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2. Beilage zum, Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Nr. 36. mala

Lütticher   Anarchisten- Prozeß.

( Originalbericht.)

Lüttich  , 8. Februar 1895. Rechtsanwalt alaise( Vertheidiger von Müller): Mein Gewissen gebot mir gestern, den Antrag auf Untersuchung des Geisteszustandes meines Klienten zu stellen. Der hohe Gerichtshof hat diesen Antrag leider abgelehnt. Beachten Sie diese Ab­lehnung wohl, meine Herren Geschworenen, und vergeffen Sie die merkwürdigen und ungewöhnlichen Zwischenfälle dieses Pro­geffes nicht. Bis gestern haben die Staatsanwälte mit den Aus­fagen Müller's Fangball gespielt. Nun wagen sie es nicht mehr. Sein gestriger Widerruf hat sie so bestürzt gemacht, daß sogar das Wort: Revision des ganzen Prozesses über ihre Lippen geglitten ist. Staatsanwalt Demarteau schüttelt mit dem Kopfe und ruft dazwischen: Ich habe nur ein neues Verhör Müller's be­antragt. Widerspruch verschiedener Vertheidiger. Rechtsanwalt Neujeau: Doch, doch! Das Wort Revision tst gefallen.

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Dienstag, den 12. Februar 1895.

12. Jahrg.

Antwort: Bach, Vossem und Verbist nein; Müller, Berg und Joris ja. Gegen die beiden letteren erfolgt der Spruch mit 7 gegen 5 Stimmen.

9. Haben Müller und Westkamp am 3. Mai die Bombe am Hause des Dr. Renson gelegt? Anwort: Ja.

10. Haben diese beiden Angeklagten damit einen Mord geplant? Antwort: Ja.

Frauen in Eis und Kälte vor den Thoren des Cockerill'schen Etablissements in Seraing   und warteten auf die Gratis vertheilung von Kohlen. Heute morgen noch wurde in Lüttich   eine alte Frau, die der Kälte und dem Hunger er legen war, aufgefunden. Ist das etwa kein Glend? Wer wagt es da noch, die Noth des Volkes zu leugnen? Und ich frage Sie, meine Herren Geschworenen  , liegt es denn so fern, wenn diese verlorenen und verstoßenen Kinder der Gesellschaft An archisten werden? Mein Klient, der Angeklagte Vossem, gehört aber nicht zu den Verlorenen und Verstoßenen. Er ist ein 11. Haben Müller, Bach und Westkamp die Manifeste ver fleißiger Arbeiter, er hat sein Auskommen, er spart, er hilft breitet, in denen verschiedene Personen mit dem Tode bedroht feinen Kameraden, denen es schlechter geht, als ihm. Das ist werden? dem Lode fein Anarchist, und ich erwarte seine Freisprechung. Ganz Antwort: Ja, Müller und Westkamp aber nur als Ges Lüttich   ist der Ansicht: Nur ein Schuldiger ist vorhilfen. handen, der Russe. Und alle Lütticher bedauern nur, daß Nach belgischem Recht steht dem Gerichtshof die letzte Ent­die Nummer 1, der russische Hallunke, nicht da ist, der so viel scheidung über alle diejenigen Fragen zu, die die Geschworenen mit Unschuldige in diesen Prozeß hineingebracht 7 gegen 5 Stimmen bejaht haben. hat und daß die belgische Justiz sich nicht das große Verdienst Der Gerichtshof zieht sich zurück und erklärt nach kurzer Be­erwerben kann, dieser Viper den Kopf zu zertreten. rathung, daß er sich in allen Fällen einstimmig auf Seite der Minderheit der Geschworenen gestellt hat.

Die Rechtsanwälte Fourir und Jamar plaidiren für Verbist, Berg und Joris, ohne wesentlich neue Gesichtspunkte vorzubringen.

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In Rechtsanwalt Schuermans fündigt namens aller Ber­theidiger der deutschen Angeklagten an, daß er die Kassation des Prozesses wegen zahlreicher formeller Verstöße beantragen werde. Der Hauptangriffspunkt werde der Umstand sein, daß die Zeugen­aussagen nicht ins Deutsche übersetzt worden seien.

