Dramatische LanötagsMung. Baeckers Genugtuung. Juuerdeutsche Justizfkandale.
Sm Landtag sprach am Freitag nach den schon mitgeteilten des Gerichts 15 Menschenleben gefährdet hat, die ich " r'ul"....... v--—--- gerettet Hab«.(Andauernde Zurufe der Komm.) Ueber Zuchthansmeuiereieu In Telle und Brandenburg habe ich nur zu sagen, daß meine Fraktion die Maßregel, die der
jReden als letzter Redner zum Haushalt des Staatsministeriums Ministerpräsident Genosse Vroun
Der Abgeordnet« Vaecker hat von mir verlangt, daß ich ihm
«gegenüber dem Innenminister Genugtuung verschaffe. Ich bin Leiter des Brandenburgischm Strafvollzugs. Direktor Finkenburg dazu nicht in der Lage. In der„D. Tagesztg.* stand eine Notiz,"grifren hat, vollkommen billigt; um so mehr, als auch der be- in der es u. a. heißt:„Organe des Herrn«Seoering tragen schon das ÄÄ � Strafvollzugs aus dem Haufe, Kollege Schmidt, Kainszeichen des Steckbriefs an der Stirn, der«Schlagster den Fran-«"klart hat, daß er nicht anders gehandelt hatte. zofen auslieferte!" Diese Notiz war es, die der Minister des! Hierauf erörtert Genosse Kuttner den Fall des Privatdozenten Innern gemeint hat; sie ist unterzeichnet: P. B. , wohl Paul Vaecker.«Dr. Rüge. Dieser hatte dem Oberschlesischen«Selbstschutz angehört. Solange Sie, Herr Vaecker, nach diefen Erörterungen und nach! Cr stand im dringenden Verdacht, daß er dort eine Femorgani- Feststellung der Tatsachen noch nicht einmal Gelegenheit genommen! sation eingerichtet habe, die verschiedene Mitglieder des Schutzes be- baben, hier im Hause oder in ihrem Blatte dem Minister des st'tigt haben soll. Außerdem lagen Anklagen des Hochverrats
Innern Genugtuung zu verschaffen, haben Sie jede mora- tische Berechtigung zu Ihrem Verlangen verwirkt!(Stürmischer Beifall bei der Mehrheit.)— Damit schließt die Aussprache. Der Antrag der Sozialdemokraten auf Aufhebung der preußischen(Be- sandtschaften in Dresden und München wird abgelehnt. Bei der Beratung des Finanzetats wird ein sozialdemotra- iischer Antrag, die Hohenzollern -Schlösser zu Entbindungs- an st alten usw. umzugestalten, abgelehnt! Bei der dritten Beratung des Handelsetats führt Genosse Osterath u. a. aus: Bon der zweiten Beratung des Handels- und Gewerbehaus- Halts, in der wir die Bilanz der Ruhrbesetzung zogen, trennen uns nahezu vier Monate. Damals hat niemand geglaubt, daß wir den Widerstand solange fortsetzen könnten. Wir dürfen zugestehen, ohne daß darin eine Anerkennung einer Schwäche zu suchen ist, daß unser Wirtschaft skörper heule aus tausend wunden blutet. der französisch« Wirtschastskörper aber auch. Wir haben seit der Ruhrbesetzung einen Kcchlenausfall von nahezu 40 Millionen Tonnen gehabt. Hoffentlich werden die Franzosen daraus die Lehre ziehen, daß man nicht diktieren kann, sondern verhandeln muß. Unser« Verhondlungsbasis ist besser als je zuvor, und weil wir noch Kräfte hoben, weil wir— eine vernünftige Politik vorausgesetzt— noch monatelang an Rhein und Ruhr standhalten können, darum dürfen wir über den passiven Widerstand und über die Bedingungen, unter denen wir ihn vielleicht einstellen können, reden. Es darf jedenfalls das nicht geschehen, was vor mehr als vier Iahren geschah, daß das„zu spät" konstatiert werden muß.