politischen Revolution, die als die primäre Boraus- j e tz u n g sozialistischer Wirtschaftsmaßnahmen galt. Die russische wie die deutsche Revolution zeigen gleicher- maßen, daß die Wirtschaft nicht dem Diktat des Revolvers, sondern der Leitung des Gehirns wie dem Schwergewicht wirtschaftlichen Einflusses folgt. Der Abstand zwischen erhofften Zielen und erreichter Wirklichkeit wäre zweifellos noch bedeutend größer, wenn nicht die organisatorische Geschlossenheit und Erfahrung der Arbeiter- Massen in Deutschland ihre großen gewerkschaftlichen Organi- sationen zu auch wirtschaftlich unentbehrlichen Faktoren des Produktionsprozesses gemacht hätte. Um so mehr gilt es zu begreifen, daß der Sozialismus so wenig wie der Kapitalis- mus erst nach einer Revolution plötzlich geschaffen wird, sondern in der Wirtschaft sich zu entwickeln beginnt. Freilich sich um so mehr zu entwickeln beginnt, je mehr die kommenden Träger sozialistischer Wirtschaft jede gemeinwirt- schaftliche, genossenschaftliche und öffentlich-wirtschaftliche Posi- tion behaupten und ausbauen, sie zu wirtschaftlichen Zitadellen, Kristallisationspunkten wirtschaftlicher Macht des gemeinwirtschaftlich-sozialistischen Gedankens machen, der Erfolge letzten Endes nicht deswegen erringen wird, weil er Idealen und Träumen gläubiger Sozialisten entspricht, sondern weil er im wirtschaftlichen Kampf sich bewährt, sich als der rationellere und leistungsfähigere erweist und durch seine Leistungen in den Massen für sich wirbt. Sozialistische Wirtschaft läßt sich nicht durch Dekrete einführen, sie muß wirtschaftlich wachsen und sich entwickeln. Gefetze können gewiß dieser Entwicklung Hemmnisse in den Weg legen oder sie auch beseitigen, können aber nicht öffentliche Gmeinwirtschast auf dem politi- schen Befehlswege schaffen. Der Erfolg und die Leistung entscheiden. Können wir heute nach den Rückschlägen, die wir unter der Nachkriegszeit erlitten haben, unter dem Druck der unge- lösten europäischen Krise hoffen, solche Erfolge zu erreichen? Viele glauben das verneinen zu müssen und raten uns, uns auf die Sicherung der demokratischen Errungenschaften zurück- zuziehen. Daß sie gesichert werden müssen, wer bestreitet es? Aber' welche Demokratie kann auf die Dauer ihren Namen verdienen, in der nicht auch die Wirtschaft immer mehr unter demokratische Einflüsse gerät? Politisch erschien die Zeit nach der Revolution allen Soziallsierungs- und Kommu- nalisierungsmaßnahmen günstig, aber die wirtschaftlichen Verhältnisse gerade der öffentlichen Betriebe schienen den Gegner jeder öffentlichen Wirtschaft rechtzugeben. Statt eines Fortschritts auf dem Gebiet der Soziasifieruna und Kommunalisierung erlebten wir empfindliche Rück- schritte, wurden wir in die Defensive gedrängt und hatten wir Mühe, jeden Fuß gemeinwirtschastlichen Bodens zu verteidigen. In den Gemeinden, in denen überall in Deutschland zu einer Zeit, in der der Einfluß der Sozialdemo- ' kralle höchstens ein moralischer war, die bürgerlichen Verwaltungen aus wirtschaftlichen Erfahrungen heraus, aus den Bedürfnissen ihrer Gemeindewirtschaft zunehmend zur Inbetriebsetzung großer Gemeindebetriebe übergingen, sahen wir die Gefahr der zunehmenden Entkommunali» s i e r u n g drohen. Mangel an Finanztraft bei den Gemeinden, Raubbau während des Krieges, der sich nicht soswst, heilen ließ, starte gruppenegoistische Tendenzen der beteiligten Arbeiterschaft gefährdeten die Wirffchaftlichkeit der öffentlichen Betriebe und verstärkten die Angriffsfront des robusteren, beweglicheren und finanziell stärkeren privaten Großkapitals, das feine Hand sogar nach den Eisen- bahnen auszustrecken sucht, von den unaufhörlichen Versuchen, die Betriebe der Großstädte in die Hand zu bekom- men, ganz abgesehen. Die Verhandlungen über die Beglei- chung der Reparationszahlungen werden sicher dem Groß- kapital zu einem erneuten letzten Vorstoß auf die reichs- �Weltgericht". Bon Joseph Roth . Motto:.Angesichts der Schwere der Ber - antwortttchteit...