Die Angeklagten werden befragt, ob sie den Reden ihrer Bertheidiger noch etwas hinzuzufügen hätten. Wilke, Bach, Wesitamp, Vossem, Verbist, Joris, Arnold und Leblanc und die beiden Schlebach betonen nochmals furz ihre Unschuld. Müller und Broich schreigen. Die Sigung wird auf morgen vertagt. Schluß 8 Uhr.

Der Vorsitzende wirst ein, daß er bei Beginn des Prozesses die Vertheidiger aufgefordert hätte, die Ueberseßung jeder wichtigen Aussage zu beantragen.

Staatsanwalt Demarteau bekämpft die vorgetragenen Raffationsgründe.

Vorsitzender: Ich frage nunmehr die einzelnen Au geklagten, ob sie noch etwas anzuführen haben, was für die Strafabmessung von Bedeutung ist.

Angefl. Broich: Ich werde Berufung einlegen. Angefl, West kamp: Ich auch.

Nunmehr werden die Angeklagten wieder in den Saal ge­führt. Der Spruch der Geschworenen wird ihnen dann ver Rechtsanwalt Falaise( fortfahrend): Ohne jeden Anlaß Rechtsanwalt 2uhr( für Schlebach): Mir drängt sich fast lefen. hat Müller fortwährend in seinen Angaben gewechselt. Was er die Vermuthung auf, daß auch die belgische Polizei Der Vorsitzende verkündet, daß hiernach die Angeklagten an einem Tage behauptet, hat er am nächsten Tage wieder be- ihre Hand mit im Spiel gehabt hat. Der Polizei Arnold, Leblanc, Berg, Joris und Berbist freigesprochen und stritten. Handelt so ein Mensch, der im Besitz seiner gesunden tommissar Périn in Lüttich   muß ein guter Freund sofort in Freiheit zu sehen sind.( Bewegung.) fünf Sinne ist? Auch der Gefängnißgeiftliche Peterson, den der des Russen gewesen sein, denn in einem Briefe Jagolkowsky's Es handelt sich nun um die Strafabmessung. Grfler Staats­Herr Staatsanwalt sehr zu unrecht angegriffen hat, urtheilt, daß aus Amsterdam   heißt es, er bedauere nur, daß sein Freund anwalt Demarteau beantragt, das Gesez in seiner vollen Schärfe Müller anormal sei und glaubt, daß er für seine Hand-| Périn nicht nach Amsterdam   gekommen sei; er hätte gern mit gegen die Verbrecher walten zu lassen. Iungen nicht verantwortlich gemacht werden mit ihm zusammen einen guten Tropfen getrunken. Und Rechtsanwalt Neujeau bittet den Gerichtshof im Namen dürfe. Aber selbst wenn man nur eine leichte diesem selben Périer war bie ueberwachung aller Vertheidiger beim Urtheil die größte Milde walten zu Verstandesstörung bei ihm zugeben wollte, würde des Russen und seiner Wohnung anvertraut. laffen. Strenge vermag die bürgerliche Gesellschaft nicht zu das schon genügen, ihn weniger verantwortlich erscheinen Man kann sich also ungefähr denken, wie die gange retten. Sie würde eher das Gegentheil bewirken. Und in diesem zu lassen. Werfen wir einmal einen Blick auf Müller's Ver: Geschichte sich abgespielt hat. Charakteristisch ist auch Falle ist Milde und Nachsicht noch ganz besonders deshalb am gangenheit. Bieles   wird uns dann erklärlich werden. Als Unter ein Brief, den ein Brüsseler Anarchist einen Monat vor Plaze, weil der Hauptschuldige, der russische Bandit, offizier tritt er aus dem Soldatenstande aus und geht zur Post. der Ankunft des Russen geschrieben hat. Darin heißt es: In der die angeklagten Arbeiter verführt hat, leider nicht er­Eine kleine Unregelmäßigkeit im Dienst läßt ihn seinen Posten ganz Lüttich   giebt es jetzt auch nicht einen Anarchisten mehr. griffen worden ist. verlieren. Nun wird er ein Lump. Er findet Arbeit in einer Der Russe sollte diesen Fehler vermuthlich beseitigen. Kohlengrube, aber er verdient nur einen Hungerlohn. 