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flc.llO 40. Jahrgang

Seilage ües vorwärts

Mittwoch. 7. März 1023

berliner Straßentaufen. Was in monarchischer Zeithistorischer Sinn" galt.

An dor Tsrliner Stadtverordnetenversammlung sind die geforderten Straßen- und Platzumnennungcn von den rechts- stehenden Fraktionen mit allen möglichen und unmöglichen Gründen bekämpft worden. Für durchschlagend hielten sie wohl den Einwand, man dürfe doch nicht so gegen denhistorischen Sinn" verstoßen, althergebrachte Straßennamen(Berliner Straße" in Charlotten- bürg undBerliner Straße" in Tempelhof ) durch ,)Erzberger- st r a ß e" undR a t h e n a u st r a ß e" zu ersetzen. Gegen den sozialdemokratischen Antrag, denKönigsplatz" inPlatz der Republik" umzunennen, brachte ein Schulmeister auch das Be- denken vor, der neue Name sei schon in sprachlicher Hinsicht zu be- Mängeln. Ach, in Berlin und Vororten hat man noch �pnz andere, sprachlich viel anfechtbarer« Straßen, und Platznamen willig ge- schluckt. Wenn das Sprachgefühl des Reichshauptstädters durch Straßennamen, wieVon-der-Heydt-Straße",Prinz-August-oon- Württemberg-Straße",Freihcrr-vom-Stein-Straße", keinen Schoden gelitten hat, wird es auch einenPlatz der Republik" vertragen können. Was denh i st o r i s ch e n Sinn" betrifft, so wurde er gerade in der monarchischen Zeit sehr wenig re° spekti«rt, wenn es galt, einen Landesvater oder einen seiner Familienangehörigen oder einen Heerführer und ähnlich wichtige . Persönlichkeiten durch Straßen oder Plötze zuverewigen". königftraße" unöKönigsplatz". Der Brauch, den Straßen und Plätzen dynastische Namen zu geben, ist in Berlin nicht viel älter als 200 Jahre. Den Anfang macht« dieSönigsiraße". die vor JahrhundertenOderberger Straße" und später bis 1700Georgenstraße" hieß. Nach d«r 1701 erfolgten Königskrönung Friedrichs I., der bei seiner Rückkehr von Königsberg mit großem Pomp in Berlin durch die damaligeGe- orgenstraße" einzog, wurde die!« StraßeKönigstraße" getaust. Ihre Fortsetzung, die heutigeNeue königstraße". hieß damalsBer- nauer Straße" und behielt den Namen noch über 100 Jahre. 1810 aber wurde sie zur Erinnerung an die Ende 1809 erfolgte Rückkehr Friedrich Wilhelms III. auf Bitten der Anwohner zurNeuen Königstraße" umgetauft. Wenn heute einer derKönigstraße" und der> Neuen Königstraße" ihrenKönig " nehmen wollte, wie würde man da über Sünde gegen denhistorischen Sinn" schreien, um den 1701' und 1810 kein König und kein gehorsamer Untertan sich gesorgt hat.' Der Fall, daß eine solcheVerewigung" wieder Rückgängig a e in a ch t wird, ist in Berlin gar nicht einmal neu. Unter Friedrich Wilhelm I. wurde 1728 der alteMolkenmaikt" wegen eines auf| ihm errichteten Standbildes Friedrichs I. zumKönigsplatz" um- i getauft. Die Anwohner genossen aber dieses Vergnügen nicht lange, denn das Denkmal wurde aus nicht bekannten Gründen wieder be- seitigt, worauf auch der NameMclkenwapkt" wieder zu Ehren kam. Berlin war also, wie wir sehen, schon einmal mit einemKönigs- platz" beglückt worden. Daß dabei sogar der alte NameMolken- markt" geopfert wurde, mar das kein Mangel anhistorischem Sinn"? Aber auch mit der Frage, ob der neue NameKönigsplotz" wieder abgeschafft werden durfte, scheint man damals erfreulicher- weise sich nicht lange aufgehalten zu hoben. Den heutigenKönigs. plah" erhielt Berlin erst 18(54, wo dieser Name dem Exerzierplatz vor dem Brandenburger Tor beigelegt wurde. Heute sollen die Berliner sich weismachen lassen, sein Name sei wunder wie alt. verewigte" Hohenzollern . Höhnend sagte in der Stadtverordnetenversammlung ein bürger- licher Redner, die Republik habe es offenbar sehr nötig, sich zuver- ewigen". Die Hohenzollernnionarchie hat, wie die List- der Straßen- und Platznamen Berlins zeigt, zwei Jahrhunderte hindurch ihren Bcrewigungsdrang" bctötiat. Formell war die Entscheidung über die Straßennamen In Berlin erst seit dem 19. Jahrhundert dem Träger der Krone vorbehalten, dem der Magistrat und der Polizei» Präsident nur Dorschläge machen durften. In Wirklichkeit hätte aber Ichon im 18. Jahrhundert der Magistrat schwerlich gewagt, bei der Auswahl von Strotzen- und Platznomen die Wünsche des Königs außer acht zu lassen. Im 18. Johrhund«rt wurde benannt die ..Friedrichstraße "(noch Friedrich I. ), dieWilhelmstraße" mitWil- " be'mplatz"(beide nach Kiedrich Wilhelm I.), dieCharlottenstraße" inach Sophie Charlotte ), auch die.Neu« Friedrichstroß«". Teile der

