?m Gebiet öes Kohlenkrieges. Von Kurt Heinig . Im D-Zug, der nach dem besetzten Westen jagt, macht f.ch das erste von dort ausstrahlende Fludium merkbar: in Vohwinkel ruft der Apfelsinenverkäufer den Dollarkurs des freien Verkehrs in die Zugfenster, die Einsteigenden sprechen von nichts anderem als dem Pr e i s st u r m. Das sind die V o r p o st e n der feindlichen Macht, die weit über das besetzte Gebiet hinaus sich empfindlich fühlbar machen. In Düsseldorf , einem der altbesetzten Brückenköpfe, werden die Spuren des französischen Krieges noch deutlicher sichtbar. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, von einer Straßen- Überführung auf viele Schienenpaare herabzuschauen, wenn sie nicht wie silberne Bänder glänzen. Das blitzende Gleis ist als Bild innerlich so zur Selbstverständlichkeit geworden. daß es kalt ans Herz geht, sie mit stumpfem gelbroten Rost überzogen zu sehen. Die Franzosen räumten gerade das Hauptzollamt Hubertus aus. Dicke brave französische Zöllner stehen auf der Straße herum, sie warten auf Befehle, sie sind ja nur gewöhn- liche Bauern in der Schachpartie, die jetzt im Ruhrreoier unter der Spannung der ganzen Welt gespielt wird. Die deutschen Zollbeamten schauen durch die Franzmänner durch, als wären sie Luft. Die Bevölkerung, schon seit langem an die Besetzung gewöhnt, nimmt die Ueberschüttung mit franzö- fischen Soldaten gefaßt und ruhig hin. Ihre Empörung wächst aus einer anderen Ursache, das ist die ungeheuerliche Ausbeutung der Konsumenten, die überall ge- trieben wird. Auf dem Wege nach Duisburg gibt es Gelegenheit, die militärische Aktion der Franzosen von ihrer technischen Seite aus kennen zu lernen. An den Bahnübergängen stehen die Posten zu zweit und viert, scheußlich g e l a n g w e i l t herum. Man sieht es den Poilus an, daß sie arme Schlucker, daß sie willenlose Masse sind, die nicht gefragt wird. Sie werden in der Straßenbahn und auf der Straße nur mit den Augen betrachtet. Hier beginnt schon eine andere Bevöl- kerüng als am Rhein , hier wandert der Franzose und Belgier in einer Atmosphäre, die mit stillem Haß geladen ist. Daraus erwächst bei den Besatzungsleuten im Verkehr mit der Bevöl- kerung, bei Benutzung der Verkehrsmittel, in den Lokalen, eine Unsicherheit, die wie ein Keim der erkannten Niederlage wirkt. Die höheren Chargen oersuchen sich zum Teil durch besondere Forsche aus ihrer eigenen Unsicherheit herauszu- retten. Die Sorte kennen wir von früher her. Für den auf- merksamen Beobachter ergeben sich dann mitunter beinahe komisch-lustige Feststellungen. Der einfache Soldat ist für jedes freundliche Wort dankbar. Sobald er nicht beobachtet wird, kann es einem sogar passieren, daß er sein Herz aus- schüttet. In Duisburg war es ein französischer Metallarbeiter, auf dem Wege nach Mülheim waren es zwei flämische Bauernjungen: sie sehnten sich herzlich nach Hause, und der eine hatte eine bittere Wut im Leibe, war er doch schon fünf Jahre Soldat. In C s s e n fühlt man. daß sich hier eines der Zentren des deutschen Widerstandes gegen die Invasion des bewaffneten französischen Imperialismus befindet. Man muß eine halbe Stunde die fran.zösischen Posten am Hauptpostamt vor dem Bahnhof beobachtet haben. Sie stehen wie zwei Prellsteine an die Mauer des Hauses gedrückt, an ihnen flutet Tag und Nacht der Strom der Bevölkerung vorüber, meist haarscharf bis zur Tuchfühlung. Die Ronde mit geschultertem Gewehr drängelt sich durch die Fußgänger. Die Ruhrbevölkerung ist