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MbenSausgabe Nr. 312> 40. Fahrgang Ausgabe g Nr. 156
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Kampfbeginn in öer Metallindustrie. SlfSSSTf1!; "'' frhrtffftrhrr �fhpr hn& mrrffrhnffftrfit
Die StreMeitung des Denkschen Meiallarbeiterverbandes teili mit: Die Streikleitung hat beschlossen, daß am v. ZuN folgende De- triebe In den Streik zu treten haben: Zlriadne, Ambi-Konzern, Aktumulatorenfobrit Oberschöneweide. Aga-Lichtenberg, Mix u. Geneft, Gehrmann u. Co.. Anhaltische Ma­schinenfabrik. vorsigwalder Metallwerke, Dorsig. Verlin-Karlsruher Jnduslriewerke, Tassirer u. Co.. V ergmann, Seestr., Deutsch  « Kabel- Industrie. Kabelwerk Lichtenberg, Telephonwerke Stock-Lichtenberg. Deutsche Eisengießer ei-Vrilz, glohr, Chausseestr., Härtung-Lichten- berg. Härtung, WIclesfstr., Gebr. Israel  , Zachmann-Dorstgwolde. Iaroslaw-Weißensee. Iürst-Adlershos, Knorr-Lcemse Berlin   und Oberspree. Loewe, Lorenz. Dr. Paul Meyer, Lynarstr. und Dronl- heimer Str., Kabelwerke Neukölln. Neue Mesflngwerke, NiKoliz, Orensteln u. Koppel, pinkus, Raboma. Roza, Riewe, Cmil Stein, Dichazcek, Stock-Motorpflug. Berlin   und Oberschönweide, Sustkazis, Schuchardt, Neukölln  , Schuchardt, Rungestr., Siemenskoazern, Siemens-Lichkenberg, Armin Tenner, Werner, Lützowstr., wolsf, Lette u. Zacoby, Aink-Rassinerie, Zwietusch. Kulecki u. Böhm, Der- ewigte Isolatoren werke.» weiter Hot die Streikleitung beschlosten, daß Notstands. arbeiten auszuführen sind, lleber die Art der Notstand»- arbeilen ist der Streikleitung Mitteilung zu machen. In Streitfällen entscheidet die Streikleitung. Schwerkrieg». beschädigte im Sinne des Gesetzes brauchen flch am Streik nicht zu beteiligen. Monteure, welche fich außerhalb Berstn» auf Montage befinden, dürfen nur durch die Streikleitung zurück- beordert werden. Die Streikleitung. Urich. Damit hat der Kampf in der Berliner   Metallindustrie be- gönnen. Kein einsichtiger Mensch wird der Organisations- leitung das Zeugnis versagen, alles getan zu haben, um diesen Kampf mit allen seinen Auswirkungen und möglichen Folgen zu vermeiden. Sie hat das getan im Bewußtsein der Schwere ihrer Verantwortung gegenüber chren Mitgliedern, gegenüber der Oeffentlichkeit und im Hinblick auf die wirtschaftliche Er- schütterung, die ein derartiger Streit mit sich bringen muß. Sie ist auch weiter bestrebt die vorstehenden Maßnahmen lassen dies erkennen, den Kampf, soweit seine erfolgreiche Durchführung es zuläßt, zu lokalisieren. Sie hat alle diese Maßnahmen getroffen, obwohl sie sich bewußt ist, daß sie sich dadurch den Angrifsen aus den Reihen ihrer eigenen Mitglieder
aussetzt. Tatsächlich wird nicht nur von den Kommunisten in der unverantwortlichsten Weise gegen die Organisationsleitung gehetzt von dieser Seite wundert man sich ja über nichts mehr, auch von Mitgliedern, die den Kommunisten durch- aus fernstehen, wird der Organisationsleitung der Vorwurf des Bremsens und der Verschleppung gemacht. Wir möchten deshalb doppelt davor warnen, sich durch großspurige Redereien unverantwortlicher Elemente beein- slusten zu lassen. Die Metallarbeiter Berlins   kämpfen einen sehr harten Kampf. Sie haben es mit einem Gegner zu tun, der nicht allein wirtschaftlich sehr stark ist, sondern der auch die Führung hat in dem Widerstande der Unternehmer gegen den ehrlichen Lohn. In diesem Kampfe ist unbe- dingt« und eiserne Disziplin die Voraus» setzung des Erfolges. Für die Arbeiterschaft handelt es sich n i ch t u m e i n e M a ch t f r a g e. Sie will nur dem fortgesetzten Himmel' schreienden Lohnbetrug ein Ende machen. Sie will, daß der Lohn, der tariflich vereinbart wird, auch wirklich gezahlt wird. Sie will nicht mehr das Opfer