Das Problem Dapern. Zur bayerischen Rechtspflege. Aue München wird uns geschrieben: In Bayern ist alles, was fch„national" drapiert, gleichviel, ob das„nationale" Ziel durch Mord und Verbrechen aller Art, durch Umsturz der Verfassung oder Landesverrat erreicht werden soll, für den größten Teil de: Lureaukrati« tabu. Wogegen diejenigen, die für den Bestand des Reiches, für die Demokratie und für Ruhe und Ordnung eintreten� also alle links von Ludendorff und Held stehenden Politiker, von vornherein genügend verdächtig genug ssnd, um verhaftet und nach einem post hoc vorgenommenen Beweisverfahren gerichtet zu werden. Deshalb erfreuen sich nicht nur alle Journalisten, die nicht durch und durch vom alten Polizeigeist infiziert sind, sondern auch alle politisch„Verdächtigen" einer besonderen polizeilichen Fürsorge in Form von Personalakten und Ueberwachung durch Spitzel. Ginge es nach dem Willen der Regierung, so müßten alle Berichterstatter auswärtiger Zeitungen aus München ausgewiesen werdenl Denn was von außen in die blauweihen Pfähle eindringt, wird noch immer wie in der Kurfürstenzeit als„stinkende Ware" betrachtet. Der Jcmuskopf der bayerichen Politik und Rechtspflege zeigt aber jetzt sein anderes Gesicht, sobald es sich um die Ver. folgung von Rechtsumstürzlern handell. Da zeigt sich die Justiz» bavaria nicht nur blind, sondern auch taubl Ein Beispiel von Mutzenden: An den„Fe lddien st Übungen" der Hitleriten im März dieses Jahres, die als Vorbereitung für den Feldzug gegen Berlin dienten, beteiligte sich auch ein Mann, der in Stargard in Pommern das Attentat gegen Löbe und Severing auszuüben versuchte. Dieser Mann heißt Welz. Unter dem Deck» namen Kunert hielt er sich in München auf. Er ging, nachdem ihn der Richter freigegeben hatte, in einer Münchener Gaststätte ein und aus. Hiller hatte große Ding« mit ihm vor; er sollt« die national» sozialistische Agitation in Oesterreich nach Münchener Muster leiten, nur war die K o st e n f r a g e noch nicht entschieden, da „Roßbach" sie nicht lösen wollte. Warum hat die Mün - chener Polizei diesen Mann nicht verhaftet wie so viele andere, auf die unser Münchener Parteiorgan so oft und so deutlich hingewiesen hatte? Warum hat sie den wegen Der» dachts der Begünstigung der Rathen au-Mörder st eckbrieflich oerfolgten Studenten Baur, der von seinen Komplicen beseitigt wurde, freigelassen? Warum, warum?— Em Narr wartet auf Antwort. Eine Anfrage. ZKüuchen, 11. April. (TU.) Die Landtagsfraktion der Deutschen Demokratischen Partei hat im Landtag folgend« Jnter» pellatton eingebracht: Ist die Staatsregierung in der Lage, oufzu- klären und zu begründen, warum das kirchlichcGrabgeläut«, das im ganzen Reich für die von den Franzosen in Essen er- mardeten Deutschen stattgesunden hat, allein in Bayern unterblieben ist?
Das Urteil üer Geschichte. Herr Richard Müller bestäligr unS, daß seinerzeit ein Be« schluß gefaßt wurde, nach dem die Protokolle deS Boll» xugSratS dem Partetarchiv der SPD und U SPD. zugeführt werden sollten. Er meint aber, daß wir auf sie„keinen moralischen Anspruch" hätten und richtet an un» die pathetische Frage:„Warum sorgen Sie sich um die Protokolle? Haben Sie etwa Angst vor dem Urteil der Geschichte?" Vielleicht überlegt sich Herr Müller mal. ob über ihn das Urteil der Geschichre nicht vielleicht schon gesprochen ist._ Stroßenlnndgebun gen in Tepllh. Nach einer Meldung der Prager „Narodni Polmla" ist es in Teplitz anläßlich eines Kon» fl lies zwischen tschechischen Rekruten und Polizei zu lärmenden Siraßenkiindgcbungen der Bevölkerung gekommen, die erst durch ein herbeigeruseneS Gendarmerieaufgebot unterdrückt wurden.
