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Trotzdsn der Kämmerer in eindringlichster Weise die Sachlichkeit und Richtigkeit der Stellung der sozialdemokrati- schen Vertreter anerkannte und das große Verantwortungs- gefühl hervorhob, das unsere Fraktion durch ihren Beschluß be- wiesen habe, siegte bei der Deutschen Volkspartei das Bestreben nach Schutz der Interessen des Besitzes über das Verantwortungsgefühl der Gemeinde Berlin gegenüber. Unsere Vertreter verzichteten unter diesen Umständen aus wei- tere Verhandlungen und verließen den Berhandlungsraum.

Vortrag Zrepmuths in München . München . 29. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Es ist in Bayern nicht ungefährlich, besonders für den einzelnen, Gerechtigkeit für Fechenbach zu verlangen und dafür Propaganda zu machen. Aus dieser Erkenntnis und im Hinblick auf die Vorgänge gerade der letzten Wochen ließ der Republikanische Reichsbund Bayern den durch seine Broschüre bekannt gewordenen Kammer- gerichtsrat Freymuth auch nicht in einer öffentlichen Derfamm- lung sprechen, sondern vor geladenen Gästen im eigenen Heim. Freymuth begründete zunächst überzeugend, daß die bayerischen Volksgerichte zu Unrecht bestehen: durch die bayerischen Volksge- richte ist zum ersten Male in der reichsdeutschen Rechtspflege ein vollendeter Separatismus entstanden. Heut« gibt es taffäch- lich ein deutsches und ein bayerisches Strafprozehverfahren. Dieser Separatismus besteht ohne jede verfassungsmäßige Grund- löge nun bald vier Jahre. Dann zerpflückte Freymuth Anklage und Urteil gegen Fechenbach, wie schon in seiner Broschüre und wies nach, daß das Urteil der juristischen Betrachtung in keiner Weise standhalten kann. Seinen eigenen Nachforschungen ist es bekannt- lich gelungen, die Schwächen und Unmöglichkeiten der Anklage und des Urteils nachzuweisen, während der Münchener Unioersttäts- Professor Dr. Kitzingen den unwiderleglichen Beweis erbracht hat, daß das Fechenbach vorgeworfen« Verbrechen bei der Erhebung der Anklage verjährt war. Dazu muß das bayerische Justiz- Ministerium, ob es will oder nicht, Stellung nehmen, denn es handelt sich nicht um die Person Fechenbachs, sondern um die Sache der Ge- rechtigkeit, die alle angeht: den Landtag, die Regierung, den Reichs- tag und alle, die in Deutschland leben. Einen erschütternden Appell richtete hierauf der Verteidiger Fechenbachs, Rechtsanwalt Hirschberg, an die Deffentlichkeit. Ihm selbst seien auch heute Nock) zu einem wirksamen Eingreifen die Hände gebunden, da er über die Ergebnisse des Prozesses sowie über den größten Teil des Urteils und seiner Begründung an das ihm vom Volksgericht auferlegte Schweigegebot gebunden sei. Das ganze Verfahren und das Urteil selbst seien übrigens durch die Art des Vorgehens m einen undurchdringlichen Nebel gehüllt, den zu durch- dringen der Verteidigung in keiner Weile gelungen sei. Auf Vor- schlag des Sekretärs der Liga für Menschenrecht« richtete die Per- fammlung ein Telegramm an den Vorstand des Reichstags nnt dem dringenden Ersuchen, der Reichstag möge noch vor den Sommerferien die sozialdemokratische Fechenbach-Jnterpella- tion erledigen.

