Einzelbild herunterladen
 

fit. 25t 4S. Jahrgang

Seilage öes vorwärts

Zreltag, t.?unl tH2Z

Im Kampf mit öerlmer Verbrechern.

Wer Erinnerungen nachhängt, pflegt meistens ein bereits älterer Mann zu sein, der in beschaulicher Muße auf sein gelebtes Leben zurückblickt, auf dessen �öhen und Tiefen, auf Stürme und stille Häfen. Nicht ganz paßt diese Charakteristik auf Kriminal­kommissare, die gewissermaßen schneller leben als andere Menschen, bei denen sich häufig genug, zusanimengedrängt auf Monate, ja Wochen, eine Fülle wichtigster Erlebnisse sammelt, daß sie als Mann in den besten Jahren bereits über eine Fülle von Erinne- rungen oerfügen. Von einem Berliner Kriminalkommissar in der Mittagshöhe des Lebens stammen auch die Erinnerungen, von denen hier zunächst ein paar Fälle erzählt werden sollen, die ein besonders anschauliches Bild bieten von den Gefahren und Schwierigkeiten, mit denen die Kriminalpolizei gerade in Berlin zu kämpfen hat. Der Meisterspringer. Eine etwas humoristische Färbung hat das Erlebnis mit dem Meistersprinaer. Bor einer Reihe von Iahren wurde bei einem Pfarrer in Tapiau in Ostpreußen eingebrochen und dem Herrn Pastor aus dem Geldschrank für 7000 Mark ostpreußische Pfand­brief« gestohlen. Die Spur des Täters führte nach Berlin , und dem Kriminalkommissar gelang es, den Einbrecher in der Woh- rrung einer Prostituierten zu stellen. Da er den Einbruch leugnet«, ließ der Kommissar durch seine Beamren das Zimmer auf das gc> naueste durchsuchen, die Möbel und das Bettgestell auseinander- nehmen, aber ohne Erfolg. Da fiel dem Kommissar ein Bild auf, das merkwürdig hoch, fast dicht unter der Zimmerdecke auf- gehängt war. Man nahm es von der Wand, schnitt es auf, und dabei sielen die Pfandbriese heraus. Nun gab der Ver- brechet- dos Leugnen auf und wurde zur Vernehmung nach dem PolizÄpräsidium transportiert, die in einem Zimmer der Aweiten Etage stattfinden sollte. Die Beamten saßen bereits am Tisch, um zu protokollieren, der Kommissar hatte sich für kurze Zeit in ein Nebenzimmer begeben, um ein Aktenstück zu holen, als der unge- fesselte Derbrecher plötzlich über große Schmerzen klagte und um e'm Glas Wasser bat. Während einer der Beamten aus dcm Jim- mer lief, um das Gewünschte zu bringen, sprang der Gefangene auf den ain Fenster stellenden Tisch, entriß dem am Tisch sitzenden Beamten den Hut und setzte mit Hechtsprung durch das D o p p« l f e n st e r auf die Dircksenstraße. Indessen er hatte Pech, wurde sofort ergriffen und zurückgeholt. Er hatte sich bei dem Sprung keinen Schaden getan und nicht die geringftcn Ber- letzungen davongetragen. Als der Kommissar ihm seine Bewun» derung für die kühne Tat aussprach, meinte er vertraulich:Ach, Herr Kommissar! Die Sache ist nicht so schwer. Ich war Akrobat, und man muß nur allen Willen und alle Kraft aufwenden, dann geht es schon!" Am nächsten Tage wurde er dem Untersuchungs- richter in Moabit vorgeführt. Die Vernehmung in einem Zimmer in der Turmstraße fand unter starker Bewachung des Springers statt, den man aber wieder ungcfesselt ließ. Mitten in der Ver- Handlung sagte er:Auf Wiedersehen!", sprang auf den Tisch, sau st e abermals durch das Fenster des Zimmers, das sich in der zweiten Etage befand, und fiel auf einen Hausen Tannenbäume es war um Weihnachten, der unter dem Fenster lag, und entkam. Wochenlang suchte ihn die Kriminalpolizei vergebens. Eines Tages aber fiel dem Kommissar in der Grenadier- straße ein Mann auf, er folgte ihm in einen Zigarrenladen, erkannte den Meisterspringer und begrüßte ihn mit den Worten:Na, Bruno, endlich sehen wir uns wieder!" Der Ueberrafchte üeß sich willig abführen und meinte:Da haben Sie aber Schwein gehabt, Herr Kommissar!" Bevor er zur Aburteilung nach Tapiau gebracht wurde, iagt« er:Herr Kommissar! Sie haben mich immer an- ständig behandelt. Ich werde mich dafür revanchieren. In Tapiau breche ich ja doch bald wieder aus und schicke Ihnen dann eiri« An- stchtspostkarte." Er kam aber nicht dazu, sein Versprechen zu halten, da er bald darauf in der Anstalt in Tapiau starb. Welche List die Kriminalpolizei aufbieten muß, um eines Erfolges sicher zu sein, zeigt die Geschichte von dem Sauerngutsbesttzer als Einbrecher. Ein wegen verschiedener Straftaten im Gefängnis sitzender Sträfling hatte der Kriminalpolizei mitgeteilt, daß ein in der Nähe von Nauen wohnender Bauerngiusbesitzer, an dem sich der Sträf- ling aus irgendwelchen Gründen rächen wollte, die Einbrüche verübt habe, die in der letzten Zeit in den Villen um Nauen sich ereignet

