tauge, oder aber endlich, als fürchte ste, damit zu weit gegen- gen zu sein, als habe sie auf die Erfüllungspolitik verzichtet. Die zweite propagandistische Tat, deren wir bedürfen, ist eine energische Finanzreform, eine ausreichende Besteuerung des Besitzes, namentlich derjenigen, die aus der allgemeinen Unsicherheit und aus dem allgemeinen Mangel durch Spekulations- und Monopolgewinne grojje Reichtümer gezogen haben und noch ziehen. Auf diesem Gebiete haben die ! Regierungen und der Reichstag , dank feiner bürgerlichen Mehrheit, bisher völlig versagt und dadurch im Ausland den Anschein erweckt, als wäre Deutschland sehr wohl imstande, ungemessene Reparationen zu bezahlen, wenn es sich nur dazu verstehen wollte, die fetten Profite der Schieber, der Agrarier, der Jndustriemagnaten energisch zu beschneiden. Es ersteht der Anschein, als führten die Gegner Deutschlands Krieg bloß gegen feine Ausbeuter, nicht gegen sein arbeitendes Volk. Das ist nicht dazu angetan, die arbeitenden Mafien des Auslandes, namentlich nicht die Frankreichs , Belgiens , Italiens für die deutsche Sache zu begeistern. Eine energische Besteuerung der Reichen ist dringend not» wendig schon im Interesse der Gesundung der deutschen Wirt- schaft)ind der Finanzen des Reiches, des Staates, der Gemein- den. Sie ist eine der unerläßlichsten unter den Maßregeln. deren wir bedürfen, um zur Aufhebung der Inflation und zur Stabilisierung der Währung zu kommen. Sie ist aber heute auch dringend notwendig zur Stärkung der Position unserer Freunde im Ausland, deren Intervention im Ruhrprvblem wir so sehr brauchen. Erst wenn wir alles getan haben, um den besitzenden Klafien des Reiches so viel aufzubürden, als sie ohne Schädi- gung der Wirtschaft tragen können, erst dann werden wir im- stände sein, den arbeitenden Massen des Auslandes aufs ein- drucksvollste nachzuweisen, welches die wirkliche Leistungsfähigkeit Deutschlands ist. Und wenn diese Fähigkeit mich dann noch, woran nicht zu zweifeln, nicht ausreicht, die Forde- rungen der Herren Poincarä u Co. zu befriedigen, dann werden die Proletarier aller Länder, mich die heute noch von nationalistischen Informationen irregeleiteten, wissen, daß die Reparationslast nichts bedeutet, als die Versklavung der deut- schen Arbeiterschaft, eine Versklavung, die dank den internatio- nalen Zusammenhängen zur Herabdrückung der Arbeiterlage in allen Ländern kapitalistischer Produktion führen muß. Dann wird es leichter fein, die Sache der Intervention in England und Amerika durchzusetzen und die Opposition gegen das Ruhrvsrbrechen in Frankreich und Belgien unwidersteh- lich zu machen. Offenheit und Klarheit in der Erfüllungspolitik, rücksichts- loses Vorgehen gegen die kurzsichtige Habgier jener besitzenden Elemente, deren flammender Patriotismus die größten Opfer der andern verlangt, indes sie selbst aus jeder Rot des Vater- landes nur neuen Gewinn zu pressen suchen— und dabei noch stete Bereitschaft zu Verhandlungen, sobald solch« ohn« Demü- tigung möglich sind, das ist das, was von unserer Seit« aus dringend notwendig ist, unser Land zu retten. Nicht aber ein Bündnis mit Sowjetrußland. Und eben» soweing passives Warten auf einen plötzlichen Glücksfall, der uns aus dem Elend heraushilft.