Die Ruhrkreüite ein Panama ? Usber die Art und die Höhe der Kreditgewährung an die Ruhrindustrie ist bislang selbst dem Reichstag Li« Kenntnis verwei- gsrt worden. Man wußte zwar, daß die Kredit« sehr hoch sind, daß sie auf Papiermarkbasis gewährt wurden, und daß sie deshalb nicht nur ein« starke Schädigung des Reichs, sondern auch«in« der wichtigsten Quellen für die Erschütterung der Markstützungs- aktion waren. In der ZeitschriftDieWeltbühne" werden nun einig« Angaben veröffentlicht, für die wir der genannten Zeitschrift die Verantwortung bezüglich der Richtigkeit überlassen müssen. Immerhin halten wir es angesichts der ungeheuren Bedeutung dieser Kredite für notwendig, von diesen Angaben Kenntnis zu geben. Es soll die R e i ch s b a n k ohne Hinterlegung von Reichsschatz - wechseln, aber gestützt auf die Garantie des Reichs, einen großen Tell der Ruhrkredite von sich aus gegeben haben. Das Rheinisch- Westfälische Kohlensyndikat in Hamburg erhielt davon auf nicht wertbeständig« Dreimonatswechsel etwa 900 Milliarden Mark(also Wechsel, die'in entwertetem Geld« zurückerstattet werden! Red. d.lB."). Das Syndikat hat außerdem von der Reichskreditgesellschaft 400 Milliarden Mark erhalten, die erst wert- beständig gemacht werden s o l l en, und zwar auf der Grundlag« des Preises für die Fettförderkohle. Außer diesen rund 1300 Milliarden erhielten die kleineren Syndikate des Kohlenbergbaues besondere Kredite von IS bis 20 Milliarden. An Privatbanken soll ein

Nationalpiraten. Wir sind die Nationalpiraten, Jeder Zoll ein Lump, Ein Lump. Sprengen den Sozialdemokraten Ihr klein's Häusel in Klump, In Klump. Fort die Lassen mit den Geisteswaffen, Nur das Pulver kann es schaffen! Grausam, roh und blond Das ist Einheitsfront. Wir sind die Nationalpiraten, Jeder Zoll ein Bändig Ein Bandit. Und wir schreiben unsre Taten Mit Pistol und Dynamit, Dynamit. Laßt es schallen, laßt es knallen, Die Minister müssen fallen Zehne auf einmall Das ist national. Wir sind die Nationalpiraten, Jeder Zoll ein Spion, Ein Spion. Uns'r« Freunde wir verraten Für den Judaslohn, Judaslohn. Nur kein Schwanken! Seht die blanken Uns von Richert übersandten Franken. Aus der Dalles I Deuffchland über alles! Mich, von Lindenhecke».

Friß Mauthner, in den 1890er Jahren einer der einflußreichsten Thealerlritiker Berlins , Verfasser zahlreicher Romane, sprachwissen. schaftlicher und philosophischer Werke, ist zu Meersburg am Boden- see im Alter von 74 Jahren gestorben. Von Geburt Böhme, kam er als junger Literat nach Berlin und machte iich durch die im MosseschenDeutschen Montagsblatt" veröffentlichte glänzende ParodienserieNach berühmten Mustern" bald einen Namen. Die literarischen Modegrößen jener Zeit, Dahn , Auerbach , Spiolhagen, Scheffel, Freytag u. a., wurden hier in einer Weis« oer- ulkt, die nicht nur in höchstem Maße amüsant war, sondern auch u)vähli'>en Lesern zum erstenmal die Augen öffnet« für die Platt- heit, Hohlheit und Verlogenheit ihrer angeschwärmten Liebling«. Mauthners Parodien, die als Büchlem rasch in zahlreichen Auflagen

Kredit von 400 Milliarden Mark gegeben worden fein. Die Gesamtsumme dieser nicht wertbeständigen Kredite belaufe sich auf über 2 Billionen Mark. Dazu aber kommen noch die Kredite an die Stahls in an- zierungsgesellschaft. Hier sind die allerkräftigsten Kreis« der deutschen Wirtschaft mit einem Mal« dieallerbedürftigsten". Zu dieser Stahlfinanzierungsgesellschaft gehören folgende Konzerne: Stinnes, Krupp, Otto Wolff, Haniel, Klöckner, Mannesmann, Stumm, Rombach und Hoefch. Der Kredit beläuft sich auf nicht weniger als 6( 0 Milliarden Mark. Er ist zwar wertbeständig, beruht aber nach fortdauernder Verschlechte- rung