(Sehr richtig! bei den Soz.) Wir bekennen heut«: wir können über Konzessionen reden, die uns dann gemacht werden müssen, wenn wir den passiven Wider- stand aufgeben. Wir glauben, den französischen Macht habern eine Lektion erteilt zu haben. Nach der furchtbaren Lehre durch den passiven Widerstand ist unsere Lage für Verhandlungen heule günstiger als je zuvor. Während der Abwehrzeit sind viele Fehler gemacht worden. Unseren Antrag, die unbedingt notwendige Kohlen einfuhr unter öffentliche Kontrolle und in die öffentliche Hand zu nehmen, hat die bürgerliche Mehrheit abgelehnt. Was ist die Folg«? Wir haben bis heut« annähernd 8 Millionen Tonnen englischer kohle«ingeführt und die kostet heute 700 000 M., fast den dreifachen Inlandspreis. Man hat sich auf lange Frist, im Preise freibleibend» in der Abnahme aber gebunden, eingedeckt, und sogar der Reichs- v e r k e h r s m i n i st e r hat in der Panikstimmung für fern« Zeiten hinaus, bis Anfang Dezember, zu außerordentlich ungünstigen Preisen abgeschlossen. Es sind nicht weniger als 8 Millionen Pfund für Sohle hinausgeworfen worden. Das ist keine Wirtschaftsführung. Weiter hat der Stoß gegen die stabilisierte Mark jede vernünftige Lohnpolitik über den Hausen geworfen. In dem Augenblick, wo wir w« r t b e stän d i ge Löhn« haben, hört das Interesse breiter Wirtschaftskreise an der Markverschlechterung auf. (Sehr richttal links) Heut« ist jede Lohnerhöhung zunächst ungenügend. Die Kommunisten sagen, im Bergbau seien die Löhne vom 9. Februar bis zum 1. Mai unverändert geblieben. Allerdings, aber die Mark war bis zum April auch unverändert. Am 1. Mai kam eine Lohnerhöhung von 30 Proz. für den Ruhrbergbau: am 15. Mai weitere 23 Proz. Lohnerhöhung. Der Lohn stieg also von 12 000 auf 18 000 M. Am 1. Juni gab es 10 000 M., am 5. Juni 15 000 M.; zur Stunde wird verhandelt, und sehr wahrscheinlich wird man sich auf Lohnerhöhungen von durchschnittlich
IX'II.IS iJivtii( IVA; v l u 1) u Ii U � l( l/Vl» Ulli, Hill IUI, cty � i.. �■,'. v r 25 000 M. für das Ruhrrevier«inigen. Damit steigt der Durch- Hertel dl gung gegeben worden war. daß fchnittslohn auf 68 000. Aber ist dadurch die Kaufkraft d-s!."i/L""ter dem Vorsitz eines Richter s, der sich n Lohnes auch nur mn«in Iota herausgebracht? Das einzige Mittel, A n k l a g er gebardete, daß er oerurtnlt worden heute den Abwehrdomm zu erhalten, ist der Uebergang zu wertbeständigen Löhnen. Natürlich gehört auch noch manches ander« dazu, Opfer des Besitzes usw., worüber ich jetzt nicht zu reden brauche. Es muß in den Reichsindex der Großhandelsinder, ein großer Wisderbeschaffungsfaktor und«in Faktor für Kultur- bedürfnisse«ingebaut werden. Der Regierung und den besitzenden....... Klaffen erwächst die Pflicht, die Inittatioe zu vervielfachen, um das worden" ist. Wenn soviel in einem einzelnen Falle vorliegt, daß ein Unschuldiger verurteilt erklärt, die Lösung der Frage' der coert beständigen Löhn« stehe �?�en ist, obgleich die Tat, selbst wenn sie wahr wäre, verjährt noch nicht fest. Auch die Lehrlings löhne müßten zun,. wäre, obgleich sie wctter schon emmal abgeurtc.lt worden ist und es Gegenstand der Verhandlungen der Schstcht.mgscusschüsse und der � nicht das bescheldenste Rechtsm.ttel gibt, dann haben w.r alle Ur- Entscheidung des Demobilmachungskommissars gemocht werden.—] fath®' Zunächst einmal an unsere ei gen« Brust zu schlagen und Der Handelshaushalt wird genehmigt, der Geletzentwurf zur Cr- Zss fragen-...(Andauernde Rufe rechts: Verraterl Pfui!- höhung der Staatsbürgschaft für das Ostvreuhenwerk A-G. auf,®"6e Unruhe l.nks und andauernde Zurufe.— Glocke des Prä- dreißig Milliarden Mark verabschiedet.— Bei der dritten Beratung ilventen.)
