flbenöausgabe Kr. ISS ❖ 40. Jahrgang Msgabe g Nr. 94
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Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifcben Partei Deutfchlands
Cuno kündigt Entfthlüsse an.
WTB. schreibt offiziös: Wie wir hören, betrachtet die Reichsregierung die Rede Lord Curzons als eine wichtige poli- tische Tatsache, die die bisherige Situation nicht unwesentlich beeinflussen könnte. Die Reichsregierung ist in Erwägung darüber eingetreten, welche Folgerungen sich hieraus ergeben. Zu derselben Sache meldet die„Telegr.-Union": Der offi- zielle Wortlaut der Rede Curzons ist erst heute Montag vor- mittag in Berlin eingetroffen und unterliegt zurzeit der amt- lichen Prüfung. Es ist anzunehmen, daß die Wirkungen nicht bereits von heute auf morgen in die Erscheinung treten werden, weil jeder Schritt selbstverständlich sehr vor- sichtig auf seine Folgen nach allen Seiten hin geprüft werden muß, da Deutschland den Zusammenhang zwischen dem Repa- rationsproblem im engeren Sinne und der Sicherung unserer Grenzen nicht verwischen lassen darf. Die Rede Poincarös(siehe an anderer Stelle. Red.), die als eine Antwort auf die Erklärungen von Rosenbergs gedacht war, wird dabei die Absichten der deutschen Regierung vcr- mutlich nicht beeinflussen; sie ist in ihren Motiven zu durch- sichtig, als daß sie ihren Zweck erreichen könnte und in ihrer Tendenz auch so ungeschickt, daü sie selbst in L o n d o n einiger- maßen peinlich überraschen sollte. Dr. Decker über verhanölungsmoglickkeit. Im Klub für Handel und Industrie in Frankfurt a. M. sprach ReichsVirtschaflsininister Dr. Becker über den Ruhrabwehrkampf. Ueber die Möglichkeiten zu Verhandlungen führte er u. a. aus: Das eine steht fest: ein solcher Kampf kann nicht mit Diktaten be- endigt, unmögliche Forderungen können von uns nicht erfüllt wer- den. Sicher ist, daß wir nur dann zu einer Verständigung kom- men, wenn Einsicht und damit eine wahre Verhandlungs- bereitschaft sich auch in Frankreich Bahn bricht. Ob das heute schon der Fall ist, erscheint zweifelhaft. Wir unserer- seits sind gewiß dazu bereit, alle Wege zu gehen, um den Ruhr- einbruch abzubauen. Wer Ohren hat zu hören, der müßte aus der Rede des Abgeordneten Dr. Stresemann genau entnehmen, auf welcher Grundlage uns Verhandlungen möglich erscheinen. Wenn Frankreich nicht hören will, so müssen wir den Abwehr- kämpf eben weiterführen. Die Front an der Ruhr steht fest. EnylanA unü die üeutscke Zahlunflspflicht. London . 22. April. (WTB.) Der diplomatische Bcttcht- erstalter des„Daily Telegraph " schreibt zu der Erklärung Curzons. daß England� auf seinen Reparalionsankeil in höhe von 11 Milliarden Goldmark nickit verzichten könne. Eine Derzichlleistung Großbritanniens würde daraus hinauslaufen, daß es auch auf seinen Anspruch verzichte, seine Stimme bei der Fe st sehung der Reparationsrcgelung zur Geltung zu bringen. Es werde in London während des Wochenendes eine wichtige Mitteilung betreffend die Reparotionsfrage aus Rom erwartet. Der britische �anuarplan. London . 