v!e armen Kinder im Frühling. Gönz weiße Gesichter haben die Kinder der Stadt, wenn sie im Frühling stehn und in die tausend Lichter der Sonne und blühenden Bäume sehn. Sie kommen aus dunklen Stuben, Winters Nacht, jedes mit einem winzigen, pochenden Herzen bedacht, tasten mit Händen, die durchsichtig weiß sind wie ihr Gesicht, schüchtern und leise in das groß«, wundertätig« Licht. Die Sonne hat ein« breite, warme Hand. Me Ströme und Städte umfaßt sie im weiten Land. Aber auch über jedes der winzigen Herzen streichelt sie leise hin, ulld es klingt und jubelt in den Kindern ein neuer Beginn. Ganz weiße Gesichter haben die Kinder, ihr Herz ist rot, sie sehen die dunklen Schatten sterben, die Freude loht, die kahlen Aeste knospen, der Rasen im Hof leuchtet grün, sie sehen vielleicht die Lerche, liedbeschwingt, in den Himmel ziehn. Und in den weißen Gesichtern glühen die Sterne der Augen auf. Das winzige Herz schlägst gewaltig zu dem Wunder Sonne hinauf. Sie schlürfen dos Licht, sie winken die Luft in die Lungen hinein, sie möchten Blume und Lerche und Glanz und Frühling sein. In den dunklen Mauern aber, wo sie alle zu Hause sind, weichen die Schatten nimmer und nimmer, und ewig rinnt von den bröckligen Wänden ein Frösteln, naß und kalt, da stehen die Kinder mit weißen Gestchtern wieder arm und zaghaft und alt. Heben die Füße und mächten springen und tanzen gehn, möchten, wie ihre Kindheit tollt, einmal fühlen und sehn. Kind sein! Kind seinl schreit das winzige Herz, und sie wissen es nicht. Aber st« träumen von Glück und Spiel und gewalligem, erdweitem Licht. Ganz weiße Gesichter haben die armen Kinder der Stadt, wenn sie im Frühling stehn und von fern in die tausend Lichter der Sonne und blühenden Bäume wie in ein unerreichbares Wunder sehn... Hans Gothmann.
Bayern gegen die Einheliskurzschrift. Unter dem Borwande, daß keine Aussicht mehr auf Schaffung einer den bayerischen Wün- fchen entsprechenden Eircheltskurzichrift besteh«, hat das bayerisch« Kultusministerium dem Rsichsministtnum des Innern erklärt, daß es sich nicht mehr an den Verhandlungen beteilig-.'n werde, und daß in den bayerischen Schulen an dem System Gabelsberger fest» gehalten werde. Der erste Zugenderzählerabend de, Verbandes deutscher Er» Zähler findet Sonnabend abends 7M> Uhr in der Aula des Falk-Real» gymnasiums, Lii�owstraße 84c, statt. Georg Engel liest aus«icMen Werken. Der Verband deutscher Erzähler will die heranwachsende Lugend durch Vortrüge der Dichter selbst mit der modernen Lite» ratur vertraut machen. Der Ertrag soll den Schulbüchcreien zugute kommen,