Friedrichstraße ", derNeuen Friedrichstraße" und derCharlotten- straße" hatten schon ältere Namen, die durch die neuen und dyna- stischen Namen verdrängt wurden. Im 19. Jahrhundert kamen die Straßcnumlausungen zur höheren Ehre der Monarchie erst recht in Gang, so daß im ganzen an 60 alte Straßennamen diesemBer- ewigungsdrang" zum Opfer fielen.(Die Zahl der Straßennamen Berlins , die überhaupt einmal ihren Namen wechselten, belauft sich auf mehr als 150,) Bei vielen hat ober dieVerewigung" nicht lange angehalten. Welcher Berliner weiß noch, daß z. B. dieElisa- bethsttaße", die 1822 so aus derBaumgasie" umgetauft wurde, nach der damaligen Kronprinzessin Elisabeth benannt ist? Und wer hat noch eine Ahnung davon, daß dieAuguststraße" den Namen eines Prinzen auf die Nachwelt bringen soll? Einst hieß sieArmesündergasse", dann Armengafle", späterHospitalstroße", 1833 aber avancierte sie zur Auguststraße", wobei ein Prinz August von Preußen ihr Taufpate war. Auch die NamenAlbrechsstraße(1827),Marienstraße"(1827), Karlstraße"(1327),Adalbertstraße"(1347),Mariannenstnaße" (1849), die neuen Straßen gegeben wurden, sollten an Prinzen und Prinzessinnen erinnern. Wer kennt ihre Berdienste? Eine besonders schön« Blüte des Byzantinismus verbirgt sich hinter dem Nomen Sfgismundsttaße". Er wurde 1864 vom Polizeipräsidenten vor- geschlagen zu Ehren eines damals noch in der Wieg« liegenden Prmzleins(geboren 15. September 1864), und 1865 genehmigte ihn eine Kabinettsorder Wilhelms I. In neuerer Zeit gebrauchte man die Vorsicht, in den Benennungen der nach Königen, Prinzen usw. getauften Straßen möglichst auch die Titel beizubehalten. Nun wissen künftige Geschlechter wenigstens, daß dahinter kein ge- wöhnlicher Sterblicher steckt. So kam Berlin schon 1866 zu einer Königin- Augusta- Sttahe", die bis dahinGrabenstrahe" hieß. Straßennamen mit dem Prinzeniitel wurden sehr häufig, als Wil- Helm II. für Bevölkerungszuwachs sorgte. In Karlshorst z. B. sind sein« Jungen wohl sämtlich in Straßennomenverewigt" worden. Dort gibt es ein halbes Dutzend.Prinzen"-Straßen, ein«Prinz- Eitel-Flitz-Straße",«in«.Prinz-August-Wilhelm-Straß« usw Spießburger wolltenverewigt" werden. Was dem König recht ist, ist dem Bürger billig", dachten re- spektlose Berliner . Mancher, der bei dem Fortschreiten der Be- bauung des Stadtgebietes seinen Kartoffelacker mit Profit als Bau- land aufteilte, beantragte in eigener Person, daß die neue Straße nach ihm benannt wurde. Das wirkte wie eine Parodie auf die königlichen oder prinzlichen Patenschaften bei Stratzenbenennungen, aber die ehrgeizigen Terrainspekulanten meinten es sehr ernst. Ein Maurermeister Lorenz, der am Tiergarten baute, wünschte sich eine Lorenzstroße", doch statt ihrer erhielt Berlin dieBcethooenstraße" (1872 so benannt). Mehr Glück hatte 1866 die Witwe des Amt- mannes Griebenow, dem das Land vor der heutigen Zionskirche gehört hatte. Sie petionierte um eineGriebenowstraße" und setzte ihren Willen durch, weil sie in der Straße ein Grundstück für dos Pfarrhaus der Zionsgemeind« umsonst hergab. Besonders hart- näckig war'ein Geheimer Rechnungsrat Sametzki. Als er 1830 für fein Gelände östlich der Neuen Königstraße einen Bebauungsplan vorschlug, wurde ibm eineSametzkisttoße" zugesagt unter der Be- dingung, daß er für alle von ihm geplanten Straßen das Land abträte. Er tat das dann aber nur teilweise, darum verweigerte man ihm dieEhrung", und Verlin erhielt dafür dieBarnim- straße". Derselbe Sametzki kam noch 1863 auf die. ihm 1830 ge- machte Zusage zurück und wünscht« llmnennung der ehemals von ihm angelegtenHöchsten Straße" in.Sametzkistraß«", fiel aber wieder damit ab. flnrüchige Straßennamen. Derhistorische Sinn", der jetzt für denKönigsplatz' geltend gemacht wird, hat den Hohenzollern nichts gegolten, wenn zu Ehren ihres Hauses ein alter Straßenname verdrängt werden sollte. Aber auch die i&cvölkerung war in diesem Punkte nicht konservativ. Wie oft kam es vor, daß Bewohner einer Skrah« um einen anderen Straßennamen petionierlen. wenn der alte ihnen nicht gefiel oder gar anrüchig war. DieStralauer Straße" hat ihren Namen wahr. scheinlich seit ältester Zeit, ober dieKleine Stralauer Straße" wurde erst 1862 so benannt. Bis dahin hieß siePaddengasse" und das war ihr amtlicher Name! 1857 wollte ein Hauswirt 100 Taler an die Armenkasse zahlen, wenn der Name geändert würde. Auch der Magistrat wünscht« das, aber der Polizeipräsident befürwortete

