oräuche haben in siner Stadt wie Berlin keine Stätte mehr, und wenn die deutschoölkischen Handlungsgehilfen Ostern feiern, so tarn sie das im Cutway bei bayerischem Bier, Militärmusik und Shimmy, was bekanntlich in Urgermanien noch nicht Brauch war. Ganz merkwürdig aber berührt es doch, wenn man hört, daß noch wenige Jahre vor dem Krieg in allernächster Nähe Berlins sich Spuren alter Gebräuche gefunden haben. Im alten Teil des Dorfes Schmargendorf konnte man in den Ostertagen die Fenster der Wohnhäuser mit Ostereiern geschmückt sehen, die von Kindetto auf Fäden gereiht waren, welche quer über die Scheiben gespannt wurden. Wer die meisten vollen Fäden aufweisen konnte, war„Osterkimig". Bis zum Anfang dieses Jahrhunderts war in und um Potsdam auch noch das sogenannte Osterpietschen hier und da im Schwange. Die Kinder zogen mit Körben(für die Eier) und mit Ruten umher und riefen den gemütvollen Bers;„Osterpietsche, jif mi'n Ei oder ick hau Di'n Döz(Kopf) inzwei." Dann mußten die also Ange- rufenen mit einem Osterei herausrücken. Und die von Kitzler heraus- gegebene Heimatzeitschrift.Die Mark"' brachte in ihrer Osternummer 1307 zwei sehr nette und bemerkenswerte Bilder über dieses Oster- pietschen oder auch Stiepen aus dem bekannten Friedrichs- Hägen, wo ein paar Berliner Segler von der Jugend auf offener Straß«„gesticpt" werden und sich durch Münzen loskaufen. In demselben Heft berichtet O. Illlicher von der alten Rixdorfer Herrn- hutischen Bruderschaft, die am Ostersonntag früh mit Weib und Kind unter Posaunenmusik, die nach ererbter Sitte von den Gemeinde- kindern selbst ausgeübt werden muß, zum alten böhmischen Friedhof schreitet, woselbst eine Totenfeier abgehalten wird. Vielleicht mögen auch in einzelnen religiösen Sekten noch bestimmte Ostergebräuche bestehen, von denen die Ocffentlichkeit nichts sieht und erfährt. Bei der jungen und jüngsten Berliner Generation ober ist e, Sitte ge- worden, zu Ostern möglichst weit ins Land zu fahren, um sich ein Stückchen fremder heimischer Erde anzusehen, und es ist ein Zeichen unserer Zeit, wenn man für den Preis eines halbwegs anständigen Schokoladen- oder Marzipaneis bis in die Sächsische Schweiz fahren kann. Der Kulturengürtel um Serlin. Das Städtebauamt der Stadt Berlin teilt mit: Je mehr mit der allgemeinen Verarmung die Möglichkeit zur Errichtung von Fa- milienhäufern schwindet, um so wichtiger wird die Pflege der Fa- miliengärten. Liebe zur gärtnerischen Betätigung und Sorge für die Gesundheit der Kinder haben schon früher manchen Bewohner der engbebauten Innenstadt veranlaßt, sich draußen einen Kleingarten zu schaffen. Nach dem Kriege ist zu dem Wunsche nach Erholung im Freien der Wille und die Notwendigkeit getreten, die Ernäh- rungslage der Familie durch Gartenkultur zu besiern. Heute haben die Kleingärten um Berlin einen Umfang von öl 68 Hektar erreicht. Die Zahl der Kleingärtner ist allein im verflosienen Jahre von 158 OVO auf 170 000 gestiegen, d. h. jede siebente oder acht» Familie besitzt einen Garten. Tausende aber sind für Landzuweisungen vorgemerkt: die Nachfrage nach Kleingartenland kann trotz der gesetzlichen Befugnisse zur Zwangspachtunq nicht befriedigt werden. Gutes Land in einigermaßen günstiger Verkehrs- läge zur Innenstadt ist nur noch