hotten. Die Polizei solle nur hinausfahren und würde das Diebes- gut finden. Der Fall log sehr schwierig, weil der Bauer in der ganzen Gegend sehr geachtet war und als stiller und ruhiger Mann galt. T-cr Kommissar begab sich zunächst zu dem Denunzianten und ließ sich von dielem einenKassiber" an den Bauern schreiben, in dem der Sträfling dcm Bauern mitteilte, zuverlässige Genossen würden ihm diesen Kassiber bringen, denen er dieSore"(Diebes- beute) herausgeb:n solle, da diePolente"(Polizei) auf seiner Spur sei. Der Kommissar und zwei seiner Beamten maskierten sich nun als echte schwere Iungens, und außerdem wurde eine B«- a m t i n mitgenommen, die als unversälschteTrine" kostümiert war. D;r Bauer tat zuerst sehr entrüstet und wollte von nichts wissen. Erst als die angeblicheTrine" ihm gut zuredete und klar- machte, daß erKnast"(Zuchthaus) bekomme, wenn er das Diebes- gut nicht an sichere Genossen gebe, bevor die Polente käme, fiel er auf den Schwindel herein und grub im Schweiße feines Angesichts Silber, Porzellan und Uhren an einer Stelle aus, die die Beamten niemals gefunden hätten. Als alles zur Stelle war, sagte der Kommissar:Na, für die Arbeit will ich mich auch erkenntlich erweisen! Hier haben Sie einen Taler!" Damit drückte er dem Bauern die E r k e n n u n g s m a r t e in die Hand. Der Kommissar bedauert es heut« noch, daß er das Gesicht des Bauern nicht hat phowgrophieren können, auf dem Wut, Verzweiflung, Angst und Schrecken zu gleicher Zeit lagen. List muhte auch angewendet werden in einem anderen Fall, bei dem öer Kriminalkommissar im Postwagen sich verstecken mußte, um Räuber dingfest zu machen. Ein Post- schaffner hatte bei der Kriminalpolizei Anzeige erstattet, daß in einer Kneipe ein Mann an ihn herangetreten sei und ihn habe dazu be- wegen wollen, hilfreiche 5)and zu bieten bei der Beraubung des Po st wogens, der nachts um 1 Uhr mit einer große» Summe Geld, dos sich in einem Koffer unter dcm Kutschersitz be- findet, und wertvollen Paketen im Innern vom Hauptpostamt in der Spandauer Straß« nach Friedrichshagen fährt. Der Postbeamte war zum Schern auf das Anerbieten eingegangen, und nun wurde folgende List inszeniert Der Postwagen mit dem Geld und den Wertsachen mußte zwei Stunden früher abfahren, und der planmäßige Postwagen, auf den die Räuber warteten, fuhr leer ab. In seinem Innern aber saß der Kommisiar mit mehreren Beamten- und einem Polizeihund. Kurz vor Friedrichshagen wurde Oer Wagen von den Räubern angehalten, die zunächst den Kasten unter dem Kutschersitz hervorholten, in dem sie dos Geld vermuteten. Sodann machten sie sich daran, den Postwagen aufzu- breck)en, in dessen Innern sie weitere Schätze vermuteten. Als die Tür endlich aufsprang, trat den erstaunten Räubern der Kommisiar entgegen, der auf die Flüchtenden feuerte und den einen an der Schulter verwundet«, während die anderen von den Beamten und dem Hund gestellt wurden. Genaueste Untersuchungen waren in scm folgenden Fall notwendig, um«in Resultat zu erzielen. Hier waren öohrspäne unü öraunkohlenasche öle Verräter. In eincm Engrosgeschäft in der Ritter straße war vor mehreren Iahren ein Geldschrankgeknackt" worden, wobei den Tätern über 6000 Mark(das war damals noch ein großes Stück Geld!) in die Hände sielen. Die professionellen Geldschrank- knacker bedienen sich zu dieser Arbeit eines sogenannten Knobbers, der ähnlich aueschaut wie der Oefsner einer Konservenbüchse. Der zweischenklige Apparat weist am einen Schenkel Riefen und scharfe Rinnen auf, die verschieden groß sind und verschieden weit ausein- anderstehen, je nach der Konstruktion des betreffenden Knobbers. Nachdem zunächst ein Bohrer an die Tür des Geldschranks angesetzt worden ist, um ein kleines Loch zu erhalten, wird in dieses Loch der Knobber gesetzt, um weiter und neser in die Panzerplatte de» Geldschranks einzuschneiden. Um möglichst tief hineinzukommen und die Wucht bei der Arbeit mit dem Knobber zu vergrößern, kann der Knobber durch angesetzte Mctallröhren, die ineinander- geschoben werden, wie bei einer Angelrute verlängert werden. Mit Sauerstvffgebläse arbeiten Geldschrankeinbrecher sehr fetten, weil der ausströmende Sauerstoff ein zu starkes Geräusch hervorbringt und feine Handhabung zu gefährlich ist. Einen Tag nach dcm Einbruch wurden in einer Destilbe auf dem Wedding zwei Männer lest- genommen, die sich verdächtig gemacht hatten und de in einer Hand­tasche Mctallröhren mit sich führten. Der Kommissar, dem sie vor-