und verschiedener anderer«Sachen gegen ihn vor. Er wurde in Breslau verhaftet; der Amtsrichter entließ ihn aber einen Tag später, ohne das Material gegen Rüge den amtlichen Stellen zu be- schaffen, dann wurde ein Steckbrief hinter ihm erlassen, aber Rüge war und blieb verschwunden. Der Iusttzminister sagt« da- mals, daß gegen den Amtsrichter das Disziplinarverfahren eröffnet worden sei. Rüge ist jetzt plötzlich in München aufgetaucht, näm- lich als Zeuge in dem Prozeß Fuchs-Machhaus. Ich möchte nun wissen, ob das preußische IusttMinisterium, nachdem durch die Mümhener Vorgänge der Verdacht, daß Rüge in Oberschlesien Mord« begangen hat, sich außerordentlich verstärkt hat. nunmehr die Auslieferung Ruges verlangen wird. Oder ist Bayern für Preußen neuerdings Justiz ausländ?� In der Frage der bayerischen volksgerichte mochte ich das Justizministerium ersuchen, sich den Beschluß des Amtsrichters P o p e r t- Hamburg, eines Richters von Bedeutung, kommen zu lassen, zu prüfen, ob nicht auch in Preußen jedes Rechtsersuchen eines bayerischen Bolksgcrichtes abgelehnt werden müßte, wenn die bayerischen Volksgerichte nicht zu Recht bestehen. In Sachsen hat man sich zu diesem Standpunkt durchgerungen. (Lachen rechts.) Man hat uns geftagt, warum wir nur gegen inländische Urteile protestterten, warum wir nicht Protest erhöben gegen die Urteile der Franzosen im besetzten Gebiet. Darauf ist zu ant- warten: Wir haben protestiert und wir protestieren auch heute. Aber unsere Reden sind nicht nur dazu da, um leere Proteste zu sein, sondern es ist unsere Pflicht, mit ihnen dort zu bessern, wo wir bessern können. Auf Poincare machen wir mit unseren Reden keinen Eindruck. Aber Unrecht, das durch unsere Justiz- organe hier im unbesetzten Gebiet geschieht, zu ändern, dazu sind wir imstande. Und darum müssen wir an dieser Stelle reden, weil wir helfen und bessern können. Wir protestieren zunächst gegen das Urteil, das Schlageter zum Tode verurteilt hat, aber wir warnen davor, einen Mann zum Nationalhelden zu machen, dessen Persönlichkeit durchaus noch nicht als einwandfrei feststeht.(Unruh: rechts.) Ich will von Schlageter selbst nichts sagen, aber gehen Sie in die Umgebung Echlagcters(Zurufe rechts), sie wimmelt von Landsknechtsnaturen und käuflichen Subjekten und Verrätern wie Schneider und Goetze. In dieser Umgebung ist es n i ch t s a u b e r, und noch ist der Punkt nicht aufgeklärt, wer für die Unterhaltung der Truppe hauenstelu Geld gegeben hat, und ob die Taten, die hier als völkischer Ueberschwang bezeich- net werdm, wirklich nur Taten des Gefühls gewesen sind oder nicht Dinge, die ihre finanzielle Belohnung gefunden haben von einer Stelle, die Sie(nach rechts) besser kennen als ich.(Lebhaste Zurufe rechts.) Ich warne davor, einen Mann zum Nationalhelden zu machen, der in D a n z i g mit polnischen Spitzeln und Spitzelorganisationen umgegangen ist und im Verdacht steht, in Danzig Material des Freistaates und des Deutschtums an die Polen ausgeliefert zu haben. In diesen Landskncckstskreisen liegt nicht die Idealgestalt des deutschen Volkes, das sind dieselben Kreise, aus denen die Mörder hervorgegangen sind(lebhafte Zurufe rechts), die Mörder Rathenaus und die Mörder Crzbergers.