in geringem Umfange vorhanden. Unter diesen Umständen war es Pflicht der Verwaltung, jede im Stadtgebiet noch vorhandene Brachfläche auf ihre Ausnutzbarkeit zu prüfen. Das Zentralkleingartenamt hat in Verbindung mit den Bezirksämtern und den gemeinnützigen Kleinpachtverbänden diese Prüfung vorgenommen mit dem Ergebnis, daß etwa 1023 Hektar Brachland im Gebiet der Stadt Berlin vorhanden sind, von denen jedoch nur etwa 266 Hektar der Bestellung zugeführt werden konnten, falls sich für diese Flächen die genügende Zahl Pächter finden und die Verpachtungen nicht verweigert werden. Dabei soll versucht werden, für die erste Bestellunq dieser Flächen Zuschüsse aus�dem Reichsfonds für Meliorationen von Oedländereien zu erhalten. Der größte Teil des Brachlandes, etwa 653 Hektar kommt leider wegen ungünstiger Bodenverhältnisse und schlechter Verkehrslage für eine gärtnerische oder allgemein landwirtschaftliche Nutzung überhaupt nicht in Betracht: ferner sind noch 11 Hektar vorhanden, welche in erster Linie für Siedlungszwecke verwandt werden sollen.— Auf den 266 Hektar, die so insgesamt der Be- stellung noch zugeführt werden können, sind bestenfalls 6650 Klein. gärten unterzubringen. Damit sind aber die Möglichkeiten der An- läge von Kleingärten im derzeitigen Stadtgebiet erschöpft. Der Kul- turgürtel um Berlin liegt heute schon zu einem großen Teil außer- halb des Stadtgebietes: in der Richtung der nördlichen Radial- Bahnen, der Ostbahn und der Dresdner Bahn fallen die Grenzen der Kleingärten der Berliner Bevölkerung mit der Grenze der Vor- orttarife zusammen. Es zeigt sich auch in dieser Angelegenheit, daß das S t a d t g e b i e t für die Erfüllung mancher Aufgaben auch heute noch zu eng ist, von einer Verkleinerung sollte jeden- fall» ernstlich nicht gesprochen werden.
Preisabbau für öriketts und Koks. Das Nachrichtenamt de» Berliner Magistrats gibt bekannt, daß im Kleinverkauf von Briketts und Koks vom3. Aprilab folgend« Höchstpreise festgesetzt sind: für Küchen- und Ofenbrand je Zentner Briketts ab Lager 6130 M., frei Keller 6390 M., je Zentner Gaskoks ab Lager 11 640 M., frei Keller 11 940 M., bei fuhrenweiser Lieferung an das Kleingewerbe und für Zentralheizungen je Zentner Briketts ab Lager 6130 M., frei Keller 6350 M., je Zentner Gaskoks ab Lager 11640 M., frei Keller 11000 M. Hiermit ist endlich die Preisermäßigung eingetreten, die in Aussicht gestellt war und sehnlichst erwartet wurde. Sie beträgt für Briketts mehr als ein Zehntel des bisherigen Preises: denn zuletzt kostete für Küchen- und Ofenbrand ein Zentner ab Lager 6945 M.. frei Keller 7225 M. Di« Ermäßigung ist infolge Herabsetzung der Zechenpreise möglich geworden._
weitere Verteuerung der Milch. Die Milch macht leider den Preisabbau nicht mit, sondern wird noch teurer. Der neue Preis je Liter ist für das Gebiet der Stadtgemeinde Berlin vom 2. April ab so festgesetzt worden: für Vollmilch 86 0 M., für nach Berlin eingeführte Magermilch 420 M. Beliefert werden die A.-Milchkarten mit% Liter, die L, Milchkarten und die Karten für werdende Mütter mit Liter. Daß wir die neue Milchpreissteigerung den Landwirten zu danken hoben, wurde im„Vorwärts" bereits dargelegt. Bei geringerem Milchpreis würden sie noch weniger Milch nach Berlin kommen lasten.