es zunächst nicht, und erst fünf Jahre später entschloß man sich dann zur Umtaufung. Aus neuerer Zeit sei erwähnt, daß dieDalldorser Straße" sich inSchönwalder Straße" umtaufen lassen muhte, weil Dalldorf" allerlei Nebcnvorstellungen weckt. Dieselbe Erwägung hat ja quA dazu geführt, daß sogar die GemeindeDalldorf' in Wittenau ' umgetauft wurde.Dalldorfer Straße" undPadden- gösse" erscheinen noch harmlos, wenn man an die ehemaligeHuren- gasse" in Berlin denkt. Sie hieß im 16. Jahrhundert amtlich so(der Name kommt in damaligen Trau- und Sterbsregistern her Marien- kirche vor), aber schon im 17. Jahrhundert empfand man dos pein lich. Damals erhielt das Gäßlcin den NamenRosenstraße". s Anrüchig geworden sind auch die Straßen- und Platznamen dynastischen und militärischen Charakters. Anrüchig waren sie längst, aber in derResidenz" Berlin entschied der König. Jetzt. im fünften Jahre der Republik , soll weiter nichts als derKönigs- platz" geopfert werden. Der wütende Widerstand der Monarchisten ist ein Zeichen der Zeit. Der Toppsihirm. Die Auswüchse der Mode sind heute eine einzige Bekundung der Sinnlosigkeit. Noch dazu, wenn diese Auswüchse nur ein ein- ztger Auswuchs werden, wie dieses jetzt beim Toppschirm der Fall ist. Ein Schirm, ach, wozu gebraucht man überhaupt-inen Schirm! Für die meisten Menschen ist er jetzt zum unerschwinglichen Luxus- gegenständ geworden. Auch er wurde ein Opfer der wirtschafttichen Loge. Die Mehrzahl der Menschen beklagt sein Verschwinden kaum. Sie lebt tagaus, tagein unter so viel großen und kleinen Unannehm- ! lichkeiten, daß ein paar Regenttopfen ihr nicht mehr imponieren ' können. Und der Kleider wegen? Ach, die meisten Kleider sind so I weit heruntergekommen, daß es auf ein Mehr oder Weniger an I Schäbigkeit wirklich nicht ankommt. Doch die Ersatzstoffanzüge, die ! sich anzuschaffen viele gezwungen sind, ertragen die Nässe schlecht. Sie laufen bei und erfahren für die Träger unangenehme Ber- kürzungen an Hosenbeinen und Aermeln. Und zum Schutze dieser Kostbarkeiten wird dann und wann noch mal ein gebrechlicher Schirm aus dem Schrank gesucht. Nicht so bei der Modedame. Sie ttägt jetzt, wo er mehr und mehr aus dem Straßenbilde verschwindet, herausfordernd den Schirm. Er wurde gegenwartig zum auffällig- ften Toilcttengegenstand. Denn fein Stock wurde zur Keule. Er sieht so aus wie der Totschläger emes Menschenfressers, mit dem dieser sticfelwichsenschwarz cmgesttichene Herr auf dem Rummel kleine Kinder bange macht. Doch auch in Südfrüchteki läuft ein Topp- schirm aus, er ttägt eine Apfelsine in Kindskopfzröße auf seinem dicken Stock. Den können die Finger der Modedame kaum mehr umspannen, darum ttägt sie den Schirm auch kurzerhand im Arm. Wo die Botanik vertreten ist, stellt das Interesse für Zoologie sich ja auch meistens ein. Daher balanciert mancher kleine Elefant auf einem Schirmgriff und wird selber zu einem. Ebenso ergeht es dem Hunde-, dem Pferde- und dem Kaninchenkopf. Vögel aller Arten beschließen den Reigen. Doch ist der noch nicht vollständig, weil einst- wellen noch Schaf und Kamel fehlen, und gerade diese schätzens- werten Tierlein passen, in der Eigenschaft, die wir Menschen ihnen andichten, so gut zu der Dame von Welt und dem Toppschirm.