nicht mit den Einwohnern des besetzten rheinischen Gebietes zu vergleichen. Diese vermögen das, was sie schmerzt, mit sorgender Hand zu verbergen, jene wollen ihren Schmerz fühlen, sie zwingen sich, ihn oerstärkt zu empfinden. Es geht a l l e T a g e im Ruhrrevier hart auf hart. Das muß man miterlebt haben, wie eine waffenstarrende Macht den oerschärften Belagerungszustand verhängt und oerlangt, daß um 19 Uhr abends kein Menscd mehr auf der Straße fei und wie die gesamte Bevölkerung mit wenigen Ausnahmen durch eine Handbewegung den Befehl des franzö fischen Generals wegwischt. Die Lokale bleiben offen, die Bevölkerung bleibt auf der Straße und die Besetzungsmacht fängt ott. zu denken und— verzichtet auf die Durchführung ihrer Befehle. Frankreich sammelt Erkenntnisse im Ruhrreoier. Auf dem Wege von Bochum nach Dortmund , dies- mal im Auto auf der Landstraße, kommt man in die dörf- lichen Quartiere der Eroberer hinein. Es läßt sich das gleiche Bild beobachten, wie auf dem Wege von Duisburg nach Mülheim , die Soldaten drücken sich massenweise herum, sie putzen an ihren Kriegsmaschinen herum, sie sind u n i f o r- mierte Arbeitslose, die einer ganzen Nation als Wirtschaftskräfte entzogen werden. Auf- fällig ist überdies der Unterschied in der Ernährung. Von den Offizieren braucht dabei nicht besonders geredet zu werden, sie leben selbstverständlich nicht im Elend, ihnen ist auch im Ruhrrevier alles, einschließlich Likördielen und Delitateh- geschäften, erlaubt. Aber der belgische Soldat sieht gegenüber dem französischen auffällig schlecht genährt aus. In Düsseldorf und im besonderen in Duisburg kann man auch die Frauen der Franzosen kennen lernen. Es sind meist aus braven französischen Dorfgeschichten davongelaufene Fi- guren. Wenn auch dem Soldaten der niederen Grade der Schnapsgenuß verboten ist, eines darf er sich aneignen, soviel er mag, die deutschen Huren. Es ist ein appetitliches Er- lebnis, im Palastcafä zu Duisburg die französisch-deutsche Verbrüderung mitansehcn zu dürfen. Das Schwerste rückt jetzt an die Bevölkerung des be- setzten Gebietes von allen Seiten in einer Form heran, wie viele nicht erwartet haben. Der Lebens Mittelwucher hat einen Aufschwung genommen, wie ihn der brutalste Phantast in einem Hungerdrama nicht niederträchtiger er- finden kann. Es gibt keinen Ausdruck in der deutschen Sprache, der scharf genug wäre, um jene Schande zu kennzeichnen. Die Preise sind Eummlbälle geworden, mit denen die unsauber- sten Hände nach Belieben spielen. Da helfen alle Beschwichti- gungsaktionen nichts. Besonders gefährlich sind die Be- mühungen bestimmter Stellen, durch Versprechungen beruhigend zu wirken. Es muß ausgesprochen werden, daß zur Versorgung des Ruhrgebietes mit Nahrungsmitteln nur ein Bruchteil von dem geschieht, was im Interesse der Sache zu geschehen'hätte. Man stelle sich die Lage des Rubrarbeiters nicht zu einfach vor. Er erhält seinen Lohn nachträglich, vorher bekommt er nur Abschläge. Der Beamte erhält die notwendigen Teuerungszulagen und sein sonstiges Gehalt wesentlich rascher. Er kann schon wieder einkaufen, wenn der Arbeiter die letzten Pfennige aus der ver- gangenen Lohnperiode zusammenzählt, damit die Frau für die Kinder noch etwas zum Essen zu taufen vermag. Hier