Ein neues Verfahren gegen den„Propheten" Haeußer Gegen den Wanderprediger und„Propheten" Louis G. Haeußer. gegen den erst kürzlich die Strafkammer des Land- gerichts Oldenburg wegen Verbrechens gegen das Gesetz zum Schutze derRepublik sowie wegen Nötigung gegenüber dem Amtsgericht Delmenhorst auf ein Jahr neun Moßate Gefängnis erkannt hatte, f'ndet bereits am 9. April eine neue Verhandlung vor dem Schöffengericht Hannover statt. Es handelt sich wiederum um Nötigung und Beleidigung, welche Strafhandlunzen im Zusammenhang mit der inzwischen aufgelösten Verlobung Haeußers mit der Tochter des verstor- denen Admirals o. Pohl stehen. R.-A. Dr. Schwindt- Berlin hat sich an den Ministerpräsitenten von Oldenburg in einer längeren Eingabe gewandt, um die Aufhebung der für das Gebiet des Staates Oldenburg aegen Hacußer verhängten Schutzhaft zu er- reichen. Haeußer beabsichtigt nämlich, den Staub des Landes Olden- bürg von seinen Füßen zu schütteln, da er die Ueberzeugung ge- wonnen hat, daß die Menschheit für seine Ideen noch nicht„reis " sei. Weiter soll Haeußer zu d-m vernünftigen Gedanken gekommen sein, daß es für ihn bester sein werde, sich einem praktischen Berufe zu widmen. Infolge des leidenden Zustandes des
'Verurteilten hat das Gericht vorläufig von der Dollstreckung des Urteils Abstand genommen. Die schnelle Wandlung vom„starken Mann" zum„kranken Huhn" wird besonders den Verehrerinnen , Haeußers wenig imponieren und ihm seinen Nimbus sehr schnell rauben. l- £fnc zweite öluttat. Ermordung einer Frau durch ihre Skiefsöhue. Zum Osterfest wird die Oesfentlichkeit durch zwei grauenhafte Bluttaten aufs tiefste erregt, die eine, die den im Grunewald heim- tückisch ermordeten jungen Griechen betrifft, liegt in bezug auf die Täterschaft noch im tiefsten Dunkel. Unmittelbar darauf hat sich in
Oer fortgesetzte Kampf gegen Monarchisten und Kommunisten erfordert täglich große Mittel zur Abwehr der außerordentlich großen Gefahr. Zeder ausrichtige Republikaner sendet deshalb für diese Kämpfe freiwillige Seiträge auf Postscheckkonto Nr. 487 4Z an fUex Pagets, Serlin SW 68, Linöenstraße 3.
Charlottenburg eine zweit« schwer« Bluttat ereignet, deren Täter zwar flüchtig sind, von denen man aber die Namen weiß, so daß Gewißheit vorhanden ist, daß man ihrer bald habhast wird. In dem Hause Mopstockstraße 52 wurde die 43 Jahre alte Ehe- frau Pauline de» Arbeiters Papke in ihrer im zweiten Stock auf dem Hof belegenen Wohnung von ihrem von der Arbeit heimkehren- den Manne tot aufgefunden. Um ihren Hals war ein Lederriemen geschlungen, im Mund steckte ein Knebel. Die Ermittlungen der mit der Aufklärung des Verbrechens be- trauten Kriminalkommistare Galzow und Rünqer ergaben, daß das Derbrechen von den beiden Stiefsöhnen der Er- mordeten, dem 16 Jahre alten Kurt und dem 17 Jahre alten Max, ausgeführt worden ist. Die beiden Taugenichtse, unter denen das Ehepaar schon viel zu leiden