* Cäsaren, Heerführer und jene, auf deren Schullern die Tressen der Verantwortung liegen, nennen das Weltgericht ihr zustöndiges Forum. Vorgesetzter jener Menschen, die keine Lorgesetzten auf Erden haben, ist die Wellgeschichte, von der ein Dichter sang, sie sei das Weltgericht. Unerschütterlich ist das Vertrauen der Menschheit in diese letzte, reichlich späte Instanz. So unerschütterllch, daß sich die Menschen freiwillig teilen in Subordiniert« und solch«, die der Weltgeschichte zur Verfügung stehen, um von ihr gerichtet zu werden... Indessen ist die Weltgeschichte gewissermaßen ein Nachnahme. Weltgericht. Ihr Urteil fällt, wenn der Angeklagte nicht mehr er- reichbar und bereits zu seinen Vätern eingegangen ist; und dem ge- schehenen Unrecht bleibt nichts übrig, als zum Himmel zu schreien. Es ergibt sich bei näherer Betrachtung, daß die Weltgeschichte selbst aus jenen Ungerechtigkeiten zusammengesetzt ist, gegen die sie Anklage erheben soll. Sie ist ein juristisches Monstrum: Delitt, Staatsanwalt und vollziehende Strafgewalt in Einem. Sie verkündet ihr Urteil durch den Mund der sogenannten .Nachwelt"', die stets bereit ist, alle Ungerechtigkeiten, insofern sie alt sind, zu verdammen und— neue zu arrangieren. Da» Urteil über diese neuen pflegt die„Nachwelt" wieder der.Weltgeschichte" zu überlassen... Was aber bedeuten der Wellgeschichte ein paar Jahrzehnte? Sie bedenkt nicht, daß die Schuldigen irdischen Gesetzen gemäß sterben müssen und sich dem Weltgericht durch Ableben entziehen. Auf der großartigen historischen Weltanklagebank werden nur ihre Namen Platz nehmen. Der säumige Postbote ist bei lebendigem Leibe erreichbar. Ueber Ihn hat Gott einen Postamtsdirektor gesetzt. Ueber dem Postamts- direktor hängt der Postminister— aber wer richtet den Minister, wenn er nicht eine postalische Dummheit, sondern einen Wellkrieg verursacht? Das.Weltgericht"! Wer aber fürchtet ein Gericht, das den Beklagten nur zu einer einzigen harmlosen Strafe verurteilen kann: nämlich: Zeit seines Todes mit einem unangenehmen Attribut behaftet zu sein. Zum Beispiel:„Iwan, der Grausame": oder: z,Aatharina, die Blutige"... Fürwahr! Ein Schöffengericht ist wirksamer denn ein Well- jgericht! Der Schutzmann vom Potsdamer Platz kann mehr als die Weltgeschichle! Und deucht mich die Mitwelt auch nicht sehr ver- strauenswert— haftbar ist sie eher als die Nachwelt! Wie kann man also mit Hoffnung auf Erfolg an die Einsicht eines nur der Weltgeschichte Verantwortlichen appellieren? Wen fürchtet zum Beispiel Poincare? Den säumigen Postboten ereill die Straf« für ein geringes Ver- tzchen sofort. Em Polittker, der Blutbäder verschuldet, darf an Ler-