nur noch auf der Basis des Eisenpreises. Außer diesem großen Kredit für die Schwerindustrie sind nrch recht beträchtliche Summen durch dieHit a",Hilfskasse für gewerbliche Kredite", ausgeliehen. Von den mehr als 100 Milliar- den, die dieHika" ausgegeben hat, ist auch nur ein kleiner Teil, etwa S 7 Milliarden* wertbeständig rückzahlbar. Neben diesen Zhediten, von denen das Reich nur einen kleine r.Teilwieder- sehen wird, laufen die Entschädigungen auf Grund des Oktupa- tionsleistungsgesetzes, die ohne jede Prüfung lediglich auf Grund der Anmeldungen bis zu 80?roz. ausgezahlt werden. Schließlich verhandeln die Kohlen- und Tiienindustriellen mit der Regierung über den Ersatz derunproduktivenAusgaben". Sind diese Angaben zutreffend, so hat man die Erklärung für die große Flüssigkeit des Geldmarktes und den ungeheuren Ansturm der rheinisch-westfälifchen Schwerindustrie ans den Devisen- markt. Vom Reich würden dann die Mittel stammen, die gegen die Aktionen des Reichs Verwendung finden. Es erscheint uns unmög- lich, daß diese Dinge im Reichstag unerörtert bleiben sollten. Ministerneuwahl in Mecklenburg . Schwerin , 30. Juni. (MTB.) In der gestrigen Landtagssitzung wurde der Apotheker H e n n« ck e aus Waren mit 31 Stimmen der Linken zum Finanzminister gewählt. Es wurden 26 weiße Zettel abgegeben. Wie wir bereits meldeten, hat der Finanzminister von Mecklenburg-Schwerin, Genosse Julius Asch , am Freitag sein Amt niedergelegt. Hierzu wird uns von Schwerin geschrieben: Auch die Deutschnationalen und Volksparteiler. die in Mecklenburg-Schwerin zusammen arbeiten, mußten die Sach- kenntnis und Energie des Genossen Asch anerkennen. Sie unter- stützten ihn, bis er in einer Finanzreform auch die mecklen- burgifchen Agrarier ihrem Einkommen enffprechend zu den Steuerlasten heranziehen wollte. Seither arbeitete die?. chts- presse mit allen Mitteln, um ihn unmöglich zu machen. Selbst vor den widerwärtigsten Verdächtigungen schreckte>aan nicht zurück. Vor Uebernahm« des Finanzministeriums sollte er sich als Leiter des staatlichen Filmbetriebs Unregelmäßigkeiten haben zu Schulden kommen lassen. Weit über den genehmigten Etat sollte er bauliche Veränderungen in seiner Dienstwohnung vorgenom- men haben. Als Haupfführer der Hetze trat der deutschvölkische Landtagsabgeordnet G i e s e auf, der sich jetzt so tapfer vor einer Aussprache in der Parchimer Femesache drückt. Auf seinen Antrag beschäftigte sich der Untersuchungsausschuß des Land- tags mit den Verleumdungen. Das Resultat der Untersuchungen war eine völlige Reha- bilitierung für Asch. In der Landtagssitzung vom 27. Juni rückten sämtliche Parteien von dem deutschoölkischen Giese ab. Selbst der Führer der Deuffchnationalen sah sich genötigt, sein Bedauern über die unverantwortliche Handlungsweise seines völkischen Partners auszusprechen. Aber man kennt ja die Kampfesart der Rechtspar- teien, wenn es gilt, unbequeme Persönlichkeiten beiseite zu schieben. Und so nahm es denn nicht wunder, als der Vertreter der Volks- partei, Landgerichtsrat Krüger, am 29. Juni einen neuen Vor- stoß gegen dm sozialdemokratischen Finanzminister unternahm. Diesmal muhte die vom Land Mecklenburg-Schwerin ausgesetzte Roggenanleihe herhalten. Finanzminister Asch und ander« höhere Staatsbeamte, so hieß es, hätten sich auf Kredit in erheblichem Maße an der Zeichnung beteiligt. Sie hättm ihren Anteil an der Zeichnung, die 28 mal überzeichnet war, voll einzahlen können, währmd die kleinm Zeichner ganz abgewiesen wurden und andere nur einen Teil der gewünschten Anteile erhielten. Wie liegen demgegenüber die Tatsachm? Asch hatte über 100 Zentner Roggenonleihe gezeichnet bei einem Kurs von 64 000 M.

