F" w r i | r k Nr. 219 ♦ 40. Jahrgang Seilage öes vorwärts Sonuabenö, 12. Mo! 1925 Walömeister im Regen. Vurch die Wälder zieht jetzt ein zarteer Duft und lockt den Wanderer in die Tiefe des Waldes, wo der Waldmeister blüht. Kleine, hellgrüne Sträucher mit weihen, zierlichen Blüten, wie kleine Sterne, die furchtsam zittern, wenn der Wind über sie fährt. Das war vorgestern ein wahrer Regentag, dos Nah floh un. aufhaltsam und dort, wo die hier geschilderten„Herrenpartien" doch vonstatten gingen, war man um so eher geneigt, der Feuchtigkeit von außen alkoholische Feuchtigkeitswerte von innen entgegen- zustellen, um das sogenannte Gleichgewicht zu erzielen. Dort, wo es nicht erzielt wurde, kam es eben zu bedenklichen„Schwankungen". Der so verregnete Tag sah aber noch andere Partien und Exkursionen in die Wälder, doch für Humor hatten diese Wald- meistersucher keinem Sinn. Durch das triefnasi« Unterholz des Waldes drangen Frauen und Kinder vor, um Waldmeister zu pflücken. Indessen die Freude an der Natur ließ sie wahrlich nicht an diesem regenschweren Tag die Wälder aufsuchen und die an sich schon schadhafte und brüchige Kleidung vollends aufs Spiel setzen. Der arbeitsfreie Tag oerleitet zu anderer Arbeit und zu anderem Verdienst. Denn Waldmeister ist heute sehr begehrt, und die Leute, die später Waldmeisterbowle schlemmen, kümmert es den Teufel, daß die duftenden Kräuter von armen Menschen gesucht sind, die Klei- dung und Gesundheit auf das Spiel setzen, nur, um eine Gelegen- beit, Geld zu verdienen, nicht zu verpassen. Der Mai ist wirklich der wahre Wonnemonat. Er ist die Zeit der Maibowle und der Spargel und der Krebse, und alle die Vielen, die sich diese Genüsie leisten können, läßt ech durchaus kalt, ob das Wetter warm und wonnig, oder ob der Regen strömt und die Fensterscheiben von der kühlen Lust beschlagen und wie mit graublauem Schleier überzogen sind. Wo sie fitzen, ist es warm und— wonnig. Im Mai duftet der Flieder aus allen Gärten und darein mischt sich der berauschende Duft der Maiglöckchen. Der arme Mensch aber kann sich heute an diesen lieblichen Kindern der Natur nur von fern erfteuen. Kaufen kann er von den Blumen und Vlüten nur wenig, um seine kahle und kärglich möbllerte Wohnung mit ihnen zu schmücken. Alles dieses ist nur für die, die da Maibowle trinken und Sporgel und Krebse essen.— Der Mai ist wirtlich der Wonnemonat! Die Berliner Werksreorgauisatiou. Endlich scheint es, als ob die Reorganisation der Berllner Werke nun doch langsam in irgendeiner Form geregell werden sollte. Der dazu von der Stadwerordnetenversammlung eingesetzte 2Sor-Aus- schuh hat gestern mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien !; e g e n die Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten be- chlosien, die Bewirtschaftung der Werke einer Aktiengesell- chaft zu übertragen. Zur Ausarbeitung eines Gefells chafterstatuts wurde ein Unterausschuß eingesetzt. Dieser Beschluß des Ausschusses, der dadurch zustande kam, daß sich der Zentrumsvertreter diesmal den anderen bürgerlichen Parteien anschloß, bedeutet eine Abänderung der Magistrarsvorlag« insofern, als jetzt nicht «in« G. m. b. h., sondern eine 2l..G. gebildet werden soll. Das Eigentum an den Werken soll nach wie vor der Stadt verbleiben, da die bürgerlichen Parteien sich inzwischen wohl überzeugt hatten, daß die Forderung der Besitzübertragung von ihnen nicht durchgesetzt werden würde. Auch die jetzt vorgesehene A.