Ein Wink nach München . Die„Zeit" warnt vor nationalistische« Ansfchreitnnge« Die Reise des Reichskanzlers Cum nach München gibt. der volksparteilichen»Zeit" Veranlassung, den bekannten Münchener Kreisen zarte Winke für ihr Verhalten gegenüber dem Kanzler zu geben. Das Blast ist der Meiming, daß die Reise ein gewisses politisches Risiko in sich birgt. Denn: Was wir bisher an Kundgebungen w München erlebt, trug vielfach einen einseitig parteipolitischen Charakter. Unter dem Einfluß rechtsradikaler Kreise ist es bei solchen Kundgebungen vielfach zu Ausschreitungen gegen Angehörige
anderer Parteien gekommen, insbesondere geg«n SlnhSnjj« der Sozialdemokratischen Partei. Die Angriffe aus das Organ der Münchener Sozialdemokraten, auf die„Münchener Post", geben da- von Kunde. Das Zerreißen schwarzrotgoldener Fahnen gehört dabei anscheinend auch zu den Aufgaben, die man von rechtsradikaler Seit« als deutschnational ansieht. Die„Zeit" warnt die Münchener deshalb davor, die An- Wesenheit des Reichskanzlers zu derartigen Ausschreitungen zu benutzen. Denn Dr. Cuno sei zwar der Reichskanzler eines bürgerlichen Kabinetts, aber er führe die Geschäfte nach außen als Vertreter des ganzen deutschen Volkes„mit Aus- nähme seiner links- und rechtsradikalen Hetzer". Es würde der Auffassung des Reichskanzlers durchaus wider- sprechen, wenn man etwa versuchen würde, ihn als Träger ganz be stimmte? parteipolitischer Tendenzen hinzustellen. Dieser Satz kann nicht anders als gegen die letzten Ans- führungen des Fraktionsführers der Bayerischen Dolkspartei, des Abgeordneten Held, gerichtet angesehen werden. Herr Held hat es bekanntlich für zweckmäßig gehalten, von dem Fortbestand der Regierung Cuno die Reichstreue Bayerns abhängig zu machen. Wenn irgend etwas geeignet war, den Kanzler„als Träger ganz bestimmter .parteipolitischer Tendenzen" hinzustellen, so war es zweifellos die Art, wie Herr Held von ihm zu reden nützlich fand. Die Mahnung der„Zeit" ist deshalb ganz offensichtlich gegen diese sonderbaren bayerischen Redensarten gerichtet. Und wenn da- neben auch noch einige gute Lehren für die sozialdemokratische Provinzpresse abfallen, die angebsich nicht ganz zuverlässig im Kampfe gegen den französischen Einbruch sei, so sind diese Lehren zwar an sich überflüssig, weil unberechtigt, aber sie sind augenscheinlich nur eingeflochten, um den bayerischen Herr- schaften die bittere Pille zu versüßen.
Staatsbeamte unü Krankenversicherung. Wo bleibt die Mittelstandshilfe der Bürgerliche«? Die Sozialdemokraten hab«n im Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstags beantragt, die B e a m t e n in die all- gemeine Krankenversicherungsvflicht einzubeziehen. Die An- tragsteller ließen sich von dem Grundgedanken leiten, daß weite Kreise der Beamtenschaft heute zu dem wirklich n o t l e i- denden Mittelstand gehören und daß es dringend ge- boten ist, ihr praktische Hilfe zu bringen, wo immer es möglich ist. Da die Honorare, die die Aerzteschast im freien Verkehr von ihren Konsultanten zu fordern genosigt ist, die finanzielle Leistungsfähigkeit eines großen Teils der Beamten bei weitem übersteigt, ergeben sich aus diesem Zustand G e- fahren, die durch die Einbeziehung der Beamten in die all- gemein« Bersicherungspslicht leicht behoben werden können. Es ist bezeichnend, daß die bürgerlichen Ber- t r e t e r im Sozialpolitischen Ausschuß den sozialdemokra- tischen Antrag kurzerhand ablehnten. Hier zeigt sich ihre Mittelsiandssrcundlichkeit in einem nicht gerade sehr günstigen Licht. Wie so oft versagen sie, wenn es gilt, an Stelle der Worte einmal praktische Lzilfe z» leisten. Das scheint auch der volksparteilichen„Zeit" einige Schmerzen zu bereiten. Sie versucht im Anschluß an den Sitzungsbericht die Haltung der Bürgerlichen zu entschuldigen und gerät bei dieser Ge- legenheit von einem Bedenken ins andere. Wir glauben, mit prinzipiellen Bedenken ist dem Mittelstand wenig gedient. Wer heute helfen will, muß rasch zugreifen. Wenn nun gar die„Zeit" den sozialdemokratischen Antrag als eine Etappe in dem Kampf der Sozialdemokratie gegen das Berufs- beamtentum bezeichnet, so ist das eine Unterstellung, für die sie den B e we i s zwar schu ld i g bleibt, die aber um so deutlicher ihr schlechtes Gewissen verrät. Diese Ver- leumdung ändert nichts an der Tatsache, daß die Sozial- demokratie mit ihrem Antrag dem Beamtentum zu Hilfe eilen wollte und daß diese Hilfe von den Bürgerlichen verhindert wurde.