LanöbunÜ gegen hohenzollern. Die knauserige„Hoftammer'". Aus S t o l p in Pommern schreibt mah uns: Schon in Friedenszeiten zahlten die Hohenzollern ihre unteren und mittleren Hofbeamten schäbig. Wenn es nicht anders ging, wurden sie durch irgendeine kaiserliche Kabinettsorder zu irgend etwas ernannt. Das kostete nichts, sah aber hübsch aus. Eine solche Kobinettsorder ist der preußischen Republik teuer zu stehen gekommen, sie hat nämlich angeordnet, daß die H o f b e a m t e n in Zukunft den Staatsbeamten gleichzustellen seien. Mit einem Schnörkel Wilhelms als Unterschrift war da» gemacht. Leider ist dadurch der preußische Staat gezwungen worden, auch für Hofdamen, Marschälle und Hofräte GeHäller, Wartegelder und Pensionen zu zahlen. Die mittleren und unteren ehemaligen Hofbeamten sind in anderen Dienststellen untergebracht worden, sie konnte man ge- brauchen, ihnen wird so ihr GeHall nicht ohne Gegenleistung gezahlt. Dort, wo die Hohenzollern heute noch auf die Gehaltsverhält- nisse Einfluß haben, in ihrer eigenen Vermögens», Grundstücks» und Domänenverwaltung, herrscht dagegen völlig die alte vor» revolutionäre Praxis. Die Beamten werden schäbig bezahlt. Das geht naturgemäß den Patrioten, wenn es allzu sichtbar wird, schwer auf die Nerven. Sie geben sich dann alle Müh», ohne die Oeffenllichteit zu behelligen— das könnte wohl der Liebe zu den Hohenzollern einigen Abbruch tun—> die Sache ins Reine zu brin» gen. So kursieren bei uns in Stolp jetzt Abschriften eines Schreibens, das die Kreisgruppe Stolp des PommerfchenLandbunde» an die H o f k a m m e r, die Güterverwaltung der Hohenzollern , gerichtet hat. Es datiert vom 23. März 1S23 und lautet wie folgt: „Es ist gestern in einer Beamtenverfammluna öffent- lich erneut darüber Klage geführt worden, daß die landwirtschaft» lichen Beamten der Hofkammcr, soweit sie in Schmolstn und Wil- helmshof befchäfttgt werden, nicht nach dm im Kreis« Stolp gellenden Richtlinim entlohnt werden. Es wurde mit be» fonderem Nachdruck gefordert, die Hoskammer zu billen, doch entsprechend ihrer Stellung den anderen Ar- beitgebernoorbildlichzusein. Ich gebe diesm Beschluß mit der Bitte weiter, uns mitteilm zu wollen, in welcher Höhe die auf den oben bezeichnetm Gütern angestelltm Beamtm entlohnt werden. Bemerken möchte ich hierbei, daß der unmittelbare An- trag an die Hofkammer wiederHoll gestellt worden ist. S t i e d, Geschäftsführer. Schmolstn und Wilhelmshof sind Hofkammergüter, die sich mit ihrm Einnahmen sehen lassen können. Im besonderm Schmolstn hat aus seinen Meliorationen fortlaufend sich steigernde Erträge. Auch sonst nimmt die Hoskammer jetzt Milliarden allein aus den Ho l z o e r t ä u s e n ein. Dennoch werden die mittleren und unteren Beamten so gering bezahlt, daß, wie der obige Brief beweist, sogar der Pommersche Landbund tn einer gewissm Verärgerung an die hohen, zollernsch« Behörde zu schreiben wagt. Wir sind gespannt darauf, was die Hofkammer im Sinne der .Vorbildlichkeit" ihres allerhöchstm und Innigst geliebten Herrn dem deutschnattonalen Pommerschen Landbund antworten wird!