muß gründlich und großzügig und rasch eingegriffen werden, damit nicht der Prolet zuletzt den Schaden allein trägt. An General st reik und ähnlichen Unsinn denkt im Ruhrrevier kein ernsthafter Mensch. Empört ist man ganz allgemein aber über die unglaublichen Tartaren- Nachrichten, die im besonderen auch die Berliner Presse immer wieder verbreitet. Damit wird nicht geholfen, sagte man mir, das erzeugt im unbesetzten Deutschland eine falsche Meinung von dem wirklichen Gesicht des Kampfes im Ruhr- revier. Besonders übel empfindet man an der Ruhr die großen Worte, die von verantwortungsloser Seite immer wieder als Beweis dafür gelten sollen, daß jede Verhandlung mit dem Eindringling unmöglich sei, bevor er nicht, mit Schimpf und Schande bedeckt, sich zurückgezogen habe. S o sieht der Wille der Ruhrbevölkerung nicht aus. Sie steht auf dem Boden der ehrlichen Erfüllungs- p o l i t i k, sie weiß, daß das Kabinett Cuno feierlich versichert hat, in der Richtung Wirth weiterzuarbeiten. Sie hält es für selbstverständlich, daß sich Deutschland keinem ver- schließt, der es fragt, was es in der Lage sei, ehrlich zu er- füllen. Darin ist die Auffassung der Ruhrbevölkeruna ein- heitlich. Auch die Ruhrarbeiterschaft weiß, was sie will. Sie weiß auch, wer sie mißbrauchen möchte, und deswegen hält sie, von beachtlicher politischer Einsicht getragen, eine klare Front; sie ist frei von Phrasen und bereit, gerade zu st e h e n. Sie verlangt aber mit Recht, daß ihr das un- besetzte Deutschland den Lebensmittelwucher vom Halse hält. Sie hat allen Grund dazu, derlei Forderungen aufzustellen, sie weiß, daß es jetzt ernst wird. Sopkottvorschlag gegen Frankreich . s r t st i a nl a. 2. Febrvor.(TOIB.) Da» Sekretariat der norwegischen Sewerkschafien, der Zentralvarfland der norwegischen Arbeiterpartei flommunistisch) und der Zentratoorstand der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei haben«instimmig beschlossen, bei den schwedischen vnd dänischen Arbeiterparteien and Gewerkschaften Schritte zu unternehmen, um eine internationale Aktion gegen die Okkupation des Ruhrgebiets einzuleiten. Vonkoll und Blockade jeglicher Ausfuhr aus Frankreich und jeglicher Einsuhr nach Frankreich wurden vorgeschlagen, vi» jetzt scheinen sich die schwedischen und dänischen Parteien und Organisationen diesem Schrill jedoch nicht angeschlossen zu haben. Schwedisches Urteil. Stockholm , t. Februar.((Eigener Drahtbericht). In Oerebro demonstrierte eine große Versammlung gegen die Ruhrokkupation. „Sorialdemokraten' nennt die neue Phase der Ruhrokku- pation einen schonungslosen Hungerkrieg gegen Deutsch - land. Kein Mensch glaube, daß die französische Regierung di« Armeen der Kohlen wegen nach der Ruhr geschickt habe. Poincarä, zum Aeußersten entschlossen, müsse gewinnen oder ver- schwinden. Die Lage müsse mit der Niederlage des einen Partners abschließen. Die Aussichten für eine Vermittlung ver- ringerten sich tagtäglich. Vinnen kurzem werde die französische Regierung Vermitiungsanerbietungen nicht annehmen können, auch wenn sie wollte. Jetzt wolle sie nicht. Deutschland habe nicht den gering st en Anlaß, nachzugeben, es habe dabei nichts zu gewinnen. Das zeige am besten der letzte ftanzö- sischs Vorschlag über die Bedingungen des Moratoriums. Diese Ge- wißhcit beherrsche das ganze deutsche Volk und erkläre seine an Verzweiflung grenzende Entschlossenheit, nicht nachzugeben. Internationale Kundgebung in Amsterdam.- In Amsterdam veranstalten Partei und Gewerkschoftsbund am 7. Februar eine große Protest Versammlung gegen die Ruhrbesetzung; neben den Genossen Troelstra, Etenhuis und E e l e e r»- Belgien wird Gen. Dr. Lreitfcheid sprechen; er reist von dort muh London .