(Stür- mische andauernde Unterbrechung und lebhaste Pfuirufe rechts.) Der Redner kommt nun auf den so protestwürdigen Münchener Schandprozeß gegen Fechcnbach zu sprechen, der verurteilt wurde wegen eines von ihm nicht be- gangenen Verbrechens des angeblichen Landesverrats, wegen eines Verbrechens, das, wenn es begangen worden wäre, nach dem Urteil eines namhaften Rechtsgelehrten, des Professors Kitzinger , be- reits verjährt war, als dieser Deutsche verurteilt worden ist, gegen das Gutachten des einzigen Sachverständigen, daß dieser Deutsche verurteilt worden ist, ohne daß ihm genügend Gelegenheit er verurteilt wie ein fanati- ist von einem Gericht, gegen dessen Spruch es ein Rechtsmittel und sogar das Rechtsmittel der Wiederaufnahme nicht gibt. Es steht fest, daß Felix Fechenbach wegen eines Verbrechens oerurteilt worden ist, das, selbst wenn er es begangen hätte, längst verjährt war, als man ihn unter Anklage stellte.(Rufe rechts: Pfui Teufel)! Weiter steht fest, daß man dem heiligsten Grundsatz der Justiz„ne bis in idem "(nicht zweimal für dasselbe) verletzt hat. weil er bereits einmal unter Anklage gestellt und rechtskräftig abgeurteilt
Volt vor dem Versinken ws Elend zu bewahren.(Beifall b. d. Soz.) Handelsminister Genosse Siering
des Iustlzetats übt Genosse Suklner scharf« Kritik an unserer Justiz, die wabrs Wukausbrüche der Rechten hervorrief. Als der Redner airoas Fechenbach. Urteil erinnerte und sagte, unser« Proteste gegen Poincaree Blutjustiz müßten wirkungslos bleiben, solange dieses unqeheur« Urteil fortbestehe, sprang die Rechte auf, stürzte gegen die Redner- tribüne vor und brüllte minutenlang Pfui und Schluß.— Als Gen. Kuttner einen Satz beginnt:„In der Angelegenheit," ruft Schultz. Neukölln«Komm.): Sprechen Sie über Ihren Prozeh?— Kuttner: Sie wissen, daß ich darüber mit gutem Gewissen reden kann.(Schultz macht wieder Zwischenrufe.) Herr Kolleg« Schultz, ich habe geglaubt, daß gerade in Ihrer Fraktion doch volles Verständnis für diesen Prozeß herrschen müßte.(Zurus des Kommunisten Hoffmann.) Nein, Herr Kolleg«, das haben die Zeugen gesagt, daß das der Erschossene gesagt hätte, und wenn die „Rote Fahne" in diesem Punkte gelogen hat, so ist das nur ein« Lüge mehr von vielen. Aber im übrigen habe ich gedacht, daß gerade in der Kommunistischen Partei volles Verständnis dafür wäre, daß Betrunkene mitunter sehr gefährliche Menschen sind, und daß man sich gegen sie wehren muß. Und wenn die Kommunisttsche Partei dos noch nicht gewußt hat, könnt« sie sich vielleicht von ihrem Kollegen K a tz darüber belehren lassen, daß man sogar in die Lage kommen kann, seinen eigenen Vater, wenn er betrunken ist und das Leben anderer bedroht, niederzustechen.(Sehr richtig! bei den Soz.; erregte Zuruf« der Komm.) Ich mache dem Kollegen Katz keinerlei Vorwurf daraus. Aber wenn er sich sogar gegen seinen betrunkenen Vater wehren kann, dann habe ich wohl auch das Recht,
pucchZege» fiinea gy&gn. tet nach he» fedeuttwiti at la b ca««de.
