2. Beilage zum Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Nr. 37.
Arbeiter- Sanitätskommission.
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Die Aera der Sozialreform" verspricht den wirthschaftlich schwachen Gliedern der Gesellschaft die besondere Fürsorge des Staates, und sie ist stolz auf ihre. Worte. Wer von den Worten auf Thaten schließen wollte, müßte folgern, daß die Organe diefer Gesellschaft wetteifern würden in dem Bestreben, den Schwächsten dieser Schwachen, den Arbeits- und ObdachIosen, in erster Reihe zu helfen, ihre elende Lage so erträglich zu machen als möglich.
Was aber geschieht zur Linderung ihrer Noth? Die ArbeitsTofigkeit wird oft zur Arbeitsfaulheit gestempelt, der Obdachlose ins Arbeitshaus, ins Gefängniß geworfen, gegenüber der schreienden Noth foll die Gewalt zur Anwendung gebracht werden!
Die Knebelung des Wortes und der Schrift wird gefordert, um den Schrei der Armuth zu ersticken. Verbieten will man, die Dinge zu zeichnen, wie sie sind. Statt der Stimme des Proletariats zu lauschen und seinen Forderungen zu folgen, will man die Ruhe des Friedhofs erzwingen, um in der eigenen Genußfreudigkeit nicht durch unliebsame Klagen der Entbehrenden und Entrechteten gestört zu werden.
Ein kläglicheres Armuthszeugniß als die Bekämpfung des Umiturzes" durch Knebelgesetze, hat sich diese Sozialreform" in der That nicht ausstellen können.
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Wird die Vorlage Gefeß, so muß Noth und Elend der Arbeiterklasse, Arbeits- und Obdachlosigkeit weiter zunehmen.
In der heutigen Veröffentlichung wollen wir den Arbeitern ein Bild davon geben, was ihrer harrt, wie die Einrichtungen| beschaffen sind, welche die kapitalistische Gesellschaft für sie übrig hat, nachdem sie sie arbeits- und obdachlos gemacht hat.
Mittwoch, den 13. Februar 1895.
12. Jahrg.
Abends bis 8 Uhr zur Vertheilung, wonach sich dann jeder hin-( muß man über den Arm nehmen und geht dann über den Hof Legen kann.
In merkwürdigem Widerspruch zu dem allereinfachsten sozials politischen Verständniß steht die Thatsache, daß im Winter bei minimaler Arbeitsgelegenheit durch die Einschränkung der polizeilichen Feststellungen die Leute schon um 51/2 Uhr auf die Straße gesetzt werden, im Sommer dagegen in der für die Arbeiter günstigen Jahreszeit bis 8 Uhr aufgehalten werden.
Jeden Morgen, außer Sonntags, werden diejenigen Pers fonen, welche nach erfolgter Verwarnung öfter als fünf Nächte dort Unterkunft gesucht haben, bis gegen 9 Uhr eingesperrt gehalten, um alsdann mittels grünen Wagens nach dem Alexander play gebracht und der Polizei vorgeführt zu werden.
die Treppe hinauf zu der für jeden bestimmten Station. Auf dem Korridor müssen mit Ausnahme eines Rodes, einer Weste, einer Hose und des Huts resp. Müze sämmtliche Sachen abgegeben werden, um alsdann in einem mit dem Namen des betreffen den versehenen Beutel aufbewahrt zu werden. Darauf kommt ein jeder in die Belle, in der er seine 2-3wöchent liche Untersuchungshaft zu verbringen hat. Er erhält da ein leinenes Hemd, ein Taschentuch, ein Halstuch, ein Paar baumwollene Strümpfe und ein Paar Lederpantoffeln. Die Wäsche wird jeden Donnerstag erneuert. Wer an einem andern Tage eingeliefert wird, muß die Wäsche an. ziehen, welche sein Vordermann bereits auf dem Leibe gehabt hat, und da gewöhnlich Montags, Mittwochs und Sonnabends Abgang stattfindet, so haben fast alle neuhinzugekommenen die Wäsche ihrer Vorgänger anzuziehen.