nicht verstanden. Wenn ihre Unfähigkeft, sozialistische Produktion auszubauen, die Unmöglichkeit des Sozialis- mus dartun würde, dann müßte ihre jetzige Unfähigkeit, eine kapitalistische Produktion zu entfalten, die Unmöglichkeit des Kapitalismus beweisen. Jegliche Großindustrie, ob kapitalistisch oder sozialistisch, bedarf einer intelligenten, selbständigen, kraft- vollen Arbeiterschaft. Die kapitalistische Industrie bedarf außerdem noch des Vertrauens, des Vertrauens zum Staat, in dem sie tätig ist, des Vertrauens zu den einzelnen ihrer Unternehmungen. Die Bolschewiks haben beides gründlich zerstört und sah- ren fort, es zu zerstören, wie die mit aller Kraft betriebene Herabdrückung der Arbeitslöhne und Auflösung des Schul- wefens bezeugt. Zu all diesen inneren Unmöglichkeiten kommt die Tat- fache, daß es keinen unzuverlässigeren Bundesgenossen geben kann, als die russische Sowjetrepublik. Wollten wir an ihre Hilfe appellieren, sie würde kein Bedenken tragen, uns in die wildesten Abenteuer hineinzureiten, um uns im entscheidenden Moment zu verraten und im Stichs zu lassen. Aber selbst wenn sie entschlossen wäre, um Deutschlands willen den Krieg an Frankreich und seine Alliierten im Osten zu erklären und durchzuhalten bis zu erfolgreicher Abwehr Frankreichs , so könnte sie uns nicht helfen. Denn dies Land mit seiner zerrütteten Industrie und seinem ganz mangelhaften Verkehrssystem ist ganz unfähig zu einer e r so l g> reichenOffensive gegen einen so stark gerüsteten Gegner wie Frankreich und seine Alliierten. Es vermochte 1S2V nicht einmal mit Polen allein fertig zu werden, und es sollte jetzt die Kraft haben, Polen , Rumänien , die Tschechoslowakei und die ihnen rasch zuströmenden Franzosen zu schlagen, etwa mit Hilfe der"rwachenden Ungarn und der Hitlergarden? Die Idee, das Triumvirat Trotzki , Horthy und Ludendorff sei berufen, Deutschland zu befreien, ist ein wesenloser Traum — und kein schöner. Er würde mit einem fürchterlichen Erwachen Deutschlands enden. Ist aber die Alternative dieses Traumes nicht die Not- wendigkeit, zu kapitulieren? Nein, so schlimm steht es doch nicht. Es ist gewiß, der heroische Widerstand der Arbeiter an der Ruhr, der das wirtsamste Mittel der Abwehr bleibt, kann nicht ewig dauern. Einerlei, ob Breitjcheid in London diesem Gedanken Aus- druck gegeben hat oder nicht, er ist richtig. Er spricht nur das aus, was jeder Offizier weiß, daß keine belagerte Festung unbegrenzt aushalten kann, daß sie schließlich kapitulieren muß oder im Sturm genommen wird, wenn nicht eine Armee von außen sie entsetzt. Damit ist nicht die Anfforderung an das Ruhrrevier ausgesprochen, zu kapitulieren, sondern nur die dringende Aufforderung an das übrige Deutschland , Kräfte zu schaffen, die imstande sind, es zu entsetzen. Sie sind im Auslande zu schaffen, in Amerika , England, Italien , in Frankreich und Belgien selbst. Wir bedürfen dringend ihrer polftischen Hilfe. Aber wir werden sie nicht bekommen, wenn wir nicht selbst uns rühren. Wir bekommen sie nur durch energische Propaganda, aber nicht Propaganda bloßer Worte, sondern durch Propaganda der Tat. Nicht der Gewalttat, die wirkt propagandistisch bloß gegen uns. Vor allem zweier Taten im Inland bedürfen«ür zur Verstärkung der Kraft unserer Freunde im Ausland. Bei jedem Kriegsausbruch der neueren Zeit haben es die Regierungen für notwendig befunden, ihre Völker und die Welt über die