verbreitet wurden, haben zur Reinigung der literarischen Atmosphäre wesentlich beigetragen und den Reformern, die in der zweiten Hälft« der achtziger Jahr« ihr Werk begannen, wirksam vorgearbeitet. Diesen Reformern Kritikern und Dickstern, die sich in der naturalistischm sogenanntenjüngstdeutschen" Richtung vereinigten, hat sich Mauthner freilich niemals mit Haut und Haaren verschworen, aber er förderte die lebensfähigen und zukunftverheißenden Keime, die er hier zu finden.meinte, er war einer der Begründer der Ber - linerFreien Bühne", die unter Otto Brahms Leitung und Paul Schlenthers, Gerhart Hauptmanns , Otto Erich Hartlebens u.a. Mitarbeit einen neuen Stil in der deutschen Bühnenkunst anbahnt«. Seine Stellung als einflußreicher Theaterkrittker hat Mauthner nie- mal? zur Förderung irgendwelcher Cliquen benutzt. Er bemühte sich, objektiv zu sein, und war stets ein ehrlicher Mann.n Auch darf man ihm das Zeugnis ausstellen, daß er nie der Versuchung unterlegen ist, feinen schlagkräftigen und unter Umständen tötlich wirtenden Witz zum Zwecke der Selbstbespiezelung blitzen zu lassen, sondern daß er immer das, was ernst zu nehmen war, auch ernsthaft be­handelte. Er unterschied sich durch diese Eigenschaft namentlich von seinem Kollegen Oscar Blumenthal , der unter Umständen kein Be- denken trug, einer Pointe zuliebe das Schicksal einer Bühnendichtung zu gefährden. Mauthners Romanschriftstellerei stand nicht auf der Höhe seiner kritischen Leistung, aber sein« philosophischen, namentlich seine sprachkritischen Werke bieten mannigfache Anregung und hoben m vielfacher Hinsicht heilsame Klärung geschaffen. vle nächste Sonnenfinsternis und die Relcckioitätstheorie. Pro- fessor Ludendorff, der Direktor des Astropbysikalischen Observatoriums in Potsdam hat von der mexikamschen Regierung die Einladung erhalten, an den dorttgen Beobachtungen der am 10. September stattfindenden Sonnenfinsternis teilzunehmen. Ludendorff wird, nachdem die von seinem Observatorium mit unter- nommenen Beobachtungen auf der Weihnachtsinsel im vorigen Jahre unter Leitung von Professor Freundlich infolg« der Ungunst der Witterung nicht zustande kamen, die Gelegenheit benutzen, um die zur Ueberprüfung von Einsteins Relativitätstheorie notwendigen Feststellungen zu machen. Der Rockesever-Lesezirkel. In der Not, in der sich die deutsche .Wissenschaft dadurch befinde:, daß sie durch uiffere schlechte Valuta von dem Bezug ausländischer Bücher und Zeitungen abgeschnitten ist, gewährt die Rockefeller-Stiftung seit 1921 großzügige Unter- stützung. Diese Stiftung, deren Zweck dahin angegeben wird,«teil- zuhaben an der weltumfassenden Bewegung zur Verhütung von Krankheiten und zur Schaffung erprobter Bedingungen für einen guten Gesundheitszustand der Menschen", unterhält medizinische Hochschulen in Amerika , Kanada , England, Belgien , Brasilien : in China hat sie eine ganz neue medizinisch« Akademie eingerichtet. Umfassende Maßnahmen hat sie gegen die Ausbreitung de, gelben Fiebers in Mexiko , Zenttal- und Südamerika durchgeführt: sie unter- stützt in 12 Staaten die Malariakontrolle, kämpft in zahlreichen Län- dern gegen die Tuberkulose und hat in Amerika einen systematischen Kampf gegen den Hakenwurm unternommen, die typische Krankheit der Bergleute Für die hungernden europäische» Kin- der sst von der Stiftung eine Million Dollar bereitge-

Drei weitere höhere Beamte zeichneten auf 50100 Zentner. Bor einiger Zeit bereits hat aber Genosse Asch auf seine Zeich- nung verzichtet. Es bliebe aljo nur der Vorwurf, daß Finanz- minister Asch Staatskredite in Anspruch genommen hat. Wer auch dieser Vorwurf läßt sich nicht aufrechterhalten, da es schon vor dem Kriege in Mecklenburg gang und gäbe war, Beamten für solche Zwecke Vorschüsse zu gewähren. So erhielten z.B. während des Krieges die mecklenburgischen Beamten auf Wunsch Vorschüsse zur Zeichnung der K r i e g s a n l e i h e. Es ist also durchsichttg, daß man die Steuerpolitik des Finanzministers meinte, als man ihn wegen der Zeichnung der Roggenanleihe angriff. Wenn sich Finanz- minister Asch trotz dieses Sachverhalts entschloß, zurückzutreten, so mag man das im Interesse einer gesicherten Finanzpolitik bedauern, aber es bleibt menschlich verständlich.