Das Untersuchungsgefängniß auf dem Molten markt. In das Untersuchungsgefängniß auf dem Moltenmarkt werden zunächst alle diejenigen Personen eingeliefert, welche von uniformirten oder geheimen Polizeibeamten beim Betteln abgefaßt werden und, weil obdachlos, fluchtverdächtig erscheinen. Eine Belle ist 4,80 Meter lang, 3,10 Meter breit und 2,60 Meter Ferner find es diejenigen Personen, welche länger als fünf hoch und enthält Tag und Nacht im Sommer gewöhnlich 5, Nächte in dem Asyl für Obdachlose nächtigen wollten, obgleich im Winter bis zu 8 Personen. In jeder Belle befinden sich vier fie nach der ersten Nacht ein gedrucktes Formular zur Unter- eiferne Bettstellen zu je zweien übereinander. Die überschießenden schrift vorgelegt erhalten haben, dessen Inbalt eine glänzende Personen liegen des Nachts auf der Erde auf Strohsäcken, die Kennzeichnung polizeilich- bureaukratischer Einsicht in die beam Tage in den Betten aufbewahrt werden. Für jeden Instehenden Wirthschaftsverhältnisse ist und in furzem folgendes haftirten sind ein Strockfack, ein Stroh- Kopftissen und eine mit besagt: Leinen überzogene Wollendecke vorhanden.
Sie werden hiermit aufgefordert, sich binnen 5 Tagen Arbeit, ein anderes Unterkommen cder die Mittel dazu zu verschaffen, widrigenfalls Sie nach§ 361, Abs. 8 wegen Arbeitsfcheu, Landstreicherei und Vegabondiren mit 6 Wochen Haft oder mit Ueberweisung an die Landes Polizeibehörde( Arbeits- Brot. Um 1/28 Uhr geht es auf den Hof zum 20 Minuten währenden haus), welche wenigstens 6 Monate beträgt, bestraft werden. Ganz nebenbei will uns bedünken, daß die Aufforderung an die Arbeits- und Obdachlosen, sich in einer gegebenen Frist die Mittel zu einem Unterkommen zu verschaffen, in deren Köpfen eine bedenkliche Begriffsverwirrung über die bestehenden Eigenthumsverhältnisse hervorrufen fann, was wir der besonderen Würdigung derjenigen empfehlen, die so aufdringlich in letter Beit in der Heiligkeit des Privateigenthums das Balladium des sozialen Friedens verkünden. Daß doch die Hüter unserer Gesellschaftsordnung so oft genöthigt sind, zur Vertheidigung des Bestehenden sich in derartige Widersprüche zu verwickeln! Schließlich werden auch diejenigen in das Untersuchungsgefängniß gesteckt, welche groben Unfug verübt haben sollen und welche feine Wohnung besißen. Diese Untersuchungshaft dauert oft 2-3 Wochen.
Abends 61/ 2Uhr muß jeder schlafen gehen und desMorgens 51/ 2lhr aufstehen. Im Winter steht man eine Stunde später auf und geht eine Stunde früher schlafen. Eine Stunde nach dem Aufstehen giebt es Frühstück, bestehend aus 1/2 Liter Wassersuppe und einem Stück Rundgang, genannt Bärentanz". Sämmtliche Personen einer Station, die aus 12 Bellen besteht, marschiren zu je ziveien nebeneinander im Kreise herum, jedoch ohne sprechen zu dürfen. Der Aufseher steht in der Mitte, um die Durchführung des Eprechverbots genau tontrolliren zu können. Sonnabends und Sonntags ist keine Zeit, frische Luft zu schöpfen. Sonnabend wird die Zelle mitsammt ihrem Inhalt von den Insassen ges reinigt. Der Fußboden, Tische und Schemmel werden gescheuert, die Betten auseinandergenommen und abgewaschen, die Fenster gereinigt. Des Sonntags zwischen 9 und 10 Uhr geht es per Schub in die Kirche, woselbst gesungen und gebetet wird. Um 10 Uhr giedt es ein Stück Brot, 11 Uhr giebt es als Mittagsmahl einen Liter Suppe verschiedener Art; um 4 Uhr giebt es wieder ein Stück Brot und um 5 Uhr giebt es Abend brot, bestehend in 1/2 Liter Wassersuppe. Jede Person erhält einen blau emaillirten Eßndpf und einen Löffel aus Blei, die man sich nach dem Essen in einem während der Gßzeit in die Belle gestellten Wassereimer zu reinigen hat. Ein steinerner Wasserkrug und ein verrosteter Becher aus Weißblech ist zum Trinken vorhanden. Doch wird das Wasser im Krug felten erneuert, sondern fast immer nur vollgefüllt, wenn etwas davon getrunken ist. Einem 14 Tage inhaftirt gewesenen Untersuchungs gefangenen ist es daher nicht möglich gewesen, auch nur einmal davon zu trinken, da es trot großen Durstes nicht herunterzubringen war.