geführt wurden, gab sich alle Mühe, st« zu überführen, konnte aber nichts Verdächtiges finden und wollte sie schon wieder entlassen. Als der eine der Männer feinen Hut aufsetzen wollte, bemerkte der Kommissar etwas Blankes im Futter ixs Hutes. Bei näherer Untersuchung ergab sich, daß es eitt B o h r f p a n war. Nun wurde auch der Hut des anderen revidiert, und man fand an seiner Krempe Braunkohlenasche. Der Geldschrank, der am Tage vorher !geknackt" worden war, hotte, wie das auch fönst bei Geldschränken . der Fall ist, zur besseren Sicherung eine Füllung von Braun- k o h l e n a s ch e, die natürlich, wenn der Knobber in fie hinein- fährt, im Raum herumfliegt. Der gefundene Bohrspan wurde photographievt, bedeutend vergrößert, und man konnte leicht erkennen, daß er aus der Panzerplatte des erbrochenen Geldschranks i stammte. So wurden die Täter überführt und konnten bestraft werden. So viel für heute aus den Erinnerungen eines Kriminal- kommissars, der aus Gesundheitsrücksichten den Dienst hat aufgeben müssen, heute in einem anderen Berus als gesinnungstreuer Sozial- drmokrat feine Pflicht tut.

