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rntwertung neuerdings von ihrer bisherigen Lebenshöhe immer tiefer herabgeorückt werden. Der AfA-Bund richtet an die politischen Parteien das Ber - langen, schleunigst für eine solche gesetzlich« Festsetzung zur Sich«. rung der wirtschaftlich Schwächsten und insbesondere auch der neuerdings Proletarisierten einzutreten. Die Verwirklichung der hier vorgesehenen Lohnregelung kann und soll nicht etwa ein Ende der Lohnbewegungen, son- dern die Wiederher st ellung ihrer normalen Grundlage bringen. Die Kräfte der Gewerkschaften wer- den wieder ftei für ihre eigentliche Aufgabe: Kampf um die Steigerung des Anteils der Arbeit am Produktionsertrag. Stellungnahme öes �lDS . Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Be- a m t e n b u n d e s hat nach Beratung der wirtschaftlichen Lage der Beamtenschaft und deren Entwicklung beschlosien: 1. Der seit Jahren vorhandenen, in der letzten Zeit ganz be- sonders rapid vor sich gehenden Geldentwertung und damit ver- bundenen ungeheuren Preissteigerung ist das Beamteneinkommen zeitlich und qualitativ nicht genügend angepaßt worden �und dadurch dauernd in seinem Realwert gesunken. Dieser ist zur- zeit auf einem derartigen Tiesstand angelangt, daß daraus nicht nur eine ernstliche Gefahr für die Erhaltung des Beamtentums, sondern auch für das Staatswohl entsteht. Um die dringend not' wendige Anbahnung einer Hebung der Kaufkraft des Beamteneiw kommen? herbeiführen zu können, ist zunächst deren Erhaltung und Schutz vor weiterem Herabgleiten erforderlich. 2. Weite Kreise der deutschen Wirtschaft sind längst dazu über- gegangen, anstatt mit der entwerteten Papiermark mit beständigen Wertmessern zu rechnen. Diese einseitige Flucht aus der Mark mit ihren Begleiterscheinungen und Folgen hat nicht nur die Verelendung der Nichtbesitzenden beschleunigt, sondern auch die Finanzwirtschaft des Staates, der fast allein noch an der Papier - markrechnung festhält, fast vollständig ausgehöhlt. Beide. Miß- stände müssen daher auch mit demselben Mittel bekämpft werden. 3. Dies hat zu bestehen: a) für die Beamtenbesoldung durch eine wirischafiliche und und zeitlich rasche Anpassung an die Geldentwertung, d. h. durch automatische Veränderung der nominalen Papiermarkbesoldung an Hand eines in kurzem Zeitraum zu ernnttelnden und zu ver- verlässigen Preisindex': d) für die Reichs- und Staatsfinanzen ebenfalls durch auko- matische Veränderung der Rominalhöhe auch der' Vesihsteuern. die sich der Geldentwertung ebenso anzupassen haben wie die von den Arbeitnehmern und Beamten entrichteten direkten und in- direkten Steuern. Durch eine derartig« gerechtere Verteilung der - Inflationssteuer, die heute ausschließlich von den nichtbesitzenden Schichten des Volkes getragen wird, wird gleichzeitig auch der Inflation s e l bst wesentlich gesteuert. Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes for- dert von der Reichsregierung die alsbaldige Durchführung der wirl- schaslilchen Geldentwerlungsanpafsung des Beamleneinkommens und wird sich gemeinsam mit dem Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts- bund und dem AfA-Bund für den Schutz der Arbeitskraft vor weiterer Schädigung einsetzen. Erst wenn der Schleier der Geld- rntwertung von der Besoldungsentwicklung der Beamtenschaft weg- gezogen ist, wird der Kampf um die Hebung des wirtschaftlichen und sozialen Niveaus der Beamtenschaft auf klarer Grundlag« geführt werden können. Doppelte Moral! Aus der Reichspo st Verwaltung wurde im April eine Beamtin entlassen, weil sie unverehelicht Mutter geworden ist. Die Maßnahme wurde