Prinz Alexander von Hohenlohe hat in der.Possischen Zeitung" einen Artikel über diesen Iusttzmord geschrieben: Wo bleibt ein deutscher Zola?(Zurufe rechts.) Ich frage auch: Wo sind in den Reihen unserer Dichter und Denker die, die den Mut haben, auch wo es unpopulär ist, hier auf den Tisch zu schlagen und zu sagen: Ich klage an!(Beifall bei den Soz.— Zurufe rechts.) Solange der Justizmord an Fechenbach fortbesteht, so» lange es weite Kreise unseres Volkes gibt, die nicht die Hand rühren, um einen unschuldig verurteilten Deutschen zur Freiheit zu oerhelfen, solange sind zum mindesten die Proteste derer, die nichts gegen einen deutschen Justizmord tun, hinfällig, und insofern wird auch Deutschlands berechtigter Rechtskampf von der Welt nicht gehört werden, wird der berechtigte deutsche Ruf um Recht und HUfe verhallen.(Unruhe rechts.) Schaffen wir bei uns im Innern Recht! Das ist die erste und notwendigste Voraussetzung(lebhaft« Zustimmung bei den Soz.), um vor der Welt und der Weltgeschichte auch unser Recht zu er- halten.(Beifall und Händeklatschen links.— Pfuirufe rechts. — Glocke des Präsidenten.— Anhaltende große Unruhe im Hause.) Staatssekretär Frihsche erklärt, er l e h n e e s a b, auf die Vor- würfe über Rechtsbeugung preußischer und deutscher Gerichte ein- zugehen.(Lebhafter Beifall rechts.) Im Falle Rüge habe ein richterlicher Freilassungsbefehl vorgelegen, so daß dem Anttage der Staatsanwaltschaft, Rüge wieder zu verhaften, nicht stattgegeben werden konnte. Nach neuen Meldungen aus Bayern werde die Verfolgung wieder aufgenommen werden. Die bayerischen Volks- gericht« feien in Preußen als gesetzmäßig anerkannt, so daß auch weiterhin ihrem Ersuchen von dm preußischen Gerichten
Persönlich bemerkt der Kommunist Sah gegen Kuttner, er habe seinen Vater niemals angegriffen, dieser habe im Gegenteil in einem Tobsuchtsanfall i h n nisdeifchlagen wollen. Der Vater fei nicht an den Folgen seiner Notwehr, sondern längere Zeit danach an einem Blutsturz gestorben.— Genosse Suklner erwidert, daß in Röntgmtal ein K o m m u n i st dieselben Behauptungen wie er(Kuttner) auf- gestellt habe.(Widerspruch der Kamm.)— Katz erklärt, die Aus- führungen in Röntgental seien hypothetisch gemacht worden, Kuttner bestreitet das. Er stellt, von stürmischen Schlußrufen der Rechten und der Kommunisten fortwährend unter- brachen, fest, daß er Katz keinerlei Vorwurf gemacht, son- dern nur von ihm und seinen Freunden Verständnis für die Lage einem bettunkenen und gewalttätigen Menschen gegenüber gefordert habe.— Abermals widersrpicht Katz, Rede und Gegenrede wechseln, bis schließlich Genosse Heilmann diese Debatte ab- schließt mit der Feststellung, daß die Deutschnationalen und Kom- munistm Kuttner zusammen und gleichzeitig niederzu- brüllen versucht haben. Der Iusttzhaushalt wird angenommen. Das Haus erledigt dann in später Nacht die dritte Beratung des Haushalts des Landwirt- schaftsministeriums, des Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und des Wohlfahrtsministeriums, worüber wir noch berichten werden. Neuanpasiung üer Verbrauchssteuern. Der Steuerausschuß des Reichstages begann am Frettag mit der Beratung der Vorlagen über die Anpassung