Der Rotöorn blüht. In den Gärten und auf den Straßen blüht der Rotdorn. Ganze Straßenzüg« in den Bororten find mit den wunderhübschen Zier- j bäumen besetzt. Eine Fülle von Blüten entwickeln sie, wie Obst- ' und Fliederbäume. Leider viel zu kurz ist die Augenweide. In wenigen Wochen ist das brennende Purpurrot wieder dahin. Und trotzdem gibt es soviel« Menschen, denen selbst dieses Blühen noch zu lange dauert. Sie plündern die Pracht der blühenden Bäume. Mit Armen voll halbmeterlangcn Rotdornzweigen kommen sie daher. Fahrräder, Alktos und Pferdeköpfe werden mit ganzen Büschen geschmückt. Ist denn nicht die Freud « an dem ganzen Baum viel größer als an dem zu schnellem Sterben oerurteilten Zweig? Woher haben dies« Leute, was sie gedankenlos zerstören und mit sich schleppen? Fast ausnahmslos von den Straßen und Ehaussoen, vom Eigentum der Allgemeinheit. Der Begriff des Diebstahls kommt ihnen nicht in den Sinn. Das Gewissen ist beruhigt, wenn niemand sie auf frischer Tat ertappt. Auf den Naturschutz wird gepfiffen. Wenn sie nur ihren Willen haben. Dieser Tage saßen in den Rot- dornbüschen einer östlichen Borortstreck« wohl an zwanzig Schul- ; knaben, rissen haufenweise die blühenden Zweige herunter und ' warfen sie anderen Knaben zu. Der Lehrer stand seelenruhig dabei. Erst als zufällig«in Straßenmeister auf seinem Rad« vorüberkam und den Lehrer fragt«, mit welchem Rechte er so etwas dulde, wurde die Plünderung eingestellt. Es ist zweifellos Pflicht aller einsichtigen Eltern und Erzieher,' der Jugend schon von früh auf Achtung vor dem Eigentum der Allgemeinheit einzuflößen. Was hier bei der Jugend versäumt wird, rächt sich bei den Erwachsenen oft bitter. Der Gemeinlchaftsgedanke. von dem zwar viel gesprochen wird, hat sich leider noch nicht durchgesetzt. Er ist noch nicht etwas Selbstoerständ- liches geworden und noch manches Jahr wird der Roidorn blühen und sich seines Schmuckes berauben lassen müssen,«he jener hehre Gedanke die Herrschaft über das Handeln der Menschheit errungen haben wird. Neue Erhöhung öer staötischen Tarife. Mit dem 1. Juni tritt ein« stark« Erhöhung der Eisenbahnfracht- tarife«in. Des wetteren haben die zuständigen Stellen eine gänz außerordentlich« Kohlenpreiserhöhung mit Wirkung von Anfang Juni beschlossen. Di« Folg« beider Entscheidungen ist«in starkes An- ziehen der Kohlengcstehungskosten, die bekanntlich sür die Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke den Houptausgabefaktor darstellen. Als weiter« Folg« muß daher, wie der städtische Nachrichtendienst mitteilt, mit Wirkung von der Standaufnahme im Juni ab ein« der Erhöhung des Kohlengcstehungspreises entsprechende E r- höhung der Gas-', Wasser- und Elektrizitäts- tarife«intreten. Wie hoch sich die einzelnen Tarif« stellen werden, wird sich erst in einigen Tagen übersehen lassen, wenn der Umfang der Frachttariferhöhung und die Höh« der Preise sür die einzelnen Kohlensorten und Kohlenwerksreviere feststeht.

6]

Eine Angstsafari. Von Arthur Heye. (Schluß.)

