltlichen ver- teilung durch die Landwirtschaftskammer Wesifolen, Zweigstelle Minden i. W. Auhrhilse." Das sonst übliche statistische Merkblatt ist sür diese Sendungen nicht erforderlich. Bei Gaben von Getreide und lebendem Vieh ist zu beachten, daß nur Sendungen in vollen Wagenladun- gen frachtfrei sind, also nicht einzelne Tiere oder kleinere Mengen von Getreide. Betriebstechnische Gründe ließen ein« andere Rege. lung nicht zu. Einzelspenden müssen demnach im Heimatbezirk zu Waggonladungen zusammengestellt werden. Als Spenden kommen in Betracht: Speck, Dauerfliischwaren, Hülsenfrüchte, Käse, Mehl, Getreide und, falls es in ganzen Wagen- ladungen versandt wird, lebende» Vieh sowie endlich Kartoffeln, bei denen dann eine vorhergehende Anfrage an die Empsangsstelle in Minden erwünscht ist. Bei der Bestimmung über die Verteilung wirken unier Leitung des Regierungspräsidenten in Düsseldorf Vertreter aller notleidenden Bezirk« mit. Vertretern der Spender wird auf Wunsch gern Gelegenheit gegeben werden, an Ort und Stelle in die Tätigkeit der Verteilungsorganisotion Einblick zu nehmen. Die Organisation ist also möglichst einfach getroffen, um sie schnell und ohne Reibungen wirken zu lassen. Die Spende der holländischen Gewerkschaften. In Ergänzung unserer gestrigen Meldung, daß der holländische Gewerkschastsbund beschlossen hat, zunächst 2'A Proz. seines Der- mögcns für die deutschen Arbeiter im Ruhcgebiet zur Verfügung su stellen, teilt der„Ricuwe Rotlerdamsche Courant" mit. daß diese Spende sich auf ISO 000 Gulden, also über eine Milliarde Muri. beläuft.
Die Schwierigkeiten dieser Bekämpfung von Theaterauswüchsen liegen in der Anwendung der kantschukartigen Begriffe wie„be- rechtigte Empfindungen" und„Störung der Ruhe" iüw. Es muß jedenfalls mit aller Sorgfalt verhütet' werden, daß Polizeiorgane im Porzellanladen der Kunst Lberflüisige Attacken reiten. Alfons Petzold ist. wie uns aus Wien gedrahtet wird, in Kitz- b ü h e l in Tirol gestorben. Dort suchte der Wiener Arbeiterd'.chtcr Milderung seines schweren Lungenleidens: vergebens— im 41. Iichr ist er dem Proletariat entrissen worden.„Menschen im Schalten" hieß eines seiner letzten Bücher. Als ein„Mensch im Schatten" ist dieser begabte Dichter durchs Leben gepilgert: früh wurde er in die Berufsmühlc geschleudert, die ihn In immer neue Posten brachte, bis er als Wrack liegen blieb. Aber dennoch war in ihm der un- löschbare Durst nach Bildung und dichterischer Gestaltung alles dessen, was in ihm an inneren Erlebnissen und leisen Stimmen lebendig wurde. So wurde ihm in seinem kurzen Leben ein stattliches Werk eigen an Gedichten, Skizzen und Erzählungen, und so hat er auch die Rot und den Drang seiner ei geben Jugend geschildert. Duisburg als Hauptort des rheinischen holzgrohhandeis. Duis burg . Ruhrort ist, was im Osten des Reiches nicht genügend bekannt ist, Hauptsstz des rheinischen Holzgroßhandels und der Holzichisfahrt auf dem Rhein . Der Holzhandel ist in Duisburg wegen der Ber- sorgung der Schissswerften, die bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts die Fahrzeuge aus Holz bauten und wegen ber Ver- sorgung des Baugewerbes im Ruhrgebiet schon früh ansässig ge- wesen. Solange aber Eisenbahnen ins Industriegebiet fehlten und solange Bergbau und Industrie keine wesentlichen Fortschritte machten, war auch das Absatzgebiet beschränkt. Erst das industrielle Emporblühen des Ruhrgebiets nach der Erbauung der ersten Schienenwege ließ den heutigen gewaltigen Duisburger Holzgroß- Hände! entstehen, durch den Duisburg bereits zu Ansang der sechziger Jahre zum bedeutendsten Sitze des Holzhandels am Nicoer- rhein wurde. Die wichtigste Zeil seiner Entwicklung fiel nach der örtlichen Chronik zusammen mit d«r Anlag« von Eisenhüttenwerken am Duisburger Rheinufer und mit den Anfängen des Duisburger Kohlenbergbaues. In jenen Iahren gingen di« Duisburger Holz- großhändler dazu über, Sägemüh len anzulegen. Schon 1856 waren in Alt-D»isburg drei DampssSgewert« mit etwa 100 Arbeiiern im Betrieb, 1870 waren es bereits sechs, 1876 schon acht Werke. Neben den Sägemühlen entstanden dann in den achtziger Iahren Hobelwerke, Möbelfabriken und sonstige holzv'cr- arbeitende Werk«. 1910 betrug die Schisfs�ufuhr in den Duisburg - Ruhrorter Häfen 560 000 Tonnen Holz. Bon den deutschen Wold- gebieten liefern vor allem der Schwarzwald und das Maingebiet Floßholz, weiche Balken und Br-tter: dazu kam in norma'en Zelten viel ausländisches Holz, meist au« Schweden , Finnland , Ruß'and und sogar aus Amerika nach dem Duisburger Holzhafen: außerdem viel tropisches Holz aus unseren nunmehr verloren gegangenen beut- schen Kolonien. Der heutige Duisbu'-ger Holzgroßhandel ist zum erheblichen Teil speziaiisiert, u. a. für exotische Hölzer und für Grubenholz, von d«m hier ganz enorme Mengen ins Kohlen- gebiet längs der Ruhr geliefert werden. Dazu kommen eine große Anzahl bedeutender Hobel- und Sägewerk«, Möbelfabriken, Bau- fchreinereien, Fenster-, Tür -, Parkett-, Stiel-, Holzschuh-, Rolladen- und Kistenfabnkeu.