dem Krieg vorhergebenden Verhandlungen und Forderungen zu informieren, in Weiß-,.Gelb-, Blau- usw. Büchern. Poincarc; hat bereits ein Gelbbuch über die den' Ruhrkonflftt einleitenden Verhandlungen herausgegeben. Die> Reichsregierung aber schweigt. Sie hat das Angebot noch nicht veröffentlicht, das sie den Verbündeten vor dem franzö- sischen Einbruch machte. Dies Schweigen macht den übelsten Eindruck, erweckt den Schein, als sei es der Regierung nicht«rnst damit gewesen, oder als sei sie sich selbst dessen bewußt, daß ihr Plan nichts
Der faljche Dionpfos. Von Jose pH us. Dionysos war bekanntlich der Gott des Weine« und der Nackt- kultur. Er lebte in den Wäldern mit Nympbentalletten und Faun- klibs, aber auch in Weingärten, ein Freund der Winzer und ins- blondere der Winzerinnen. Dionysos war einer der lustigsten Götter, die ich kenn«: er hatte ein rundes Bäuchlein vorgeschnallt, wie eine Kalbfelltrommek, und trug im braungelockten Haar einen ulkigen Kranz. So sah er rittlings auf einem Faß, und sein rundes Gesicht war ein inkarniertss Wohlgefallen am Leben. Er war ein Gott, der auf Autorität keinen Anspruch machte und auf den Re- spekt der Sterblichen pfiff. Er kannte die Distanz nicht, die Zeus zum Beispiel immer zu behalten bemüht war, die Distanz zu Dingen, Menschen und Halbgöttern. Zeus donnerte. Dionysos trank. Jeder andere Gott hatte irgendeine Tugend: Apollo war im höchsten Grade musikalisch, Athene war ein strategisches Genie, Hephaestos ein famoser Kunstschlosser, und selbst Hermes, der das geringste An» sehen genoß und das bürgerliche Strafgesetzbuch mißachtete, hatte wenigstens die Tugend der beflügelten Leichtfüßigkeit. Einzig und allein Dionysos hatte keine Tugenden, nicht einmal«in klares Be- wußtsein. Er torkelte durch die Unsterblichkeit, unverantwortlich und in unordentlichen Kleidern, und war auch sonst unanständig. Ich erinnere nur an die Dionysosfeste, die anderwärts Bacchanale hießen, aber ganz genau dieselbe Polizeiwidrigkeit waren. Dieser Dionysos , beziehungsweise der römische Bacchus, ver» törperte die antiken Vorstellungen van Lebenslust und ewigem Rausch. Die Menschen lebten aus dem Bollen und unbewußt. Wenn es donnert«, zitterten sie vor Zeus , und tranken ste, sagten ste zum Dionysos: Du. Sie kannten keine Blitzableiter und brauchten nicht erst konventionelle„Bruderschaft" zu trinken. Ihre Freude am Körperlichen war harmlos und reine Lyrik, ohne Tendenz und ohne Kausalnexus mit Bcwußtteinsoorgängen. Die Freude war neben Atmen, Essen, Liebe, einfache Lebens- ävßerung. Sie war kein„Amüsement"(Amüsement ist tue Kom- merzialisierung der Lebenslust, der Kettenhandel mit Freude). Dio- nyfos aber war nicht Direktor eines Wald- und Wiesenvarietts. « Vor einigen Tagen las Ich den Satz eines bekannten deutschen Schriftstellers, dessen Namen ich in diesem Zusammenhang nicht gerne nennen möchte. Der Satz wurde vor dem Kriege geschrieben und lautet ungefähr: Wir erlebcn jetzt, zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, eine zweite, beziehungsweise dritte Renaissance. Der Schriftsteller hat sich hoffentlich überzeugt, daß nur_ eine Art Pseudo-Renaissance angebrochen war. Eine Zivilisations- renaissance, das heißt eine kommerzmlisierte. Auf dem Lebensgefühl allein basierten kapitalskräftig« Unternehmungen, sogenannt» Ver» gnügungsstätten. Ein permanenter Freudendienst wurde„einge- richtet". Er hielt sich in gewissen Grenzen. Cr war verlogen, wie jede dieser Zivilisationserscheinungen. Aber er war geregelt. Er wurde zuerst zuchtlos nach dem Kriege. Aber er blieb verlogen. Und er berief sich auf— die Renaissance, um sein Recht auf Zucht- losigkeit zu begründen. Ich las jüngst ein Kapitel Lurckhardtscher Renaissance. Und sah die vollmenschheit jener Zeit, die in rot durchpulste» Händen