Ich wollte versuchen, einige Wildaufnahmen zu machen und war mit dem Kameraträger den anderen voraus- marschiert, die mit ihrem Lärmen und Singen alles Lebendige vorzeitig verscheuchten. Vor uns machte die Straße eine scharfe Biegung durch dichtes Gestrüpp. Eine mehrfache Löwenspur führte schon eine Weile in unserer Richtung den Weg entlang. Ich hatte sie längst bemerkt, als mich Mwezi am Arm be- rührte und mit unsicherer Stimme sagte: Dana, eine Löwin mit drei oder vier Jungen geht vor uns her, ganz nahe, die Spuren sind frisch!". Ich nickte, flüchtig streifte mich der Gedanke, daß Co Win­nen mit Jungen für besonders angriffslufttg gellen, aber meine Aufmerksamkeit war durch ein Rudel Hartebeeste in Anspruch genommen, das sich, auf einer Lichtung langsam äsend, der Straße näherte. Vielleicht war eine Aufnahme zu machen. Rasch, aber leise ging ich weiter. Mwezi murmelte etwas und zögerte ein bißchen, aber dann folgte er mir nach. In der Nähe eines Mimosengestrüpps, das sich halb über die Straße schob, nahm ich den Feldstecher vor die Augen und beobachtete langsam gehend das Rudel. Die Tiere kamen näher, ich setzte das Glos ab, wollte ge- rade um das Gebüsch biegen da fuhr ich zusammen, blieb mit starren Augen und wie versteinert stehen. Etwa fünf Meter vor mir stand eine Löwin mitten auf der Straße. Mit vorgestrecktem Kopfe stand sie regungslos im Sonnenschein, sie schien die Hartebeeste zu beobachten. Im dürren Gras und Laub zur Seite raschelle und mauzte etwas, dann kamen zwei gelbe Knäuel herausgckugelt und rollten in wildem Geraufe im Staub herum. Noch ein drittes Junges tauchte auf, es kroch der Alten zwischen die Beine, schien saugen zu wollen. Ich war keiner Bewegung fähig, wagte kaum zu atmen, das leiseste Geräusch hätte die Aufmerksamkeit des Raubtieres auf mich gezogen. Was tun was tun! hämmerte es mir im Kopfe. Eine peinvolle Minute versttich, vielleicht waren es auch nur Sekunden. Da knisterten Halme hinter mir. Mwezl kam heran. Ich hob die Hand, Miß nicht, ob zur Abwehr oder in dem

gemeinen Gedanken, daß die auf zwei Menschen gelenkte Auf- merksamkeit des Tieres auch nur die Hälste der Gefahr für den einzelnen bedeutete. Ahnungslos trat er neben mich ein kurz hervor­gestoßenesLo!". und wie ein Blitz war er herum und fort. Gerade wendete die Löwin den Kopf, sie hatte das Sin- gen der näherkommenden Safari gehört, diesen Moment be- nutzte ich und lief, wie ich noch nie gelaufen war. Lief so. daß ich den leichtfüßigen Neger einholte. Und d«r stieß ein fürchterliches Gebrüll aus und verdoppelte sofort seine Ge- schwindigkeit. Mir wurde klar, daß er bei meinen mächtigen Sätzen glaubte, die Löwin wäre hinter ihm her! Ich schoß vom Wege ab auf einen Baum zu, sah noch, wie die Träger beim Anblick unseres Galopps blitzschnell und prompt wie gestern die Lasten wegwarfen, auseinanderspritzten und mit verblüffender Geschwindigkeit in Dickichten und auf Bäumen verschwanden, und verschwand im nächsten Augenblick selbst, unerreichbar für alle Löwen der Welt, in der Krone einer himmelhohen Tamarinde. Kaum oben, konnte ich mir nicht helfen, und brach ob des Anblickes, den soeben ich selbst, mein armer Mwezi und die anderen Mohren geboten hatten, in ein so schallendes Gelächter aus, daß ich beinahe wieder heruntergefallen wäre. Als nach zehn Minuten in der Nähe jenes Mimosengestrüpps noch immer nichts verdächtig Gelbes sichtbar wurde, stieg ich her- unter ynd ging in weitem Bogen und wohlweislich nie allzu- weit oön Bäumen entfernt dahin zurück. Mutter und Kinder waren verschwunden, die Hartebeeste allerdings auch und damit die Hoffnung auf ein schönes Tierbild. Erst auf mein lautes Rufen fammetten sich die Mohren wieder, der alte Wasserträger kam stracks auf mich zu; er stellte das Gefäß ab, zeigte auf feine Fülle, streckte die Hand aus und sagte schlichtRupie!?" Diesmal gab's nur fünfzig Cent. In der Menge wird's billiger. Die erste Hälfte der folgenden Nacht verbrachten wir unter dem üblichen Heulen des Hungsrchores' ringsum wieder in einer Boma, die zweite aber auf Bäumen. Gegen Mitternacht hatte mich aufgellendes Geschrei und ein merkwürdiger Lichtschein geweckt und der Anblick von ringsum prasselnden Flammen zu schleunigem Bergen meiner Habe und meiner Haut genötigt. Der übermüdete Mann bei der Feuerwach« war eingeschlafen, und die Lagerfeuer hatten