Der sächsische Haushalt. Dem sächsischen Landtag ist dieser Tage der Haushaltsplan für das Jahr 1923 zugegangen. Die Ausgaben ffad mit rund 54,5 Milliarden im ordenllichen und mit fast 8 Milliarden im außerordentlichen Haushalt veranschlagt worden. Di« letzte Summe soll den beweglichen Permög«n»be ständen des Staates entnommen werden. Den 54 Milliarden des ordenllichen Haushalts stehen nach dem Voranschlag« nur zirka 45,5 Milliarden an Einnahmen gegenüber. Es ergibt sich somit ein Fehlbetrag von rund 9 Milliarden Mark. Zu dessen Ausgleichung»st in den Einnahmen ein gleich hoher Bettag als Entnahme aus den beweglichen Vermögensbeständen des Staates eingestellt worden. Em Vergleich der Zahlen diese» Haushalt« mit dem vom Jahre 1922 ist noch nicht möglich, da in den Vergletchsspalten de» neuen Hau». haltsplans der End« März verabschiedet« Nachttogsetat für 1922 noch nicht berücksichtigt ist. Mi« bei allen Etat» für das laufende Rechnungsjahr, so ist auch bei dem sächstichen zu berücksichtigen, daß er bereits im Herbst des vergangenen Jahres, also vor der großen Geldent- wertung, aufgestellt wurde und all« sich daraus ergebenden Aus- gaben in ihm nicht berücksichtigt worden sind. Lediglich für die von Ansang September bis Enide November 1922 eingetretenen Defoldungscrhöhungen ist die Summe von 29,8 Mlliarden einge» fetzt. Von den Ausgabenziffern des Etats entfallen mehr als 40 Mlliarden Mark auf die Dienstbezüg« der Beamten, Volksschul» lehrer, Angestellten bzw auf Ruhegelder und rund 300 Millionen Mark auf andere persönliche Ausgaben. Für die Erwerbslosen- fürsorge sind 11 Millionen und zur Linderung der Notlage der Kleinrentner 39 Millionen Mark eingesetzt. Vdn den gewerblichen Betrieben des Staates wird gesagt, daß sie sich bisher planmäßig und befriedigend� entwickelt haben. Man erwartet auch für das Rechnungsjahr 1923 ein gutes Ergebnis und hat ihren an den Staat abzuführenden Reinge» w i n n auf 27,6 Millionen veranschlagt, wahrend für Abschvcibun» gen und Rücklagen 46,3 Millionen eingestellt worden sind. Zur Verzinsung der allgemeinen Staatsschulden sind über 2,5 Milliarden in den Etat eingestellt worden, während zur Tilgung der allgemeinen Stattsschulden 95 Millionen Mark angefordert werden. Im außerordentlichen Staatshaushalt werden 7,9 Milliarden an. gefordert unter denen sich fast 7,4 Milliarden als Kapitalbedarf der kaufmännisch oerwalteten Unternehmungen des Staates be» finden. 7,5 Millionen dienen für Herstellungen beim staatlichen Fern h e i z. und Elektrizitätswert in Dresden . 320 Millionen Mark sind u. a. für den Bau der Talsperre Mul- h e n b e r g bestimmt. Durch das dem Landtag gleichfalls zuge. gangen« Gesetz über den Staatshaushalt 1923 fall da» Finanz- minssterium zur Ausgabe von Schatzanweifungen im Betrog« von 20 Milliarden Mark ermächtigt werden.
Die Rukrhilfe öer Lanöwirtsibast. Don der Sammelstelle für die landwirtschaftlich« Ruhrspende in Minden sind in den letzten drei Wochen 8 4 5 Wagen Lebensmittel weitergeleitet bzw. abberufen worden, enthaltend: Getreide........ 89 l6l Zentner Kartoffeln....... 178444, Moül......... 9 016 Hülsenfrüchte...... 1 663, Zucker......... 532„ Fett- und Fleischwaren,. 2336„ Butter........ 315 Eier......... 83 383 Stück Verschiedene Lebensmittel.. 6 503 Zentner Vieh......... 821 Stück Im ganzen sind damit etaw 2645 Waggons zur Abfindung bzw. Abberufung gelangt. Auf Ostpreußen entfallen davon etwa 100 Waggons. Bis zum 7. April liegen bereits für 845 Waggons und 157 Stückgutsendungen Empfangsbestätigungen vor. Der dritte Teil der Spenden befindet sich also schon in den Händen der Emp» fänger. Vor 14 Tagen bettugen die angekommenen Mengen noch kaum den vierten Teil der abberufenen.
wledcrausbauminister Albert übernahm gestern die Geschäfte fernes Amte«.