Die Reichstagspause beschlossen. Aufhebung des bayer. Ausnahmezustandes angekündigt. Der Reichstag ermächtigte gestern Freitag die Regierung zm Ausgabe von Münzen bis 1000 Di. In der zweiten- Be- ratung des Reichshaushaltsplons war mit dem Haushalt de» Reichs- kanzlers der sozialdemokratische Antrag aus Aufhebung des Ausnahmezustandes in Bayern verbunden. Der bayerische Gesandte o. Preger erklärte dazu, die ver- hängung de, Ausnahmezustandes sei erfolgt, weil aus Anlaß des nationalsozialistischen Parieitage» eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung ernstlich zu besorgen gewesen wäre. Die Re- gierung habe die Maßnahme von vornherein al» ganz vorüber- gehend angesehen, vermutlich werde sie schon in den allernächsten Tage» den Ausnahmezustand aufheben können. �lbg. Müller-5rankea tSoz.): Nach dieser Erklärung liegt ein Anlaß zur Aussprache über unseren Antrag nicht vor. Wir nehmen die Erklärung der bayer!» schen Regierung so hin, wie sie ausgesprochen worden ist, und sind damit einverstanden, daß die Abstimmung über unseren Antrag aus- gesetzt wird. Hebt die bayerische Regierung den Ausnahmezustand in den allernächsten Tagen auf, so erledigt sich unser Antrag von selbst, im anderen Falle muß er da» Parlament beschäftigen. ßbg. SchmiSt-Serlin(603.) bespricht die verwüstenden Manipulationen an den deutschen Dörsenl Die Berliner Handelskammer bietet zu einer Umgehung der Devifenoerordnung die Hand, indem sie an alle möglichen Personen die Erlaubnis zum Devisenhandel gibt, die sich früher niemals mit Bankgeschäften besaßt hatten. Die Exporteure schädigen die deutsche Währung dadurch, daß sie die Exportdeoiscn zurückhalten, dafür zu hohen Kursen Devisen a u f k a u f e n und diese teuren Devisen der Reichsbant abliefern. Dies führt u. a. zu einer enormen Berteuerung des mit diesen Devisen von der Reichs- regierung eingekauften Getreides. Wir verlangen u. a. einen Ausbau der Devisenverordnung, ein wertbeständiges Papier und Devisenzentralifation. Der Deutschvöltische v. Gräfe wußte In dieser ernsten Situation nichts anderes vorzubringen, als elliche Klagen über schlechte Be. Handlung seiner nationalsozialistischen Parteifreunde und über das Verbot einiger deutschvölkischer Radauversawmlungen. Reichsminister de? Innern Dr. Oeser verliest die Antwort der Lübecker Regierung über das Auftreten des Httrn v. Gräfe und feiner Freunde an der Wasserkante. Dos ganze Haus nimmt die Verlesung mit lebhasten Zurufen und wiederholter Heiterkeit auf. Die Behauptung v. Gräfes, daß die in Gera von der Schupo aus dem Eisenbahnzug herausgeholten Nationalsozialisten nicht bewaffnet gewesen wären, wurde sofort vom Abg. hossmann-Saalfeld(Soz.) auf Grund eines Telephongefprächs mit dem thüringischen Minister- Präsidenten widerlegt. Der Reichstag oerabschiedet dann den Gesetzentwurf über Erhöhung der Zulagen in der Unfallversicherung. Dieses Gesetz bringt eine fünf- bi« siebenfache Erhöhung der bis» herigen Renten, um sie einigermaßen an die rasende Geldentwertung