hatte, waren vor wenigen Tagen wieder ihren Lehrherren entlausen, nachdem sie sich Unregelmäßig- keiten hatten zuschulden kommen lasten. Die Bluttat ist in den Morgenstunden zwischen 10 und 11 Uhr verübt worden. Kurz nach 10 Uhr börten Nochbarn Frau Papk« stöhnen. Weil sie glaubten, daß sie Krämpfe habe, wollten sie sie aufsuchen. Auf ihr Klopfen wurde aber nicht geantwortet. Später hörten sie dann nochmals Geräusch m der Wohnung, und als sie lauschten, vernahmen sie leise Männerstimmen. Einer sagte:„Ach laß sie, es ist doch gleich zu E n d e" Nunmehr setzten sie sich mit der Kriminalpolizei in Verbindung. Inzwischen kehrte der Mann auch von der' Arbeit heim. Die Burschen ober hatten uuterdesten die Wohnung oerlasten, der eme unter Mitnahme eines Fohrrades, das dem Untermieter der Familie gehört. Die Bluttat selbst hat in der Küche stattgefunden. Von dort ist die Ermordete über den Korridor in das vermietete Zimmer geschleppt worden. Schleifspuren waren hier deutlich sicht- bar. Kisten und Kästen waren alle durchwühlt. Geraubt wurden Geld, Wertsachen und Kleidungsstücke. Die flüchtigen Burschen werden von der Kriminalpolizei gesucht. Mitteilungen über ihren Auf- enthalt nehmen die Kriminalkommistare Galzow und Bünger«nt- Segen._ Die neuen Strastenbahnfahrpreise. Di« bereits angekündigte Tariferhöhung der Straßenbahn bringt ob 1. April folgende neue Preise: 1. Einzelfahrscheine für Erwachsene 300 M.: im Bereich der Vorortbahnen(vor- mal? Spandouer, Köpenicker Straßenbahn, Teltower Kreisbahnen mit Grunewaldbahn) 250 M.: für Kinder von 6— 14 Iahren, ferner (auf Berechtigungsschein) für Lehrlinge und Schüler von 14 bis 17 Iahren und für unbemittelte Studenten sowie(auf Ausweis des Bezirksfürsorge- oder Wohlfahrtsamtes) für Kriegsbeschädigte und im Gehen schwer behinderte Personen ollgemein 150 M. Die Einkom- mensgrenze für den Bezug von Berechtigungsscheinen für Lehrlinge und Schüler ist auf 360 000 M. jährlich(einschließlich Naturalbezüge) erhöht. Die Ausfertigungsgebühr für den Berechtigungsschein be- trägt 60 M. 2. Teilstreckenfahrschein(versuchsweise) auf den Linien 9, 16, 116 für die durch Aushang in den Wagen bekannt- gegebenen Strecken 200 M.: Fahrten darüber hinaus kosten 300 M. 3. Umsteigefahrscheine, auch im Wechfelvertehr mit der Hoch- bahn, 450 M., im Bereich der oorbenannten Vorortbahnen 300 M. 4. Wochenkarten: Für wochentäglich zwei ununterbrochene Einzel- fahrten auf beliebiger Strecke innerhalb einer Kalenderwoche auf den Stammbahnen 3000 M., im Binnenverkehr der zu 1. genannten Vorortbahnen 2500 M. Sonntags gelten die Karten nicht: jedoch an Wochenfeiertagen. 5. Monatskarten. Dom Monat April ab: auf den Stommbahnen: eine Linie 18 000 M.. drei Linien 24 000 Mark, all« Linien 48000 M., im Binnenverkehr der zu 1. genannten Vorortdahnen: eine Linie 12 000 M., für den Bereich einer der Vor- ortbahnen 15 000 M. 6. Schülermonatskarten: 5500 M.