mitEhe- bruch" undunwürdigem Verhalten"(sj 10 BGB.) begründet. Veichspostminister Stingl hat am 7. Juni eine Petition der Betroffenen zurückgewiesen. Dem Fall liegt folgender Tat- bestand zugrunde: Der Pater des Kindes, der 12 Jahre älter ist als die Mutter, versprach der Beamtin die Ehe und gestand erst, daß er bereits verheiratet fei, als die Beamtin nach der Empfängnis zur Heirat drängte. Die Beamtin hat also in gutem Glauben gehandelt. Das Reichspostministerium mußte zugeben, daß für einunwürdiges Verhalten" der Gemäß- regelten der Beweis nicht erbracht sei. ' Es ist heute so viel von der Gleichberechtigung d e r F r a u die Rede. Der vorliegende Fall zeigt, daß selbst höhere Behörden von dieser Auffassung weit entfernt sind. ! Wenn hier unbedingt gemaßregelt werden soll, so wäre der natürliche Vater zur Verantwortung zu ziehen. Der natürliche Bater...! In derselben Reichspostoerwaltung zeugte ein verhei- rateter Beamter innerhalb elf Monaten drei uneheliche Kinder von drei verschiedenen Fr a u e n. Die Folge? Er bezieht für alle drei Kinder die gesetzlichen Kinderzulagen. Basta! Und der Herr Reichspost- minister findet für diesen Fall kein mißbilligendes Wort. Doppelte Moral...? Aber nein! Der Herr Reichspostminister darf sich auf den Verband der weiblichen Po st- und Tele- graphenbeamtinnen beziehen, der vom hohen Söller seiner sitllichen Unantastbarkeit den Entlastungen unehelicher Mütter zustimmt. Es ist schwer, keine Sattre zu schreiben. Im Postministe- rium aber sollte man einmal sein natürliches Moralemp- finden fragen, ob es nicht moralischer ist, seine schützende Hand über ein betrogenes Mädchen zu halten, als es ins Elend hinauszustoßen._ Nationalhelö Schlageter- Polenfpitzel! Der Verlauf der großen Landtagsdebatte hat vor allem dem Volke vor Augen geführt, m welchem Maße die natio- nalistifchen Geheimorganisationen von Verrätern und Spitzeln durchsetzt sind, die sich nicht scheuen, für fremdes Geld ihre an­geblichen Gesinnungsfreunde den Blutgerichten der Einbruchs- Heere auszuliefern. Schlageter ist bekanntlich ein Opfer derarttger Spitzeltätigkeit geworden aber er selbst war, wie sich immer mehr herausstellt, nicht im geringsten von besterer Gesinnung als feine jetzt verhafteten Verräter. Das beweist insbesondere eine Zuschrift des Danziger Korrespondenten desSoz. Parlamentsdienstes", die sich auf äußerst zuver- lässige Angaben stützt und die wir trotz dem Spruch, von Toten nichts Böses zu reden, im Interesse Deutschlands wieder- geben müssen. Da wird berichtet: Schlageter hat sich vor dem Deginn des Ruhrabmteuers mehrere Monate auch in D a n z i g aufgehalten, das seines deutschnationalen Senats wegen von den deutschen Reaktionären neben München als Ordnungszelle" angesehen wird. Schlageter war von den deutschen Geheimverbänden zu irgendwelchen Zwecken nach Danzig entsandt worden. Hier führte er dasselbe nichtstuerische Leben wie die Harden-Attentätcr, d. h. er trieb sich wochenlang täglich in Bars, Dielen und Kaffees herum. Als feine Geldmittel infolge des kost- spieligen Schlemmerlebens zur Neige gingen, versuchte er bei amt- lichen deuffchen Stellen unter Hinweis auf feinenationale Be­tätigung" weitere Geldmittel flüssig zu machen. Dieses scheint ihm nicht in genügender Weise gelungen zu sein; denn er trat bald darauf zu der po l n i s ch e n Spitzelagentur in Danzig in nähere Be- Ziehungen. Als inttmer Bekannter des polnischen Oberspitzels in Danzig verkehrte er mit diesem öffentlich in Danziger Gaststätten. Der Nachweis ist erbracht, daß Schlageter den Polen deutsche Geheimdokumente verkauft hat. Ob es sich hierbei um echte