die Dornenmauer ergriffen. Obdachlos und betrübt standen wir in der dunklen Steppe, und die Chöre erklangen so unbe- haglich laut und hungrig durch die Nacht, daß wir still und leise jeder auf einen Baum stiegen und hier frostschauernd und mit bocksteifen Gliedern den Morgen erwarteten. Es war die letzte Prüfung auf dieser Angstsafari. Gegen Abend des anderen Tages erreichten wir Taveta. Hier gab's Wasser und einen mit zehn Askari einsam hau- senden englischen Unttrkommissar, der mich liebenswürdig und gastfrei aufnahm. Beim Abendbrot erzählte ich ihm meine Abenteuer, in denen ich wegen meiner Wafsenlosigkeit immer eine so passive Rdlle gespielt hatte. Well", sagte er lächelnd,ein bißchen riskant ist es aller- dmgs ohne Gewehr. Aber wenn Sie eins gehabt hätten, wären Sie wahrscheinlich in andere Schwierigkeiten gekommen. Nämlich wegen unserer famosen Iagdschutzgesetze. Hören Sie mal zu, wie es mir selbst damit ergangen ist." Und nun erzählte er mir in einer unnachahmlich trockenen humorvollen Weise, wie er hatte«in Nashorn schießen müssen, das ihn angegriffen hatte, wie er pflichtgemäß Meldung an seine vorgesetzte Behörde gemacht und die ihm darauf einen merkwürdigen Utas zugeschickt hatte. Darin stand zu lesen. daß ihm für diesmal die Sache nachgesehen würde, aber die Regierung hoffe, daß so etwas nicht wieder vorkäme. Erst war ich natürlich über diese blödsinnige Bureau- kratenbande wütend wie ein alter Büffelbulle, aber dann habe ich furchtbar gelacht und auf die Rückseite des Wisches ge- schrieben, daß das ganz von den Nashörnern abhinge. Wenn die versprächen, mich nicht wieder anzugreifen, wollte ich sie auch gern in Frieden lassen. Ich bäte also eine hochwohlweije Regierung, sich in dieser Angelegenheit an die Nashörner zu wenden." Ja, und dorm?" fragte ich lachend. Well, ich habe nie wieder etwas von der Sache gehört!" Als wir am anderen Morgen aufbrachen, schimmerte der Schneedom des Kilimandjaro , im ungeheuren tiefen Himmels- blau verloren, als Richtweiser vor uns. Am Nachmittag über- schritten wir die Grenz« von Deutsch-Ostafrika und waren spö! abends in Moschi. Hier zahlte ich meinen Tragern den Lohn und das versprochene Backschischi mkuba aus. Es schien ihre Erwartungen zu befriedigen: mit freundlichst lachenden Ge- sichtern sagten mir die braven Kerle Lebewohl. Dann machten sie sich auf ihren langen gefahrvollen Rückweg.