der Verbrauchs- steuern an die Geldentwertung. Genosse Keil führte über die Stellung der Sozialdemokratie in der Generalaussprache u. a. fol- gendes aus: Die Finanzverwaltung will die Verbrauchssteuern, deren Erhebung infolge der Geldentwertung kaum noch lohnt, wirtschaftlich gestalten und damit die Vorwürfe der Entente entkräften, daß Deutschland nicht ernstlich gewillt sei, seine Steuerquellen voll aus- zunutzen. Auch wir sind der Auffassung, daß alles getan werden muß, um tüe Finanzhoheit des Reiches zu retten. In dieser Hin- sicht hätte bisher zweifellos mehr geschehen können. Unsere Lage wäre nicht ganz so ungünstig, wie sie ist, wenn unseren Wünschen und Vorschlägen auf dem Gebiet der Steuern immer entsprochen worden wäre. Es fragt sich aber, ob das vom Minister bezeichnete Ziel mit den vorgeschlagenen Maßnahmen erreicht werden kann. Es handelt sich hier nur um kleine, dürftige Maßnahmen, um ein halbes Dutzend Neiner Verbrauchssteuern. Was sanft geschehen muß, darüber hat der Minister nicht gesprochen. Er hat kürzlich im Plenum des Reichstages anerkannt, daß die Veranlagung zur Der- mögenssteuer schon für das Jahr 1924 nicht mehr zu gebrauchen ist. Wir vermissen nun die praktischen Konsequenzen, die sich aus der Rede des Ministers vom 7. Juni ergeben. Wie steht es mit den Vorarbeiten zu einer grundlegenden Aenderung im Steuersystem? Eine mehrjährige Veranlagungsfrist läßt sich in der Gegenwart mit ihrem raschen Wechsel nicht mehr halten. Man muß zu einer kurz- fristigen Veranlagung übergehen und sie höchst einfach gestatten. Das ist zu erreichen, indem man bei der Wertermittlung den gemeinen Wert zugrunde legt, anstatt die komplizierten, unübersichtlichen Vorschriften, die heute gelten. Auch für die Er- fallung des Vermögenszuwachses gilt das. Ferner hat der Minister bezüglich der Feststellung der Einkommen selbst anerkannt, daß die vor einigen Wochen geschaffenen Paragraphen 33a und b des Ein- kommensteuergesetzes nicht mehr haltbar sind. Diese Bestimmungen sind von so ungeheuerlicher Wirkung, daß sich manche Steuerzahler scheuen, sie sich ganz zunutze zu machen. Wenn diese Bestimmun» gen nun aus technischen Gründen für 1922 Anwendung finden müssen, dann dürfen die minderbemittelten Schichten nicht über Ge- bühr belastet werden. Es kommt noch hinzu, daß die Abwälzung der vesitzsteuern auf den Verbrauch nie so leicht gewesen ist wie heute. wo Besitz- und Verbrauchssteuer mehr und mehr ineinander fließen. Der Reichsfinanzminister legt Gewicht darauf, daß die Ver- brauchs steuern so gestaltet werden, daß er der Entente gegenüber bestehen kann. Ich vermute aber, daß die Entente sich auch für die B e s i tz b e st e u e r u n g interessierm wird. Es müßte übrigens bei Verhandlungen mit der Entente mit Nachdruck auf die grundlegenden Unterschiede des Steuersystems in Deutschland und den Ententeländern hingewiesen werden, vor allem auf die Vor- belastung des deutschen Verbrauchs durch die Um- s a tz st e u e r und die K o h l e n st e u e r. Solche Generalverbrauchs- steuern hat kein Land der Entente. Dann ist festzustellen, daß weite Kreise unseres Volkes einer fortgesetzten Verarmung anheimfallen, daß sich ein Sinken des