23. April. (WTB.) Im Anschluß an die Red« Lord Curzons zeigt die Presie erneutes Interesse für den britischen Reparationsplan, der den Alliierten im Januar vorgelegt wurde. Die allgemeine Aufassung ist, daß vielleicht die F o r m, in der er vorgelegt wurde, dazu beigetragen habe, daß man seine Vorzüge unbeachtet ließ. Obgleich Eurzon angedeutet habe, nichts berechtige zu dem Schluß, daß der Plan, wenn er erneut vorgelegt würde, eine günstigere Ausnahme finden werde, Hab« er auch erklärt, daß die Regierung ihre Vorschläge zurückgezogen habe, was aber nicht so aufzufassen sei, als ob die Einzelheiten un- verändert bleiben müßten. .Sunday Times" erklärt, der Plan Bonar Laws stelle den hoffnungsvollsten und aussichtsreichsten Plan dar, der von Staats- männern seit dem Wassenstillstande vorgelegt wurde. Es wäre als glücklichstes Ereignis zu bezeichnen, wenn er erneut in Erwägung gezogen würde. ,Der bntische Plan hatte bekanntlich vorgesehen: 1. Herabsetzung der Rcparotionssummc auf 2500 Millionen Pfund. 2. Einsetzung einer internationalen Körperschaft zur Reorganisation der deutschen Finanzen. 3. Ein von Garantie begleitetes Morv- torum von vier Jahren 4. Beteiligung Großbritanniens an einer allgemeinen Aktion zur zwangsweisen Beschlagnahme deutscher Ein- künste und Gelder und Ausdehnung des besetzten Gebietes, falls die Garantien sich als wirkungslos erweisen sollten. Als Gegen- lcistung für die allgemeine Annahme eines solchen Planes hatte Großbritannien den Erlaß fast der gesamten ihm geschuldeten Kriegsdarlehen angeboten. Französische Revarationsanqaben. London , 23. April. (EE.) Zur Rede Lord Curzons im Ober- hause wird offiziell von französischer Seite— wie„Daily Mail" berichtet— mitgeteilt, daß Deutschland bis zum 31. Dezember 1922 an Reparationen 1 882 663 000 Goldmark bezahlt habe. Die Der- pflichtungen Deutschlands bis zu diesem Tage hätten sich aber auf 20 397 000 000 Goldmart belaufen. Frankreich habe bisher an Be- satzungskostsn und an Vorschüssen, wie sie auf der Konferenz von Spaa beschlossen wurden, 1 833 196 000 Goldmark bezahlt, während es von Deutschland nur 1 779 735 000 Goldmark erhalten habe. Ueberführung Roßbachs nach Leipzig . Roßbach, der seit seiner Verhaftung im Berliner Stadtoogteigcfängnis untergebracht war, wird auf Antrag des Oberreichsanwalts Ebermeyer heute nach dem Leipziger Untersuchungsgefängnis übergeführt, da er in nächster Zeit des öfteren als Zeuge vernommen werden und deshalb jederzeit den Leipziger Untersuchungsrichtern zur Verfügung stehen soll.
Eine englische Nachwahl. London , 22/ April. (EP.) Bei den Ersatzwahlen von Ludlon erhielt der konservative Kandidat 9956 Stimmen, der liberal« 6740 und der Arbeiterparteiler 3808. Bei der Hauptwahl im November v. I. war in diesem rein landwirtschaft- lichen Wahlkreis der Konservative mit 11 787 gegen den Liberalen mit 5979 Stimmen gewählt worden. Ein Arbeiterparteiler war in Ludlow überhaupt noch nie aufgestellt worden. Dennoch hat er schon beim ersten Mal« fast 4000 Stimmen erhalten, während der konservative Regierungsanhänger 2000 Stimmen verlor.