Das Städtische Asyl für Obdachlose in der Fröbelstraße. Bon nachmittags 4 Uhr an wird den einlassuchenden Obdachlosen der Eintritt gestattet. Die auf dem Hof sich ansammelnden Menschen werden schubweise in einen Borraum eingelassen, in dem durch die im Asyl eigens ftationirte Polizeiwache ihr Nationale aufgenommen wird. Alsdann werden dieselben der für sie bestimmten Baracke zugeführt. Die vor 7 Uhr Erschienenen müssen baden, die später kommenden brauchen nur zu baden, wenn sie wollen. Alle Badenden kommen nach Baracke Nr. 1, von der aus eine Treppe zum Bodenraum führt. In der Baracke müssen sich alle entfleiden. Die Kleidungsstücke, außer Stiefeln und Kopfbedeckung, werden in einen Beutel gesteckt und in demselben inzwischen desinfizirt Von der mit Asphaltboden versehenen Baracke müssen die Obdachlofen alsdann nackt die Treppe zum Baderaum hinaufgehen, der Wie oben erwähnt, werden die in Polizeigewahrsam über gleichfalls asphaltirt ist, und in dem sich Wannen und Brausen, führten Leute erst nach dem Polizeipräsid.um am Alexanderplat mit Bretterwänden abgeschlagen befinden. Die Benutzung der in einen Raum von 14,20 Meter Länge und 5,60 Breite gebracht, Brausen ist umsonst, ein Wannenbad kostet 10 Pf. Nach einem welcher neben dem Pferdestall gelegen ist. In ihm befinden sich Aufenthalt von ca. 20 Minuten, müssen alle aus dem Verschlag gegen 14 Holzbänke von 4 Meter Länge und 20 Zentimeter heraus in einen breiten Gang treten, in welchem die Breite, die zum Sigen und Schlafen benutzt werden müssen. Oft nackten Obdachlosen mitunter 10-20 Minuten werden in diesen Raum gegen 100 Personen bis zu 30 Stunden aufihre Kleidungsstücke warten müssen. Sobald eingesperrt. Dieselben erhalten keine Nahrung, mit Ausnahme die mit Nummern versehenen Beutel mit den Kleidungsstücken derjenigen, welche sich morgens 7 Uhr daselbst befinden, zu aus dem Desinfektionsraum im Baderaum angelangt, werden welcher Zeit für jeden 12 Liter warmer Kaffee(?) und ein Stück dieselben einzeln aufgerufen und ein jeder kann nach Erhalten Brot zur Vertheilung gelangt. Nachmittags 3 Uhr findet mittels feines Beutels nach der Baracke zurückkehren, um sich dort anzu- des grünen Wagens die Beförderung nach dem Moltenmarkt statt. fleiden. Dieser grüne Wagen hat einen Flächenraum von etwa Jede Baracke hat eine Länge von 23, eine Breite von 51/2 und 5 Quadratmetern und nimmt bis zu 26 Personen in sich auf. eine Höhe von 4 Meter. In diesen Räumen stehen 70 Pritschen. Tie auf dem Moltenmarkt angekommenen Personen werden An jeder Wand entlang stehen 30, in der Mitte neben einander von dem Lazarethausseher besichtigt, im besonderen wird die Brust Das Polizei- Arrestgefängniß in der Perles 10 davon. Jede Barade hat 2 Gingänge; an jedem Eingang auf Kräße hin untersucht. bergeritr. 