Dokumente oder um Fälschungen handelte, entzieht sich unserer Kenntnis. Gefälschte Dokumente können unter Umständen für da« deutsche Volk aber noch schlimmere Folgen haben als echte Geheim- dokumente. Die polnische Spionageagentur war auf jeden Fall mit der Tätigkeit Schlageters höchst zufrieden. Diese Feststellungen werden unserenationalen Kreise" selbstverständlich nicht davon abhalten, weiterhin für Schla- geter-Straßen und-Denkmäler Propaganda zu machen und den Spion Schlageter als Nationalhelden zu empfehlen. §uchs-?nterpellation kn München. Akünchen, 21. Juni. (Eig. Drahtber.) Der Hochverratsprozeß Fuchs-Machhaus wird auch den Landtag beschäftigen. Die Sozial- demokratische Fraktton hat eine Interpellation eingebracht, die u. a. ftagt:Was gedenkt die Staatsregierung zu tun, um solchen ver­räterischen, gegen die Einheit des Reiches gerichteten Bestrebungen in Bayern wirksam zu begegnen?" Zur Begründung wird ge- sagt:Die im Prozeß Fuchs und Genossen festgestellten Tatsachen haben bewiesen, daß ohne zureichendes Eingreifen der Staatsbehörden hochverräterische Unternehmungen im französischen Intereste gefördert werden konnten." Hitlerisches Regiere». Unser Parteiblatt in Asch äffen bürg ist wegen eines dem Soz. Parlamentsdienst" erttnommenen Artikels über die Umtriebe desReichs wehrblocks Roßbach" in Magdeburg bis ein- schließlich 2. Juli verboten worden. Der das Verbot erlassende Staatskommissar, Oberregierungsrat Groß, hat vor kurzer Zeit eine Felddien st Übung der Nationalsozialisten in Mespel- brunn inspiziert! Am 23. Juni findet in Aschaffenburg ein« Fahnen- weihe des bekannten BundesOberland" statt. Die Aschazfenburgcr Arbeiterschaft ist der Auffasiung, daß das Verbot erfolgte, um Sber Vorbereitungen und Verlauf dieser völkischen Veranstaltung nichts berichten zu können. Beschwerde gegen das Verbot ist eingereicht. Die Steuervorauszahlungen. Der S.teuerausfchuß des Reichstages beschäftigte sich am Donnerstag mit dem Zentrumsanttag auf Erhöhung der viertel- jährlichen Vorauszahlungen bei der Einkommensteuer und der Körperschastssteuer. Nach diesem Antrag sollen die Vor­auszahlungen vom IS. August ob für die Einkommensteuer um das 25fache, für die Körperschaftssteuer um das SSfache erhöht werden. Die Sozialdemokratie verttat demgegenüber die Anschauung, dag die Erhöhung der Vorauszahlungen nicht willkürlich vorgenonnnen werden dürfe, sondern daß ein bestimmter Grundsatz, und zwar die durchschnittliche Lohnsteigerung zum Maßstab genommen werden müsse. Da die Regierung diesen Weg im gegenwärtigen Augenblick als unannehmbar bezeichnete, beantragte die Sozialdemo- kratie 1. daß die Erhöhung der Vorauszahlungen bei der Einkommen- steuer das 3l>fache. 2. bei der Körperschastssteuer das zOfache betragen soll und sie beantragte 3. daß die Ermächtigung des Reichsfinanzministeriums. Er- höhungen der Vorauszahlungen vorzunehmen, auch iur den nächsten Termin ab 13. August gelten soll und 4. daß bei der Körperschastssteuer ebenso wie bei den einzelnen Steuerpflichtigen die bei jedem Termin geltenden Voraus- Zahlungen verfünffacht werden so wie dl« Gesellschaften vor dem 1. Juni 1922 ihre Bilanz abgeschlossen haben. Bei der Abstimmung wurden alle sozialdemokratischen Anträge abgelehnt. Beschlossen wurde, daß die Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer auf das 2 5 fache erhöht werden und daß der Reichsminister der Finanzen ermächtigt ist, für die am IS. November 1923 und am IS. Februar 1924 fälligen Vorauszah- lungen eine andere Erhöhung zu bestimmen. Bei Abschlüssen vor dem 1. Juli 1922 ist die zu leistende Vorauszahlung zu vervierfachen. Die