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Nr. 40.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­fährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 mt. proQuartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Oesterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3Mr. pr.Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1895 unter Nr. 7128.

Vorwärts

12. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 1hr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse:

Sozialdemokrat Berlins Berliner

Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19,.Beuth- Straße 2.

Schuh

für Binnenschiffer.

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Sonnabend, den 16. Februar 1895. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

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reaktionären Desterreich, das längst eine spezielle Binnen-| selbstverständlich fast nichts. Eine einzige, die Ostdeutsche, schifffahrts Inspektion besitzt. 17 giebt ganze 169 Mark für Ueberwachung" der ihr an­Mart, für Seit 1886 im Nebenamit, seit 1889 im Hauptamt gehörigen Betriebe aus, die beiden anderen feinen fungirt dort ein aus den Gewerbe Inspektoren hervor Pfennig. Das ist deutsche Sozialreform für eine unter Schon gleich nachdem im Reichs- Anzeiger" vom 31. Juli gegangener Beamter, der ausschließlich die Binnenschifffahrt, den schwierigsten Verhältnissen arbeitende Proletarierklasse. 1894 der Entwurf eines Binnenschifffahrts Gesetzes ver- namentlich ihre Arbeitsverhältnisse, zu beaufsichtigen hat. Noch hätte die Binnenschiffahrts- Kommission des Reichs­öffentlicht worden war, wurden von seiten unserer Partei- Er steht auch heute noch unter dem österreichischen Bentral- tages Beit, unser vielgepriesenes Deutsches Reich mit ge­genossen die Abschnitte jenes Entwurfes, die von der Schiffs- Gewerbe- Inspektor, eine Einrichtung, die im Deutschen schickten Ruderschlägen wenigstens neben Desterreich zu mannschaft handeln, in Rede und Schrift sehr ungünstig Reiche ebenso noch ein frommer Wunsch ist, und seine Be- rangiren, und ebenfalls eine Binnenschiffahrts- Inspektion beurtheilt und die schärfste Kritik des Reichstages in Ausrichte erscheinen als Anhang des alljährlichen Berichts- einzusehen; wenn das Binnenschiffahrts- Gesetz jetzt ohne ficht gestellt, wenn diese Abschnitte nicht geändert werden bandes jener Beamten ziemlich zeitig nach Jahresschluß. diese Reform verabschiedet wird, so vertagt der Reichstag sollten. Er inspizirt im Jahre etwa 300 Fahrzeuge mit ca. 1600 Be- die nothwendige Einrichtung bewußtermaßen auf mindestens Nun der Entwurf ist, wie unsere Leser wissen, vor schäftigten, während die Gesammtsumme Gesammtsumme des öfter- ein Jahrzehnt, denn das Gesetz wird ihn sobald nicht furzem dem Reichstag zugegangen, aber die Form ist so reichischen Binnenschifffahrts Personals ca. 15 000 Köpfe wieder beschäftigen. Zum ersten Mal regelt das Reich rudimentär geblieben, wie sie voriges Jahr bei der betragen mag. Er hat auch die Werfte, Umschlagsplätze, diesen Gegenstand durch besonderes Gesetz. Es hat es ersten Veröffentlichung war. Zwei Aenderungen Häfen, Schiffsbau- Anstalten, Speicher und Lagerhäuser mit in seiner Hand, wenigstens einige Tropfen mildesten stilistischer Natur sind in Absatz 2 und 4 des zu kontrolliren. Man sieht, daß er als einziger Beamter sozialreformatorischen Deles mit einfließen zu lassen. § 25 vorgenommen: das sind alle Verbesserungen im die Kontrolle noch entfernt nicht vollständig genug ausüben Nach dem neuesten Bericht( für 1893) des österreichischen Gesetzestert, die festgestellt werden können. Kein Jota fann, aber er bedeutet doch einen Anfang. Seine Jahres- Inspektors haben sich mehrere Wasserbauorgane Deutsch­materiellen Schußes mehr, alle Ungeheuerlichkeiten bei- berichte seit 1886 sind die einzigen amtlichen Quellen deut- lands, denen die Binnenschifffahrt in gewerbepolizeilicher behalten! In der Begründung" ein paar Erläuterungen, scher Bunge, die es in Europa über die Arbeitsverhältnisse Richtung untersteht", an ihn wegen Dienstinstruktionen für welche besagen, daß die Binnenschiffsmannschaft lediglich der Schiffsmannschaft auf Binnenwasserstraßen giebt. Sie das Schiffspersonal..., über die Art und den Umfang den allgemeinen Bestimmungen der Gewerbe triefen ja auch von Versicherungen