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Nr. 255 40. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Dritter internationaler Baugildentag.

Sonntag, 3. Juni 1923

gegen die Gilden auch in England, Deutschland  , Frankreich  , ersten Geschäftsführer des Verbandes sozialer Baubetriebe, Dr.- Ing. Holland und Palästina aufkommen. In England hat der plötzliche Wagner, zum ehrenamtlichen Sekretär des Internationalen Bau­Systemwechsel in der Finanzierung des Wohnungsbaues die eng- gildenverbandes bestellt hat. Der Sekretär wurde beauftragt, den Am 28. Mai tagte im Hamburger   Gewerkschaftshaus im An- lischen Gilden in eine schwere Krise hineingeführt. Die erfte Erfahrungsaustausch der Gilden untereinander in erweitertem Um­schluß an den Bierten Deutschen   Bauhüttentag der Dritte Internatio- englische Baugilde begann im Oftober 1920 ihre praftische Arbeit. fange in die Wege zu leiten und ersucht, die Gilden der einzelnen nale Baugildentag, zu dem die Baugilden von Palästina( Dov Im Jahre 1921 zeigte die Bewegung eine steil aufsteigende Kurve. Länder durch persönliches Studium ihrer Organisation und ihrer Hos und Sternberg Maret), Spanien  ( Andrés Saborit Colomer  ), Mitte des Jahres 1922 zeigte sich aber bereits, daß die englische Arbeit fennenzulernen. Insbesondere wurde ihm der Auftrag, auch die Holland  ( Van der Lande, Drewes, Heymons), Schweden   Bewegung organisatorisch und wirtschaftlich zu schwach fun wirtschaftlichen Beziehungen der Gilden untereinander zu ( Hansson), Tschechoslowakei  ( Hausmann), Desterreich diert und mit Zukunftszielen belastet war, die in furzer Zeit erweitern, die Organisation einer internationalen Kredit­( Meißner), Ungarn  ( Garbai  , Rieß, Knittelhoffer), Deutsch   nicht erfüllt werden konnten. Die Krisenerfahrung der englischen   ftelle vorzubereiten und auch die Beziehungen zu den russischen land( Ellinger) Bertreter entfandt hatten. Das Internatio- Gilden hat gelehrt, daß eine streng zentralistische Organisation eine Genossenschaften einzuleiten. nale Arbeitsamt war durch die Herren De Roode Genf und für das Baugewerbe nicht hinreichende Bewegungsfreiheit befizt, Schlice Berlin   vertreten. Italien  , Frankreich   und England waren daß man das Verantwortungsgefühl der örtlichen Zellen der Gilden­an der Teilnahme behindert. bewegung steigern muß und daß die Gründung von Gilden das Vorhandensein von hinreichendem Betriebskapital und hinreichen

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on einem gewissen Wendepunkt ihrer Entwicklung steht. Im wesent- Oeffentliche Versammlungen

Nach Entgegennahme des Geschäfts- und Kassenberichtes des Gefretariats berichteten die einzelnen Vertreter über den gegenwär­tigen Stand der Gildenbewegung in ihren Ländern. Aus den Be­richten ging deutlich hervor, daß die Gildenbewegung ganz allgemein lichen sind es drei Machtfaktoren, die die Gildenbewegung des Jahres 1922 entscheidend beeinflußt haben: die europäische Wirtschafts= frise, die Verschiebung der politischen Machtverhältnisse nach rechts und die Auswertung der organisatorischen und wirtschaft­lichen Erfahrungen der praktischen Gildenarbeit.

Die völlige Klarstellung der eigenen räfte, die verhält. nismäßig rasche Klarstellung der zweichmäßigsten Organisation und die Klarstellung der Hauptträger der Bewegung verdanken mir der gewaltigsten wirtschaftlichen und politischen Krise, die die Welt je gesehen hat. Eine Bewegung, die in der Zeit dieser Krise ihr Fundament legt, ist dreifach geboren. Mit ungebrochenem Ber­trauen zu der Idee und in voller Einmütigkeit über die demnächst in Angriff zu nehmenden Aufgaben, für die alle Landesorgani­fationen auch finanzielle Opfer zu bringen bereit maren, wurde der Dritte Internationale Baugildentag von seinem Vorsitzenden, Rappler, geschlossen.