Neallohnss vollzieht, wie es kein anderes Land aufzuweisen hat, und daß die Zunahme der Krankheiten und Sterblichkeit in Deutschland erschreckend ist. Nicht nur die Rücksicht auf die Entente verlangt eine grund- legende Aenderung unseres Steuerwesens. Wir haben uns selbst zu fragen: Entspricht das gegenwärtige Steuersystem den Anforderungen der Gerechtigkeit? Die Sozialdemokratie kann diese Frage nicht be- jähen. Genügt die Kapitalvcrkehrssteuer, besonders die Börsen- steuer? Bei den ungeheuerlichen Gewinnen, die eine gewissenlose Spekulation ergibt, könnten die Reichseinrmhmen bei schärferer heran, iehung ohne Schädigung irgendwelcher wirlschafllichsn Interessen wesentlich höher sein. Hier muß das Reich rücksichtslos zugreifen. Auch andere Steuern können noch ertragsfähiger gestaltet werden, u. a. auch die Schaum- weinsteiier, die sehr wohl eine Erhöhung auf 50 Proz. ertragen kann. Der Reichsfinanzminister hat von dem Ziele gesprochen, die Nolenpresse als Quelle der Inflation stillzulegen. Mit den Vorlagen, die jetzt im Ausschuß zur Beratung stehen, wird dieses Ziel nicht erreicht, ihr Ertrag deckt nicht einmal den Notenbedarf von 1 bis 1)4 Togen. Ist vor Schluß dieses Tagungs- abschnittes des Reichstages ein umfassendes Programm für einen durchgreifenden Umbau des Steuersystems nicht mehr zu erwarten, so müssen wir doch unsere Stellungnahme zu den vorliegenden Steuern davon abhängig machen, wie sich die Regierung zu den von mir vorgetragenen Fragen stellt. Je nach der Antwort, die wir erhalte», lverden wir unsere Haltung einrichten. Reichsfinanzminister Dr. Hermes erklärte, daß er den durch- greifenden Umbau der Vermögenssteuer für dringend notwendig er- achtet. Er ist mit Keil darin einverstanden, daß die bestehende lange Veranlagungsfrist nicht mehr haltbar ist und kürzer« Zeiträume ge- schaffen werden müssen. Auch bestätigt er, daß die Paragraphen 33a und b eine Begünstigung der Sachwertbesiher bedeuten und geändert werden müssen. Aber auch bei den Ver- brauchssteuern dürfe nichts unterlassen werden. Gen. keil erwiderte zum Schluß der allgemeinen Aussprache u. a., daß die Forderung der Sachwerterfassung von der Sozialdemokratie keineswegs aufgegeben worden fei. Sie müsse als Bestandteil des Reparationsproblems betrachtet werden, das ohne die Sachwerterfassung nicht zu lösen ist. Mit den Erklä- rungen des Ministers werden wir uns nicht begnügen. Von größter Wichtigkeit für unsere Stellungnahme ist auch die Frage, ob dos Steuersystem geeignet ist.die Inflation herabzudrücken. Hierauf trat der Ausschuß in die Einzelberatung ein. Die V»r- lag« über die Erhöhung der S a l z st e u e r auf 10 M. pro lcx wurde ohne wesentliche Aenderungen angenommen. Bei der Abstimmung über den grundlegenden Paragraphen 1 enthielten sich die Sozial- demokraten in Konsequenz der von Keil abgegebenen Erklärung der Abstimmung. Der§ 5, der der Reichsregierung das Recht gibt, bei eingetretener Preisveränderung den Steuersatz höher oder niedriger festzusetzen, wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokratie, die Streichung beantragt hatte, angenommen. Infolge technischer Schwierigkeiten erscheint der.Vorwärts" b-ute in beWÄcktS» Uochmg.