Stresemann antwortet Cgrzon. Die Arbeitsgemeinschaft Groß-Berlin der Deutschen Volkspartei veranstaltete am Sonntag ein« Kundgebung, in deren Verlauf Dr. Stresemann eine Ansprach« hielt, in der er sich mit der Rede Lord Curzons beschäftigte. Er führte aus: Heute geht es darum, ob Rhein und Ruhr bei Deutschland bleiben sollen. Unter diesem Gesichtspunkt müssen die Verhandlungen des Reichstages und auch die Auseinandersetzungen, die sich an die Rede Lord Curzons knüpfen, verstanden werden. Aber bei allen diesen Diskussionen dürfen wir nicht vergessen, zwei Ding« auseinanderzuhalten: Davon, ob Deutschland eine Milliarde mehr oder weniger zu zahlen haben wird, hängt Leben und Tod noch nicht ab, wohl aber davon, ob d a s Rheinland und die Ruhr bei Deutschland bleiben. Deshalb kann wohl die Frage der deutschen Leistungsfähigkeit Gegenstand von Verhandlungen und Kompromissen sein, nie aber die der Freiheit von Rhein und Ruhr. Wenn wir zum erstenmal aus der Rede Lord Curzons wieder Wort« der großen Achtung vor unserem Volk, vor seiner Führung und den von ihm geleisteten Widerstand hören, so dürfen wir das als den ersten großen Erfolg des Widerstandes an der Ruhr buchen, der uns die Achtung in der Welt wiedergewonnen hat. Wir richten an Curzon die Frage:„Wenn du uns zuredest, wir sollten die Agentendienst« Englands annehmen, um dem Kampf«in End« zu bereiten, wenn du von der Lösung der Reparationsfrag« sprichst, von dem Gremium von Autoritäten, das Deutschlands Leistungsfähigkeit feststellen soll, ist das der ganze Umfang der Rede? Handelt es sich von vornherein »m die feierliche Zusicherung, daß Deutschland wieder in den freien Besitz seiner Autorität gesetzt werden soll, oder soll erst nach der Reparationsfrag« über Rhein und Ruhr ver- handelt werden? Es gibt keine Rheiulaadsrage für Deutschland . (Stürmischer Beifall.) Zu unserem Bedauern müssen wir feststellen, daß unter englischer Mitwirkung die deutsche Souveränität im Rhein - land Schritt für Schritt zurückgedrängt wird, daß England es duldet, daß Fürst Hatzfeld ausgewiesen und am Rhein dieselbe Politik wie an der Ruhr getrieben wird. Die Rede Lord Curzons ist«ine politische Tatsache, an der die deutsch « Regierung nicht vorübergehen wird. Aber wir müssen uns darüber klar sein: Di« Summ«, die Deutschland aufbringen kann, wird umstritten sein, über sie sollen die Sachverständigen verhandeln, aber unter der Vor- aussetzung der Souveränität Deutschlands , des deutschen Rheins, der deutschen Ruhr und des deutschen Saargebiets.(Stürmischer Beifall) Dem Volke selbst gelte es aber heut« zuzurufen, daß die De7 herrlichung des Materialismus ein Ende nehmen müsse. Wer in dieser Zeit Devisen kaufe, um damit zu spekulieren, sei ein Lump. Mit Recht habe Reichswirtschastsminister Becker kürzlich betont, daß erst die Notwendigkeiten des Staates, in zweiter Linie die Einfuhrbedürfnisse der Wirtschaft zu berücksichtigen feien. Auch für innerpolitische Experiment«-- von rechts oder links fei heut« keine Zeit._ Starke Erhöhung ües Sanküiskonts. Die Reichsbank hat mit Wirkung ab heute den Wechseldiskont von 12 auf 18 Proz. und den Lombardzinsfuß von 13 auf 19 Proz. erhöht. Zu dieser Diskonterhöhung der Reichsbant ist zu bemerken, daß sie zunächst viel zu spät kommt. Wieder einmal beschränkt sich die Zentralnotenfabrik auf halb« Maßnahmen, wo tat- kräftiges Vorgehen notwendig ist. Entgegen allen Warnungen der Sachverständigen hat die Reichsbank es bisher Unterlasten, die Kreditschraube anzuziehen und sie kommt mit der