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ttr.llS MO. Jahrgang

2. Seilage öes vorwärts

Sonntag. 11. März 1023

Das graue Haus Ein Spiegelbild der sozialen Dort, wo die Alte Jakobstraße mit der Oranien- und Kürassier- strage jenes Dreieck bildet, dessen spitzer Winkel von dem kargen Grün des Waldeckparkes ausgefüllt wird, liegt ein großes graues t)aus, dessen Mauern viel Elend sehen und die dennoch oft genug widerklingen von jugendlicher Ausgelassenheit und Freude: das Waisenhaus der Stadt Berlin . Die ganze Not der Zeit spiegelt sich in den Aufzeichnungen dieses grauen Hauses wider. Die Auf- nahmcziffern stehen in funktionellem Zusammenhang mit der sozialen Lage. Steigt die wirtschoscliche Not, so steigt die Zahl der Kinder, die hier Ausnahme und Versorgung finden. Bessert sich die wirt- schaftliche Lage, so vermindert sich die Kinderzahl des Waisenhauses. Die Kurven der wirtschaftlichen Verhältnisse und der von der Stadt zu versorgenden Kinder laufen parallel. Die letzte Auflucht. Die BezeichnungWaisenhaus" ist vielleicht nicht ganz zu- treffend, denn nur sechs Prozent der 2500 Kinder, die hier durch- schnittlich im Jahre eingeliefert werden, find Vollwaisen. Weitere sechzig Prozent stellen die auehellchen Kinder und der Rest ist von solchen Eltern hier zur Pflege untergebracht worden, deren soziale Lage im Augenblick so schlecht ist, daß die Kinder bei ihnen buchstäb» lich verhungern und verkommen müßten. Gerade diese Kinder, die hier eine letzte Zuflucht ihrer Verlassenheit gefunden hatten, werden von den Eltern meist zurückgeholt, wenn sie sie wieder ernähren können. Aber auch uneheliche Mütter nehmen sich oft genug ihrer Kinder wieder an, wenn sie dazu in der Lage sind. In jedem Jahre werden etwa dreißig bis vierzig Findelkinder hier eingeliefert. Oft werden solche armen Würmer in den belebtesten Teilen der Stadt von den Müttern ausgesetzt, weil sie, aller Mittel entblößt, nicht mehr für ihr Kind sorgen können: zuweilen liegen einer solchen Handlung auch noch andere Motive zugrunde. Für die Wohnungs- not haben sich manche junge Eltern in der Weise gerächt, daß sie ihre Sprößlinge einfach beim Wohnungsamt zurückließen, um so den Beamten außer ihrer eigentlichen dienstlichen Tätigkeit auch noch die Sorge für die Unterbringung dieser hilflosen Wesen zu überlassen. Rückgang der Zamilienpflege. Das Waisenhaus beherbergt augenblicklich etwa 350 Säuglinge, >erner 150 Kleinkinder im Älter von S 6 Jahren und etwa zwei- Hunderl größere Kinder. Es ist aber mit 700 Kindern weit überfüllt. Daraus ergibt sich, daß der größte Teil der Kinder in anderen An- stalten bzw. in Prioatpflege untergebracht werden muß. Leider hat es sich als eine Kriegsfolge herausgestellt, daß im Gegensatz zu den Erfahrungen der Vorkriegsjahre sich Immer weniger Eltern bereit finden, diese Kinder zu versorgen. Grundsätzlich strebt die Waisen- Hausverwaltung für ihre Schutzbefohlenen die Famillenvflege an. Zahllose Gemütswerte gehen dabei der kasernenartigen Unterbrin- gung der Kinder in Anstalten und Heimen zugrunde. Gerade die oielgerühmten goldenen Jugenderinnerungen, die von vielen Menschen als der kostbarste Schatz ihres Lebens gepriesen werden, oft genug auch dann noch, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Eltern« Hauses die denkbar schwierigsten waren, gehen diesen Kindern ver- loren. Zwar muß rühmend anerkannt werden, daß