Kein Mieterstreik. Wir haben bereits in der gestrigen Abendausgab« auf die von unverantwortlicher Seite neuerlich in Szene gesetzte Propaganda für einen Mieterstreik hingewiesen. Der Gau Berlin im Bunde Deutscher Mietervereine teilt uns dazu mit, daß er für den 1. April keine Parole für einen Voll- oder Teilstreik der Mieter ausgegeben habe. Er betont weiter, daß er mit der sogenannten Streikleitung, die von unbekannten Personen gebildet worden ist, nichts zu tun hat, schon deshalb, weil er be- gründete Hoffnung hat. fein« Forderungen auf dem Derhandlungs- weg« zu erreichen._
Das Eiserne Kreng— im Jahre ISSS! Der Schluß des Krieges liegt jetzt ziemlich viereinhalb Jahre hinter uns. Ist es da möglich, daß noch jetzt Eiserne Kreuz « verschickt werden? Einer, der noch am 29. März 1923 mit einem solchen Kriegsandenken überrascht wurde, legt uns den ihm zu- gegangenen Einschreibebrief samt Inhalt vor. Dos Abwickelungs- amt des 3. Armeekorps hätte ihm schon im Dezember 1920 das
Lredeusmittelpreise der Woche. Zufuhr: Fleisch ausreichend. Geschäft ziemlich rege. Fische ausreichend, Gesch&ft rege. Obst und Gemüse reichlich, Geschäft flott. In der Woche vom 25. bis 31. März galten in der Zentralmarkt- halle folgende Kleinhandelspreise: Rindfleisch 3000— 1000 M. ohne Knochen 3500—4500 M. Schweinefleisch 3500—4500 M. Kalbfleisch 3000—4500 M. Hammelfleisch 3000 bis 4000 M. Geräucherter Schinken 6000—0500 M. und Speck 40i)0 bis 6000 M. Ruten 5500-6500 M. Hühner 4000— 4500 M. Gänse 3500 bis 5000 0. Enten 5000-5500 M. Schellfisch 900-1200 31. Kabeljau 1000—1600 M. Flundern 600—1000 M. Rotzungen 1000—2500 M. in Eis: Aale 5000-9000 M. Schleie 2500 M. Hechte 2200 3L. Barsche 600—1900 M. Zander 3500—4500 M. Rlötien 600-1200 M. Lebende Aale 6000—9000 M. Schleie 4000—4500 M. Hechte 2900—3500 M. Bleie 600—1500 M. Karpfen 3000—3500 M. Plätzen 800—1600 M. Zander 4000— 4500 M. Naturbutter 8000—9000 M. Margarine 2500—3300 M. Schweineschmalz 3500 M. Eier 850— 360 M. das StücV. Erbsen 850 bis 1400. M. Weiße Bohnen 800—1000 M. Linsen 850—1400 M. Weizenmehl 650—950 M. Roggenmehl 650—750 M. Nudeln 900-1600 M. Reis 750-1100 M. Weißkohl 250 M. Wirsingkohl 250-260 M. Rotkohl 400 M. Rosenkohl 1100 M. Mohrrüben 120-130 M. Kohlrüben 120 bis 150 M. Spinat 700—800 M. Rote Rüben 130—145 M. Sellerie 100 bis 120 M Morcheln 1800 M. Eßäpfel 450-800 M. Apfelsinen 300 bis 550 M. und Zitronen 120—180 51. das Stück.
Eiserne Kreuz, das ihm vom Befehlshaber des Wehrkrieskomman. dos 3 durch Verfügung vom 30. Oktober 1920(!) verliehen worden war. nebst Besitzzeugnis zustellen wollen. Der Empfangsberechtigte konnte damals nicht aufgefunden werden, well seine derzeitige Adresse nicht bekannt war. Jetzt endlich haben sie ihn erwischt— und er hat nun auch sein Eisernes Kreuz weg. Hoffentlich ist die Verteilung der Eisernen Kreuze bald vollständig„abge- wickelt".