die Fahnen de» Lebens schwang. Jeder ihrer Morgen war ein Freudengebet an Gott . Ihr« Stunden rollten rot und bunt und angefüllt mit Sonne in rasendem Rotationsschwung. Jede Nacht war ein einziges, riesengroßes, in warm« Bläu« und silbernen Sternenglanz gehülltes Freudenfeuer. Alle«, Ding und Tier und Mensch war Bejahung. Alle diese Aeußerungen überschüssiger und überschäumender Lebenskraft geschahen bewußt. Nicht lyrisch-harmlos, wie in der klassischen Zeit, sondern mit der mächtigen Tendenz: sag' ja! ja! ja! Vollendung deines Wonnebedarfs, Sättigung deines Lebenshungrrs und gleichzeitiges Ueberströmenlassen deiner Kräfte in Umwelt: Mensch, Wald und Ding. Es war ungefähr die(beschränktem Menschenstnn allerdings nicht verständliche) jenseitige Tendenz alles Elementaren: die unbe- greisliche aber nichtsdestoweniger vorhandene Absicht eines stürzen- den Meteors, eines schlagenden Blitzes, einer rollenden Lawine, einer künstlerischen Schöpfung. Aus der reinen Freude an der Körperlichkeit war eine künstlerisch gebändigte Sinnenwillkür gc- worden. « In Berlin aber und in dem Mitteleuropa der Gegenwart re- giert der falsche Dionysos. Er trägt Monokel und Frack. Eein«� Sinnenlust ist pervers, weil sie nicht aus dem Uebeftchuß kommt/ sondern aus der Armseligkeit seines Flackerlcbens. Die Nymphen sind Ballettmädchen, schlecht bezahlte, und die Faune sind Zuhälter. Mit welchem Recht beruft man sich auf Dioniffos? Dionysos , der alte, dicke, liebe Kerl, liegt im Weinlaub eines klassischen Hains begroben und ist unendlich traurig über seine' Kari- katur in den Dielen Mitteleuropa ». Er schüttelt den Kops und sagt: Nie hat eine meiner Nymphen Celly geheißen....
Radiolelephoni«. Aus einem Bierabend, den der Landwirt- schaftsminister Dr. Wendorss gab, und an dem der RelchsprSfi- den» Ebert, Ministerpräsident Braun, sowie zabl- reiche Minister, Parlamentarier, Staatssekretäre und prominente Persönlichkeiten aus Wissenschaft. Handsl und Industrie teilnahmen, hielt Dr. Hesper einen Vortrag über Radiotelephonie sowie ihre Bedeutung und Ausbreitung in der ganzen Welt. Hier- bei wurde in besonderer Weise des unter Leitung von Staatssekretär Dr. H. Bredow neu geschaffenen, mustergültigen Reichsradio- verkehrs gedacht. Im Anschluß daran fanden mit einer behelss- mäßig aufgestellten kleinen Salonantenne und eleganten Empsangs- apparatur ausgezeichnete Sprallp und Musikübertragungsvorführun- gen von Dr. L o e w e statt, die großes Interesse und allgemeinen Beifall fanden. Sin beseitigte, kaiserbildni». Als vor zwanzig Iahren der Bau für die Kunsthochschule in der Hardenbergstraß« eingeweiht wurde, erhielt über dem Hauptportal des Hauses für die bildenden Künste ein prunkvoll vergoldetes Reliefbildnis WIl- Helms II. in einer üppigen Kartouche seinen Platz. Von Wilhelm stammte ja auch die Inschrift oben an der Fassade, über deren Latein jeder besser« Quartaner sich lustig mochte. Das Relief war nach einem Entwurf de» Maler » Woldemar Friedrich offenbar von einem Delorationsbildhauer ausgeführt worden. Di« Bestimmung de»