ein Slamm von Pflegemüttern sich der Eäugkinae mit Sorgfalt trotz der Not der Zeit angenommen hat. Für ein Pflegekind werden augenblicklich im Monat 10 000 Mk. gezahlt, eine Summe, die noch nicht ausreicht, »m bei der katastrophalen Milchpreispolitik auch nur die für das Kind benötigte Milch in einem Monat kaufen zu können. Für die Heim- pflege müssen dagegen bis zu 30 000 Mk. im Monat aufgewendet werden. Ideal wäre es und gar nicht hoch genug einzuschätzen, wenn sich gerode in der heutigen Zeit kinderlose Familien fänden, die, ohne auf die Arbeitsleistunq des Kinde« zu sehen, aus reiner Menschen» freundlichkrit die Erziehung eines Waisenkindes übernähmen. Es werden bei der Verwaltung selten Kleinkinder angefordert. Größere Mädchen im Alter von sieben Jahren kommen viel leichter in den Familien unter, da man ihre Neinen Hilfeleistungen in der Wirt­schaft sehr zu schätzen weiß. Wik Knaben wollen Privatleute im all- gemeinen wenig zn tun haben. Gegen das Heranziehen der Kinder zur Hausarbeit kann, wenn dies in verständiger Weise erfolgt, nichts eingewendet werden. Leider mußte die Anstalt in einigen Fällen gegen die Ausnutzung, der Arbeitskraft der Kinder durch Privat-

am Valüeckpart. Not. Kinder ohne Heimat. familien energisch einschreiten. Das Waisenhaus ist also nicht für die dauernde Unterbringung der Kinder bestimmt. Es kann nur Durchgangsstation bleiben. Jeder der zwanzig Berliner Bezirke benötigte ein großes Waisenhaus, wenn allen Kindern geholfen werden sollte. Dazu müßte dann noch die st ei willige Mitarbeit menschenfreundlicher Einwohner kommen. Kranke Kinder. Bei der Aufnahme in die Anstalt werden die Kinder zunächst ärztlich untersucht, und es ist betrübend, daß etwa jedes vierte Kind die Krätze oder irgendeine andere Infektionskrankheit hat. Durch 1 das Zusammenliegen in den Lbersülllen Räumen wird der Ueber- tragung auf noch gesunde Kinder natürlich Vorschub geleistet. Die ärztliche Untersuchung gibt Ausschluß über das, was mit dem Kind zunächst zu geschehen hat. Stzuglinge, die Vollwaisen sind, verbleiben bis auf weiteres in der Anstalt. Vor zwei Monaten wurden die Zu- stände in hygienischer Beziehung geradezu bedrohlich, weil infolge des Massenzustromes zwei und auch drei Kinder in einem Bette zu- sammenjchlafen mußten. Es gelang dann trotz der erheblichen Kosten, noch hundert Bettgestelle mit den dazu notwendigen Ein- richtunqen zu beschaffen, so daß die Zustände etwas besser geworden sind. In dem neueren Teil der Anstalt, der erst während des Krieges fertig wurde, sind Einrichtungen für die SSuglingsunterbringung getroffen, die als ideal bezeichnet werden können. Jedes Kind liegt i in seinem eigenen Bettchen, in einer besonderen Kabine, so daß hier die Ausbreitung von Infektionskrankheiten gut bekämpft werden kann. Für reichliche WasserzUfuhr ist allenthalben gejorgt, denn Reinllchkeik ist neben frischer Lust und guter Tlahrung eines der Hauptmomente für die günstige körperliche Entwicklung der Kinder. Durch die Folgen des Krieges ist der moderne Anbau der im Jahre 1900 ensstandenen Anstalt verhindert worden. Wer durch das Treppen- und Korridorlabyrinth des weiten Hauses wandert und in die zahlreichen Zimmer blickt, erhält einen wirklichen Ausschluß über die furchtbare Rot, die weite Kreise des Volkes gepackt hat. Was sind das für elende Säuglinge, die hier vor kurzem Aufnahme fanden. ein Häufchen Unglück