-G., die lediglich die Bewirtschaftung der Werke übernehmen soll, ist als eine rein städtische Gesellschaft nach dem Muster der Güter-G. m. b. H. gedacht. Eine städtische Kartoffelrcserve. Der Magistrat hat beschloffen, für den nächsten Winter wiederum eine städtische Kartoffeireserve in Höhe oon etwa dreihundert. tausend Zentnern zu beschaffen. Eine Kartofselmenge in> dieser Höhr war auch im letzten Herbst durch das städtische Ernährungsoint eingelagert und im Verlauf des Winters ausgegeben worden. Die Erfahrungen im letzten Winter haben gelehrt, daß bei den gegen- wärngen wirtschaftlichen Verhältnissen ein« städtische Kartoffelreserve nicht zu entbehren ist, da während der Frostmonote die regelmäßigen Kartoffelzufuhren nach Berlin fast vollständig aufhören und auch der Kcrtcftelhandel in dieser Zell Ware nicht in genügender Menge her- anschaffen kann. Infolge der Entlastung des Kortoffelmarktes durch die Haushaltungen, die sich im Herbst für den Winter mit Kartofteln eingedeckt hatten, war es dem Ernährungsomt möglich, während der Frostzeit auch diejenigen Kreise der Bevölkerung, die sich nicht selbst eindecken tonnten, ausreichend mit Kartoffeln zu versorgen. Obgleich das Ernährungsamt aus seinen Beständen erhebliche Karwfselmengen an Minderbemittelte und Wohlfa Hillseinrichtungen zu wesentlich ver. billigten Preisen abgegeben hat, konnte auf ein« Inanspruchnahme städtischer Mittel verzichtet werden. Die Volksschulnot. Vor kurzem veranstaltete der Lehrerverband Berlin zu einer Protestkundgebung gegen den vom Magistrat beabsichtigten Stellen- obbau von Lehrkräften eingeladen, zu der Ellern und Lehrer aller Richtungen erschienen waren. In dem einleitenden Referat des Rektors Lnpke wurde darauf hingewiesen, welche ungeheuren Schäden für die geistige und körperliche Entwicklung unserer Jugend die wettere Einziehung von Schulklassen haben müßt«. Außerordent- lich erfreulich verlief die Deball«: zeigte sie doch deutlich, daß immer mehr Lehrer, insbesondere Junglehrerkreise, Anschluß an das Proletariat gewinnen. Genosse Adolf Koch wies darauf hin, daß noch vor Jahresfist die goße Menge der Berliner Lehrer- schaft einem Zusammengehen mit Eltern, Parteien und Gewerk- schaften ablehnend gegenüberstand. Die Not schafft Erkenntnis. Einheitsfront war versangt worden.— Genosse Koch verwies daraus, daß nur Presievertreter der Linksparteien anwesend waren, ein Beweis, der schlagend zeigte, wer an Volksschulnot Interesie hat und wo die Einheitsfront zwischen Eltern und Lehrern gesucht werden muß. Genosse Oberschulrat Nydahl zeigte zahlen- mäßig die Not der Schule, die erschreckend und dauernd zurückgehende Kinderzahl. Während das Land den Vorkriegsstand fast erreicht, oft überschreitet, betrögt der Geburtenrückgang in Berlin auch 1922 noch 40 Proz. gegenüber 1913/14! Dl« katastrophalen Folgen können nur mit Hilf« des Staates abgewendet werden, der die Pflicht hat. an den Kulturaufgaben des Volkes zu arbeiten. Die Schuldepu- tanon wird alles versuchen, was in ihren beschränkten Kräften'steht. Lehrer Tschentscher, der Vorsitzende des