Nr. S4> 40. Jahrgang dsnnerstag. 8. Februar 1923Ausschuß, schon heute in der Stadtverordnetenversammlung denVertrag definitiv unter Doch und Fach zu bringen. Wenn voneinigen Seiten bedauert wird, daß Fremde nunmehr großenEinfluß im Berliner Schiffahrtsverkehr auszuübenimstande find, so haben sich die Berliner Spediteure und Speicher-besitzer mit den durch ihre Vertreter beliebten dilatorischen Vcrhand-lungen dies selber zuzuschreiben.'Der voreilige Schuß.Gefängnisstrafe für ein Mitglied des Selbsifchuhes.Welche bedenklichen und verhängnisvollen Folgen es haben kann,wenn der Schutz der öffentlichen Sicherheit nicht in den Händengeübter und ruhiger Beamten, sondern aufgeregter und ängstlicherLaien ruht, zeigt« eine Verhandlung vor der Strafkammer des Land-gerichts II. Dort hatte sich der Angehörige einer sogenannten Selbst-schutzorganisotion, der Hausbesitzer Wilhelm Hagedorn ausWilhelmshogen zu verantworten, der durch ein voreiliges undstümperhaftes Umgehen mit einer Schußwaffe den Tod eines voll-kommen ruhigen und harmlosen Mitmenschen verschuldet hotte.Die wachsende Unsicherheit in den Vororten und die zahlreichenEinbrüche und Ueberfäll« hatten die Einwohnerschaft von Wilhelms-Hagen bei Erkner veranlaßt, aus der ehemaligen Ein-wohnerwehr eine Selbstschutzorganisation zuschaffen, die nächtliche Patrouillengäng« unternahm.Auch der Angeklagte Hagedorn befand sich eines Nachts auf einemKontrollgangc, als er einen einsamen Nassanten ihm entgegen-kommen sah. Da der Fremde auf seinen Anruf nichtgleich antwortete, machte er von seinem Revolver Gebrauchund gab nach seiner Angabe mehrere Schüsse ab, die den Unbc-kannten zu Boden streckten. Hinterher stellte es sich heraus, daß essich um einen harmlosen Postbeamten handelte, der vomD i e n st kam und nach Hause wollt«. In der gestrigen Verhand-lung verteidigte sich der Angeklagte damit, daß er zunächst einenSchreckschuß abgegeben hätte und dann, als der Fremde, den er für«inen Einbrecher hielt, auf ihn zukam, noch einmal geschossen habe.Er wollte in Notwehr gehandelt haben.— Die Zeugenaussagenergaben aber, daß nur ein Schuß gefallen sei, so daß der Ange-klagte sofort auf den Postbeamten gezielt habenmuß.— Das Gericht hielt diesen Tatbestand auch für erwiesen undverurteilt« Hagedorn, noch über den Antrag des Staatsanwalts hin-ausgehend, zu zwei Jahren Gefängnis.Um Sie KohlenzuschüflTe.Streitigkeiten zwischen Hausbesitzer und Mietern wegenmangelhafter K o h le n v e r s o r g u n g für die Zentral-Heizung haben einem Hausbesitzer eine schwere Straf« einge-bracht. In dem Hause Konstanzer Str. 68 war der Mieterausschuhseit dem Jahre 1919 mit seinem damaligen Hauswirt, dem Fabrik-besitzer Wilhelm Zilcnski, in dauernden Streitigkeiten. Die Mieterklagten, daß sie i n dem Winter 1919/26 f n st ohne Hei-z u n g gewesen seien, und auch in dem folgenden Winter kam es zuheftigen Auseinandersetzungen. Daraus entspannen sich über die zuzahlenden Kohlenzuschüsse Streitigkeiten. Der Hauswirt brachteeine einstweilige Verfügung heraus, durch die die Mieter zu zahlenverpflichtet wurden. Der Mieterausschuß behauptet«, daß derHauswirt eine falsche eidesstattliche Versicherung über die Vorlageder