Die Abguß- Sammlung antiker Bildwerke

Bon Margarete Gütscho m.

am Dienstag, 5. Juni, abends 7% Uhr in folgenden Cofalen: Die europäische Wirtschaftsfrise hat insbesondere die Gilden der Moabiter Gesellschaftshaus, Wiclefftr. 24. 2änder England, Holland  , Desterreich und der Tschechoslowakei   be- Pahenhofer- Ausschant, Chauffeestr. 64. troffen. Die Bautätigkeit ist in diesen Ländern fast, allgemein zurüd- Böhow- Brauerei, Prenzlauer Allee 242. gegangen. In Desterreich wird nach der Stabilisierung der Krone Andreas- Festfäle, Andreasstraße. foft gar nicht mehr gebaut. In der Tschechoslowakei   ist die private Charlottenburg  : Edmanns Festfäle, Wilmersdorfer Ede Museen nichts in sich fertiges; nicht abgeschlossen, wenn auch ihre Bautätigkeit faft völlig eingeschlafen. Der einzige große Bauherr ist Scharrenstraße. der Staat, der nach Feststellung der neuen Grenzen Kasernen und Wilmersdorf  : Bittoriagarten, Wilhelmsaue 114/115. einige Schulen bauen läßt. In England und Holland   wurden die Schöneberg  - Friedenau  : Uhlandfchule, Kolonnenstr. 22/23. Staatszuschüsse für den Kleinwohnungsbau abgebaut, Steglitz  - Lichterfelde  : Oberrealschule, Elifenstraße. ohne daß das Privatfapital in der Lage war, von sich aus den Wohnungsbau zu beleben. Mehr oder weniger macht sich diese Neukölln: Wintergarten Schultheiß- Brauerei, Hasenheide 22/31. Erscheinung auch in anderen Ländern bemerkbar. Deutschland  , das Lichtenberg  : Aula Partaue, an der Möllendorfftraße. im Jahre 1922 das Land der stärksten Geldentwertung war, hatte Reinidendorf- Oft: Bürgergarten, Hauptstr. 51. aus diesem Grunde eine verhältnismäßig starke Bautätigkeit, meil das Privatkapital die Geldentwertungsgewinne zum größten Teile in Bauten festlegte. Die Gesundungskrise", die Desterreich und die Tschechoslowakei   zurzeit durchmachen müssen, rung gebracht wird.

Tagesordnung: Das Angebot der Industrie­ein Attentat auf Republik   und Arbeiterschaft! mird auch Deutschland   erfassen, wenn die Mark zu einer Stabilisie- Redner find: Altmaier, Criſpien, Dr. Herk, Heinig, Künstler, Dr. Levi, O. Meier, Dr. Rosenfeld, Rob. Schmidt, A. Stein, Wiffell.

Die deutschen   Bauhütten

haben vor den Gilden anderer Länder das voraus, daß sie die Er­fahrungen dieser Gesundungskrisen" auswerten können und die Vor­bereitungen für den Durchgang durch die Krise bereits getroffen haben oder zu treffen im Begriff stehen. Ihre vollendete und fest­gefügte Organisation gibt ihnen für diese Krise einen Rückhalt, den Die Gilden der anderen Länder noch nicht hatten und bei ihrer Jugend nicht haben konnten. Sie haben darum unter einem Rückschlag ihrer Bewegung zu leiden gehabt. Völlig falsch wäre es indessen, diesen Rückschlag der Gildenbewegung als solcher zuzuschreiben. Die euro­päische Wirtschaftskrise hat den privat tapitalistischen Bauunter nehmungen prozentual weit größere Rüdschläge gebracht.