Vojacks werSegang. Gerichkliche Enkhüllungen einer Schieberexistenz. In den Werdegang eines modernen Schiebers, der sich in kurzer Zell vom Heimarbeiter zum Milliardär„emporgearbeitet" hat, wird ein« Verhandlung hineinleuchten, die sich binnen kurzem beim Land- gericht I abspielen wird. Hier wird einer der größten Schieber- Prozesse aufgerollt werden, die in den'etzten Jahren die Gericht« beschäftigt haben. Angeklagt ist der Kaufmann Johann Wojock, Margarethenstr. 1 wohnhaft, und mit ihm 12 andere Personen. Der Hauptangeklagte Wojack hat«ine abenteuerliche Karriere hinter sich Er war zuerst Arbeiter, dann Opernschüler, Sänger und schließlich Kaufmann. Im Dezember 1918 hatte er in der Friedrich- straße nahe dem Halleschen Tor ein Zimmerchen im dritten Stock und fertigt« dort mit einer Heimarbeiterin aus alten Masken- kostümen Pantoffel an. Ansang des Jahres 1920 knüpfte er B e- Ziehungen zur Reichsbekleidungsstelle an, brachte einen großen Posten Wäsche,' der für oitpreuhische Flüchtling« be- stimmt war, in seinen Besitz und fing, da dieses Geschäft sich sehr lukrativ gestaltete, an, Schiebergeschäfte im großen zu machen. Er gründete nacheinander vier Gesellslbasten. mietete groß« Lagerplätze und Schuppen und kaufte nun auf, was ihm irgendwie erreichbar war. Er wandte sich an die Reichstreuhandgefellschast, um von dieser Schrott zu erwerben und durch Bestechungen gelang«s ihm, an die Reichstreuhandgesellschakt so anstatt 63 Tonnen Schrott nur 28, in einem anderen Fall anstatt 28 Tonnen nur 4. in einem dritten Fall anstatt 33 Tonnen nur 8 zu bezahlen. In seinen Lagern hatte Wojack bald für Hundert« von Millionen Waren aufgestapelt, die aus dem Besitz« des Reiches stammten. Seine Buch- führung aber bestand nur aus losen Zetteln, so daß späterhin ein« völlig« Nachprüfung der Geschäft« gar nicht mehr möglich war. Wojack machte sich dann an den Leiter der Finanzabteilung der Zweigstell« Berlin der Reichstreuhandgefellschast, Schauer, heran und wußte diesen, sowie den Angeklagten Rätzler gegen Zahlung von Provisionen dazu zu verleiten, ihm Kaufmöglichkeiten aus den Be- ständen der Reichstreuhandgefellschast nachzuweisen, von denen er schneller Kenntnis bekam, als jeder andere Kaufmann. Schließlich „lötigte" er noch«in großes Geschäft in Automobilen. Er kaufte den gesamten Autobestand der Reichstreuhandgesellschaft, nämlich 110 Kraftwagen unter Ausschaltung d«s gesamten legitimen Automobilhandels als— Schrott auf. Wojack wird sich nun wegen Betruges gegenüber dem Reichsfiskus, die anderen An- geklagten wegen Bestechung und Beihilfe zum Betrug zu verant- warten haben. Der Prozeß, der voraussichtlich m«hrer« Wochen andauern wird, dürft« interrstant« Einzelheiten über die Geschäftsführung einzelner mit der Verwertung von Heeresgut be- auftragten Stellen bringen. Dieser groß« Prozeß ist übrigens der Auftakt zu einer Reih« anderer noch schwebender Vestechungs- Prozesse._ Wohnungsbefchlagnahme bei Polizeistundenüberiretung. DaS Notgesetz vom 24. Februar 1923 bestimmt, daß die auS dem rheinischen EinbruchSaebiet ausgewiesenen Personen bevorzugt unterzubringen sind. In Ausführung dieser gesetzlichen Bestimmun- gen schließt die Polizei alle Gast- und Schankwirischaften, in denen Glücksspiele. Nackttänze oder ähnliche Vorführungen nach Schluß der Polizeistunde festgestellt werden. Die hier« durch freigewordenen Räume werden, soweit fie fflr Wohnung«-- zwecke geeignet sind, im Sinne des Notgesetzes zur Verfügung gestellt. DaS Polizeiamt Wedding allein ist bereits in drei Fällen gegen derartige Lokale vorgegangen. Von der