3weimal feinen weiteren Ausführungen tritt der Wertheidiger warm für tommt er, weil er gestohlen hat, mit der belgischen Justiz in die Unschuld seiner Klienten ein. Konflikt. Er wird über die deutsche Grenze abgeschoben, Das Schlußwort in den Duplifen der Vertheidiger hat aber er wagt nicht, nach seiner Heimath zu seinem Rechtsanwalt Neujeau. Er sagt: Die Schlacht ist vorüber. Wir alten Vater zurückzukehren. Er tommt wieder nach fönnen nur noch die Kadaver wegtragen und um die Todten­Lüttich. Er hat feine Arbeit, feinen feinen Pfennig Geld. scheine bitten. Die Seele der Anklage ist todt: Sie ruhe in So fällt er dem Russen in die Finger. Sein Charakter Frieden! ist schwach; der Herr Staatsanwalt hat ihn ja selber einen Waschlappen" genannt. Waschlappen" eignen sich nicht gut zu Anarchisten. Broich vermittelte seine Bekanntschaft mit dem Russen. Der Spiel hatte leichtes Epiel. Er ließ im Café in Müller's Gegenwart einen Hundertfrankschein wechseln. Das Geld stach Müller in die Augen. Zudem versprach ihm der agent provocateur noch, für seine Zukunft zu sorgen. So wurde er das willige Werkzeug des Russen. Immer aber schrat er vor Der letzte Alt des Prozesses vollzog sich heute in verhält­Attentaten zurück. Er hatte Bedenken, Menschenblut zu ver- nißmäßiger Ruhe. Nur war der Andrang des Publikums wo- ist gießen. Daß das Attentat bei Dr. Renson zu so bösen Folgen möglich noch stärker, als in den vorhergehenden Tagen. Der führte, war ein unglücklicher Zufall. Wäre Dr. Renson fünf Zuhörerraum war so voll, daß kein Apfel zur Erde fallen konnte. Minuten später nach Hause gekommen, so wäre ihm nichts Eine vielhunderiköpfige Menge drängte sich im inneren Hof des passirt. Der wirklich Schuldige ist der Russe. Justizpalastes zusammen und wartete geduldig Stunden lang Leider hat man ihn nicht verhaftet, weil man ihn auf das Urtheil. Wieder sind die Zuhörer in der Mehr nicht verhaften wollte. Es scheint beinahe so, zahl Frauen der Lütticher   Bourgeoisie. Das Schicksal als wenn uns hier in Belgien   die Polizei Arnold's und Leblanc's intereffirt sie hauptsächlich. Beide frember Staaten sorgfältiger überwacht stammen aus weitverzweigten, alten Bürgerfamilien. als unsere eigene. Jagolfowsky stand im Solde Der Vorsitzende eröffnet die Sigung gegen 10 Uhr und fragt Nußlands. Herr von Léonard lebt auch heute zunächst die beiden Schlebach's, ob sie noch irgend etwas anzu noch in Paris  , aber die Pariser Polizei fann ihn nicht finden, jühren hätten. Beide verneinen. weil sie ihn nicht finden will. Jagolfowsky sagt in Amsterdam  zum russischen Konsul, wo er sich ruhig einen falschen Paß visiren läßt, er sei russischer Polizei- Agent. Der Konsultannte seinen wahren Namen, ließ ihn den Text der Schuldfragen. aber nicht verhaften. Nun reist Jagolfowsky in der Hierauf ertheilt der Vorsitzende kurz den Geschworenen die ganzen Welt herum, die Polizei aber fann ihn nicht finden. Rechistelehrung. Zweimal wird er verhaftet, aber wieder in Freiheit gesetzt. Jeder von Ihnen, so fügt er hinzu, hat nach bestem Wissen Endlich hält ihn die russische   Behörde in Odessa   unter dem und Gewissen zu urtheilen, ohne sich durch irgend etwas beein­Vorwand an, er habe in Rußland   noch Strafen zu ver- flussen zu lassen. Jeder muß selber zu einem Urtheil gelangen; büßen. Er tommt nach St. Petersburg  . Unserem er darf nicht darauf achten, wie sein Nebenmann etwa urtheilt. Untersuchungsrichter wird aber nicht gestattet, Gegen 11 Uhr ziehen sich die Geschworenen ins Berathungs seinen Verhören beizu wohnen. Die Verhöre finden zimmer zurück. Gerichtsdiener tragen ihnen die außerordentlich auch erst statt, nachdem Herr Jagoltowsky gnädigst erlaubt, daß umfangreichen Prozeßakten nach. Der Wachtmeister der Gen­Fragen an ihn gerichtet werden. Die russische Polizei gilt sonst darmerie erhält vom Vorsitzenden den Auftrag, die Thür des nicht für so rücksichtsvoll. Acht Tage lang werden ihm sämmt. Berathungszimmers zu bewachen und niemanden herein oder liche Untersuchungsatten zur Verfügung gestellt, heraus zu laffen. Die Angeklagten werden abgeführt. und dann erst ist der Gentleman so gütig, zu antworten. Und Fast alle Zuhörer bleiben im Saale, um ihre Plätze nicht was antwortet er? Was