eigenen Betriebe, vor allem auf die Eisenbahn, aeben, die den Schlüssel zur restlosen monopolitischen Beherrschung des Wirtschaftslebens in die Hand gäbe. Daß die Arbeiter- schast diese immer wieder auftauchenden Pläne bis zum letzten Mann geschlossen abwehren muß, ist ja Gemeingut der ge- samten Arbeiterbewegung, und auch innerhalb der bürger- lichen Kreise gibt es genug Abwehrtendenzen dagegen, daß man hoffen kann, dieser Bestrebungen Herr zu werden. Die Gemeindebetriebe haben offensichllich fast überall den Höhepunkt der Schwierigkeiten überwunden. Die in zahllosen Gemeinden jetzt vor sich gehende Reform der Wirtschaftsform der Gemeindebetriebe ist im Gegenteil viel- mehr als eine Stärkung des gemeindsichen Besitzes anzu- sehen, der dazu übergeht, sich überall den gesteigerten An- forderungen an kaufmännische, technische und finanzielle Be- weglichkeit anzupassen. Eine Konsolidierung der Wirtschaft- lichen Verhältnisse, die nach der Begleichung der Reparations- differenzen einmal ja kommen muß, wird die Möglichkeit geben, auf dem vor dem Kriege geschaffenen Fonds gemeind- licher Wirffchast neu weiterzubauen. Nur mit einem Unterschiede. Die Arbeiterschaft hat inzwischen ihre Stellung in den Gemeinden und in der Oeffentlichkeit so ge- stärkt, daß sie auf diesen Prozeß überall einwirken und ihn beschleunigen kann. Gerade hier glauben die privatwirtschafllichen Gegner des Sozialismus uns ein Fiasko prophezeien zu können. Sie berufen sich auf die Erfahrungen, die in.der Nachkriegs- zeit mit dem Verhalten der Arbeiterschaft in gemeinwirffchaft- lichen und für die Gesamtheit lebenswichtigen Betrieben ge- macht worden seien. Sie verkennen dabei, daß diese gewiß vorhanden gewesenen primitiv-gruppenegoistischen Tendenzen („wir haben den Staat an der Gurgel") durch die Praxis sehr bald korrigiert worden smd. Gewiß, die Not der Zeit erschwert Tausenden das Verständnis dafür, daß der Aufbau sozialistischer, gemeindsicher, genossenschaftlicher und öffent- licher Wirffchaftsbetriebe Hingabe und£3 p s e r s i n n gerade der Arbeiterschaft erfordert, daß solche Betriebe nicht unter dem Gesichtspunkt bequemerer und besserer Existenz- bedingungen allein betrachtet werden dürfen, daß das Be- wußtfein, Träger und Mitarbeiter an neuen Wirtschafts- formen zu fein, zu einem der stärksten Antriebe auch der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit der öffentlichen Betriebe werden muß. Aber wir können nicht verkennen, daß die Not auch sonst anormale Verhältnisse geschaffen hat und daß gerade hier ein Wandel unverkennbar, die Ein- ficht in die wirtschaftlichen Bedingtheiten und Notwendig- leiten ungemein gewachsen ist. Wir haben keme Deran- lassung, nicht anzunehmen, daß die Arbeiterschaft, die zur Hauptträgerin des Staatsgedankens geworden, deren Gemein- sinn sich als dem anderer Kneife mindestens ebenbürtig, wenn nicht überlegen gezeigt, nicht auch hier mancher innerer Schwächen sollte Herr werden. Wir haben zu nichts weniger Veranlassung als zu müder Resignatton. Wir haben nur eine Pflicht: die Pflicht u n- ermüdlicher Arbeit. Die sozialistische Gesellschaft und Wirtschast, sie wird uns weder geschenkt noch in einer Revo- lution von„entschlossenen Hundertschaften" geschaffen, sie erwächst aus den Bedürfnissen der allgemeinen Wirtschafts- entwicklung, sie erwächst aus unserer Arbeit und unserem Wollen und Wirten. Gehen wir an diese Arbeit, zeigen und leisten wir in ihr Erfolge, dann werden wir am ersten lähmenden Kleinglauben bannen und im Schaffen an neuen großen Zielen, an dem Werden neuer wirtschaftlicher gesellschaftlicher Macht der Gesamtheit dieMassenwieder neu zu Taten sammeln.
ver vvlkerkmndkommlssar w vcmzig hat auf Ersuchen der polnischen Regierung in der Hafenbesttzstag« eine Entscheidung ge- troffen, die jedoch abermals gegen Polen ausgefallen ist.