der Markentwertung sein, auf deren Kosten sich die Reichen noch mehr bereichern. Wer wird den Arbeitern in diesem Bestreben seine Sympathie und tat- kräftige Solidarität verweigern können! In anderen Ländern ist die Vereinbarung mit einer wertbeständigen Lohnklausel längst üblich. Auch die Unter- nehmer haben in ihren Lieferungsverträgen in irgendeiner Form wertbeständige Preisklauseln. Ist es nicht ein uner- härter Skandal, wenn sie ihren Arbeitern verweigern, was sie für sich selbst ohne weiteres in Anspruch nehmen und damit zugleich die Arbeiter betrügen?! In Deutschland   gibt es bereits Unternehmer, die in irgend einer Form die Wertbeständigkeit der Löhne anerkennen. Wir haben in dieser Beziehung vor einigen Tagen die Bestimmun- gen eines Reichstarifs der Bekleidungsindustrie angeführt. In unserer heutigen Nummer finden die Leser etwas Aehn liches aus dem Bankgewerbe für ganz Deutschland  . Auch die Unternehmer des Berliner   Einzelhandels haben sich grund- sätzlich bereit erklärt, eine derartige Lohnklausel in den abzu- schließenden Bertrag auszunehmen. Bei einigem guten Willen geht es also auf gütlichem Wege, der außerdem den Vorteil hat. für die Zukunft das Element der fortgesetzten Unruhe auszuschalten. Es muß also auch in der Berliner   Metall industrie gehen.
Noch immer verhanülungen. Die Verhandlungen des R e i ch s k a n z l e r s mit dem Nuntius Pacelli sind bisher noch nicht abgeschlossen! viel- mehr findet auch heute noch eine Besprechung statt. Bis zum Abschluß der Verhandlungen wird über die Besprechung selbst und ihr Ergebnis strengstes Stillschweigen bewahrt. Der papft warnt vor Repressalien. Vorftellungeu in Paris   und Brüssel  . Rom  . 6. Zuli.(HJIB.) Aus die Nachricht von strengen Maßnahmen der französischen   und belgischen Regierung in den be­setzten Gebieten wegen des Attentat» vom 30. Zun! hat die Kurie die Nuntiaturen in Part» und Brüssel   telegraphisch an- gewiesen, bei der sranzösischen und belgischen Regierung Bor- 'stellnngen zu erheben und mitzuteilen, der Papst erwarte. daß keine Maßregeln ergriffen würden, die zu noch stärkerer Erbitterung der Gemüter mit entsprechenden schmerzliche« Aolgen führe« würde. Englanü will nicht länger warten. London  . 6. Juli.  (WTB.) Der diplomatische Korrespondent des Daily Telegraph  " spricht die Hoffnung aus, daß die Uebersendung der schriftlichen sranzösischen Antwort auf Curzons Memorandum spätesten» Ende dieser Woche vollzogen werde: denn die britisch« Regierung könne» die öffent- liche Erklärung über ihre Politik nicht gut länger als bis zur ersten Hälft« der nächsten Woche aufschieben. Der Korrespondent erfährt, daß gegenwärtig ein lebhafter Meinungsaustausch zwischen Paris   und Brüssel   im Gange sei. Nicht nur das belgisch« Kabinett, sondern auch der Führer der Liberalen Partei. Hymans, hege den Wunsch, daß zwischen Großbritannien   und Frankreich   die engsten und freundschaftlichen Beziehungen erhallen blieben. In Belgien   sei man sehr besorgt über die Möglichkeit, daß die Einsetzung einer internationalen Sachverständigenkommission zur Abschätzung der deutschen   Zahlungsfähigkeit das Ergebnis einer notgedrungenen Sonderaktton der britischen   Regierung sein könne. Der Gedanke der Einsetzung einer solchen Sachver- ständigen-Kommisston hob« gewiste Derwandffchaft mit der Auf- fastung, welche die belgische Regierung und ihre Vertretung in der Reparationskommission vor einem Jahre bei der Zusammenkunft der internationalen Bonkiers in Paris   vertreten hätten. Belgien  könne sich bei der Ruhrunternehmung nicht von Frankreich   trennen, würde aber die geschäftlichen Grundsätze, die es bis vor kurzer Zeit unterstützt habe, nur widerwillig verleugnen. Auch sei Belgien   ebenso besorgt über das Sinken seines Wechselkurses, wie es Italien   über da» Sinken der Lire sej. Der Korrespondent spricht die Bermutung au», daß Poincarc gleichzeitig mit seiner Antwort Erkundigungen