Lüttich  , 9. Februar 1895.

Den Geschworenen werden hierauf 105 Schuldfragen vor gelegt, die der Uebersicht wegen als Tableau gedruckt sind. Der amtliche Dolmetscher überseßt den deutschen Angeklagten

bezweifeln, in this scrabe einfällt, wer wolte noch au verlieren und erörtern laut, wie der Spruch der Geschworenen

russischer provocateur war. wohl ausfallen werde.

Wahrlich, es müßten Geseze erlassen werden, Die Berathung der Geschworenen bauert 31 Stunden. die uns davor schüßen, daß derartige Banditen Um Uhr betritt der Gerichte hof den Saal. Der Vor aus andern Ländern hierher geschickt werden, fißende fordert die Anwesenden auf, unter allen Umständen die um hier Mord und Plünderung zu predigen und Ruhe zu bewahren und sich weder zu Beifalls: noch zu Wißfalls vorzubereiten. fundgebungen hinreißen zu lassen. Jeder Ungehorsame würde fofort verhaftet werden.

Die wirkungsvolle Rede dieses Vertheidigers machte auf alle Anwesenden großen Eindruck.

Die Geschworenen erscheinen wieder. Alle Anwesenden er heben sich von den Plätzen. Mit leiser Stimme verliest der Ob­mann ihren Spruch unter lautlosem Schweigen der Zuhörer. Die den Geschworenen vorgelegten Fragen zerfallen in 11 Gruppen. Ihre Antwort lautet:

Angefl. Müller( wörtlich): Was ich beschuldigt habe, durch Antrieb des Untersuchungsrichters geschehen, durch Zwang des Herrn Untersuchungsrichters... Ich schwöre, meine Kameraden, die hier auf der Auflagebant sigen, sind alle un schuldig Borsigender: Sie haben nur das Wort zur Straf

abmessung.

Angeklagter Bach springt auf und schreit mit Schaum vor dem Munde: Hier ist ein Justizmord geplant. Justizmörder seid Ihr alle, Ihr verfluchten Hunde! Ich bin unschuldig... Unschuldig bin ich... Aber ich werde gerücht werden.

Borsigender zu den sechs Gendarmen, die eine Mauer zwischen dem Gerichtshof und den Angeklagten bilden: Führen Sie den Angeklagten Bach hinaus.