10. In dem Polizei- Arrestgefängniß befinden sich befindet sich eine Waschvorrichtung mit 3 Becken. Handtücher Alsdann kommt man in das Vorzimmer des Baderaums, zunächst diejenigen Personen, welche wegen Bettelei bestraft giebt es nicht. Klosets und Pissoirs befinden sich außerhalb der in dem man sich auszutleiden hat. Hierauf müssen sind, feine Wohnung haben und nicht in UntersuchungsBaracke. Die Pritschen bestehen aus zusammen genagelten immer 2 Personen zusammen in einer steinernen bait tommen. Ferner die aus dem städtischen Asyl für Obdach. Brettern, in einer Länge von 1,90 und einer Breite von Badewanne zu gleicher Beit baden und das loſe überwiesenen Personen, welche, nach Feststellung ihrer Vor0,70 Meter. Im Sommer schläft auf jeder Pritsche eine Person, Wasser wird erst dann erneuert, wenn sich 4 bis strafen, ohne Untersuchungshaft von dem Einzelrichter im Polizeiim Winter müssen auf 2 Pritschen 3 Personen schlafen, so daß 6 Personen in demselben gebadet haben. Kommt präsidium zu Haft verurtheilt sind. Tie Haft auf dieser Station auf jede Baracke 100 Infassen kommen. Ein jeder erhält zum man aus dem Wasser heraus, so erhält man ein dauert bis zu sechs Wochen. Auch diejenigen, die der LandesZudecken 1-2 Decken. Dieselben waren ursprünglich aus Handtuch, mit dem man jedoch nur Gesicht und polizeibehörde für das Arbeitshaus überwiesen werden, müssen grauem Drillich, fehen aber mehr schwarz als grau aus. Brust trocknen darf, der brige Körper muß zuvor die ihnen zudiftirte Haftstrafe in der Perlebergerstraße Von Ungeziefer sind außer Ratten und Mäuse auch Wanzen und von selbst trocknen. Während des Bades werden absitzen. Läuse vertreten. die Kleider desinfizirt und man muß oft im Vorraum 10 bis 15 Minuten nackt auf dieselben warten. Von den alsdann erhaltenen Kleidungsstücken darf man nur eine Hofe, einen Rock und die Stiefel ohne Strümpfe anziehen, die übrigen Sachen
Des Morgens um 5 Uhr muß jeder aufgestanden sein, denn es giebt dann für jeden ca. 3/4 Liter Roggenschrotsuppe und ein Stück Brot aus grobem Mehl. Dieselbe Mahlzeit kommt des
Bibel und Umsturzvorlage.
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„ Es stehen furchtbar gefährliche Dinge in jenem Buch e"- gemeint ist die Bibel, und besonders das neue Testament, sagt Friedrich Paulsen , der berühmte Berliner Philosoph, in dem trefflichen Artikel über die Umsturzvorlage, den er in der Zukunft" veröffentlicht und aus dem wir in der Sonntagsnummer vom 10. Februar einen Auszug gebracht. Einige davon führt er auch an, so die Parabel vom armen Lazarus, so das Verhalten Jesus ' gegenüber der Chebrecherin. Es verlohnt sich aber auch, den anderen gefährlichen Dingen" in diesem Buche nachzugehen. Bei dem gänzlichen Wiangel an wirklichem Material, über das die amtlichen Vertreter dieses Gesetzes, trotz aller Arbeit im Echweiße ihres Angefichts, noch immer zu klagen haben, thun wir sicher ein chriftliches Wert, wenn wir hier einige davon zusammen stellen. Wir zweifeln nicht daran, daß die Herren davon Gebrauch machen werden.
Wir gruppiren sie nach den Kategorien der Umfturzvorlage in gefährliche Dinge" in bezug auf die Monarchie, die Ehe und Familie, das Eigenthum.