von Haut und Knochen, so bleich, als ob kein Blut in ihren Adern ränne, starren sie mit großen kranken Augen i ins Leere. Das Waisenhaus scheint nicht nur eine Zuflucksstätte für die hilflosen Kinder der Großstadt, sondern vielmehr ein wahres Sinderkrankenhaus zu sein. Fünf Aerzte, unterstützt von Kranken- schweftern und Pflegerinnen, sind in angestrengter Arbeit tätig, um zu helfen und Schmerzen zu lindern. Leider hat eine einzige Pflegerin 30 bis 40 Kinder zu betreuen. Jede Mutter mag aus diesen Zahlen die Arbeitslast erkennen, die zu bewältigen ist, und man wird begreifen, daß eine individuelle Behandlung, die gerade den Kleinsten so not tut, hier zur Unmöglichkeit wird. Hier ossen- baren sich diejenigen Folgen des Kriege», die niemals statistisch er- ! faßt werden können. Milliarden Papiermark müßten aufgebracht werden, wenn die Stadt, die allein in Alt-Berlin(Bezirk 16) für 10 000 Waisenkinder aufzukommen hat, diesen Zweig der Wohlfahrt . in völlig zufriedenstellender Weise bearbeiten wollte. Unter Berück- sichtigung der geringen Mittel konnten die bisherigen Leistungen nur durch die Energie und die große Pflichttreue aller Beteiligten erzielt werden. Bezeichnend für die Not, die im Volk« herrscht, ist es, daß die hier eingelieferten Säuglinge und Kleinkinder schon nach wenigen Monaten, trotz der beschränkten Psl-ge. die ihnen zuteil werden kann, in körperlicher Hinsicht wesentlich gebessert sind. Für die größeren Kinder, die man oft m einem für sie reser- vierten Teil des Waldeckparkes in fröhlichem Spiel beisammen sehen kann, wird Schulunterricht in den Elementarfächern erteilt. Da alle Altersstufen, getrennt nach Knaben und Mädchen, gemeinsam Unter- richt erhalten, und da die Kinder nur kurze Zeit in der Anstalt , bleiben, kann es sich nur um die Wiederholung solchen Stoffes ! handeln, der den Kindern bereits bekannt ist. Nicht mehr ichul- Pflichtige Waisen erhalten beim Emtritt.in» Leben" einen Reise. korb oder Karton mit vollständiger Bekleidung als Ausstattung. Ein Amerikaner, der kürzlich die.Anstalt besuchte, oersorgt sie seit Wochen mit Apfelsinen. Dadurch ist es möglich geworden. manchen Erkrankungen mit Erfolg zu begegnen. Ein anderer Deussch- > amerikoner, der stüher hier Waisenhau-zögling war. hat. als er von ! der Not seiner Nachfolger hörte, der Anstalt ein« Millionenspende

überwiesen. Aus Schweden sandte eine betagte Frau, die ebenfalls in ihrer Jugend im Berliner Waisenhause Aufnahme gefunden hatte, eine namhafte Spende. Es wäre zu wünschen, daß solche stei- willigen Gaben zahlreicher einlaufen möchten, um zu einem Werke verwandt zu werden, das reichen Segen in sich trägt. Da» größte Verdienst um die jungen Menschen aber würden sich jene erwerben. die die Kinder bei sich aufnähmen und ihnen so eine Heimat schenkten

verstbwunöene Tulpen. In dem leuchtenden Blumenbilde, das sich auch in den Winw. monaten den Blicken bietet, fehlt diesmal die Tulpe. Auch eint Valuta"-Erscheinung: bekanntlich werden die zum Treiben während der Winterzeit dienenden Tulpenzwiebeln aus Holland bezogen, und da die Preise jetzt sehr hoch sind, so würde für die einzelne ab- geschnittene Tulpe ein Betrag gefordert werden müssen, den die Mehrzahl der Käufer nicht anzulegen gewillt ist. In manchen Ge- schäften ist sie natürlich zu haben, aber jene Fülle von rot und gelb, weiß und terrakotta, rotweiß und rotgelb, dunkellila und