Genossen! Agifiert überall für einen guten Besuch der Bersammlungen, zeigt durch ein Maffenaufgebot, daß die Berliner   Arbeiterschaft gewillt ist, die Pläne der Schwerindustrie zu Schanden zu machen. Zur Deckung der Unkosten 100 Mark Eintritt

Bezirksverband Berlin BSPD.

den Produktionsmitteln vorausgesetzt. Bor allem aber lehrt die englische Krise, daß eine Gildenbewegung nicht ohne den engsten Rontaft mit den Gewerkschaften und den Konjumentenorganisationen

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Wie alles Gewordene, das innern Lebens voll ist, sind auch Kunstwerte noch so schön aufgestellt sind. Sie müssen etwas Werdendes, Entwicklungsfähiges sein, wenn anders sie nicht der Bergessenheit anheimfallen, sondern Stätten des Lebens bleiben wollen. Solch ein organisches Wachstum zeiat die Berliner  Sammlung der Abgüsse antiter Bildwerke. Bor drei Jahren wurden die hohen, lichtdurchfluteten Säle im Obergeschoß der Universität eröffnet, die außer dem tretischen Kabinett mit seiner rund 4000 Jahre alten Wunderwelt leuchtender Bond­gemälde und kostbarer Goldgeräte in fünfzehn Räumen die Ent­wicklung der griechischen Plastit von ihren Anfängen an bis zur Kaffischen Vollendung des Phidias   und Pragiteles zeigen. Ein Jahr später waren fieben weitere Räume für die leidenschaftliche Kunst volle des römischen Raiserreichs neu geschaffen. Jetzt ist ein meiterer des ausgehenden Griechentums, des Hellenismus   und für die maß­Raum hinzugekommen. Kleiner zwar, und die Dinge, die in ihm zur Schau stehen, sind geringen limfangs, aber von um so größerer Mannigfaltigkeit: Kleinkunst und Kunstgewerbe, Abgüsse von Statuetten aus Marmor, Bronze und gebranntem Ton, von Stud­reliefs, von Dingen des täglichen Gebrauchs, Trinkgefäßen, Spiegeln, Schmud, Waffen, Kandelabern u. a. oder auch nur von Bruchstücken solcher Dinge, die aber selbst in der Zerstörung noch unvergleichlich schön find. In absehbarer Zeit werden noch mehr Räume mit Originalen griechischer Basen und Abgüssen großer Architektur folgen.