Die Gendarmen suchen Bach zu fassen, der sich verzweifelt wehrt und sich mit aller Kraft an der Barriere festhält. Endlich haben sie ihn gepackt und zerren ihn unter Kolbenstößen zur Thür. Er reißt sich aber noch einmal los und versucht an ihnen vorbei und in die Nähe des Staatsanwalles und des Gerichtshofes zu kommen. Er wird aber wieder ergriffen und zur Thür hinausgeschleppt.

Die Zuhörer und die Geschworenen haben sich während Dieser wilden Szene in größter Erregung von ihren Plätzen er­hoben. Erst nach einigen Minuten ist die Ruhe soweit wieder hergestellt, daß die Angeklagten weiter gefragt werden können. Sie erklären alle nochmals, daß sie unschuldig sind und fündigen Revision an. Schlebach hebt noch hervor, daß seine Gastwirthschaft jedermann offen gestanden habe.

Der Gerichtshof zieht sich zur Berathung zurück, die etwa anderthalb Stunden dauert.

Während der Pause wird Frau Schlebach auf kurze Zeit ohnmächtig.

Der Angeklagte Bach wird wieder in den Saal geführt. Ihm find Handfesseln angelegt und außerdem setzen sich noch zwei Gendarmen an seine Seite. Zwölf weitere Gendarmen werden hinter den Vertheidigern um die Schranken herum, hinter der die Angeklagten fißen, aufgestellt. Die Freigesprochenen sind bereits entlaffen. Sie werden auf einem Nebenwege aus dem Gerichtsgebäude geführt, um jede Rundgebung zu verhüten.

Ihr schloß sich die Replik des Vertheidigers für den An­geflagten Bach, Rechtsanwalts Schuermanns, an. Er Um 42 Uhr erscheint der Gerichtshof wieder. Der Vor­machte für seinen Klienten geltend, daß er nur ein theoretischer fißende verkündigt folgendes Urtheil: Müller und West­Anarchist sei, der sich an einer Verschwörung nicht betheiligt habe. tamp Zuchthaus   auf Lebenszeit: Broich und Bach zehn Jahre Was die Verbreitung der Manifeste anlange, so sei das offenbar 1. Sind die dreizehn Angeklagten schuldig, im Jahre 1894 Zuchthaus; Vossem vier Jahre Gefängniß; Wilfe und Schlebach ein Preßvergehen. Bach habe nur die Rolle eines Dienstmannes eine geheime Verbindung zu dem Zweck gebildet zu haben, drei Jahre Gefängniß; Frau Schlebach sechs Monate Gefängniß. gespielt, da er nur das Packet mit den Manifesten weiterbesorgt in Lüttich   und anderen Orten Plünderung, Zerstörung Der Vorsitzende dantt den Geschworenen in Turzen Worten habe, ohne die Manifeste selber zu verbreiten. Sonst tönne man von Eigenthum und Massenmord zu begeben? Ant- für ihre Thätigkeit in den vier Wochen, die der Prozeß gedauert, ja ebenso gut auch dazu kommen, den Herrn Eisenbahnminister wort: Unschuldig sind: Arnold, Leblanc, Wilke, Vossem, und schließt die Sigung, nachdem er die Angeklagten darauf auf die Anklagebant zu sehen.( Heiterkeit.) Berg, Verbist und Joris. Schuldig find: Wüller, Broich, aufmerksam gemacht, daß sie binnen drei Tagen Revision an Bach, Westkamp, Echlebach und Frau Schlebach. Gegen die melden könnten. beiden letzteren erfolgte der Spruch mit 7 gegen 5 Stimmen. Die Verurtheilten werden abgeführt. Schluß 5 Uhr. 2. Bestand eine geheime Berbindung, um Explosivstoffe zu stehlen?

Der erste Staatsanwalt Demarteau bestreitet in längeren juristischen Ausführungen die Richtigkeit dieser Argumentation. Rechtsanwalt Orth( für Westkamp): Die ganze Anklage ist jetzt zum Ladenhüter geworden. Sonderbar, daß die beiden Herren Staatsanwälte sich noch immer solche Mühe geben, ihre Waare an den Mann zu bringen. Gegen meinen Klienten ist nichts erwiesen; er muß freigesprochen werden.