Abrechnung und über die Kohlenrechnungsbeträge abgegebenhabe. Das führt« zu einer Anklage, die gestern gegen Zilenski vorder 1. Strafkammer des Landgerichts III zur Verhandlung kam.Das Gericht verurteille den Angeklagten auch wegen Abgabe einereidesstattlichen Versicherung zu vier Monaten Gefängnis,billigte ihm aber Strafaussetzung bis zum Jahre 1926 zu. Jedochwurde dem Angeklagten auch eine Geldbuße von einerMillion Mark auferlegt, die bis zum 1. Mm 1923 zu zahlen ist.Neue Mietenerhöhung durch die— Schornsteinfegermeister.Im Berliner Polizeipräsidium fanden gestern nachmittag Be-sprechungen über eine neue Heraufsetzung der Mieteninfolge der Forderungen der Schornsteinfeger-m e i st« r statt. An der Konferenz nahmen Vertreter derorganisierten Mieterschaft, des Bundes Berliner Haus.und Grundbesitzervereine, des Magistrats und der Schornsteinfegerstatt. Bekanntlich haben die Schornsteinfeger unter Streikan-d r o h u n g eine nicht wesentliche Heraufsetzung der Kehrtaxcn ver°langt, die eine starke Belastung der Mieterschaft darstellt. Bei derBesprechung erklärten die Vertreter des Gaues Berlin im BundsDeutscher Mietervereine, daß die Mieterschaft gegen dieseneue Belastung schärf st en Prötest einlege. Di« Kehr-bezirke der Schornsteinsegermeister seien im Gegensatz zu anderenStädten derart klein, daß jeder Meister nur einen Gesellen be-schäftizen könne. Die Meister verlangten jetzt ein Einkommen inHöhe von 1% des Geselleneinkommens und Erstattung aller Un-tosten von 9,75 Proz. des Gesellenlohnes. Die Mieterschaft empfindeein solches Verlangen um so ungerechter, als infolge der zu kleinenBezirke der Meist er überhaupt nicht mehr arbeiten,sondern lediglich den Gesellen beaufsichtigen könne. Die von denMietern zu tragenden Schornsteinfegerlöhne betragen jetzt bereits29 Proz. der monatlichen Grundmiete. Da die Schornsteine nur allesechs Wochen einmal gereinigt werden, habe der Meter fürdiese Arbett das 129fache der Erundmiete zu zahlen. Der Vertreterdes Bundes der Berliner Haus- und Grundbesitzervcreine schloß sichdiesen Darlegungen voll inhaltlich an. Danach oerließen Hausbesitzerund Mieter zusammen die Sitzung und erklärten, daß sie nicht früheran weiteren Verhandlungen teilnehmen würden, bis das Meister-gehalt herabgesetzt sei._Die Gefahren öer Aufstockungen.Einheitliche Regelung für ganz Vreujzen.Für das Aufstocken von Gebäuden, das in den letzten Iahrenmit Rücksicht auf die hohen Kosten von Neubauten einen immergrößeren Umfang angenommen hat, galten bisher nur die allge.meinen baupolizeilichen Vorschriften, die natürlich auf diese bisherungewohnte Bauweis« nicht besonders eingestellt waren.Das Bau Unglück im Masse- Haus hat nunmehr dieBerliner städtische Baupolizei veranlaßt, besondere polizei-liche Bestimmungen für das Aufstocken von Ge-b ä u d e n auszuarbeiten, in denen oie bisher auf diesem Gebietgemachten Erfahrungen verwertet werden und die dazu dienensollen, ein« Wiederholung derartiger Einsturzkatastrophen nach Mög-lichkeii auszuschließen. Die betreffenden Vorschriften werden zur-zeit in den verschiedenen Dezernaten der Baupolizei bearbeitet.U. a. beabsichtigt man, bei allen künftigen Aufstockungen