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Was aber ist der Wert dieser Sammlung von Abqüffen in einer nicht nur materieller, sondern auch materialechten" Zeit, noch dazu in einer Stadt, die reich an schönsten Originalen ist? Biel   muß uns diese Abgußsammlung erfeßen. Denn wer fann heutzutage fidh Die Berschiebung der politischen Machtverhältnisse hat in noch im Ausland der verstreuten Originale freuen? und mer crster Linie die Gilden Italiens   getroffen. Die faschistische Re­fönnte, der fähe doch nur Einzelstücke, losgelöfte Teile eines großen aierung Mussolinis hat es verstanden, eine schon vor dem Welt zu dauernder Eristenz gebracht werden fann. Diese Gesichtspunkte Ganzen. Ein Museum von Abgüffen jedoch fann etwas geben, mas friege zu hoher Blüte gebrachte Baugildenbewegung in Italien   bis hatte die englische Gildenbewegung mehr oder weniger vernach-| fein Museum vor. Originalen vermag: ein vollständiges Bild der auf wenige Reste zu zerschlagen und den Gilden ihre gemeinnüßige fäffigt. Die holländischen Gilden haben aus der Krise der eng antifen Plastik und ihrer rund tausendjährigen Entwicklung. Das ist Tätigkeit zu unterbinden. Die italienischen Gilden sahen sich darum lischen Gilden die Konsequenz gezogen und beschlossen, noch in gerade der Borzug Berlins  , daß die Schäße an Originalen im Alten gezwungen, ihr Wirkungsfeld zum Teil in das Wiederaufbaugebiet diesem Jahre den fehlenden Kontakt mit den Gewerkschaften her- Museum durch diese reiche Abguß- Sammlung, die größte von Nordfrankreich zu verlegen und einen Reft ihres erarbeiteten zustellen. In Spanien   und Schweden   gelangte die Gilden Europas  , ergänzt werden. Kapitals und ihrer Produktionsmittel aus dem eigenen Lande her bewegung erst im Jahre 1922 zur Entwidlung. In diesen beiden Als seinerzeit die Aufstellung der Kunstwerte beendet wurde, auszuziehen. Ländern hat man die ganze Bewegung von vornherein dem Ein- fagte mir ein Gipsarbeiter stolz: Wir haben dauernde Werte ge­In Ungarn ist es aus politischen Gründen zu einer praktischen fluß der Gewerkschaften unterstellt und diese zum geistigen schaffen. Nicht nur mir Stuffoteure fönnen dies Museum gebrauchen. Gildenarbeit noch nicht gekommen. Die baugewerblichen Kopf- und und wirtschaftlichen Träger gemacht. Die deutsche Bauhütten- 2lle Handwerker, Steinmetzen und Maler, Tischler und Schloffer Handarbeiter beschränken sich darum zurzeit darauf, Kapital anzu bewegung fann sich glücklich schätzen, die Fehler der englischen Gilden sollten kommen und lernen, was schön ist, und alle anderen Menschen sammeln und die Gildenidee in Wort und Schrift zu vertiefen und von vornherein vermieden zu haben. Wenn die italienischen Gilden auch." Anhänger zu sammeln. Die Verschiebung der politischen Macht hat im vorigen Jahre auch zahlenmäßig stärker als die deutschen   Bau- Er hat recht gesprochen. Aus dem Museum der Gelehrten und auch in der Tschechoslowatei ihre schädigende Wirkung insofern hütten waren, so steht heute die Produktionskraft der deutschen   Forscher um das zu sein, wurde es der Universität angegliedert ausgeübt, als hier die Gildenbewegung nur von dem deutsch  - Bauhütten in Europa   und darüber hinaus an erster Stelle. Der follte eine Stätte der Freude und Belehrung für alle merden. Damit sprechenden Teil der Bauarbeiter gefördert wird und die jenige, der die Geschichte und die Entwicklung der Gewerkschaften die Sammlung das auch für die weitesten Kreise der Arbeitenden tschechische Regierung durch alle möglichen Mittel versucht, die sozial fennt, wird in dieser Feststellung nichts zufälliges finden. werde, hat die Leitung fich zu einer zeitgemäßen Neuerung ent­tätigen deutschen   Gilden, aber auch private deutsche Bauunter- Der Dritte Internationale   Baugildentag hat diese besondere schlossen. Das Museum wird von icht an versuchsweise einmal nehmungen zu unterdrüden. Stellung der deutschen   Bauhütten dadurch anerkannt, daß er den nachmittags, und zwar Donnerstags von 4 bis 7 Uhr, Sitz des Internationalen Baugildenverbandes( vorbehaltlich für das Publikum geöffnet sein. Denn nur wenige find's, die späterer Entscheidungen) nach Deutschland   gelegt und den vormittags noch Zeit haben. Aber die Besucher sollen den Kunst­art zu paden, wie er jedes Wort seiner Briefe mit feinstem psycho-| dem Polizeipräsidenten weit weniger gefährlich" erscheinen muß als logischen Einfühlungsvermögen auf den Eindruck hin abzustimmen der Lassalle in Düsseldorf  . Es gibt Stellen sowohl in dem Brief weiß, den es auf den Empfänger machen soll: das ist zum Ent- wie in dem Bericht, die sich mit ihren Betrachtungen über den zücken! Lassalle   felbft für Schmeichelei keineswegs unempfäng- Busammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und politischem lich! scheut auch durchaus nicht vor gelegentlichen Lobeserhebungen Denken, die fich in ihren Auseinandersetzungen über bürgerliche und für seine Adressaten zurück, ja, an Herrn von Hinkelden verschwendet sozialistische Demokratie wie Privatiffima im historischen Materialis­er seine Elogen besonders freigebig. Welch ein überlegener Humor mus lesen. funtelt aus jedem der Briefe, welche Leuchtkraft geradezu attischen Wiges strahlen fie aus! Man sieht Laffalle förperlich vor sich, wie er solche Briefe überlegt und niederschreibt! Man fühlt sein Gehirn arbeiten, wenn er einem altpreußischen Polizeimanne von der Art Hinfeldens, oder wenn er dem Prinzen von Preußen in hoher Rhetorik die wissenschaftliche Bedeutung seines Heraklit auseinander jegt, und wenn er sie geradezu dafür verantwortlich macht, daß ein fo epochales Wert nicht durch ihre Schuld der Welt vorenthalten bleibe.