Weil der Hundunerzogen" war. In der Adalbertsttaße hatte der Kaufmann G. ein Kellergeschäft. Eines Tages entdeckte er den Hund einer Frau L., der gcrahe vor dem Eingm.g seines Geschäfts ein gewisses Geschäft oerrichtet«. Der Angeklagt« behauptete vor Gericht, daß der Hund von seiner Herrin, der ebenfalls angeklagten Frau L.. dazuangestiftet" worden sei. Der Angeklagte beobachtete nun den Hund und bemerkte eines Morgens, wie dieser wieder vor seiner Ladentür«in gewisses Dokument hinterließ. In Wut geratend, ergriff der Angeklagte einen Knüppel und schlug damit auf die Besitzerin des Hundes ein, die blutüberströmt zusammen- brach. Erst die vorübergehenden Possa-nten konnten den Ange- klagten vor weiteren Tätlichkeiten abhalttn. Vor dem Schössen- gericht Berlin-Mitte hotten sich nun dec, Kausmcrnn G. wegen Körperverletzung und die Frau L. wegen Sachbeschädigung zu ver- antworten. Der Staatsanwalt beantragte gegen G. eine Geldsttafe ! von 15 000 Mark und gegen die Angeklagte L. eine solche von i 3000 Mark. Der Vorsitzende aber wies nach, daß die Angeklagte L. I wohl unschuldig sei und verurteilte den Kaufmann G. zu einer Geld-