Maßnahme erst, nachdem der Dollar wieder um 25 Proz. schlechter steht als bisher, wodurch natürlich die Wirkungen einer Diskonterhöhung auf 18 Proz. von vornherein zunichte gemacht sind. Weiter aber ist auch diese Diskonterhöhung zu gering. Die Privatbanken nehmen von der Industrie viel höhere Zinsen, und es bedeutet noch immer«in ganz ungerechtfertigtes Geschenk an die Großkonzern« auf Kosten der mittleren und Klein- Unternehmungen, wenn jetzt ein kleiner Teil der Unternehmer immer noch billige Reichsbankkredit« bezieht und damit von den Wirkungen der Kreditknappheit verschont bleibt. Es ist deshalb zu fordern, daß die Reichsbank schleunigst ihr« K r e d i t s S tz e und Kredit- bedingungen derart verschärft, daß dieser Dorteil einzelner Großindustrieller auf Kosten der Gesamtheit wegfällt. Das ist um so erforderlicher, als die Kredite der Reichsbank auch dazu ausgenutzt werden, um durch spekulativ« Devisenkäufe den Kurs der Mark zu senken._ Eine Ueberraschung für die öörse. Die Erhöhung des Reichsbankdiskonts von 12 auf 18 Proz. und des Lombardzinsfußes von 13 auf 19 Proz. kam der Börse völlig überraschend. Man bezweifelt, ob hierdurch die Devisen- s p e k u l a t i o n noch weiter eingeschränkt werden könne. Die Devisenkurse zeigten wieder steigende Tendenz. Der Dollar bewegte sich zwischen 27 250 und 27 750. Am Effektenmarkt waren alle Valutapapiere und Schiffahrtswerte stärker gesucht. Ferner besteht großes Interesse für westdeutsche und oberschlesische Montanaktien im Hinblick auf die Fusionen der letzten Zeit.
Die Musweisungs-Schmach. Von Jakob Altmai« r. Im Krieg, als ein TeU der belgischen Zivil» bevölkerung nach Deutschland deportiert wurde, ging ein Schrei des Entsetzens durch die Welt. Das deutsche Volk büßt schwer für den ihm damals von den allgewaltigen preußischen Militaristen aufgebrannten Schandsleck. Die Sozialdemokratie darf es sich zur Ehre anrechnen, zu jener Zeit ihre Stimme erhoben zu haben, gegen den Wahnsinn, s ü r die Menschlichkeit und für die sofortige Befreiung unschul- dig Vertriebener. Wir haben deshalb ein Recht, auch heute gehört zu werden, wenn am Rhein und am Main ähnliche Schandtaten an der deutschen Bevölkerung vom französischen Militarismus begangen werden. In meiner Heimat saufen Tag für Tag wahllos die Ausweisungsbefehle auf Eisenbahnarbeiter und Be- amte nieder, die nichts anderes verbrochen, als ihrem Land die Treue, ihrer vorgesetzten Behörde den pflichtschuldigen Ge- horsam bewahrt zu haben. In den letzten Kricgsjahren ist keine Woche, oft kein Tag vergangen, an dem nicht von englischen oder französischen Luftfahrzeugen Flugblätter in unsere Schützengräben gewor- feu wurden, in denen die gegnerischen Politiker und Generale ihr Herz ausschütteten:„Kameraden, wir wollen euch vom Joch der preußischen Junker und Offiziere befreien." Wir lachten, weil wir die Weise so oft gehört, den Text so oft ge- lesen hatten. Als aber die Stunde gekommen war, wußte sich das deutsche Volk von selbst feiner Prinzen zu entledigen. Glauben jene, die uns vorher durch ihre süßen Versprechungen locken wollten, die rheinische Bevölkerung hätte sich von Ludendarff und Konsorten befreit, um sich von Foch , Degoutte und Co. kommandieren zu lassen? Fremde Sklavenhalter sind viel ekelhafter als einheimische. Gewalttat von Frcm- den wird doppelt hart und doppelt abscheulich empftmden. Abscheulich? Wir rufen alle zu Zeugen, die sich üb-"- die an den belgischen Bewohnern begangene Barbarei entästet haben. Auch im Rheinland werden nicht