anzupassen. Verabschiedet wurden Aenderungen des Bantgesetzes und des Gesetzes betr. die Metallreserven der Privatnotenbanken; die Prioatnotenbanken erhalten für die Ausgabe von Noten dieselbe Erleichterung wie bisher die Reichsbank. Eine kurze, aber lebhafte und heftige Debatte entspann sich über die Frage, wie lange der Reichstag vertagt werden soll. Die bürgerlichen Parteien beantragten Vertagung erst bis zum 13. und dann bis zum 12. Februar. Genosse Hermann Müller widersprach entschieden. In einer so kritischen Zeit müsse der Reichstag zusammenbleiben. Gewiß sei zuzugeben, daß die Ab- geordneten der besetzten Gebiete nur unter großem Zeitverlust in ihre Wahlkreise gelangen könnten. Aber die Rücksicht auf die all- gemeine Lage, auch im unbesetzten Gebiet, müsse entscheidend sein.— Mit den Stimmen aller bürgerlichen Parteien gegen die Linke wurde die Vertagung bis zum 12. Februar beschlossen. Die Sozialdemokratie war nur geneigt, einer Vertagung bis zum K. Februar zuzustimmen. ..Gebote der TtoL" Durch ein Versehen ist im Leitartikel der gestrigen Morgenausgabe eine Zeile ausgefallen. Die betreffende Stelle(2. Seite Ende vom 3. Absatz) muß heißen:»Dabei wirre viel- leicht zu prüfen, ob nicht die bereits bestehende Stelle des Reichs- und Staatskommissar» in Dortmund entsprechend ausgebaut werden kann." Im übrigen bittet Genosse Grzessnfki uns noch, darauf hinzu- weifen, daß zur wirksamen Wucherbekämpfung die Zugeständnisse an den Wiederbeschaffungspreis wegfallen müssen, wie sie in den neuen angeblichen Richtlinien über den»angemessenen Preis" enthalten find.— Bei dem schnellen Umschlag, insbesondere der Lebensmittel, kommt bei der Berechnung des Verkaufspreises in vielen Fällen auch gar nicht mehr der Wiederbeschaffungspreis in Betracht, sondern es kann ruhig von dem Gestehungspreis ausgegangen werden. Ein entsprechendes Ergänzungsrundschreiben seitens der beiden beteiligten Minister scheint dringend erforderlich. Der Polizei, den Staatsanwaltschaften, ober auch den Gerichten wäre damit sicherlich sehr gedient. Das Rolgeseh der Reichsregierung, das durch den widerrecht- lichen Einbruch der Franzosen ins Ruhrgebiet oeranlaßt ist, fand die einstimmige Billigung des Wirtschoftspolitifchen Aus- schuffes des Reichswirtschaftsrates. Die Gesetz- entwürfe über den Handel mit edlen und unedlen Me- tallem erfuhren einige Verschärfungen, u. a. die, daß auch der Großhandel mit Unedelmetalten beschränkt werden sollte.
Tirtsthcrft Sie Springflut der preise. Die Katastrophe der Mark, die mit der Besetzung des Ruhr- gebiet» hereinbrach, hat den Warenmarkt in größte Verwirrung ge- bracht. Der Dollar stieg im Laufe de« Januar von 7250 auf 49 000 Mark, also nicht ganz das 7foche. Die meisten Waren des Großhandels sind dieser rapiden Entwertung der Mark in raschem Tempo gefolgt. Hier— im Großhandel — ist die Verteuerung noch viel deutlicher sichtbar als im Kleinhandel, wo freilich die Preissprünge ohnehin groß und schnell genug sind, um die Lebenshaltung der breiten Bevöikerungsmassen außerordentlich zu senken, weil selbst die über wenig« Wachen hinaus abge- fchlossenen Lohnregelungen der Teuerung nicht zu folgen oermögen. Das Ausmaß der Teuerung, das den Lebensmitteln noch bevorsteht, lassen folgende Gegenüberstellungen der Marktpreise von Getreide und Vieh erkennen; e? kosteten an der Berliner Börse: L. Januar 1S23 81. Januar 1S23 Roggen... 281 M. je tzx 1270 M. je kg Weizen... 305»»» 13SO»», Gerste.... 260».. 1200,.» Hafer.... 267,,. 1080,,, MaiS .... 813,», 1460»», Auf den Viehmärkten wurde im Großhandel für das Kilo Lebend- gewicht gezahlt: Ende Dezbr. 1922 Ende Jan. 1S23 Ochsen(Hörster Schlachtwert) 920 M. je kg 2500 M. je kg Schweine«New. 100-120 kg) 1350... 4900... In ähnlicher Wesse verteuerten sich auch die industriellen Rohstoffe. Der M e t a l l m a r k t, auf dem die Valutabewegung sich sehr rasch auszuwirken pflegt, verzeichnete folgende Preisände- rungen: Anfang Januar Ende Januar 1923 2461 M. je kg 16 680 M. je kg 6250.,. 42 000.». 885... 6 050 ,,, 1275... 6750»,,