purpur, die sonst dem Beschauer entgegenlachte, ist nicht vorhanden. Da eine getriebene Zwiebel nicht wieder im nächsten Jahre ge- trieben werden kann, so sind im Lande selbst keine großen Vorräte, und die im Freien ausgepflanzten oder unter Glas(ohne Heizung) kultivierten Tulpen sind noch nichtfällig". Für sie ist Aprll-Mai die richtig« Zeit. In der Vorkriegszeit war die Tulpe jo recht die Winterblume für den nicht allzusehr gefüllten. Geldbeutel, und mit Lächeln erinnerte man sich jener sagenhaften, aber historisch be- glaubigten Periode, wo die Holländer m Tulpen vernarrt waren, in Tulpen spekulierten, und ganz fanatische Naturen vor nichts zurück­schreckten, um sich in den Besitz einer neuen S jri« zu setzen. Aehnlich jenem Bücherliebhaber, der das zweit« Exemplar eine» seltenen Buches, das seine Sammlung ziert«, aufkaufte, um es zu verbrennen, kauften die Halländev-Liebhaber die Kulturen einer seltenen Sorte auf, um in den Alleinbesitz dieser zu gelangen. Der demokratische Zug der Zeit hat solchen Wahnwitz aus der Welt geschafft gewiß. noch heute gibt es seltene Sorten, aber deren Züchter hüten st« nicht ängstlich für sich, sondern geben nach dem Maßstab ihrer Vorräte die Zwiebeln ab. Zu diesen Seltenheiten gehört dieblaue" Tulpe. Es gibt leider sich besonders schlau dünkende Leute, die eine weiße Tulpe in ein chemisches Gebräu stecken, um ihr ein« xbeliebige Farbe zu verleihen. Aber das ist ein Derbrechen gegen die Natur, und der echte Blumenliebhaber«wendet sich mit Grausen". Nein, es gibt in der Tat einige Tulpensorten, die nahezu blau sind(z. B.Blaue Flagge"), aber sie haben jenen satten, starken Farbenton, den nur das schöpferische Walten der Natur verleiht. Zum Schluß noch einig« gärtnerische Fingerzeige. Am besten gedeihen Tulpen, wenn man sie jedes Jahr in frische Erde pflanzt: sie werden Juni, Juli(nach dem Absterben) herausgenommen, nach der Größe sortiert und September bis November wieder eingepflanzt. Eine Decke von Mist und Streu sst angenehm, wenn auch nicht gerade notwendig: jedenfalls ist sie ausgangs des Winter» erst zu lockern und dann fortzunehmen. Tritt während der Blüte Nacht » frost ein, so begieß» man die Blumen mit kaltem Wasser, sobald die Temperatur über Null gekommen ist. Die nach solchen Frostnächten m»ist scharf strahlende Sonne darf nicht auf die welk hängendes Blumen scheinen: dieseverbrennen" dann. Man unterscheidet ein-'' fache und gefüllte Tulpen(beide zum Treiben geeignet). Landtulpen (höher und schlanker), Dorwintulpen, besonder» hoch und stark, Papageitulpen(mit geschlitzten bunten Blumenblättern), päonien- blütige Tulpen(groß, stark und mit dichter voller Blum«) usw. Schön sind sie all«. Es ward Lichk! ImVorwärts" Nr. 110 brachten wir au» dem unzufriedenen Berlin " die Klage, daß in der Umgebung der im Hause Auguststraße 80 befindlichen Herberge zur Hei» mat" an den Abenden ungeachtet des dort herrschenden Verkehr» keine Laterne brennt. Wir erfahren, daß jetzt die Laterne vor dem Nachbarhause Augussstraße 79 in Betrieb gesetzt ist, so daß der Passant die minder vertrauenswürdigen Gestalten, die sich unter die Herbergsgäste mischen, bei Licht besehen kann. Die Bewohner dieses Teiles der Auguststraße werden sehr erfreut sein, daß die Mahnung geholfen hat. Hoffentlich findet sich nicht ein unverbesserlicher Licht- feind, der auf eigene Faust die Laterne wieder außer Betrieb setzt.