teidigungsmemoiren arbeiten für die.Rachwelt", die er gar nicht mehr erleben wird! Ueberhaupt ist die Wellgeschichte unzuverlässig. Bon den Pharaonen und Hohenzollern läßt sie nur großartige Pyramiden und Monumente stehn,—- aber ihre Edikte und Rankünen sind ver- gessen. Wirksamer als die Angst vor der Weltgeschichte wäre eine Angst vor dem Teufel. Er hat Flammenzungen, Schweif und Hörner und ist unentbehrlich für die Politik. Er könnte uns das„europäische Gleichgewicht" wiederbringen, das er sich geHoll hat... Gedächtnisfeier für C. W. Röntgen. Am Sonntag fand in der neuen Aula der Universität im Beisein des Reichspräsidenten und der Vertreter des Kultusministeriums ein« Gedächtnisfeier für den Forscher C. W. Röntgen statt, veranstaltet von der Deutschen Physi- kalischen Gesellschaft, von der Deutschen Gesellschaft für technische Physik und der Berliner Röntgen-Vereinioung. Di« Feier wurde eingeleitet und geschlossen mit weihevoller Musik, die vom Akademi - schen Orchester der staatlichen Hochschulen ausgeführt wurde. Prof. Koch(Hamburg ), früher Schüler und Assistent von Röntgen, gab einen kurzen äußeren Lebensbildabriß des Forschers und fuhrt« aus, daß der Verstorbene auch ohne sein« weltberühmte Entdeckung in der wissenschaftlichen Welt an erster Stelle gestanden hätte. Sein« zahllosen Arbeiten auf allen Gebieten der Physik haben trotz der enormen Forsschritte der technischen Physik ihren Wert bis jetzt be- hallen. Seine große Fochbelesenheit machte ihn mit allen Physika- lischen Gebieten, vertraut, so daß er sein« Spezialarbeiten immer auf ganz allgemeiner Grundlckge aufbauen konnte. Neben seiner Forschertättgkeit wirkte er unermüdlich als stets hilfsbereiter Lehrer. Dr. G. Gehlhoff(Berlin ) skizzierte die technische Entwick- lttng der Röntgenologie und die ganze Tragweite der Entdeckung in physikalsscher, medizinischer, technisch-physikalischer und industrieller Hinsicht. Und er bezeichnete als das Geniale von Röntgen, daß dieser der ganzen Entwicklung seinen Stempel zu geben verstand. Wenn wir jetzt einerseits die feinsten Lungengewebe, andererseits die Panzerplatten und Isolatoren auf Risse durchsttahlen können, wenn wir in Glühkathodenröhrchen nach Qualität und Quantität vollständig regulierbore X-Strahl«n-S «nder besitzen, wenn wir in unserer Materioluntersuchung bis zu der Welt der Molekül« und Atome vorgedrungen sind, so haben wir es vor allem Röntgen zu danken. Prof. Dr. Levy-Dorn endlich beleuchtete die therapeutische Seit« der Entdeckung. All« Gebiete der Medizin haben von ihr proftttert. Keine einzige Methode erlaubt eine so sichere und schnelle Diagnose. Di« Durchleuchtung erlaubt die Beobachtung der Organe in Bewegung, in Ausübung der Lebensfunkttonen, erlaubt die Fest- stellung der Bös oder Gutartigkeit der Erkrankung. Natürlich erfordert die Arbeit mit Röntgenbildern eine besondere Uebung und eine be- sondere Technik, natürlich müssen neben ihr auch die anderen Me- thoden angewandt werden, aber der Fortschritt in der Diagnose der Krankheit und die Möglichkeit, all« Organe des Körpers derart zu beeinflussen, daß krankes Gewebe zerstört und gesundes erhalten wird, bedeuten den Beginn einer neuen Aera der Medizin. Und es ist ein Zeichen für Röntgens Gesinnungsart, daß er seine Eni- deckung durch keine Patente geschützt, durch keine Rechte zu eigenem Nutzen ausgewertet hat, sondern sie der ganzen Menschheit schenkte. M. C.