Soweit die politische Macht das Wirtschaftsleben und damit auch den Baumarkt beeinflußt, sehen wir einen verstärkten Drud

Lassalles Kampf um Berlin  .

Bon Konrad Haenis.

Aus dem an anderer Stelle besprochenen Buch: ,, Lassalle  , Mensch und Politiker."

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Mit dem Gesagten ist schon angedeutet, daß auch der Spitzel­bericht wieder durch die bei aller Verschlagenheit doch fast rüchaltlos zu nennende Ehrlichkeit Lassalles über sich selbst erfreut. Man lese nur Säge wie diese: Die Gesinnungen Lassalles sind durchaus demokratisch und dem Bestehenden dem Prinzip nach noch ganz ebenso entschieden feindlich, wie sie es etwa im Jahre 1848 nur irgend gewesen sein können... Lassalle   gehört, wie er fein Heh! hat, nicht zu der reinen Demokratie, sondern zu der sogenannten Fraktion der sozialen Demokratie.. Lassalle   scheint sich als den natürlichen Anwalt und Schüher fämtlicher Arbeiter zu be= trachten und von ihnen ebenso betrachtet zu werden, ein Grund, der wohl viel mit dazu beiträgt, die Arbeiter so sehr gegen das Projekt Lassalles, nach Berlin   zu ziehen, aufzubringen." Boraus Herr von Hinkelden den Schluß ziehen soll: wollen die Arbeiter ihn in Düsseldorf   festhalten, so muß umgekehrt der Polizei natür­lich daran liegen, ihn in Berlin   zu haben.