den Ein-bau von Zwischengerüsten zwischen dem alten und deinneu zu errichtenden Gebäudeteil zu verlangen, die die bewohntenRäume des aufzustockenden Hauses davor bewahren sollen, durchetwa einstürzende Neubauteil« in Mitleidenschast gezogen� zu werden. Besondere Vorschriften sollen ferner über die höchstzu-lässige Belastung der obersten Decken«rlasien werden.Für den Fall, daß auf diesen Decken Baumaterial aufgestapelt wer-den muß, will man die Errichtung einer besonderen Bohlenunter-lag« fordern, die«ine zu starke Delastunq der eigentlichen Deckeverhindern soll. Wie wir erfahren, soll auf der Grundlage der vonder Berliner Baupolizei ausgearbeiteten Vorschriften dann eineeinheitliche Regelung'der Aufstockungsvorschrif-ten für ganz Preußen durch den Wohlfahrtsminister er-folgen, da ja dies« Bauweise nicht nur in Berlin, sondern in fastallen größeren Städten in Aufnahme gekommen ist.Vertreter des Wohlfahrtsministeriums und des Berliner Polizei-Präsidiums haben auch in den letzten Tagen eine ganze Reihe vonBerliner Aufstockungsarbeiten besichtigt, um sich über die dort ge-troffenen Sicherheitsvorkehnmgen zu unterrichten und Material fürdie neuen Baupolizeivorschriften zu sammeln.Die 11-Uhr- Polizeistunde. In einer auserordentlidben Mit-gliederversammlung nahm geilern der Verein der KaffeehauSbeiitzervon Groß-Berlin und Provinz Brandenburg in scharfer Weisegegen die Il-Uhr-Polizeistunde Stellung. Es wurde zum AuS-drück gebracht, daß die Mehrzahl der Kafieehausbetricbe gezwungenfei. umfangreiche Entlassungen von Angestellten vorzunehmenReben der frühen Polizeistunde habe der in den letzten Tagen be-kanut gewordene Entwurf eincS NotschanksiättengefetzeS große Un-ruhe in da? Gewerbe gebracht.Zugendwelhe Pankow. Der Lebenskunde-Unterricht beginn!heute, Donnerstag, den 8. Februar, nachmittags 4 Uhr. im Jugend-heim Pankow. Breite Straße 32. Eingang Finanzamt. Anmeldungenwerden dort noch entgegengenommen.BezirkSbildnngSausschus, Grost-Berli»..Die Macht der Finsternis-von Totttoj(Hauptrolle Rose Licchtensteint DienStag, den'21. Februar,7 Uhr int Ccutral-Tbeatcr, Alt- Jakobilratze. Preis pro Karte580 M. Garderobe und Theaterzettel frei. Karten im Bureau des Be-zirkSbildunaSauSIchusf-S. Lindcnslr. 3. 2. Hos 2 Tr.. Zimmer 8.— Pro.> c t a r t s ch e F e i e r it u n d e n am Sonntag, den 25.(jebruar, vormittags11 Uhr. im Gioxen Schaulpiclkans, Karlttraße. Zum ersten Male bringtder Sprechchor dnS Ehoiwerk.Turm der Gemeinschait'. Karten a»80 M.an den bekannten Stellen, im Bureau des BezirksbildungSausichusseS undim LandgemeindchailS, Abteilung i-nchhandlung.«ophienttr. 21.— Fürsämtliche Tbeatervorllellungen im Monat Februar wird em Zuschlag von50 M. pro Kart- erhoben.