Der lvahlkampf in Paris ' Umgebung. Paris , 30. Juni. (EE.) Bei den Nachwahlen im Departement Seine et Oise verzichteten die Sozialisten auf die Ausstellung einer eigenen Kandidatur zugunsten der kommunistischen Kandidaten Marty und Paquerreaux, die bei den Hauptwahlen 43 000 bzw. 40 000 Stimmen erhalten hatten. Die Kandidaten des Block national. Andre und Filhos, verzichteten auf eine eigen« Kandidatur zugunsten der.Radikalsozialisten" Franklin Bouillion und Goust. Daher ist eine Stichwahl zwischen Radikalsozialisten" und Kommunisten wahrscheinlich. Dem Ergebnis der Ersatzwahl im Departement Seine-et-Oise sah man in ganz Frankreich aus verschiedenen Gründen mit großer Spannung entgegen. Einmal handelt es sich um einen der größten Wahlbezirke des Landes, der die Hauptstadt Paris in wettem Kreise umschließt und unter dem unmittelbaren Einfluß der hauptstädtischen Press« steht.' Vor allem aber war erst im Jahre 1919 die ganze Liste des nationalen Block mit 86 000 Stimmen und großem Vorsprung unter Führung Tardieus gewählt worden, zugleich aber gehörten dieser Liste zwei jetzige Mitglieder des Kabinetts Poincare, der Iusttzminister C o l r a t und der Wie- deraufbauminister R e i b e l, an. Die Radikalen waren damals unter Führung Franklin-Bouillons um 86 000 Stimmen hinter Tardieu-Colrat zurückgeblieben, die noch vereinigten Sozia- listen erhielten knapp 38000 Stimmen. Wohl ist inzwischen eine heftige persönliche Fehde zwischen Tardieu und Poincare ausgebrochen und andererseits ist Franklin Bouillon ein stark nationalistisch orientierter Radikaler, so daß der Unterschied zwischen dem Nattonalen Block und den Radikalen dies- mal etwas verwischt war. Aber das Resultat des Wahlganges am vorigen Sonntag war trotz aller sonstigen Unklarheiten eine v e r- nichtende Niederlage für den Nationalen Block. Dieser verlor über 35 000 Stimmen, während Franklin-Bouillon nur 6000 Stimmen gewann: aber das Hauptmerkmal dieses Wahl- ganges war die ungeheuere Zunah c der kommu- nistisch-sozialistischen Stimmen, die zusammen 51 000 Zettel erhielten, also 13 000 mehr als 1919. Daß die Kommunisten den weitaus größten Teil dieser Arbeiter- und Bauernstrmmen, nämlich 42 000, erhielten, ist darauf zurückzu- führen, daß die dortige sozialisttsche Parteiorganssation bei der Spal- tung zerschlagen wurde und die Bevölkerung miter dem Einfluß der kommunistischenHumanite" steht. Außerdem war als kommu- nistischer Kmrdidat der Bruder des eingekerkerten Volkshelden Marty aufgestellt, so daß die Zettelabgabe für ihn indirekt als ein« Kundgebung für die Amnestie wirken sollte. Jedenfalls hat dieser große Zuwachs der Arbeiterstimmen eine wahre Panikstimmung unter den Bürgerlichen hervorgerufen. Die Kandidaten des Nattonalen Blocks erklärten, angesichts der großen revoluttonären Gefahr auf den weiteren Kampf gegen Frank- lin-Bouillon zu verzichten. Nun haben sich die Sozialisten, obwohl sie von den Kommunisten geradezu niederträchttg während des Kampfes behandelt wurden, zugunsten der Kommunisten zurückge- zogen. Es ist durchaus möglich, daß auch wirklich linksstehend« ra- dikale Wähler, die nur sehr ungern dem nationalistisch gesinnten Franklin-Bouillon Gefolgschaft geleistet hatten, es jetzt ablehnen, ihre Sttmmen mit denen des Nationalen Blocks gegen die Arbeiterkandi- datur zu vereinigen und entweder Sttmmenthaltung üben oder so- gar für Marty stimmen. Dann wäre ein Erfolg der kommunistischen Seite nicht undenkbar.