Lehrerverbandes, griff die leitenden Stellen in den Ministerien scharf an, die ihren Willen immer wieder nur vom„Finanzsäckei" diktieren lasten, der für die höheren Schulen noch immer erheblich bester sich öffnet. Keiner der anwesenden Vertreter des Kultus- Ministeriums gab eine Antwort: sie schwiegen trotz Wie wind das Sonntagswetter? %■<' Seit Anfang der Woche drangen verschiedene kleine Tief- drnokgebiete von Nordwesten und Südwesten her gegen Mittel- enropa vor, wo sie sich zum Teil miteinander vereinigten und an Ausdehnung und Tiefe mehr und mehr zunahmen. In Deutsch land wehten daher zunächst sehr warme südliche Winde und führten im Verein mit der Sonnenstrahlung für die Jahreszeit ungewöhnlich hohe Temperaturen herbei. Am Sonntag mittag stieg das Thermometer bis auf 82 Grad Celsius. Bald darauf traten in den meisten Gegenden Nordwest- und Mitteldeutschlands Gewitter und zum Teil sehr ergiebige Regenf&lle ein, die sich in den folgenden Tagen öfter wiederholten und weiter nach unten ausbreiteten. In Berlin sind von Sonntag nachmittag bis Freitag vormittag insgesamt 68 Millimeter Regen gefallen. Die Winde drehten sich dabei nach Nordost und die Temperaturen gingen von einem Tage zum andern tiefer herab. In Süddeutschland hingegen dauerte das trockene, warme Wetter bis zum Mittwoch fort. Dann fanden auch dort zahlreiche Gewitter, Regenfälle und eine bedeutende Abkühlung statt. Jetzt ist vom europäischen Nordmeer ein neues kräftiges Tief nach Schottland und der Nordsee gelangt, von wo es ziemlich rasch weiter südostwärts vordringen dürfte. Nach kurzer Aufheiterung und etwas Erwärmung haben wir daher fttr htonnabond und Sonntag wieder«he«wiegend trübe» Wetter und neue Itegenfülle, Tlellelclit auch einzelne Hagel- oder Ciranpelaehancr un erwarten. Dabei dürfte»Ich der Wind nach Nordwesten drehen und die Temperatur abermals sinken. wiederholter, dringender Aufforderung. Einer davon war der ehe- malige Lehrer Menzel, Vertrauensmann der Lehrerschaft! Es war ihnen scheinbar unangenehm zu hören, was von den sozial- demokratischen Elternoertretern gesagt wurde. Mit der Annahme einer entsprechenden Resolutton schloß die wirkungsvolle Versammlung, die übrigens sehr schulmeisterhaft(mit Zensur vom Vorstands- ttsch) geleitet wurde.____ Mes ist Geschäft. Ein»Ehrentag für deutsche Mütter". An die verschiedensten Stellen wird gegenwärttg ein Rund- schreiben versandt, in dem Propaganda für eine Ehrung beut- scher Mütter gemacht wird. Ein Aufruf, der dem Schreiben beige- fügt ist, erinnert in ergreifenden Worten an das still« Heldinnen- tum vieler deutscher Frauen, er gedenkt der zahllosen Witwen und des zähen Daseinskampfes, den sie in verschämter Verborgenheit führen, und alle deutschen Volksgenossen werden in ergreifenden Worten gemahnt, am zweiten Sonntag im Monat Mai dazu beizu- tragen, einen deuffchen Ehrentag für unsere Mütter zu feiern. Jeder, der diesen Ausimf unbefangen liest, wird sich gern und freudig bereiterklären, sein Scherflein zur Linderung der weiblichen Not beizutragen. Em etwas anderes Gesicht erhält die Sache jedoch, wenn man bei näherem Zusehen bemerkt, daß die Propaganda für den Ehrentag vom.Verband deutscher Blumenge- schäftsinhaber' ausgeht und daß als alleinige Ehrengabe für die deutschen