Die Mittagspause tritt ein.

In der Nachmittags- Sigung setzt sich zunächst das juristische Gefecht zwischen Rechtsanwalt Schuermanns und Staatsanwalt Demarteau fort. Der Gerichtshof tritt in einem Beschluß der Ansicht des Staatsanwalts bei.

Für den Angeklagten Wilke macht hierauf sein Vertheidiger, Rechtsanwalt Thonet geltend, daß er nur durch die unsichere Rekognition der Frau Orban, die ihn in Chevron vom Fenster aus gesehen haben will, belastet sei, und daß dieser Aussage der Alibibeweis gegenüber stünde.

Antwort: Schuldig sind: Broich, Müller, Bach, Westkamp und Vossem. Die übrigen sind unschuldig.

Soziale Leberlicht.

3. Haben Schlebach und Frau Schlebach die geheime Ver bindung dadurch gefördert, daß sie ihr einen Versammlungsraumfahrts Gesellschaft vereinigter Elbe  - und zur Verfügung stellten.

Antwort: Ja mit mehr als 7 Stimmen.

4. Sind die Angeklagten Broich, Müller, Wilke, Wesikamp und Vossem schuldig, den Dynamitdiebstahl in Chevron aus geführt zu haben?

nein.

Antwort: Ja.

6. Haben die Angeklagten Broich und Vossem das Dynamit attentat am 21. April 1894 verübt?

5. Haben die Angeklagten Broich, Müller, Wilfe, Westkamp und Vossem unberechtigterweise Dynamit transportirt und auf bewahrt? Rechtsanwalt Orth( für Vossem): Der Herr Staats- Antwort: Broich, Müller, Westkamp und Vossem ja; Wilke anwalt Delwaide hat in seiner ersten Rede gesagt, daß er in den Straßen Lüttichs noch nie einen mit Lumpen bedeckten Menschen gesehen habe, daß es hier überhaupt kein Glend gebe. Er braucht blos zwei Treppen herabzusteigen und zum Polizei­gericht au gehen; da tann er täglich sehen, wie träftige Wiänner, Die arbeiten wollen, aber keine Arbeit finden können, bestraft werden, weil sie ohne Existenzmittel sind. Oder er gebe einmal zur Arbeitsbörse; täglich stehen hunderte vor diesem Kommunal­amt und bitten um Arbeit. Heute morgen standen vierhundert am

I

Antwort: Nein.

7. Haben Müller, Westkamp und Vossem am 21. April das Dynamitattentat am Hause des Bürgermeisters Gérard verübt? Antwort: Müller und Westkamp ja; Vossem nein.

Entbehrungslöhne. Die Dampf Schleppschiff= Saale Schiffer zu Dresden   vertheilt bei reichlichen Ab­schreibungen von 157 900 M. und Rückstellung von 85 000 m. für den Selbstversicherungsfonds eine Dividende von 12 pet.- Die Verwaltung der Leipziger Kreditbank schlägt die Bertheilung einer Dividende von 6 pCt. vor. Die Leip ziger Dünger- Gyportgesellschaft wird eine Dividende von 7 pet. vertheilen. Die Dresdener   Gardinen­und Spizenmanufaktur Aktiengesellschaft be­schloß nach reichlichen Abschreibungen und Reserveſtellungen für das verflossene Geschäftsjahr eine Dividende von 9 pet., wie im Vorjahr, zur Vertheilung zu bringen.

Ein ständiges Arbeitersekretariat errichten die organi­firten Uhrenarbeit.r in Grenchen  ( Kanton Solothurn  ); als Arbeiterfekretär ist der Genosse Pater Ruesli, Gemeinderath, gewählt worden.

Das thurgauer Volk hat das Clefet, betreffend die 8. Haben Müller, Bach, Vossem, Berg, Joris und Verbist Naturalverpflegung armer Durchre sender am 28. April das Attentat an der St. Jacqueskirche ausgeführt? Sonntag mit 10 218 Ja" gegen 8710 Nein" genommen.