Die internationale üer Dummheit. Nationaler Block und Teutschvölkische gegen Hamburg . Paris , 28. Mai. (EP.) Der„Temps" schreibt zu den Be- schlüssen des Hamburger Sozialistenkongresses: Der Kongreß Hab« sich mn die Lage gedreht, in die Deutschland durch den Ver- sailler Vertrag und die Ruhraktion versetzt worden sei. All« Eni- jchließungen verfolgten den einzigen Zweck, Deutschland aus den Fesseln des Bersailler Vertrages zu be- freien. Die neue Internationale wevde, wie die Vorkriegsinter- nattonale unter dem Einfluß der deutschen Sozialdemotratte stehen was schon dadurch zum Ausdruck komm«, daß Deusschland im Vollzugsausschuß 3l> und Frankreich nur 16 Stimmen habe. Die in Hamburg improvisierte Internattonale erscheine somit m der Haupssache als eine Kriegsmaschine(?!), um das Prole- tariat aller Länder zu einem Feldzug zugunsten der Revision des Bersailler Vertrages zu vereinigen. Es sei bezeichnend in einem Augenblick, wo kein Franzose und Belgier mit Sicherheit in Deusschland reisen könne und wo sich alle Tore vor ihnen ver- schlössen. Die sozialisttschen Redner Frankreichs , die von den Deut- schen beklasscht würden, wüßten ganz gut, was sie von der wieder- gewonnenen Sozialisteneinheit zugunsten ihres Landes erwarten dürften. Zur gleichen Stunde, als das offiziöse Organ der Regierung Poincare diese Beschimpfungen gegen die neue Arbeiterinternationale und besonders gegen unsere französischen Genossen ausstieß, er- schienen im Berliner Organ der völkischen Wulle-Gruppe, dem „Deusschen Tageblatt", ähnlich« Verunglimpfungen des Hamburger Kongresses._ Schulprobleme in Schleswig . Durch Ritzaus Bureau werden Aeußerungen des dänischen llnterrichtsministers Appel zu der Erklärung des preußischen Ministerpräsidenten Genossen Braun veröffentlicht. Es ist erfreulich, wenn auch Minister Appel warm für ein freundschaftliches Der- hältnis zwischen Deutschland und Dänemark eintritt und im Namen seiner Regierung und sämtlicher dänischen Parteien von polittschen Bestrebungen abrückt, die die deussch-dänische Grenz« zuungunsten Deusschland» weiter zu verschieben wünschen. Im Irrtum be- finden sich der Herr Minister und seine Freunde aber, wenn sie an- nehmen, der dänischen Minderheit in Deusschschleswig gehe es so schlecht, daß sie von dänischer Seite unterstützt werden müsse. Zu welchen Zwecken diese Unterstützungen tatsächlich miß- braucht werden, hat Ministerpräsident Braun in seinen Erklärun- gen angedeutet. Minister Appel vermeidet es leider, darauf ein- zugehen. Es wäre wünschenswert, wenn die dänisch« Regierung über die Verwendung des„Kulturfonds" Nachforschungen anstellt« und bei dieser Gelegenheit sich auch eingehender von der nicht immer heilsamen Tättgkett der dänischen Press« auf deutschem Boden überzeugte. Wenn Minister Appel bei den Klagen über schulpolittsche Hemmungen der deusschen Minderheiten in Därremark konkrete Bei- spiele vermißt, so ist das berechttgt. In dieser Hinsicht wird Der- säumte» nachzuholen sein. Wenn dann aber der Herr Minister seinerseits sich darüber beklagt, daß die dänischen Schüler aus deusschem Boden weniger Rechte haben als die deutschen in Dänemark und damit die Bewilligung des Kulturfonds begründet, so vermissen wir hier unserersekts Beispiele au» de« Praxis._ poincars meidet Theum's.. Die Verhandlungen zwischen Paris und Brüssel über das Zu- stmidekommen einer französisch. belgischen Konferenz dauern fort. Die belgische Regierung versucht, offenbar durch die englisch « und die italienische ermutigt, diese Aussprache möglichst ball» zu veranstalten, während PoinrarS die Angelegenheit, wie es scheint, dilatorisch behandelt, um sein» Begegnung mit Theunis zu vertagen. Bisher scheint«r soviel erreicht zu haben, daß man mit einer Zusammenkunft vor Mitt« d«r nächsten Woche kaum mehr rechnet. �,