Erhöhung der Vorauszahlungen tritt nicht ein, sofern das Ein- kommen hauptsächlich aus Lohnarbeit, aus Steuerberufstat'.gkeit oder Erttägen fest verzinsbarer Wert« besteht. Die Vorauszahlun- gen auf die Körperschastssteuer werden auf das 3Sfache festgesetzt und bei Gesellschaften, die vor dem 30. September 1922 bilanziert haben, soll als weitere Vorausbezahlung das lOOfach« des Betrages entrichtet werden, den sie bis zum 1. Mai zu entrichten hatten. Entspricht diese Regelung auch nicht voll den Erfordernis, en, die die trostlos« Finanzlage des Reiches stellt, so werden durch sie doch erneut die schweren Fehler des Geldentwertungsgesetzes und die zu niedrige Bewertung anerkannt und es wird zugegeben, daß die Höhe der Einkommensteuer und der Körperschastssteuer ebenfalls der Geldentwertung entsprechend während des Steuer- jahres angepaßt werdbn muß. Langsam und unvollkommen zwar. aber doch unaufhaltsam sind die bürgerlichen Parteien gezwungen, den von der Sozialdemokratie für die Steuergesetzgebung immer ver- tretenen Mnschauungen Rechnung zu tragen. Der Voltsbühnentag in Potsdam . Heute abend tritt in Potsdam der vierte Voltsbühnentag zu» sammen. Auf ihm werden an 100 Volksbühnen gemeinden, die im Verband der Deutschen Volksbühnenvereine zusammengeschlossen sind, vertreten sein. Jahrzehnte hindurch.gab es nur in Berlin eineFreie Volksbühne "..Wohl wurden vor dem Krieg« hier und da auch in anderen Orten so in München , in Bielefeld Ansätze zum Aufbau von Volksbühnenorganisationen gemacht. Aber sie schei- terten durchweg wieder an irgend weichen Hemmnissen. Das wurde aber nach dem Umsturz von 1913 anders. Der Drang der Massen, stärker als bisher am Kulturleben teilzunehmen, und die neu- geschaffenen Möglichkeiten einer Betätigung auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens brachten es mit sich, daß sich in wenigen Monaten an einem guten Dutzend von Orten Volksbühnengemeinden bildeten. Die Berliner Volksbühne unternahm es dann, zwischen diesen 'Volksbühnen" undFreien Volksbühnen" einen Gedankenaustausch I>erbeizusühven. Sein Ergebnis war die Einberufung eines ersten Volksbühnentages noch Berlin , der unter Beteiligung der Vertreter von 14 oder IS Volksbuhnenorganisationen im Ottober 1920 stattfand. Auk dieser Tagung kam es Gründung des Ver» bandes. Von jetzt a» breitete sich die Bewege cift recht in raschem Tempo aus. Die vom Verband entfaltete Propaganda machte immer breitere Kreis« der Bevölkerung auf die Bedeutung der Be- suchororganisation aufmerksam. Zugleich sorgte die Wirksamkeit des Verbandes dafür, daß innerhalb der bestehenden Volksbühnen- gemeinden die organisatorischen Einrichtungen ausgebaut wurden und über die Bedeutung der Volksbühnenidee größere Klarheit entstand. Als nach knapp zweija-ynge* Tätigkeit des Verbandes vor einem Jahr in B i e l e f e l d der dritte Volksbühnentag stattfand, waren bereits mehr als 40 Volksbühnen gemeinden im Verband oereinigt. Heute, nach knapp dreijähnger Berbondswirkfamkett, sind es gut 100 Theatergemeinden. In ihnen sind an S00000 Mit- g l i e d« r zusammengeschlossen. Die Volksbühnenbewegung erstreckt sich auch nicht mehr lediglich auf Großstädte und Mittelstädte: es bat sich gezeigt, welche Bedeutung sie gerade auch in kleineren Orten gewinnen kann. Gewiß haben die Volksbähnengemeinden in der Regel noch nicht wie die Berliner Organisation mit ihren 1S0 000 Mitgliedern eigene Theatorbeiriebe; sie mieten ihre Vorstellungen in den Stadttheatern und veranstalten, wenn am Ort kein stehendes Theater ist, Gastspielvorstellungen. In einzelnen Mittelstädten be- legen die Volksbühnengemcinden