Anpassung an üas Lohnniveau. Berlin , 11. April. (Eca.) Heute fanden im Reichsarbeitsmim» stenum Beratungen über die Frage statt, ob durch die erhöhten Be- amteugehäller auch ein« weitere Erhöhung des sonstigen Lohnniveaus erforderlich geworden fei. Man neigte indeffen meist der Anschauung zu, daß die jetzige Aufbesserung der Beamtenbezüge im wesentlichen nur ein« Anpassung an das bisherige Lohnniveau bedeute und im übrigen befristet fei und nur den Eharatter einer Notstandsaktion ttage. Unter diesen Umständen könne nicht davon die Rede sein, die Vorschußzahlungen, die an die Beamten Mitte April und Mitte Mal geleistet werden, zum Ausgangspunkt einer weiteren Steigerung der jetzt geltenden Löhne zu nehmen. Dazu ist zu bemerken, daß wir immer noch auf die Taten der Reichsregierung warten, um auf die Syndikate und Kartelle den nöttgen Druck auszuüben» damit sie ihre Preise an da« Lohn- Niveau anpassen. Mit dem Herumdoktern an den Löhnen ist es nicht getan. Herunter mit den Pressen!
Die Anerkennung üer polnischen Mgrenzen. Aus Warschau wird uns geschrieben: Am 15. März hat die Entente die polnische Grenze gegen Ruß. land und gegen Litauen anerkannt. Sie hat damit die gewaltsame Aneignung des Wilnaer Landes durch Polen sanktioniert und auf ihre früheren Pläne eine» autonomen Ostgaliziens fast völlig ver- zichtet. Zwar hat sich die Entente wohl gehütet, eine Garantie für die polnisch-rufsifche Grenze zu übernehmen. Es heißt in dem betreffeichen Beschluß de» Botschafterrat» vielmehr ausdrücklich, daß diese Grenze von Rußland und Polen „unter eigener Verantwor- tung" gezogen sei. Aber trotzdem bedeutet die Zustimmung der Entente in der Grenzfrag« für Polen einen großen Erfolg, und man begreift bis zu einem gewissen Grad den Festraufch, der darauf- hin durch Polen gegangen ist. Man sollte nun meinen, Polen fühle sich nun sicherer, befriedig- ter. Aber wir sehen statt dessen in Polen «ine neue Welle des Nationalismus und Imperialismus. Nicht nur gegen in« Deutschen in Westpolen werden von allen Parteien eilige Maß- nahmen zu ihrer Verschärfung gefordert, sondern auch im Osten, wo di« Polen eine kleine Minderheit unter Weißrussen und Ukrainern bilden, glaubt man nun, den endgültigen Besitz schleu- nigst polonisteren zu müssen. Auch innerpolitisch hat der divlo- matische Erfolg Polens nicht zu einer Beruhigung geführt. Biel - mehr befehden sich die Parteien von rechts und links immer schärfer und die Stellung des Kabinetts Sikorfki scheint neuerlich«richüttert. In Polen liebt man es, den eigenen neuen Staat als Hort des Friedens in Mittel- und Osteuropa hinzustellen. Polens Verhalten nach einem internationalen Akt, der feine staatliche und internatio» nale Position zweifellos stärkt, stimmt recht wenig zu dieser Ans- fassung. » Da» Zentralkomitee der ukrainischen sozialdemokratischen Partei veröffentlicht einen Protest gegen den Beschluß des Botschafter- rate» über die östlichen Grenzen Polens , der u. a. die Zerreißung des ukrainischen Gebietes und die Unterjochung des ukrainischen Volkes gutheißt. Diese Entscheidung werde eine weitere Verschär- fung der nationalm Verhältnisse in den besetzten ukrainischen Kc- bieten und neue Konstitte in Osteuropa heraufbeschwören.