neuerding» ergangenen Erlasse», daß nur solche Bildnisse und In- schriften erhalten bleiben dürfen, die in ihrem künstlerischen Charakter unlöslich mit dem architektonischen Zusammenhange verbunden sind, konnte für dieses Kaiserrelies deshalb nicht gelten, weil es emen künstlerischen Charakter überhaupt nicht besaß. So hat man es jetzt verschwinden lassen müssen. Die Kartouche erhält dafür als Inschrift den Namen der Hochschule. Das gleiche Schicksal wäre noch zahlreichen andere« Emblemen zu wünschen, mit denen Wilhelm sich die Unsterblichkeit zu sichern suchte und von denen kaum ein einzige»„künstlerischen Cha- rakter" trögt. Die.Erinnerungsallee" l« Lorenz. In Floren» ist dieser Tage eine„Erinnerungsallee" feierlich eingeweiht worden, die den im Weltkriege gefallenen Florentiner Soldaten gewidmet ist. Diese Allee besteht aus 700 Bäumen, von denen jeder einzelne zur Erinnerung an einen gefallenen Florentiner ge» pflanzt wurde. Die Hauptseierlichkeit fand auf dem Platz von Santa Croce statt, wo 10 Zypressen gepflanzt worden sind, um den Tod der florentinischen Soldaten zu ehren, die die höchste militärisch« Auszeichnung, die goldene Tapferkeitsmedaill«. erholten hatten. Ob es geschmackvoll ist. wie Soldaten nach dem Grad» ihrer Tapferkeit zu rangieren, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls ver- dient die Ehrung der Gefallenen durch Erinnerungsalleen und Er» innmingshaine zweifellos de« Vorzug vor den plastischen Miß- gebilden' in Stein und Bronze, die als Kriegerdenkmäler die deut- schen Städte und Dörfer verunzieren. Melallslugzeuge. Bereits im Jahr« 1912 traten verschiedene Flugzeugwerke mit dem Plan hervor, Metallflugzeuge zu bauen. Man versprach sich von der ausgiebigen Verwendung von Metallen im Flugzeugbau vor allen Dingen eine bedeutende Erhöhung der Gesamtfestigkeit und dachte wohl auch an da» Panzerslugzeug des kommenden Krieges. In Deutschland waren es u. a. Haefelin und Dr. Huth, die allerdings ohne großen Erfolg Metalleindecker bauten. Werke, wie die Allgemeine Elektrizitäts-Gefellschaft, Euler-Frcmkfurt am Main und Emil Icannin bauten das Rumpfgerüst und auch Teile der Zelle aus Stahl, verwendeten aber zur Bespannung und Verkleidung des Ganzen noch wie vor Leinwapd oder Sperrholz. Die AEG.-FIugzeuge sind heute noch in der Weise gebaut. Die Flugzeugwerke von J-ennin und August Euler bestehen nicht mehr. Zu Anfang des zweiten Kriegsjahres stellte in Dessau Professor Junkers sein erstes Metallflugzeug fertig, das in seiner damaligen Ausrüstungsform bereits die Grundlage des heutigen Iunkers-Ber- tchrsflugzeuZes zeigt. Die Maschine � war eines der ersten ver- syannungslosen Flugzeuge mit freitragenden Flügeln. Dem ersten Iunkers-Eindecker, dessen erster Flug im Dezember 1915 stattfand, sind verschiedene andere Typen gefolgt. Das heutige Iimlers-Reise* flugzeug ist ein Eindecker für vier Fluggäste. Cr ist ausschließlich au» Speziallelchtinetoll nach den Patenten von Pros. Junker» her- gestellt. Auch zur Bespannung der Flächen und zur Verkleidung des Rumpfes dient Duraluminium._,_ Die Verwendung von Metoll als Baustoff hat nacb der„Technik für Alle" verschiedene Vorteil« anderen Systemen gegenüber. Ersten, bietet das Metallflugzeug Witterungseinflüssen gegenüber Widerstand. Nur zu leicht verziehen sich die Flächen eines anderen Flugzeuge, durch Temperaturwechsel und Witterungseinstüss«. Wir Hab« es