Spalkung de» Vereins Bertiner Künstler? Wie wir hören, hat sich«ine Reihe von jüngeren Mitgliedern des Verein» Berliner Kunstler zu einer„Arbeitsgemeinschaft" zusammengefunden und die dabei gefaßten Beschlüsse dem Borstand und den Vertrauens- männern vorgelegt. In einem Rundschreiben an die Vereinsmit- glieder heißt es:„Als Vereinigung von Künstlern können wir nur mit künstlerischen Mitteln demon- strieren und repräsentieren. Wir wollen daher— zu- nächst ohne Umbau— die Räume des Vereins, insonderheit die Aus- stellungsräume, neu und zweckmäßig Herrichten und in diesen Räumen dann im Oktober-Rovember 1923 ein« Herbstausstellung des LDK. veranstalten. Dazu bitten wir schon jetzt jedes einzelne Mitglied, dem in der letzten Hauptversammlung gewählten künstlerischen Beirat— Prof. Plontke, Arnold, Placzet— eincer st klassige Arbeit für den September zur Verfügung zu halten, denn nur eineQuali- tätsaus st ellung, die für Berlin ein Ereignis sein muß und nicht aussehen darf wie ein„besserer" Saal der früheren„Großen Berliner", kann die Lage für«ns günstig beemslussen, uns die Sympathie der Oeffenllichteit gewinnen. ...Dieser letzte Versuch der Wiederaufrichtuvg muß unternommen werden, wenn der Derein nicht im Chaos versinten soll." Eine Aufftischung täte dem altersschwach gewordenen Verein dringend not. Die dazu nöttgen Kräfte würden sich unter seinen Mit- gliedern wohl finden, fraglich ist es nur, ob die Verjüngungskur ohne einen operativen Eingriff möglich ist oder ob ste schließlich nicht zu einer neuen Sezession führen muß. Mehr Kinderschuh in der ZUmiudustriei Zu dem Artikel in Nr. 235 vom 23. Mai wird uns aus dem Reichsministerium des Innern geschrieben: Die Vorarbeiten für die vom Reichstag gefordert« Neuregelung des Lichsspielgefetzes sind in vollem Gange. Die Novelle ist im Re- ferentenentwurf bereits fertiggestellt, der zunächst Gegenstand von Beratungen innerhalb der Ressorts ist und nach weiteren Barbe- sprechungen mit den Verbänden und Vertretern der Industrie den gesetzgebenden Körperschaften zugehen wird. Die von der?lbg. Frau Bohm-Schuch aufgeworfen« Frag« des gesetzlichen Schutzes von Kindern bei Filmaufnahmen kann je- doch im Rahmen des Lichtspktgesetzes nicht gelöst werden, da dtefes Gesetz sich lediglich mit der Bildstreifen Vorführung befaßt, während etwa notwendige Maßnahmen auf dem Gebiete des Kinder- fchutzes im Rahmen des Gesetzes über Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben vom 30. März 1903 zu treffen sind. Auf die Anregung der Abg. Bohm-Schuch war das Reichs. Ministerium des Innern noch im Dezember 1922 mit dem Reichs- arbeitsministerium in Verbindung getreten, das eine Prüfung zu- gesagt hat, ob die Aufnahme besonderer Voischristen über die Mitwirkung von Kindern bei Filmaufnahmen in dieses Gesetz ncll- wendig ist. Im übrigen haben Erkundigungen ergeben, daß Miß- stände hier bisher nicht hervorgetteten find. Die Frage der Be- urlaubung von Schulkindern zu Filmaufnahmen ist Gegenstand eines Erlasses des Berliner Provinzialfchulkollegiums vom 9. Januar 1923, wonach die Beurlaubung von einer genauen Priiftmg abhängig ist, daß weder für die Gesundheit noch für die Sittlichkeit der Kinder Gefahren zu befürchten sind.