cNnchbnick verieten. 9tt Mallk-Verlaa, Sctlliu) Drei Soldaken. 54] Von John dos Vassos. 1-di de« amerittnuchen Manuflriot übersetzt ven Julia» S u m p er». Ist doch ganz kunswoll gemacht hier, nich'?" meinte Appelbaum, der Andrews zunächst lag, ein knochiger Mann mit großen, erschreckten Augen und einem roten Gesicht, das aussah, als ob die Haut davon abgeschält sei. Schau dir die Arbeit an der Decke an. Muß ordentlich was gekostet'haben."' Andrews lag bequem in seinem Bett und sah auf die Szene, wie von einer anderen Welt aus. Er wollte keine Berbindung mit dem Gespräch um ihn herum, mit den Männern, die schweigend lagen oder sich stöhnend herum- warfen in ihren langen Bettstellen, die die Renaissancehalle füllten. In dem gelblichen Schein der elektrischen Lichter konnte er sehr schwach eine Reihe Plasttken erkennen. Sie schienen ihm vertraut und freundschaftlich zu sein. Er fühlte sich zu Hause in dieser weiten Halle, in der all die kleinen Quälereien der Armee unwirklich schienen und die verwunde- tcn Soldaten ausrangierte Automaten, zerbrochene Spiel- zeuge, die man in Reihen weggelegt hatte. Andrews wurde aus seinen Gedanken aufgerissen. Appelbaum sprach zu ihm. Er wandte den Kops. Wie gefällt es dir, verwundet zu sein. Junge?" Sein r Ich denke auch. Besser, als in der verdammten Anne« da draußen." Wo hat's dich denn gefaßt?" Hab' jetzt nur noch einen Arm. Ist mir aber ganz, ganz egal.... Habe eben meinen letzten Wagen gefahren. Das ist alles." Was bedeutet das?"> Ich war früher Droschkenkutscher." 'ne schöne Beschäftigung." Sicher. Man kann viel Geld verdienen, wenn man s richtig anfaßt.". Der Diensthabende legt« sein Gesicht ernst in Falten und hstnzelte bedeutsam. Können Sie etwas für mich tun?" fragte Andrews, .Sich«, jvenn«s kein« große Mühe macht*

t-

Wollen Sie mir ein Buch taufen, ein französisches Buch?" sagte Andrews lächelnd. Ein französisches Buch? Nun, ich werde sehen, ob es zu machen ist. Wie heißt es?" Bon Flaubert.... Wenn Sie ein Stück Papier und einen Bleistift haben, werde ich es aufschreiben." Andrews kritzelte den Titel auf ein Blatt Papier und händigte das dem Diensthabenden aus. Was? Was für ein Antoine? Donnerwetter, das wird wohl'ne mollige Geschichte sein, was? Ich wünschte, ich könnte französisch lesen. Aber ich gehe jetzt. Gute Nacht." Der Diensthabende ging geräuschvoll hinaus und ver- schwand. Die Lichter erloschen, außer der Kerze auf dem Tisch der Pflegerin am Ausgang. Wovon bandest das Buch, Junge?" fragte Appelbaum und drehte seinen Kops auf dein dürren Hals, bis er Andrews voll ins Gesicht sehen komfte. c- Oh, es erzählt voti einem Mann, der alles so sehr er» strebt, daß er am End« denkt, nichts fei wert, daß es erstrebt werde." Du kommst wohl von der Umversität?" fragte Appel» bäum sarkastisch. Andrews lacht«. Ich wollte gerade davon erzählen, wie ich Droschken- kutscher war. Biel Geld verdient, ehe ich eingezogen wurde. Bist du auch eingezogen worden, oder freiwillig gemeldet?" Eingezogen. Ich auch. Halte nicht viel von den Kerls, die sich wunder was einbilden, well sie Soldaten sind." Ich auch nicht" So?" kam ein« Stimme von der anderen Seite von Andrews, ein« dünne Stimme, die stotterte.Ich hätte mir mein ganzes Geschäft verdorben, wenn ich nicht eingetreten wäre.' Bon mir kann keiner behaupten, daß ich mich nicht gleich gemeldet hätte." Na. das ist eben dein Standpunkt", meinte Appelbaum. Aber ist dein Geschäft nicht trotzdem verdorben?" Nee, kann es jeden Tag wieder aufnehmen. Hat einen guten, alten Ruf." So?" Ich bin von Beruf Leichenbestatter. Schon mein Bater hatte dasselbe Geschäft.".. Dann bist du ja hier am rechten Fleck�. warf Andrews «m.