betreffend das Wohl der Schifffahrtsinspektion in gewerblicher Richtung 2c." ge­Ordnung, nicht den besonderen Schuhvorschriften der wollen der österreichischen Binnenschifffahrts Unternehmer wandt. So viel hat also der Hinweis von seiten unserer selben unterliegen, sowie in Konsequenz davon die gegen ihre Arbeiter, ganz im Stile des österreichischen Partei, der sofort an das Erscheinen des Entwurfs im Versicherung, daß die Gewerbegerichte für die Zentral- Gewerbe- Inspektorats. Aber man vermag schon, Sommer 1893 geknüpft wurde, gewirkt, und die Behörden Streitigkeiten der Schiffsleute mit dem Schiffer wenn man sie kritisch Liest, zu erkennen, was alles auf den sind jetzt unterrichtet. Versagt der Reichstag auch hier zuständig sind, wobei aber die eigentliche Schwierigkeit, die Gebiete der Binnenschifffahrt zu schaffen ist, um für Arbeiter nun gut, dann ist ein neues Leck in den morschen Körper Entstehung und Nothwendigkeit rascher Austragung solcher und Publikum menschenwürdige Zustände zu sichern. Un- des Staatsschiffes gebohrt, denn es wird ein neues Mittel Streitigkeiten während der Fahrt, in keiner Weise gelöst gesunde Schlafräume für die angestrengt arbeitenden zur Aufklärung des Schiffervoltes geliefert. wird, die Schiffsmannschaft vielmehr auf das Gewerbegericht Heizer, in denen auf den Kopf 2,8 Quadratmeter(!!) kamen, des unter Umständen entfernt liegenden Erfüllungsortes, Heizerräume ohne jede Ventilation, in welchen eine Hize oder auf die miserable Rechtsprechung der Gemeindevorsteher von 40 Grad Zelfius herrschte, elende Aborte, lebens­verwiesen wird. Dabei keine Spur im Reichstag von dem gefährliche Treppen, schlechte Beleuchtung der Schiffs­Interesse auch des großen Publikums an gesunden Arbeits- zugänge, Verweigerung der Zeugnisse, Lohnvorenthaltung, verhältnissen auf den Binnenschiffen! Ein Zentrums- gesetzwidrige Entlassung, schlechte Behandlung, lange Arbeits­abgeordneter, der den Mangel der Sonntagsruhe für das zeiten das sind Ausschnitte aus dem Leben der Schiffs Schiffspersonal flüchtig erwähnt, Genosse Gerisch der mannschaft, die vor den Augen des Lesers der österreichischen einzige Abgeordnete, der den Abschnitt einer systematischen Berichte vorüberziehen. Und was die Sicherheit des auf Kritik unterwirst so sieht das Interesse der Besitzenden Personen- Transportschiffen verkehrenden Publikums an­auch an diesem Theile der Arbeiterfürsorge aus. belangt, so hat der österreichische Inspektor geradezu Ob die Währungsfrage selbst mit diesem Erfolge einen Unter diesen Umständen fällt es wiederum der sozial- haarsträubende Mißstände angetroffen, die er durch seine Schritt weiter vorwärts gemacht hat, das bleibt eine andere demokratischen Kritit allein zu, für die bereits begonnenen achtjährigen Rathschläge" und" Ermahnungen" freilich Frage. An internationalen Währungskonferenzen hat es Berathungen der Kommission, in welche der Entwurf ver- noch nicht ganz. aber doch theilweise aus der Welt ge- auch bisher schon nicht gefehlt, aber herausgekommen ist wiesen ist, eine weitere Forderung zu erneuern, die bereits schafft hat. dabei bisher ebenso wenig, als dies bei der heutigen Debatte angesichts des vorjährigen Entwurfs, aber ebenfalls ver- Wenn man dies alles sieht, so faßt man augenblicklich im Reichstage der Fall war. Das Thema ist erschöpft und geblich geäußert wurde: die Forderung einer be gar nicht, wie so etwas bei uns fehlen kann. Im Deutschen nenes läßt sich darüber nicht mehr sagen. Es sind Inter­sonderen Binnenschifffahrts Inspektion Reiche sind dreimal soviel Arbeiter u. s. w. als in Defter- effen, nicht Prinzipien, welche da gegen einander kämpfen. für Deutschland . Hier stehen wir wieder einmal vor reich bei der Binnenschifffahrt beschäftigt, nämlich zirka Die Agrarier wünschen eine Münzverschlechterung, was einem Punkte, an dem sich das angeblich an der Spize 50 000 nach den Rechnungsergebnissen der Westdeutschen, für sie gleichbedeutend wäre mit einer Preissteigerung aller sozialreformatorischen Staaten marschirende Deutsch- Ostdeutschen und Elbschifffahrts- Berufsgenossenschaft für 1893. ihrer Güter und der auf denselben erzeugten Produkte. Die land ducken und schämen muß vor dem Ausland: vor dem Für Unfallverhütung thuen diese Unternehmerorganisationen Handelswelt und die Mehrzahl der Großindustrie, welche