— Dir bA-n, die Beträge für die Oper nochim Lause dieser Woche abzurechnen.Heöauernswerte Sriefstempler.Die fortgesetzten Erhöhungen deS Briefportos nötigen die Post-Verwaltung, immer wieder neue Briefmarken anfertigen zu lassen,die auf immer höhere Beträge lauten. Dadurch wird für dieälteren Marken, soweit sie noch zur Fronlierung von Briefen be«nutzt werden dürfen, der Wert gegenüber dem Briefpoitobetragimmer weiler heruntergedrückt Bei 29 M. Briefporto innerhalbBerlins halte man von den Marken zu 19 Pf., die noch gelten,volle 200 Stück auf den Briefumschlag zu kleben, so daß dieser einRiesenformat haben müßte AuS Rußland wurde vor einiger Zeitgemeldet, daß den Briefen manchmal ganze Marlenbogen angeheftetwerden, weil' die Briefumschläge nicht Platz genug für die Markenbieten. Aber auch im Deutschen Reich sind der Post schon Briefe über-geben worden, die infolgeder Verwendung geringwertiger Briefmarkeneine ganz außerordentliche undfast komisch wirkendeMarken fülle aufwiesen. Bor einigen Tagen erhielt der.Vor-Wärts'-Verlag vom Berliner Wetterbureau einen Brief, der mit36 Diertstm.irken, meist älteren von geringem Wert, beklebt war,so daß er an Buntheit einem Bilderbogen glich. Nur 11 Markenhatten sich auf der Vorderseite unterbringen lassen, für die übrigen25 mußte die Rück>eite mitbenutzt werden. Zur Entwertung der36 Marken mußte S2mal der Stempel aufgedrückt werden, damitjede etwa? abkriegte. Noch gesegneter mit Marken war ein Brief.der in diesen Tagen vom Landgericht Essen einem unserer Re«daktionskollegen zuging. Zur Frankierung waren nicht wenigerals 46 Dienstmarken verwendet worden, von denen 24 die Vorder-seile bedeckten und 22 auf der Rückseite ihren Play gefunden hatten.29 von den 24 Marken der Vorderseite hingen noch als Markenbogenzu'ammen, der nur mit dem Rand an den Briefumschlag angeklebtwar und als flatternde Fahne lose über der ganzen Vorderseitelag, so daß inan den Bogen abheben mußte, um die Adreffe lesenzu können. Zur Entwertung aller Marken war der Stempel, wennwir richtig gezählt haben, 42 mal aufgedrückt worden. Ein.Ber-gnügen', solche Briefe zu frankieren, ein größeres noch, die Markendurch Poststempel zu entwerten I Wird diese Arbeitsverschwendringaufgewogen durch die PapiereriparniS, die man bei Aufbrauchungder alten Dienstmarken zu machen glaubt? Bei den jetzigen Papier-preisen wäre eZ vielleicht noch profitabler, die Vorräte alter Dienst«marken als Makulatur einstampfen zu laffen, statt daß man insinnloser Papiervergeudung jeden Brief mit Dutzenden von Markengarniert._Zur Tariferhöhung bei der Hochbahn.Die noch in Händen des Publikums befindlichen FahrkartendeS letzten Tarifs berechtigen bis einschl. 15. Februar ohne Nach-Zahlung zur Fahrt. Dasselbe gilt von den Bündelkarten. Diebereits gelösten Wocbenkarten behalten ihre Gültigkeit bis zumAblauf der Woche. Bis auf weiteres werden alte Fahrkarten mitdem Siempelautdruck.8. Febr. 23' zu den neuen Preisen auSge-geben; der Verkauf neuer Fahrkartenblocks beginnt erst am 16. Fe-bruar. Näheres ergeben die Aushänge.Die Verpachtung öer städtischen Häfen.vor einem bOjährigea Vertrag mit auswärtiger Firma.Der Stodtoerordnetenausschuß zur Vorberatung über die Der-Pachtung der Berliner Häfen und Speicheranlagen hat den Vertragmit dem Konsortium Schenter u. Co., Wien und München, gut-geheißen und wird dem Plenum der Versammlung die Annahmedes Vertrages empfehlen.Di« von einem Konsortium Berliner Spediteure und Bankeneingegangenen Angebote auf Pachtung der Häfen konnten nicht be-rücksichtigt werten. Es fehlten greisbare und dem großen Objektangemessene Unterlagen, auch fehlte die Möglichkeit, mit den vondiesem