i Nachdruck»erböte»,»er Rallt-v-rl-».»erlbu»

Drei Soldaken. 58] von Zohn dos Paffos. «US dem am-rlianilchrn Manuskript lldersedt von Suli«»»um, er». Leute!" rief�Etorky noch lauter.Es ist wahr, der Krieg ist vorbei. Ich träumte gerade, der Kaiser käme auf der vierzehnten Avenue auf mich zu und pumpte fünf Cents von mir für ein Glas Bier. Der Krieg ist vorbei. Hort ihr nicht di« Glocken?" Dann wollen wir uns alle auf die Deine machen und nach Haufe gehen." Haltet doch's Maul! Laßt einen doch schlafen!" Es wurde wieder ruhig im Saal. Aber alle Augen waren offen. Die Männer lagen seltsam still in ihren Betten, war- tend und voller Staunen. Plötzlich erschien der Major mit der Mütze über dem roten Gesicht, eine Mefsingglock« in seiner Hand, die er frenetisch läutete. Leute!" schrie er mit dem tiefen Brüllen des Mannes, der die Ergebnisse des Baseballspieles verkündet,der Krieg ist heute morgen um 4 Ubr 3 zu Ende gewesen... Der Waffenstillstand ist unterzeichnet. Nieder mit dem Kaiser!" Dann läutete er wie wild die Glocke und tanzte den Gang zwischen den Betten hinunter, an der einen. H�nd die Oberschwester, die einen kleinen, gelbköpfigen Leutnant an der anderen hielt, der wieder eine andere Schwester und so weiter. Die Reihe tanzte lustig durch den Krankcnsaal. sang die Nationalbvmne, und immerzu läutete der Major seine Glocke. Die Männer, die gesund genug waren, setzten sich im Bett auf und schrienhoch". Die anderen wälzten sich in ihren Kissen, gestört durch den Lärm. Run. was hältst du davon, Leichenbestatter?" fragte Andrews. Nichts" Warum?" Der Seichenbestatter wandt« seine kleinen, schwarzen Augen Andrews zu und sah ihm gerade In» Gesicht. Du weißt, was mit mir los ist außer der Wunde." Nein."_ .Dem, man so hustet wie ich... Bin lungenkrank. junger Mann." Woher weißt du?*

Sie wollen mich morgen in eine Lungenheilstätte bringen." Zum Teufel auch." Andrews Worte verloren sich in dem Hustenanfall, der den Mann neben ihm packte. Heim, Jungen», heim, Zu Haufe wollen wir fein!" Alle, die gesund genug waren, sangen mit. Storky führte an. Er stand auf dem Ende seines Bettes in seinen hellroten Pnjamas, die zu kurz waren und die langen, knochigen Beine zeigten. Heim! Ich werde nie wieder nach Hause kommen," sagte der Leichenbestatter, als der Lärm ein wenig ruhiger ge- worden war. Weißt du, was ich wünscht«? Ich wünschte, der Krieg würde weiter''fort gehen, bis all diese Hunde erschlagen wären." Welche?" Die Leute, die uns hier'rüber gebracht haben." Er be- gann wieder schwach zu husten. Aber die werden ja gerade in Sicherheit sein, wenn jeder andere..." beggnn Andrews. Er wurde von einer donnernden Sttmme unterbrochen. Achtung!" Heim, Jungens, Heim. Zu Hause wollen wir feint"» ging der Sang weiter. Storky schaute in den Krankensaal hinunter und warf sich, da er den Major erblickt«, so schnell wie möglich in fein« Decken zurück. Achtung!" donnerte der Major wieder. Eine plötzliche unangenehme Stille trat ein, nur von dem Husten des Mannes nebenay unterbrochen. Wenn ich noch einmal irgendwelches Gespräch von hier höre, schmeiße ich euch alle aus dem Hospital raus. Wenn ihr nicht laufen könnt, könnt ihr ja kriechen. Der Krieg ist zwar vorbei, aber ihr Kerl» seid noch immer im Heere. Bergeßt da» nicht." Der Major blickte die Reihen der Betten auf und ab. Er wandte sich puf den Hacken und ging aus der Tür. Der Saal war still. Draußen pfiffen die Sirenen. Glocken läuteten, und dann und wann hört« man sing«.