Du hast kein Recht, mir das zu sagen, junger Mann", antwortete der Leichenbestatter ärgerlich.Ich habe mensch- licbe Gefühle. Ich werde mich in dieser dreckigen Schlacht- anstatt nie zu Hause fühlen." Die Pflegerin ging an ihren Bettstellen vorbei. Wie können Sie nur solch grauenhafte Dinge sagen", sagt« sie.Das Licht ist schon gelöscht, Ihr müßt jetzt Ruhe halten. Und Sie?" Sie strich über das Bettzeug des Leichen- bestatters.Erinnern Sie sich doch einmal daran, was die Hunnen in Belgien taten. Arme Miß Caoell, eine Pflegerin, gerade wie ich!" Andrews schloß die Augen. Der Raum war ruhig, nur das rasselnde Geräusch des schnarchenden Atmens der Ber- mundeten um ihn herum ertönte. Ich dachte, sie wäre die Königin von Saba ", sagte e? zu sich selbst mit einer grinsenden Grimasse. Dann dachte er an die Musik, die er der Königin von Saba hatte schreiben wollen, zu jener Zell , da er noch nicht sein eigenes Leben abgestreist hatte wie ein Hemd, und an das Zimmer, wo man ihn ab- gemessen, bevor man einen Soldaten aus ihm gemacht hatte. In der Dunkelheit und Berlassenheit seiner Verzweiflung stehend, tonnte er das Geräusch einer Karawane in der Ferne hören, das Klingen des Sattelzeuges, die schallenden Hörner, das Schreien der Maulesel und die heiseren Stimmen der Männer, welche Lieder sangen auf verlassenen Straßen. Er schaute auf, und vor sich konnte er sehen, wie neben ihren scheuen, wilden Mautticren die drei grünen Reiter regungs- los mit ihren langen Zeigefingern auf ihn deuteten. Dann brach die Musik in einen plötzlichen, heißen Wirbelwind aus. voller Flöten.und Kesselpauken und tönender Horner und winselnder Dudelsäcke, und Fackeln flammttn rot und gelb. bildeten ein Lichtzelt über ihm, an dessen Ende Maulesel sich zusammendrängten und die braunen Treiber und die großen Kamele mit ihren Schabracken, und die Elefanten mit ihren edelsteinbesttckten Decken. Nackte Sklaven beugten ihre glän- «nden Rücken vor ihm und breiteten einen Teppich vor seinen Füßen aus. Im Flackern der Fackeln bewegte sich die Königin von Saba auf ihn zu, bedeckt mit Smaragden und goldenen Ornamenten, von einem Affen begleitet, der hinter ihr her hüpfte und dos Ende ihrer langen Schleppe hielt. Sie legte ihre Hand mit ihren feinen, phantastischen Nägeln auf seine Schulter, und in ihre Augen schauend fühlte er plötzlich ganz nahe und wirksich all die glühenden Wünsche seiner Phantasie. (Fortsetzung folgt.)