Konsortium entsandten beiden Vertretern irgendwelchebindende Verhandlungen zu pflegen bzw. endgültige Abschlüsse aufeiner festen Srundlag« zu tätigen. Die obengenannte FirmaSchenker u. Co. hat sich in bindender Form erboten, sofort nachAbschluß des 59jährigen Vertrages 1� Milliarden M. zuzahlen, und ferner die noch entstehenden Baukosten fürdie Fertig st ellung des W« st Hafens zu über-nehmen. Diese erfordert etwa zwei Millionen Arbeits-stunden bis Mai d. I., weitere 1% Milliarden Mark nach demStande der heutigen Löhne für Bauarbeiter usw. Man hoffte im(Nachdruck verboten. De: Malik-Verlag, Berlin.)Drei Soldaken.31] von 3ohn dos Passos.Zua dem amerikanischen Manuskript Übersetzt von Julia»»um per,.5.Meadville stand in der Nähe des Lagertores und beob-achtete die Motorlastzüge, die nach der Hauptstraße zu vorbei-defilierten. Grau, schwerfällig und schlammbedeckt ratterten sievorbei, holperten durch die Locher in der ausgefahrenen Straßeund dehnten sich, so weit er sehen konnte, zu einem endlosenZuge aus, hinunter in die Stadt und den ganzen Weg hinauf.Er stand breitbeinig da und spuckte auf die Straße. Dannwandte er sich an den Korporal, der neben ihm stand undsagte:„Da vorn geht bestimmt was vor."„Sicher", sagte der Korporal und schüttelte den Kopf.„Daniels, der an der Front war, sagt, die Hölle sei aus-gebrochen."„Wann werden wir'ne Aktion sehen?", fragte Meadvillegrinsend.„Ich würde das beste Stück Vieh von meiner Farmgeben, könnte ich'ne richtige Aktion sehen."„Host du'ne Farm?" fragte der Korporal.Motorlastzüge ratterten monoton vorbei. Die Führerwaren so mit Schlamm und Schmutz bedeckt, daß man ihreUniform nicht sehen konnte.„Was denkst du denn," meinte Meadville.„Glaubst duetwa, dach ich'n Geschäft habe?"Fuselli kam an ihnen vorbei.„Hör' mal, Fuselli," rief Meadville.„Korporal sagte, davorn sei die Hölle ausgebrochen. Gibt vielleicht Pulver zuriechen."Fuselli hielt an und gesellte stch ihnen zu.„Der arme Bill Grey hat wahrscheinlich schon reichlichPulver gerochen," sagte er.„Ich wünschte, ich wäre mit ihm gegangen," sagte Mead-ville..Mcrde diesen Trick selbst versuchen, jetzt, wo das schöneWetter da ist. wenn wir uns nicht bald in Bewegung setzen."„Zu gefährlich."„Hört mal den Mann an. Der glaubt, es sei zu gesahr-lrch in den Gräben... Meinst du etwa, daß du da'n Feder-bett geliefert kriegst?"„Ach was, ich will doch an die Front. Man will aberauch vorwärts kommen in dieser Armee."„Wozu vorwärtskommen?" sagte der Korporal.„Mankommt deswegen doch nicht eine Minute früher nach Hause."Ein neuer Zug von Lastautos fuhr vorbei und verschluckteihr Gespräch.Fuselli packte Medikamente in eine Kiste. Beim Arbeitenliörte er zu, wie Daniels mit Meadville sprach, der neben ihmarbeitete... Na, das Gas ist die verfluchteste Geschichte, von derich je gehört habe," sagte er.„Habe Leute gesehen, denendte Arme wie Blasen davon angeschwollen waren."„Warum bist du ins Krankenhaus gekommen?" fragteMeadville.„Lungenentzündung," antwortete Daniels.„Ich hatteeinen Kameroden, de? von einer Granate direkt in zwei Teilegespalten wurde. Er stand so nahe bei mir. wie du jetzt undpfiff Tipperary, als da plötzlich nur ein großer Blutfleck warund er dalag mit aufgerissener Brust. Der Kopf hing wiean einem Faden herunter."Meadville spuckte auf die am Boden ausgestreuten Säge-späne.