Mütter der möglichst zahlreiche Eintauf von Blumen propagiert wird. Der Tatbestand ist also folgender: E.n« ausgesprochene Interestentenvereinigung wirbt unter dem Deck- mantel der sozialen Mildtätigkeit dafür, daß das Geschäft seiner Mitglieder möglichst stark floriert. Nicht die Taffache ist hierbei so unbedingt zu verwerfen, daß ein Interessentenverband überhaupt eine Wohlfahrtsangelegenheit in die Hand nimmt, sondern das Schamlose liegt vielmehr darin, daß dieser sdbe Verband unter dem Deckmantel der Wohltättgkeit raffgierigste Geschäftspolitit treibt. Wie helft Ihr am meisten den bedürftigen Kriegerwitwen? — Die Antwort lautet: Kauft Blumen! Wie unterstützt Ihr Rentnersfrauen, die der Daseinsnot fast erliegen?— Kauft Blumen! Wie dankt Ihr Euren Müttern, die ihr Bestes für Euch hingegeben und nun schwach und hinfällig geworden sind?— Kauft Blumen. Alle diejenigen, denen diese.Schrift zugebt, alle, die den Auf- ruf an den Anschlagsäulen oder in den Bahnen ausgehängt sehen, müssen Sorge dafür tragen, daß dieser sauberen Sippschaft ihr Ge- fchäft gründlich vereitelt wird. Die schwachen und alten und kranken Mütter, gegen die sich der Hohn des genannten Verbandes richtet, sind nicht imstande, sich zur Wehr zu setzen-, wohl aber vermag das Publikum den Dlumeninterestenten ein kräfttg Wörtlein zu sagen— und das nicht durch die Blume! Ein blamabler Prozeß. Die Affare de» Zahnarztes Freund in Neukölln . Die Beleidigungsklage des Landtagsabgeordneten, Zahnarztes Dr. Freund in Neukölln gegen den Dentisten B ö r w a l d und den jetzigen Steuersekreiär Kornfeld wurde gestern vor der Berufung? st rofkammer 5 des Landgerichts II nochmals verhandelt. Gegen Freund waren, nachdem er als Neuköllner Stadtrat und Dezernent für die Schulzahnklinik die Besetzung einer Asststenttnnenstelle nicht mit einer Denttstin, fondern mit einer Zahn- ärzttn empfohlen hatte, die Dentisten mit scharfen Angriffen vor. gegangen. Bärwald als Vorsitzender der Dennften Organisation Neuköllns richtete an den Magisttat Neuköllns eine Beschwerde, in der er Freund unter dem Vorwurf der Unwahrhaftigkett und der klagelosen Hinnahme von Beschuwigungen des Foffchspiels als un- geeignet bezeichnet«, über andere ein Urteil abzugeben. Kornfeld, der als Vorstandsmitglied der Mieterorganisation mit Freund als dem Mitdezernenten für das Wohnungswesen in Konflikt geraten war, griff ihn in öffentlicher Versammlung an und erwähnte unter anderem auch Freunds Verhalten als Militärzahnarzt im Kriege, wie es ihm mitgeteilt worden war. Das Schöffengericht sah die meisten Beschuldigungen als erwiesen an, sprach Kornfeld ganz frei und verurteilte Bärwald nur zu Sv M. Geldstrafe, weil er auf Freunds Bemerkung, er komme sich norjvte ein gehetztes Wild, geantwortet hatte:„Ich gehe nicht auf die S a u i a g d Gegen das Schöffengerichtsurteil legte Freund Berufung ein. Zu der Verhandlung vor dem Landgericht war eine so große Zeugenfchar aufgeboten worden, daß sie im Schwurgerichtssaal statt- finden mußt«. Auf einen Vergleichsvorschlog des Vorsitzenden. Land- gerichtsdirektvrs Schneider, erklärte Freund sich grundsätzlich zu einem Vergleich bereit. Als aber Bävwald daran'die Bedin- g u n g knüpft«, daß Freund von seinem polinschen Funknonärposten als Landtagsabgeordneter