nur die dienstverwei- gernden Männer aus der Heimat vertrieben. Binnen vier Tagen muß die Familie folgen. Grauenhaste Elendszüge er- scheinen an der Grenze des unbesetzten Gebietes. Weinende, kurz vor der Niederkunft stehende Mütter, stumme Greise, schreiende Kinder, schluchzende Männer, mit armseligem Hausrat beladen, sehen noch einmal nach der Stätte, wo sie geboren, wo sie gearbeitet, die sie geliebt, mit der sie jede Faser des Herzens verbunden und verwoben hatte, ohne die sie geistig und seelisch nicht leben können, und von der man sie jetzt verjagt hat, wie tolle, überflüssige Hunde. An vielen Tausenden von Menschen wird ein Verbrechen begangen, das den Namen Frankreichs und seines Volkes nicht minder be- sudelt, wie es die Geschundenen, für ihre Natton Leiden- den ehrt. Niemand wird uns nachsagen können, wir seien Ratio- nalisten in üblem Sinn des Wortes. Ein großer Franzose, unser unvergeßlicher Jaurös, sagte einmal:„Die Natton ist das Schatzstästlein der Völker." Im Rahmen der Natton sehen wir die einzige Möglichkeit, die Fähigkeiten und die Kraft eines Volkes zu solcher geistigen und körperlichen Höhe zu bringen, daß es im friedlichen Austausch seiner Produkte ein Gewinn und ein Segen für die Kultur und für die Mensch- heit wird. Deshalb suchen wir die Verständigung und das Verstehen. Deshalb kämpfen wir im eigenen Lande gegen alle, die sich diesen bohen Idealen entgegenstemmen, Völkerhaß, Krieg und Zerstörung verewigen möchten. Um so mehr muß es aber auch im Ausland gehört und verstanden werden, wenn wir gegen Schurkenstreiche fremder Machthaber, begangen an fremdem Volk, protestieren. Wir sagen es nicht jenen, die die Befehle geben: wir sagen es dem Volke, das immer und immer wieder mit seinem Namen und mit seiner Ehre haftbar ist. Sollten gar Annexionisten an der Seine und Illusionisten glauben, sie könnten durch barbarische Maßnahmen am Rhein ein Volk von Proselvten schaffen, so antworten wir: Und wenn ihr noch Hunderttausende von Arbeitern oder Beamten aus- weist, so wenig wie die Ausgewiesenen werden die Zurück- gebliebenen je vergessen, wo ihre Natton und wo ihr Volk ist. Der Schreiber dieser Zeilen ist scbon oft von französischen Blät- tern ob seiner Kritik an den Mißständen im eigenen Land zitiert worden. Möge der„Temps" auch diesmal wiedergeben, was ein Deutscher und ein S o z i a l i st an dieser Stelle über den Frevel französischer Generale und Politiker schreibt. Das Elend der Ausgewiesenen und die Leiden der rheini - schen Bevölkerung sollten auch der deutschen Regierung und den deutschen Parteien das Gewissen schärfen. Sollten ihnen sagen, daß es niemand verantworten kann, wenn Wege versäumt werden, die die Not und den Jammer obzutürzen vermögen. Im Krieg hieß es oft: man stelle die Verantwortlichen zehn Minuten ins Trommelfeuer, und Iis werden wisien, was nottut. Das Wort gill heute mehr denn je. Schlimmer noch als im November 1918 wären die moralischen Folgen, wenn die Verhandlungsstunde versäumt und dadurch die zahllosen Opfer umsonst gebracht würden. Die Ausgewiesenen ziehen jetzt durch die unbesetzten Gaue. Wie lange sollen sie noch„das Geschmeiß hungriger Fliegen" sehen, das sich wuchernd und plündernd„auf das aus tausend Wunden blutende Vaterland stürzt?", wie es Heinrich v. T r e i t s ch k e vom preußischen Adel aus der Zeit um 1806 berichtet. Ein Geschmeiß, das aus der Haut der arbeitenden Massen Riemen schneidet, Dollar und Preise treibt, mit land- wirtschaftlichen und industriellen Produkten wuchert, Löhne