Beschlagnahme der Räume ist nur deswegen Abstand genommen, weil die Wirte sich noch aus Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen berufen konnten. Der Polizeipräsident nimmt daher erneut Veranlassung, auf diese Bestimmungen hinzuweisen. Es wird ausdrücklich bemerkt, daß in Zukunft mildernde Umstände von der PolizeiproxiS nicht mehr an- rkannt werden können._ Gebührenordnung für Wohnnustsvermittlung. Ein Stadverornetenausschuß hat die Magistrats- vorläge über den Erlaß einer Gebührenordnung für W o h- nungsvermittlung angenommen und gleichzeitig diese neue Gebührenordnung beraten. Es sollen diese auch nur erhoben wer- den von den Wohnungssuchenden durch die Wohnungsämter. Di« Gebühren werden betragen: bei Zuweisung und bei Tausch von Wohnungen von mehr als 200 bis 800 Mk. Grundmiete ohne Heizungskosten 10 Proz.. bei Wohnungen über 800 Mk. 20 Proz., bei Wohnungen über 1200 Mk. 3S Proz., bei Wohnungen über 2400 bis 4000 Mk. 56 Proz. und über 4000 Mk. 70 Proz. und bei Mieträumen über 8000 Mk. 100 Proz. Dazu kommen 1000 Mk. für Ausstellung eines Ueberweisungsfcheines. Auf Anttag kann diese Gebuhr ermäßigt werden. Die Beträge werden erhoben bei Anzeigen an dos Bezirks-Wohnungsamt. bzw. Zenttalamt nach erfolgter Zuweisung bzw. nach Abschluß der Mietsverttäge und Aushändigung des Ueberweisungsfcheines, die Fragebogen sind de- sonders zu bezahlen. Di« Zahl, mit der die Gebühren zwecks Ausgleich der Teuerung in Zukunft multipliziert werden müssen, wird allmonatlich unter Zugrundelegung der amtlichen Teuerungszahl für August errechnet. Sie liebte„Nebenverdienst". Durch einen raffinierten Trick hatte die Geflügelver- käuferin Frau K ei bei zahlreiche Personen betrogen. Sie hatte einen Stand in der Zentralmartthalle. in dem sie Gänse ver- tauft«. Eines Tages machten Konkurrenten der Händlerin einen Beamten der Schutzpolizei darauf aufmerksam, daß Frau Keibel, um emen„Nebenverdienst" herauszuholen, ihre Wage auf falsches Gewicht eingestellt habe. Der Beamte verbarg sich in der Nähe des Standes und stellt« sehr bald fest, daß auf dem Grunde der trichterförmig geformten Wag« ein Gänsekopf im Gewicht von 125 Gramm lag. Um dieses Gewicht wurden die Kunden beim Kauf bewogen und die Händlerin verdiente an jede: Gans im Durchschnitt 1500 bis 1800 Mark mehr, als sie berechnen durfte. Bor Gericht verteidigte sich die Angeklagte damit, sie hätte nicht gewußt, daß in der Wage der Gänsekopf gelegen habe, doch beantragt« der Amtsanwalt sechs Monat« Gefängnis gegen sie. R.-A. Such bat um ein« milder« Bestrafung, da die Angeklagte am härtesten durch die Entziehung der Handeiserlaubnis getroffen sei. Das Gericht erkannte auf drei Wochen Ge- f ä n g n i s und billigte ihr Bewährungsfrist gegen«in« Luhe von 200000 Mark zu._ Markenzucker für 120 M. pro Pfund. In Deutschland kostet ein Pfund Markenzucker 700 M. und dar- über. Im Freistaat Danzig wird der Markenzucker für 120 M. pro Pfund geliefert. Die Zuckerrafsinerie in Neufahr- wasser arbeitet unter k«in«n günstigeren Verhältnissen als die deut- scheu Zuckerfabriken. Das Danzig -r Beispiel beweist, wie u n g e- reckitfertigt die deutschen Preiserhöhungen sind und daß eine mit fester Hand durchgeführt« Zwangswirtschaft sehr wohl die Preise niedrig halten kann. Der Ankauf von Gold für das Reich durch die Reichsbank und Post erfolgt bis auf weiteres unverändert zum Preis« von 85 000 M. für ein Zwanzigmarkstück, 42 500 M. für ein Zehnmarkstück. Ter Ankauf von Reichssilbermünzen durch die Reichsbank und Post er- folgt bis auf weiteres unverändert zum 1500fachen Betrage des . Nennwertes.