„Na. was glaubst du. geht jetzt an der Front vor?"„B-rdammt, wenn ich das wüßte."„Dieses Hospital da in Orleans war so voll, daß Leutedraußen auf dem Pflaster auf Krankenbahren den ganzenTag warteten. Kenne das. Die Kerls sagten, daß da vornedie Hölle ausgebrochen sei. Die Fritzies scheinen im Vor-marsch zu sein."Meadville sah ihn ungläubig an.„Diese Rotznasen." sagte Fuselli.„Die können ja garnicht vorrücken, sterben ja schon Hungers."„Du bist wohl auch so einer," meinte Daniels,„der ollesglaubt, was in der Zeitung steht?"Die Soldaten sahen Daniels unwillig an. Sie arbeitetenschweigend weiter. Plötzlich kam der Leutnant herein. Erließ die Tür offen hinter sich..Kann mir irgend jemand sagen, wo SergeantOlstcr ist?"„Er war vor einigen Minuten hier," antwortete Fuselli.„Wo ist er aber jetzt?" schnauzte der Leutnant ärgerlich.„Weiß nicht," murmelte Fuselli und wurde rot.„Sieh nach und suche ihn."Fuselli marschierte ab. Draußen vor der Tür hielt eran. Sein Blut kochte vor Mißmut. Wie zum Teufel konncker wissen, wo d-r erste Sergeant war. Er sollte wohl nochHellseher werden! Die ganze Bitterkeit, die sich in seinemBewußtsein angestaut hatte, strömte an die Oberfläche. Siehatten ihn nicht richtig behandelt. Er fühlte eine hosfnungs-lose Wut gegen diese ungeheure Tretmühle, an die er an-geseilt war. Die endlose Folge von Tagen, alle gleich, allevoller Befehle, die endlose Monotonie des Drills und derParaden erwachte in seinem Bewußtsein. Er fühlte, er könnenicht weitermachen. Er wußte, daß er weitermachen müsseund werde, daß es kein 5)alt gebe, daß seine Füße im Gleich-schritt, in dem Tritt der anderen Füße dieser ungeheurenTretmühle sich weiterbewcgcn würden. Plötzlich sah er denSergeanten.„Sergeant!" rief er. Dann ging er vertraulich an ihnheran und sagte:„Der Leutnant will dich gleich da drübensprechen."Er schlich zu seiner Arbeit zurück und kam gerade zurrechten Zeit, um den Leutnant in strengem Tone zu demSergeanten sagen zu hören:„Sergeant, wissen Sie, wie diePapiere für das Kriegsgericht fertiggemacht werden?"„Zu Befehl," antwortete der Sergeant mit überraschtemGesicht.Er folgte dem Leutnant zur Tür hinaus.»Fuselli spürte einen plötzlichen panischen Schrecken. Erarbeitete weiter, automatisch, seine Hände aber zitterten. Erdurchsuchte sein Gedächtnis, um irgendeinen Verstoß gegendie Armeeordnung zu finden. Der Schrecken wich so schnell,wie er gekommen war. Natürlich, er hatte keine Ursache,sich zu fürchten! Er lachte weich in sich hinein.„Was fürein Narr bin ich doch, so erschreckt zu sein." Er fuhr in seinerArbeit fort, den ganzen langweiligen Nachmittag. Abendsversammelte sich fast die ganze Kompagnie in einer Gruvpeam Ende der Baracken. Beide Sergeanten waren weg. DerKorporal sagte, er wiffe nichts und ging mürrisch zu Bett.Schließlich sagte jemand:„Ich wette, dieser Jude, der Eisen-stein, ist'n Spion."„Der ist auch nicht in den Vereinigten Staaten geboren,nicht? Irgendwo in Polen oder sonst so einem verdammteuLand. Sprach auch immer so komisch."(Fortsetzung folgt.)t