zurücktrete, lehnte Freund sehr enffchieden ab. Da mehrere seiner Zeugen nicht erschienen Heimweh. Eine Geschichke der Sehnfmht von Zahn TD. Ztylander. Der Schiffer schien ihn gar nicht zu hören..Das Alte zieht einen doch immer wieder an, wenn man auch weiß, wie ver- ändert alles ist. Tot oder fortgezogen. Ich fragte Harris von Jester, der aus meiner Heimat kam. als wir bei der vorigen Reife zusammen in Puna lagen. Nur neue Menschen, neue Namen. Aber es ist wohl das Land, das Ganze, auch vielleicht das Klima, an das man denkt. Will man es warm haben, so heizt man, wenn's einem paßt, bis man einen Fisch in der Wand braten könnte. Und will man's kühl haben, so öffnet man einfach die Fenster. Aber hier! Puh, puh!" blies er, trocknete sich den Schweiß von der Stirn und braute einen neuen Grog. Vermutlich waren es die vielen Gläser, die ihn so erhitzt hatten, denn die Luft war jetzt angenehm und milde, und er selbst behauptete, daß ein warmer Grog in der Wärme kühlend wirke. .Man kann es aber draußen wie ein König haben*, fuhr er fort, nachdem er sorgfältig probiert hatte..Alles, was man braucht. Haus und Familie und Obst und Früchte des Feldes in Hülle und Fülle. Ich bin niemals auf Nanawaj gewesen. ohne daß nicht gerade irgendeine Obstsorte reif gewesen wäre, und Schweine und Ziegen. Fische, so viel man nur mit der Angel heraufziehen kann, kurz, das Land, da Milch und Honig fließt. So zum Beispiel Stone auf Nanawaj. Er lebt wie ein König, hat eine tüchtige Frau und ein paar Jungen, richtige Prachtkerle. Sie ist von Marquesas , aber ungewöhnlich hell, und vollkommen wie eine Lady. Er ist hier draußen einmal hängengeblieben, ich glaube auf Tonga , so etwa vor einem Menschenalter. Er war Zimmermann auf irgendeinem Tief- wasserschiff. Dann hat er dem Vater sechs Platten Tabak für die Frau bezahlt, und damit hat er wahrhastig einen guten Staus�cnrotf) sagte der Steuermann..Nur sechs Platten." „Ja, es war, wie gesagt, vor einem Menschenalter. Jetzt ginge das ja nicht mehr", fuhr der Schiffer fort,„Vor zwanzig Iahren etwa, als Morris u. Bull mit dem Kobratrafik hier anfingen, da entdeckten sie ihn, und nun ist er ihre rechte Hand geworden hier draußen, baut Prahme, stillt Warenschuppen auf, sieht nach den VertSuungsbogen, Seezeichen und allem Sonstigen. Wie ein König lebt er. sage ich Ihnen. Geld hat er auch. Sein Gehalt bleibt Jahr für Jahr stehen und wächst an. Es ist ja wenig, was er braucht, eine Hose und ein Hemd, oder vielleicht zweie, und etwas Tabak. Ja. er hat's wie der König von Mesopotamien , ganz gewiß. Aber wollen Sie's glauben, daß selbst ihn die Heimwehgrillen gepackt haben. Als ich das letztemal hier war, kam er an Bord und faß und saß. Endlich rückte er damit heraus, daß ich einmal ausfindig machen solle, was er bei der Firma stehen hätte. Und nun fing er an mich auszufragen nach den Reisen, ob viele Schiffe von Callas oder Antofagasta auf der Heimreise wären. Wie es von Valparaiso aus wäre und wie mit der Küstenfahrt. Das Einfachste wäre ja, nach Honolulu zu gehen mit einem der Linienboote von Tahitt oder Marguefas. Eines von denen könnte man ja bei Tonga nehmen, oder auch ein Boot nach Frisko bei Poumoto. Jeden Monat fände sich ja irgendeine Gelegenheit. Und dann kam es so bei kleinem heraus, daß er nach Haufe wollte.