Was meinen die Herren also zu den folgenden Angriffen" auf die Institution der Monarchie:
Wehe dir Land, des König ein Kind ist." ( Prediger Salom. 10, 16.)
Niemand verlasse sich auf Fürsten ." ( Micha 7, 5.)
" Es ist gut auf den Herrn vertrauen, und sich nicht verlassen auf Fürsten ."( Psalm 118, 9.)
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Verlasset Euch nicht auf Fürsten , sie sind Menschen, die können ja nicht helfen."( Psalm 146, 3.). oder aus dem neuen Testament:
Biele, die da sind die Ersten, werden die Legten, und die Lehten werden die Ersten sein." ( Ev. Matth. 19, 30, und ähnlich so: Ev. Matth. 20, 16; Ev. Marci 10, 31; Ev. Lucae 13, 30.)
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Was hoch ist unter den Menschen, das ist ein Greuel vor Gott ."( Ev. Lucae 16, 81.) Die Könige der Erde treten zusammen, und die Fürsten verfammeln sich zu Hause wider den Herrn und wider seinen Christ."( Apoñelgesch. 4, 26.)
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Was meinen sie zu den folgenden Angriffen" auf Ehe und Familie: " Welcher verheirathet, der thut wohl; welcher aber nicht verheirathet, der thut besser."( 1. Corinth. 7, 38.)
" Ich bin gekommen, den Menschen zu erregen wider seinen Vater, und die Tochter wider ihre Mutter, und die Schnur wider, ihre Schwieger."( Ev. Matthäi 10, 35.) So jemand zu mir tommt, und hasset nicht seinen Bater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwester, auch dazu sein eigenes Leben, der kann nicht mein Jünger sein."( Ev. Lucae 14, 26.) Was meinen sie zu den folgenden, Angriffen" das Eigenthum:
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So jemand nicht will arbeiten, der soll auch nicht effen."
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" Ihr sollt Euch nicht Schätze sammeln auf Erden, da sie die Motten und der oft fressen."( Ev. Matthäi 6, 19.)
" Niemand kann zween Herren dienen. Entweder er wird einen hassen und den anderen lieben, oder wird einem anhangen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon."( Ev. Matth. 6, 24, und fast genau so: Ev. Lucae 16, 13.)
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Wer da bat, dem wird gegeben, daß er die Fülle habe; mer aber nicht hat, von dem wird auch genommen, das er bat."( Ev. Matth. 13, 12 und ähnlich noch viermal: Matth . 25, 29. Ev. Lucae 8, 18 und 19, 26. Ev. Marci 4, 25.)
In einer Ecke der Zelle befindet sich hinter einem Bretterschirm ein mit Deckel versehener Blecheimer zur Aufnahme der Exkremente. Da derselbe nur morgens gegen 7 Uhr und nachmittags 3 Uhr geleert wird, so entwickelt sich mitunter in der Belle ein unerträglicher Geruch.
Die Zellen befinden sich im Hintergebäude auf der 1., 2. und 3. Treppe. Eine Zelle ist 4,70 m lang, 5,80 m breit und 3 m hoch. In diesen Zellen schlafen bis zu 10 Personen auf einem Strohfack, Strohtopfkissen und mit einer wollenen Decke theils in eisernen
Freie Volksbühne.
Von den Komödien Molière's, mit dem das klassische Lustspiel der Franzosen beginnt und endigt, haben sich zwei, Der Geizige " und" Tartüffe ", auch in Deutschland bis heute behauptet.„ Der Geizige" ist jetzt in der deutschen Bearbeitung von Franz Dingelstedt vom Lessing= Theater" einstudirt und am Sonntag zum ersten Male gegeben worden. Gleichzeitig ist das Stück in den Spielplan der Freien Voltsbühne" aufgenommen und schon am Sonntag Nachmittag für die erste Abtheilung aufgeführt worden. Wenn gleich der sehr lebhafte Beifall, den es hier gefunden hat, in erster Linie der vollendeten Wiedergabe der Titelrolle durch Ferdinand Suste galt, so zweifle ich doch nicht, daß auch der Werth der Dichtung erkannt und gewürdigt worden ist.