Feuilleton.

( Nachdruck verboten.]

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schon undenkliche Zeiten nicht mehr bei mir sehen lassen.. seid stolz geworden in letzter Beit.. man muß Euch extra herbitten lassen, wenn man Euch sehen will...

Nichts für ungut, Don Pancho," erwiderte der 14 General, gute Freunde, wie Ihr einer seid, muß man nicht so häufig besuchen, desto heißer erhält sich die

Skizzen aus dem üdamerikanischen Hinterlande. Freundschaft."

Ein Blatt

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Rommt näher, General; ich sehe nicht ein, warum wir südamerikanischer Geschichte. unsere Freundschaft nicht noch heißer werden lassen sollen, als sie schon ist... habe derenthalben ein paar Flaschen Judessen fuhr der neue Präsident ruhig fort, das Land Champagner falt stellen lassen... macht ein ganz erträg­in der begonnenen Weise zu regieren und die wenigen liches Eis, dieser Italiener da, unser Nachbar... empfing Hilfequellen desselben zu seinem und seiner Freunde Wohl beute gerade eine hübsche kleine Faktur echt französischen nach seinen besten Kräften auszunuzen. Es gab nun noch Champagner... um die Finger zu küssen so delikat, sage einige Leute alten Schlages, die eine geordnete Verwaltung ich Euch... und in demselben Augenblick, in dem ich sie aus der Zeit der Tyrannen gewöhnt waren, und die Art, empfing, erinnerte ich mich, daß mein alter guter Gevatter, wie man wirthschaftete, nicht guthießen. Für diese der brave General Caballero, auch einen guten Tropfen nicht aus einem ehrlichen und für die andere aus einem un ehrlichen Grunde wurde so der Name Rivarola allgemach zu einer Art politischem Schiboleth, und der kleine Ort Barrero Grande zu einem Mekka , wohin alle Mißvergnügten und Unzufriedenen hinpilgerten. Nur Caballero blieb diesem Drte fern.

Er will sich nicht bloßstellen," sagten die Politiker in den Kaffeehäusern, aber Ihr werdet sehen, daß der General eines Tages dieser unhaltbaren Regierung den Todesstoß versetzen wird."