Eine Folge von Laffalles Hervortreten in den Rämpfen det Revolutionsjahre war das gegen ihn ausgesprochene Verbot des Aufenthalts in Berlin  . Solange ihn die Hazfeld- Prozesse in Anspruch nahmen, tat ihm dies Verbot nicht allzu weh. Das wurde anders, als hier der volle Sieg erfochten war und Lassalle sich nun endlich es war in der dumpfen Reaktionsperiode der fünfziger Jahre, und noch sah es nirgends nach nahen politischen Entladungen aus mit ganzer Kraft seinen großen wissenschaft lichen Plänen widmen wollte. Lassalles ,, Rampf um Berlin  " mar reich an dramatischen Zwischenfällen( er dringt einmal als Fuhr Das Reizendste an diesem ganzen Zwischenspiel ist ein Einfall mann verkleidet in die verbotene Stadt ein, wird bei solchen Unter- Lassalles, der erst im Herbst 1922 durch eine Beröffentlichung des nehmungen gelegentlich auch verhaftet). Haenisch erzählt aber von unermüdlichen Lassalleforschers Gustav Mayer   bekanntgeworden ist: diefem Kampfe nicht um der äußeren Begebenheiten seibst willen, Lassalle vermummt sich als Bolizeispiel und erstattet sondern weil auch er uns den ganzen Lassalle gibt feine in dieser Rolle über sich selbst einen ganz geheimen 2 genten glühende Willenstraft und seine tosende Leidenschaftlichkeit, fein nicht bericht an eben jenen Hinfelden, dem er zur gleichen Zeit un­zu überbietendes Selbstbewußtsein und seine durch nichts und durch maskiert und in gewissem Sinne doch auch hier wieder mastiert! niemanden zu brechende Zähigkeit, aber auch die unbedenklichkeit als Lassalle seine Briefe schreibt! in der Wahl der Mittel, die Laffalle anwendet, um das einmal Unvergleichlich, wie Lassalle  , als Spigel verkleidet, dem hoch gestedte Biel   zu erreichen. Raum eine miffenfchaftliche und poli- mögenden Reaktionär begreiflich macht, daß der äußerst verdächtige tische Persönlichkeit von Ansehen und Einfluß, die Lassalle nicht in briefliche und gelegentlich auch persönliche Verkehr dieses pp. Lassalle  Den Dienst seines Bollens zu zwingen versucht: Auguft Boedh und mit den in London   lebenden deutschen   Revolutionären, besonders Alexander von Humboldt  , die Berliner   Polizeipräsidenten von Hintel mit Marg und Engels, in Berlin   weit besser zu überwachen sei als den und von Zedlig, den Ministerpräsidenten von Manteuffel mie in dem der holländischen und belgischen Nähe so nahen Düsseldorf  ! Ueber das Ergebnis dieses gangen, mit soviel Scharfsinn, Wiz schließlich auch den Brinzen von Preußen und späteren König Wil- Famos, wie fein und mizig der Spizzel Lassalle   den wirklichen und Laune in Szene gesezten, mit so unvergleichlicher Zähigkeit heim I. in höchsteigener Person." Laffalle charakterisiert, wie er feinen Augenblick zögert, auch von durchgeführten Spiels bleibt nur noch zu sagen, daß Lassalle zunächst Haenisch schreibt: Nichts ist reizvoller, als die nach und nach feiner Eitelkeit, seiner Lebensluft und seinem Verlangen nach eine vorübergehende, alle vier Wochen zu erneuernde, später dann, bekanntgewordenen Briefe Lassalles an alle diese Persönlichkeiten weiblicher Berstreuung zu reden, das er in Berlin   beffer befriedigen mit Beginn der neuen Aera", in der Tat die von ihm so heiß zu lesen und sie miteinander zu vergleichen. So bedenklich es sonst zu fönnen hoffe als in Düsseldorf   woraus dann, so ist zwischen ersehnte dauernde Aufenthaltserlaubnis für Berlin   erlangte. für einen Republikaner jener Jahre sein mochte, sich ausgerechnet den Zeilen zu lesen, die Polizei ihrerseits ja den gegebenen Rugen Es ist von hohem Reiz, mit dem Spielbericht Lassalles über on den Prinzen von Preußen, den verhaßten Kartätschenprinzen", ziehen könne. Und es ist nicht zu übertreffen, wie Lassalle  , der sich selbst das neuerdings befanntgewordene Urteil zu vergleichen, zu wenden, so grotest es für einen raditalen Revolutionär erschien, Spigel, den Polizeigewaltigen auch dadurch für den Plan des das die echte Düsseldorfer   Polizei über den Lassalle jener Jahre fich unmittelbar gerade mit dem grimmigsten Feind der Revolution, wirklichen Lassalle, nach Berlin   zu übersiedeln, zu gewinnen fällte; fie nennt ihn in ihren Geheimaften einen Mann von außer eben jenem Herrn von Hinkelden, in Verbindung zu sehen: Lassalle   sucht, daß er dessen enges Verhältnis zu den noch von 1848 her ordentlichen Fähigkeiten", der über eine ,, hinreißende Beredsamkeit" durfte es wagen! Niemals vergibt er sich in diesen Briefen etwas, sozialistisch infizierten Arbeitern der rheinischen Großindustrie gegen und ein sehr gewandtes Benehmen" sowie über ausgedehnte Be­niemals erniedrigt er fich zu einem politischen pater peccavi, zu überstellt feinen mehr als fühlen Beziehungen zu der fleinbürger- tanntschaften" verfügt; er fei von einer unermüdlichen. Tätigkeit, einer Berleugnung feiner revolutionären Bergangenheit, zu einem lichen Demokratie Berlins  . Was Lassalle  . da sagt, ist fachlich alles großer Entschlossenheit" und erfüllt von eraltierten Freiheitsideen". Abschwören seiner demokratischen und sozialistischen Ueberzeugung. durchaus richtig; er weiß es aber mit flügster Berechnung jeder Kurz: Lassalle ist einer der gefährlichsten, vor feinem Verbrechen Aber wie Lassalle bei alledem jeden der Adressaien in seiner Eigen. Silbe in eine Beleuchtung zu rücken, daß der Berliner   Lassalle zurückschreckenden Menschen, der stets Beobachtung erfordert".

So stellt sich das ganze Spiel dar als das wunderlichste Ineins ander von Wahrheit und Masterade. Wie der unmastierte Lassalle mit Herrn von Hinfelden Verstecken spielt, fo fagt ihm der ver fleidete Lassalle die erfreulichsten Offenheiten. Alles in allem: ein Luftspielstoff, der eines Aristophanes würdig wäre; zugleich aber auch eine Fundgrube zur Erkenntnis Laffalles.

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