* „Ja, ja, die Menschen sehen ihr Bestes gar nicht,* sagte der Steuermann und machte einen ernstlichen Versuch, seinen Kummer über die Menschheit in einem neuen Grog zu er- tränken. .Ja, und nun will er also nach Hause. Noch dazu nach Europa, * wiederholte der Schiffer. In diesem Augenblick kam Jackson, um mich am Ruder abzulösen. Ich gab ihm den Kurs und ging nach vorn. „Ja. von der Südsse nach Europa, * hörte ich noch den Schiffer sagen.„Das ist mir doch ganz unverständsich! Sind Sie jemals in Europa gewesen, Steuermann Turner?* „No, Sir! Niemals!* erwiderte der Steuermann mit einem Tonfall, als wäre allein schon dieser Gedanke eine Tor» hest für einen Mann wie Mr. John Turner von Oregon . „Bleiben Sie nur fort davon!" fiel der Schiffer ein.„Es ist nichts damit los. Europa ist gänzlich zurückgeblieben. Europa hätte weder etwas in noch auf dem Leibe, wenn wir anderen nicht für beides sorgten. Weizen und Reis, Wolle, Hanf und Petroleum, Tobak, Palmöl und tausend andere Dinge bekommen sie von uns. Salpeter und Guano muh man ihnen liefern, wenn sie überhaupt noch etwas aus ihrem aus- gemergelten Boden herausholen sollen. Kurz, alles was sie brauchen. Sogar Zucker und Num. Oder wissen Sie etwas?" Ich war schon unten auf Deck und konnte nicht mehr hören, ob der Steuermann etwas wußte oder nicht. • Auf der Großluke schnarchten die drei Kameraden, die Freiwache hatten, und unter dem Bootsgalgen lag Bong Lee in seiner blendend weißen Segeltuchlzängekoj«. Sein langer Zopf, den er tagsüber immer sorgsam unter seiner weißen Mütze aufgerollt trug, hatte sich gelöst und hing fast bis auf Deck herunter. Nein, Bong Lee hatte seinen Zopf nicht verloren, sondern war immer noch ein achtbarer Chinese. Ich konnte nicht unter- laffen, ein Endchen Kabelgarn, das ich in der Tasche hatte, um den Zopf zu binden, nur als Warnung, in der besten Absicht. Bei solcher Gelegenheit kann man ja auch einen Eimer Wasser hinstellen und dann eine Schnur von dem Zopf an den Eimer binden. Und was der Streiche mehr sind. Ich ging auf die Back, wo es lustig und frisch war. Sullwan hatte Ausguck. Ach, herrlich war's, sich längelang unter dem Stagfock ausstrecken dürfen und den frischen Luftzug vom Segel an seinem Gesichte fühlen, während man von dem leisen Rauschen des Bugwasiers in Schlaf gehüllt wird. Hier schadete es auch nicht, wenn ich einschlief. Rief der Steuer- mann, so versetzt« Sullivan mir schon einen Puff. Uebrtgens war ich nicht im geringsten schläfrig. Das Bewußtsein, daß wir wenige Seemeilen vom Bug entfernt Land hatten, führte meine Gedanken unwillkürlich nach einem anderen Lande in weiter Ferne, und wie immer sah ich da das Gesichtchen mit den rotgefrorenen Ohrläppchen, für die ich Perlen mitbringen wollte, vor mir. Ein König kann es nicht herrlicher haben, dachte ich, als ich mich hingelegt hatte. Einen so schönen Betthimmel als dieses sternenübersäte Himmelsgewölbe hatte er gewiß nicht. Der Zimmermann, der König auf der Insel, von dem der Schiffer gesprochen hatte, durste ständig hier in dem ewig lauen Sommer leben und brauchte kein Geld als nur für etwas Tabak und ein Jahr um das andere ein Hemd. Aber das Heimweh?— (Fortsetzung folgt.)
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