Entspannung in Memel . ZNemel. 11. April. (TU.) Ueber di« Lage im Memelgebiet wird gemeldet, daß der Montag im allgemeinen ruhig verlief. Ueber den Verlauf der Verhandlungen der Memeler Berufe gruppen mit dem litauischen Vertreter verlautet, daß die Haupt- forderungen b e w> l l t g t seien. Der stellvertretende Obertom- missor hat in den Punkten der Stteiklcitung, die zu seiner Zu- ständigteit gehören, Entgegenkommen gezeigt. Der Oberkommissar ist bereit, in Zukunft deutsche Eingaben und Schriftstücke in deutscher Sprache zu beantworten, sobald ihm das erforderliche Per- sonal zur Verfügung steht. Ein Mitglied der Gewerkschaftskom- Mission soll in die Aufenthaltsbewilligungskommission ausgenommen werden. In der Frage der Sttaflosigkeit der Streikführer ist jedoch noch keine Einigung erzielt worden. Am Montag abend wurde darauf von den Gewerkschaften mtt 80 gegen 76 Stimmen der Abbruch des Streits beschlossen. Es wurde jedoch von den Ge- werksch-aftssekretären erklärt, daß die Forderung der Freilassung der politischen Gefangenen aufrechterhalten bleibt. Am Mittwoch morgen waren die Geschäft« in Memel vollzählig geöffnet. Di« Arbeit in den Betrieben ruht jedoch noch. Man ist der Ansicht, daß der Generalstreik als abgebrochen gelten kann und die Arbeit wieder aufgenommen wird, wenn nicht durch unvorhergesehene Zwischenfälle«ine Verschärfung der Lage eintritt.
Zranzösische Stimmen zur Reüe Eunos. Paris . 11. April. (EP.) Zur Redt Cunos schreibt der „Temps", daß der deutsche Reichskanzler nicht mit der Zeit Schritt halt«. Er verfolg« noch immer den Traum eines deutschen Sieges. Wie General Ludendorff Im September 1918 seine letzten mili» tärischen Reserven aufs Spiel gesetzt habe, so setzt Euno jetzt die finanziellen Reserven Deutschlands aufs Spiel. Ueber die Folgen wird er sich vor seinen Mitbürgern zu verantworten haben. Auf keinen Fall aber werden sich Frankreich und Belgien ihren Sieg entreißen lassen. Frankreich sei unter keinen Umständen gewillt, sich seine Politik»on Berlin aus diktteren zu lassen. Pari». 11. April. (TU.)„Echo ke Paris" faßt die Rede des deutschen Kanzler, im Reichstag zu Ehren der Essener Opfer fol- gend ermaßen zusammen:„Euno verlangt viel, bietet aber nichts an. Cr dringt alif völlige Räumung des Ruhrgebietes, aber er bietet keine Garantien an. Cr erklärt feine Bereitschaft zur Eröff» nung von Vorbesprechungen, will aber seine Forderungen erst be- friedigt sehen. Da» bedeutet in Wirklichkeit, Euno will nichts tun, und die deutsch « Regierung will bei ihrer Politik dc» passiven Wider- stand es verharren."
Der verkchrsousschuß de» Reichswirtschaslsrak» nabm yepen den Einspruch de« ReicbSverkebrSministeriumS mit großer D.ebrhcit einen Arbettnebmeranirag an. daß in die Verkehrs- auSschüffe zur Regelung des KrasiiahrverkehrS und zur Ueber- wachung der Ausbildung der Kraftiahrer, die bei den höheren Verwaltungsbehörden zu bilden sind, nur solch« Arbeit- nehmer beruien werden können, die einer Organisaiion der drei großen Gewerkschaftsrichtungen angehören. Branling geht nicht nach Genf . Da der schwedische Ministerpräsident Branting durch di« Regierungskrise verhindert ist, Schweden auf der demnächst in Genf beginnenden Tagung des Völkerbundsrates zu vertreten, wird der Justizminister a. D. Prof. Undln Schweden auf dieser Tagung vertteten. Segen türkische Bulgarenverfolgungen in Westthrazlen haben 26 bulgarisch« kulturelle und gewerkschaftliche Vereinigungen die Hilf« Hardlugs, der Entente und des Völkerbundes ange- rufen.