stellt. Zu diesen Unternehmungen tritt nun die Unterstützung der.Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft " in der Beschaffung von Zeitschriften, über die Dr. Jürgens in der Deusschen Medizinischen Wochenschrist" berichtet. Bereits in den letzten Iahren hat die Rockefeller-Stiftung 400 medizinische Zeit- schristen Englands und Amerikas für die deusschen wissenschaftlichen Insttwte und Bibliotheken geliefert. Nunmehr wird eine Erweite- rung dieser Hilfsaktion durchgeführt, indem die Lieferungen be- ttächtlich erhöht werden. Zugleich erfolgt eine neue Berwertungs- ort der Sendungen. Die Rockefeller-Sttftung liefert alle wertvollen medizinischen Zeitschriften Englands und Amerikas in je 5 bis 6 Exemplaren, von denen je ein Exemplar seinen Standort in den Staatsbibliotheken Berlin und München erhäll, damit jeder Forscher� sicher sein darf, die Schriften an dieser Stelle stets einsehen zu können. Die übrigen 4 Exemplare werden auf vier Lesezirkel verteilt, von denen jeder 5 bis 6 Universitätsstädte umfaßt. Jede Zeitschriftenmappe dieser Lesezirkel liegt etwa zwei Monate in jeder Universitätsstadt in der betreffenden Bibliothek aus und wird dann an die nächste Hochschule, die zu dem Zirkel gehört, weiterbefördert. Die Zeitschriften machen daher in längstens einem Jahr die Runde in allen Universitätsstädten. Zur Bernfleinkunde. Es dürste bekannt sein, daß Bernstein nicht nur an der Ostsee sondern auch in der ganzen norddeusschen Tiefebene im illuvialen Boden gesunden wird. Ein solcher Fund wurde vor kurzem m einer Ziegeleigrube des Kreises Lauban gemacht, wo beim Schachten von Lehm ein großes Stück Bernstein Zutage gefördert wurde. Dies zeigt deutlich, daß auch das schlesische Tiefland einst Meeresboden gewesen ist. Einige schlesische Museen weisen hervorragend schöne Stücke auf, deren Fundstellen bis in die Täler des schlesischen Gebirges hineinreichen. Auch das Riesen- gebirgsmuseum in Hirschberg besitzt solche Fundstücke, die aus den Ziegelgruben des Hirschberger Tales stammen. Hierbei möqe daran erinnert sein, daß der 1800 in Sprottau geborene bekannte Botaniker Heinrich Robert Göppert , der die tropische Bewaldung Deusschlands durch lebenslange gründliche Forschung nachgewiesen und in ihren Resten erforscht und gesammelt hat, sich um die Erforschung der Bernsteinflora große Verdienste erworben hat. Er erkannte als einer der ersten, daß der Bernstein ein fossiles Harz, das Sekret einer Konifere, darstellt, die mit unseren Kiefern und Fichten verwandt ist: aber es lag ihm auch daran, den Charakter der Flora zu be- stimmen, die zur Tertiärzeit an den baltischen Gestaden grünte. Er hat aus den Bernsteineinschlüssen über 163 Pflanzenarten festgestellt. Durch Schlesien führte übrigens auch die sogenannteBernstein- straße" nach Prag und weiter nach Venedig .

Grftaufführunge« der Woche. Dienstag, Staatsibeater:.Die Freite'. Donnerstag: Schlohpartthcater:.Im weihen Nöh'l'. Urania -Borträge. Fm Tbcatcr alle Tage: ,A l t» I e rli n i n der Biedermeierzeit'. Im kleinen Saal: Sonntag. Donnerstag. Freitag:.Der Ausbruch des Aetna '. Dienstag, Mittw., Sonn­abend:.Holland, Land und Leute'. Schillertheatcr. Frau ErniBelian, die erste Sängerin des Tdeatcrs an der Wien in Wien , ist für ein einmonatlicheS am 1. Juli begumendes Gastspiel von der Sommcrdirrktiou gewonnen worden.