Der Schnee schlug gegen die Fensterscheiben und siel auf das Zinndach des Vorgedäudes, das am Hospital stand. Andrews malte sich aus, daß er schnell durch die Straßen ginge, den Schnee im Gesicht, und das Leben der Stadt verwirrend um sich. Gesichter, die in der Kälte auf khy zukamen, helle Augen unter Huträndern, die ihn einest Augenblick ansahen, weiche Formen von Frauen, di« undeut- lich den Umriß der Brüste und Hüsten vermuten ließen. Er dachte nach, ob er je wieder frei sein werde, nach Belieben durch die Straßen der Städte zu gehen. Er streckte die Beine aus; seltsam steif und zitternd waren sie. Aber es waren nicht die Wunden, die sie so schwer erscheinen ließen. Es war di: Stagnation des Lebens um ihn herum, die in olle Ritzen seines Bewußtseins einströmte, so daß er sie nie wieder ab- schütteln konnte, die Stagnation staubiger, zerbrochener Auto- maten, die alles eigene Leben verloren hatten, deren Glieder so lange gedrillt worden waren, daß keine eigenen Bewe- gungen übrig geblieben waren, die jetzt dasaßen, schlasi, welk. versunken in Langerveile und auf Befehle wartend. Andrews wurde plötzlich aus seinen Gedanken gerissen. Er hatte die Schneeflocken in ihrem Tanze vor der Fenster» scheide beobachtet. Da hörte er, wie irgend jemand seine Hände aneinander rieb. Er schaute auf. Ein kleiner Mann mit Pausbacken und stahlgrauem Haar, dos fest an feinem Schädel aufgekämmt war, stand am Fenster, rieb sein« kleinen. fetten, weißen Hände gegeneinander und gab bei jedem Atem- .zug ein Schnauben von sich, Andrews bemerkte, daß der Mann ein Geifllicher wyr. Sie sehen schon ganz gut erholt aus. mein Freund." sagte eine singende Geistlichenstimme. Nehme schon an, daß ich's bin." Herrlich, herrlich. Aber würden Sie nicht hier mit«in- treten?" Er folgte Andrews und sprach in predigendem Tone: Wir wollen ein kleines Gebet sprechen, und dann will ich euch. Jungens. einige interessante Dinge erzählen." Die Soldaten schlenderten longsam in das Zimmer, setzten sich auf die Stühle und waren nach einigem Plaudern ruhig. Einig« verließen da» Zimmer, und andere kamen auf Zehen- 'pitzen herein und' setzten sich in die erste Reihe. Andrews ank in einen Stuhl in verzweifelter Resignation, vergrub seinen Kopf in den Händen und starrt« auf den Boden vor seinen Füßen.(Fortsetzung folgt.)