Kupfer(Elektrolyt)..... Zinn...;..... Blei(Orig.-Hütten-Weichblti) Zink(Hütten-Rohzink)... Die Rückschläge, die
bei den Waren des freien Markwer- kehrs zu verzeichnen sind, seitdem der Dollar wieder unter seinem am 31. Januar erreichten Höchssstand gesunken ist, schwächen die Gesamtbewegung der Preise nur wenig ab. Im Kleinhandel sind sie schon deshalb mcht zu spüren, weil hier das durchschnittliche Preis- Niveau, das bei einem Dollarstand von 40 000 sich herausbilden muß, noch nicht erreicht ist. Die. Syndikatspreise für Eisen wurden im Laufe des Monats mehr als verdreifacht. S t a b e i j e n in Thomasqualität stieg von 270 auf 860 M. das Kilo und hat da- mit den 8000fachen Vorkriegsstand erreicht. Eine ähnlich starke Per« teuerung erfuhr das Zeitungsdruckpapier, das jetzt am KOOOfachen Vorkriegspreis angelangt ist, so daß die Rückvergütung aus der Hilfskosse, die der Not der Presse steuern sollte, auf einen winzigen Prozentsatz zusammengeschrumpft ist. Die Verteuerung der Textilrohstosfe wird gekennzeichnet durch die Steigerung des Baumwollpreises von 4820 M. Ende Dezember auf 33 915 M. Ende Januar. Auch die Preise der kün st lichen Düngemittel sind im letzten Monat erheblich heraufgesetzt worden, und zwar Haupt- sächlich infolge der gewaltigen Verteuerung der Kohle, die eine ganz natürliche Folge der Besetzung des Ruhrgebiets ist. Die Kalipreise stiegen um 150 Proz., die Stickstoffpreise wurden im Laufe des Monats reichlich verdreifacht. Das Kilogramm Stickstoff im schwefelsauren Ammoniak erfuhr im Laufe des Monats eine Preis- erhöhung von 1334 auf 4547 M. Von wichtigen Baustoffen ist der Zement auf den 2383fachen Bortriegspreisstond angelangt. So gewaltig diese Preiserhöhungen auf allen Gebieten erscheinen, bleiben sie doch im großen und ganzen hinter den Weltmarktpreisen zurück. Die Markentwcrtunq ging so schnell vor sich, daß selbst die- jenigen Industrien, die am Monatsanfang die Weltmarktpreise über- schritten hatten, jetzt weit hinter ihnen herhinken. Je mehr sich aber auch schon die jetzigen Großhandelspreise auf den Kleinhandel über- tragen, desto größer wird die Notwendigkeit der Konsumein- s ch r ä n k u n g bei den breiten Schichten der Bevölkerung. Die Springflut der Preise trifft am schwersten diejenigen, die nicht oder doch nur wenig imstande sind, ihre Bezüge der.Geldentwertung an- zupassen, während der Sachbesitz in dieser Zeit der Flucht aus der Mark erhöhte Gewinne erzielt._ Auch eine Folge der Ruhrbesetzung, die Frankreick billigen Koks für seine Hütten bringen sollte, ist es, daß jetzt die franzö- fische Behörde für Koksverteilung nach dem Wegfall der deutschen Lieferungen gezwungen ist, die Kokspreise um 45 Frank je Tonne oder mehr als 40 Proz. des Grundpreises herauszusetzen. Devisenkurse. Unserer gestrigen Kurstabelle sind noch folgende amtliche Notierungen nachzutragen: 1 finnische Mark 997,50 Geld, 1002,50 Brief, 100 österr. Kronen(abg.) 55,36 Geld, 55,64 Brief, 1 ungarische Krone 15.11 Geld. 15,19 Brief; 1 bulgar. Lewa 225,43 Geld, 226,57 Brief: 1 jugoslawischer Dinar S82D4 Geld, 383,95 Brief; 1 Polenmark galt im frei«, Berkehr 1,08 bis 141 M.