bereits die Hälfte aller Bor- stellungen der Etadttheatcr für ihre Mitglieder, und in zahlreichen kleineren Orten hat erst die Existenz einer Volksbühne überhaupt die regelmäßige Veranstaltung künstlerisch wertvoller Gastspielvoifftellun- gen ermöglicht. Die Volksbübuenbewegung ist heute bereits ein wich- tiger Kullurfaktor geworden. Zweierlei ist es, was diese Organisation der Theaterbesucher fo wichtig macht» einmal bedeutet sie die Möglichkeit, das Theater ganz anders als bisher den breite» Schichten der werk- tätigen Bevölkerung zu erschließen. Durch die plan- wirtschaftliche Regelung des Besuches der Vorstellungen wird ein Weg gezeigt, die Kosten für den Besuch des Theaters erheblich herabzumindern. Hinzu tritt die Möglichkeit, durch die Erhebung eines einheitlichen Borstellungsbei- träges bei ständ!gem Wechsel der Plätze unter den Theater- besuchern mit der Privilegierung der Bessergestellten bei der Platz- Zuweisung aufzuräumen. Die Tatsache, daß nicht mehr die Theater- leitung, sondern eine Organisation von.Besuchern für das Theater wirbt, trägt vollends das Ihrige bei, um weitere Kveise für die Kunst zu interessieren und zu regelmäßigen Theaterbesuchern zu machen. Die andere Bedeutung der Besuchorvrgonisation ist die, daß ihre Existenz die künstlerischen L e i st u n g e n des Theaters auf eine neue Basis stellt. Sie braucht nicht durch Konzessionen an das Amüsier- und Sensationsbedürfnis einer künstlerisch indiffe­renten Masse Publikum anzulocken. Es kann jetzt ein Spielplan verwirklicht werden, der künstlerischen Gesetzen folgt und zugleich Ausdruck der befondrnn kulturellen Interessen jener Gemeinschaft ist, für die das Theater spielt. Di» Organisation der Besucher gibt außerdem die Möglichkeit, das Theaterpublikum viel mehr zum schöpferischen Miterleben des Kunstwerks zu erziehen: die Besucher- schaft des Theaters stellt ein« Gemeinde dar, deren Mitglieder aus der gleichen Sehnsucht nach künstlerischer Erhebung ihren Anschluß vollzogen. Die Besucher des Theaters erhalten als Glieder dieser Gemeinschaft aber auch die Möglichkeit einer größeren M i t w i r- kung bei den Darbietungen des Theaters: indem sie durch ihre Organe bei der Gestaltung des Spielplanes Einfluß ausüben und auch sonst Gelegenheit haben, ihr« Wünsche zur Geltung zu bringen. Die Frage ist, ob nicht gerade Huer noch weitere Wege gefunden werden können, um die Anteilnahm« der organisierten Äesucherfchast am Theater zu steigern. Gerade die Frage dieser Möglichkeiten soll auf dem diesjährigen Bolksbühnentag zu eingehender Erörterung gelangen. Es ist ganz klar, daß in der Bolksbühnenbewegung noch nicht alles vollkommen ist, daß noch eine ungeheure Erziehungsarbeit zu leisten ist, damit die Bolksbühnengemeinden wirtlich Kulturgemein» schoflen darstellen, befähigt, das wahre Kultur- und Volkstheater zu. schaffen und zu tragen. Aber das Entscheidende ist doch, daß durch den Zusammenschluß der vielen Tausende ein Boden für jene Er- ziehmigsarbett geschaffen, daß die klare Erkenntnis des Zieles vor- Händen und der ehrliche Will« da ist, diesem Ziel zuzustreben. Möge es den Verhandlungen der Potsdamer Tagung gelingen, die Zlrbeit der Bolksbühnengemeinden neu zu befruchten! Und möge der Volksbühnenbewegmtg ein weiteres gesundes Wachstum zuteil werden! » * Die Beratungen des VolkSbübnentageS stnden im Stadt. verordnetenfitznngSfaal im Potsdamer Stadtschlotz statt. Sie beginnen am ssreitaa abend mit einem Bericht de« BerbandSgeichättSiilhrers über die Entwicklung der Bewegung im abaclansenen Jahr und einer anschließenden ?lussprawc über die organisatorischen Probleme. Am Sonnabend vor. mittag 9'/. Uhr werden sie fortgelegt mit einem Vortrag von Dr. S. N e st r i e p k e über daZ Thema.Die Idee? der BolkSbühne und die Erziebung zur K» l t u r g c m e i n s ch a f t- Ferner bringt der Sonnabend einen Vortraa von Prof. K e sie n b e r g über daS ThemaBoltSbühne und Oper'. Am Sonntag vormittag LH, Uhr spricht der Chemnitzer Geschäftsführer G eil über die künstlerische Gestallung der Werbearbeit. Alle Sitzungen sind öffentlich. Gaükarlcn find im Generalsekretariat der Berliner Volksbühne, Cöpenicker Str.