Die Wirkung dieses Charakter- Lustspiels ruht ganz in der einen Figur des Geizhalfcs Harpagon. Die Handlung und alle übrigen Figuren dienen nur dem Zweck, den Charakter Harpagon's zu voller und allseitiger Entfaltung zu bringen. Nur unter diesem Gesichtspunkte wird es möglich, sich über gewisse Gigenschaften des Stückes hinwegzusetzen, die uns heute als Mängel erscheinen: das ist neben dem beinahe gänzlichen Verzicht auf eine Kritik gesellschaftlicher Zustände eine gewisse Dürftigkeit der Erfindung und eine Führung der Intrigue, die geradezu naiv
Wohlan nun, ihr Reichen, weinet und heulet über euer anmuthet. Clend, das über euch kommen wird."( Ep. Jakobi 5er and 1.) Siehe, der Arbeiter 2ohn, die euer eingeerntet haben, und von euch abgebrochen ist, das schreiet."( Ep. Jakobi 5, 4.)
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Wer dem Arbeiter seinen Lohn nicht giebt, der ist ein Bluthund."( Jes. Sirach.) Es ist leichter, daß ein Kameel durch ein Nadelöhr gehe, denn daß ein Reicher ins Reich Gottes tomme."( 3 Mal wörtlich so: Evang. Marci 10, 25. Ev. Matthäi 19, 24. Ev. Lucae 18, 2.)
Daß diese Gestalt im Grunde mehr tragisch als komisch ist,
anderen, in der Freien Volksbühne " bisher aufgeführten Stücken. Diese Eigenschaften oder, wenn man will, Mängel erklären sich zum theil aus dem literarischen Charakter und den politischen Verhältnissen der Zeit und Umgebung, in welcher Molière feine Komödien schrieb. Ob sie bei der Aufführung gestört und den Erfolg abgeschwächt haben, wage ich nicht zu entscheiden. Ich dente aber, daß die Wahrheit der Charakterzeichnung, welche in der psychologisch interessanten Gestalt des Harpagon hervortritt, für jeden etwa empfundenen Mangel vollauf entschädigt hat. Und was sagen die Herren zu der Parabel vom tam in der Taistellung durch Ferdinand Suske sehr ungerechten Verwalter", der gelobt wird, weil deutlich zum Ausdruck, am, deutlichsten am Schluß des 4. Aftes, er auf Kosten seines Herren sich Freunde unter wo der alte Geizhale, nachdem ihm sein Schahz gestohlen worden den Armen gemacht hat, damit diese ihn ins Himmelreich ist, faffungslos zusammenbricht. Das wirkte nicht mehr lächerlich, einführen.( Ev. Lucae 16, 1 ff.)? Oder zu dem Verhalten sondern erweckte Mitleid. In diesem Sinne, der allein der Jesus ' gegenüber den Wechslern im Tempel, denen er das richtige ist, führte Herr Suste seine Rolle von Anfang bis zu Geld verschüttete und die Tische um stieß"! Ende durch. Selbst in denjenigen Szenen, in welchem das Er( Ev. Johannis 2, 14 und 15 und Ev. Matthäi 21, 12 beiternde an dem Ge ahren des Geizhalfes mehr in den Vorders und 13.) 1. A. w. g. Vielleicht verwerthen sie auch den grund trat, war in aller Komik noch der tragische Grundzug zu
erkennen.
schönen Spruch:" Meinet ihr, daß ich gekommen Die Darsteller der Nebenfiguren litten unter dem Umstande, jei, Frieden zu bringen auf Erden? Ich daß diese weiter nichts als ben Hintergrund bilden, von dem sich sage: Nein, sondern 3wietracht."( Evang. Der Charakter Harpagon's abbebt. Sie traten daher ganz von Lucae 12, 51 und ähnlich Ev. Matthäi 10, 34.) felbst zurück. Ju ihrer Gesammtheit bildeten sie jedoch einen