Die einzige Person, die den General begriff, war unser Apotheker. Guanes, der viel zu schlau war, als daß er für seine Pläne eine so hervorragende Person, wie es Caballero, außer Acht hätte laffen sollen, hielt die Zeit für gekommen, demselben seine Rolle anzuweisen und deshalb ließ er den General eines schönen Tages zu sich bitten. Es war gerade nach der Siesta, die derselbe bei Frau Concepcion zugebracht hatte, als er bei dem Apotheker eintrat.

verschmäht... also eine fleine Weinprobe... werden ganz allein dazu sein... mag solch ein edles Getränk nicht einem beliebigen Gaucho vorsetzen, der es fäuft wie einen ordinären Zuckerrohr- Schnaps..."

Damit faßte er den General um die Schultern und schob ihn vor sich her in das Hinterzimmer hinein.

" Hat einen guten Geschmack, der General.. hat seiner Zeit mancher schönen Flasche den Hals gebrochen. Ihr erinnert Euch doch noch daran, als Madame Lynch bei uns existirte.. habt mein Lebtag immer mehr Glück gehabt bei den Frauen als andere Leute.."

Unter diesem Reden hatte er zwei große Biergläser mit dem fühlen Champagner gefüllt und präsentirte eins dem General.

Verdammit feiner Geschmack, wie angenehm prickelnd, nicht wahr, General; wie doch nur.. wie der Kuß einer schönen Frau.. ganz dasselbe in seiner Art

Er ließ sich behaglich in einen Sessel zurückfallen, " Freut mich doch, Gevatter", empfing ihn dieser, daß blinzelte den vor ihm fizenden Zechkumpan vergnügt über Ihr mir endlich auch einmal die Ehre gebt.. habt Euch sein Glas an und leerte es dann auf einen Zug.

Politische Leberlicht.

Berlin , 15. Februar. Aus dem Reichstag . Die Bimetallisten haben einen Erfolg zu verzeichnen. Ein von ihrer Seite ausgehender Antrag, die Regierung zu ersuchen, eine internationale Konferenz zur Prüfung der Währungsfrage einzuberufen, hat 210 Unterschriften, also die Majorität der Abgeordneten gefunden.

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Alle Wetter," schrie er dann den kleinen Lehrburschen an, der eben den Kopf zur Thür hineinsteckte, um ihm irgend etwas auszurichten, scheer' Dich zur Schweres noth; ich bin für niemand zu sprechen, jage alle Welt davon.... wir wollen hier eine Stunde zusammen ver gnügt sein..."

Nach Verlauf einer knappen Stunde hatte man ver­schiedene Flaschen geleert, und ihr Inhalt seine Wirkung gethan. Der General zeigte einen rothen Kopf und schnaufte vernehmlich; auch wischte er sich alle Augenblicke mit einem Taschentuch über die Stirn. Der Apotheker, der sonst ein nüchterner Mann war, und den kaum jemand einmal be­spitzt gesehen hatte, schien benommen zu sein, daß er sich knapp auf den Füßen halten konnte. Er fiel dem General verschiedene Male um den Hals und nannte ihn seinen liebsten Freund und einen Allerweltsschwerenöther.

,, Ein ganz verdammter Schwerenöther seid Ihr General; aber was Ihr Euch vorgenommen habt, werdet Ihr doch nicht erreichen... die schöne Concepcion erobert Ihr nicht... sollt mich füsiliren auf der Stelle, wo ich hier size, wenn Ihr das zu stande bringt..."

Dho..." fiel sein Gegenüber ein.

" Redet nicht, Freund, das hat schon mancher ver sucht. aber jeder umsonst... ein niederträchtig schönes Frauenzimmer mit ihrem reizenden Mal... aber find jaure Trauben, saure Trauben, General... hängen zu hoch... hab' ich's getroffen?... Seh' mit großer Rührung, wie Ihr so eifrig alle Tage hinwandert."

Der General träuselte geringschäßig die Lippen: Müßt es ja wissen, Pancho... glaubt nicht, daß man Euch oder jedem anderen alles auf die Nase hängt... hab' schon audere Frauen gehabt..

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Richtig... so sagte auch der Fuchs... hihi, über diesen braven General.... Concepcion Bedoya ist nicht nur die schönste, sondern auch die tugendhafteste Frau, die je der paraguayische Boden getragen hat... Euch aus, mein Verehrter... mögt Ihr immer der General