«8, sowie in der Geschäftsstelle der Potsdamer Volksbühne. Potsdam , Am Kanal 36, gegebenenfalls auch noch im Tagungslokal erhältlich. kalte Sommer. Di« bekanntenältesten Leute", die sich nie erinnern können, jemals. einen so miserablen Sommer erlebt zu haben, haben diesmal recht. Es sst in der Tat feit Menschengedenken in Mitteleuropa kein Sommer vorgekommen, der so völlig ohne Wärme und Sonnen- schein gewesen wäre wie der diesjährige. Sucht man in der mittel- europäischen Witterungsgeschichte nach Analogien dafür, so muß man weit über den Zeitraum zurückgehen, den die lebende Gene- ration selbst gesehen hat und aus der Witterungsgeschichte die mut- maßlichen Gründe für einen solchen abnormen Sommer abzuleiten oersuchen. Da zeigt sich nun, daß, wie die milden und kalten Winter, mehr noch auch die Sommer die Neigung haben, gruppenweise auf- zutreten. So lesen wir mit blossem Neid in BehresKlima von Berlin ", daß von 17S6 bis 1770 fünfzehn warme Sommer ununter. krochen gefolgt sind. Von 1791 bis 17g8 folgten deren acht, von 1778 bis 1783 ihrer sechs und ebensoviel« von 1872 bis 1877. In den letzten Jahrzehnten waren diese Perioden warmer Sommer weit kürzer: die letzt« Reihe aufeinander folgender warmer Sommer hat es von 1904 bis 1906 gegeben, also nur drei unmittelbar hinter- einander. Aber wir brauchen unsere Altvorderen nicht nur zu beneiden. Auch früher hat es lange Reih« von Sommern gegeben, die zu kalt waren. Die schlimmste derartig« Periode war die von 1730 bis 1747, in der nicht weniger als 13 kühl« Sommer ununterbrochen auseinander gefolgt sind. Auch die Neuzeit hat eine bemerkenswert lange Reihe kühler Sommer erlebt: die Sommer von 1881 bis 1888. Während der letzten 200 Jahr« sind nicht weniger als« sechsmal je vier kühle Sommer unmittelbar aufeinander gefolgt. Je drei kühl« Sommer folgten sich viermal, je zwei siebenmal. Das ist ja auch in diesem Jahre der Fall: denn der Sommer 1922 muß ebenfalls zu den kühlen Sommern gerechnet werden.. Naturgemäß waren die Sommer auch in den langen Perioden unmittelbar aufeinander folgender Kühle nicht all« gleich schlecht. Die achtjährig« Periode von 1881 bis 1888 l)at beispielsweise keinen einzigen Sommer gebracht, dessen Mitteltemperatur unter 17 Grad C. lag. Es ist dies jeweils das Mittel aus der Monatstemperatur der Sommermonate Juni, Juli und August. Weitaus schlimmer war die ganz lange Serie kühler Sommer von 1730 bis 1747. Fünf Jahre hintereinander, von 1731 bis 173Z, lag das Temperaturmittel des Sommers unter IS oder unter 16 Grad C.F und während der ganzen langen Periode� überschritt die Sommertemperatur nur zwei- mal um ein wenig 17 Grad C. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß so anhaltende Perioden sommerlicher Kühle be­stimmte, vermutlich kosmische Ursachen gehabt haben müssen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird in solchen Zeiten«ine starte Trübung der Atmosphäre geherrscht haben, durch die die Intensität der Sonnenstrahlung verringert gewesen ist. Merkwürdigerweise waren in jener achtzehnjährigen Periode kühler Sommer die meisten