über die Erwartungen Großbritanniens   bezüglich der deuffchen R« parationszahlungen und der interalliierten Schulden an England einziehen werde. Die von B a l d w i n im Unterhaus abgegeben« Erklärung, in der betont wurde, daß das Januarangebot Englands abgelehnt und England daher frei sei, in dieser Sache so zu handeln, wie e, ihm am zweckmäßigsten erscheine, habe in alliierten Kreisen große Be- wegung hervorgerufen und auch in manchen britischen Kreisen überrascht. Diese Bersteisung der amtlicheu Haltung fei wohl teilweise darauf zurückzuführen, daß die R u h r b e setzung nach brllischer Ausfassung Deutschland  , Zah- lungsfähigkeit vermindert habe, und daher unvermeidlich dazu führen müsse, die Gesamtsumme der Entschädigungen unter den im Januar von dem britischen Sachverständigen aufgestellten Betrag zu vermindern und somit Großbritanniens   Anteil von 22 Prozent herabzusetzen. Man sei vielleicht der Ansicht, daß Groß- britannien berechtigt sai, für den Verlust, der ihm durch andere zugefügt sei, ein« Entschädigung zu suchen und seine Januarforde- rungen an die Alliierten zu erhöhen. London  , 6. Juli.  (MTB.) Reuter erfährt, daß die englisch  - französischen Besprechungen über die Reparationsfrage möglicher- weife Ende dieser oder Anfang nächster Woche wieder aufgenommen werden würden. Man erwarte, daß dann die französische   Re­gierung die von Curzon gewünscht« schriftlich« Antwort übersandt haben werde. Bisher lägen keine Anzeichen über den Charakter der französischen   Antwort vor, wenn auch die französisch« Haltung in der Frag« der Einstellungdes passiven Widerstandes und der Räumung des Rührgebietss ungefähr bekannt sei.
Im südslawischen Parlament sind acht deutsche Abgeordnete in die O p p o s i t i o n getreten, wodurch die Regierung P a s i t s ch in eine schwierige Situation geraten ist.
Abwärts, abwärts...! Die Börse stand heute völlig unter dem Einfluß des scharfen Rückganges der deutschen Mark   an den gestrigen Auslandsbörsen. Der Devisenverkehr, dessen Ver- lauf nach der ersten Börsenstunde sich kaum richtig übersehen ließ, liegen außerordentliche Kaufaufträge besonders aus den Provinzplätzen vor. Auf dem Effekten markte   entwickelte sich wieder eine stürmische Aufwärtsbewegung, bei der Bankaktien, Balutapapiere und Schiffswerte die Führung hatten. Die Streikgefahr wurde von der Börse nicht sonder- lich beachtet. Man steht völlig unter dem Eindruck des un- aufhaltsamen Verfalls der deutschen   Mark und läßt dabei alle Richtungen und politischen Momente völlig außer acht. So wurde auch den Verhandlungen zwischen Reichskanzler und dem päpstlichen Nuntius von der Börse keine besondere Bedeutung beigemessen.
Der Berliner   Metallarbeiterstreik ist ein rein w i r t- s ch a f t l i ch e r Kamps. Aber daß wirtschaftliche Kämpfe von solchem Umfang nicht ohne politische Bedeutung sind, bedarf kauin eines näheren Nachweises. Der verbrecherische Angriff des französischen   Militans- mus auf das Ruhrgebiet   hat Europa   in neue Ver- wirrung gestürzt und seine wirtschaftliche Gesundung ver- hindert. Seit die Regierung Poincar6 einsehen mußte, daß die Besetzung das Ruhrgebiet   nicht zum produktiven Pfand machen kann, kennt sie nur ein Ziel, durch eine Taktik der Abschnürung und Zermürbung den wirtschaftlichen und da- durch auch den politischen Niederbruch Deutschlands   herbei- zuführen. Die englische Opposition gegen dieses Unternehmen hat bisher nur den einen Erfolg gehabt, die Hartnäckigkeit des Angreifers in der Verfolgung seiner Ziele zu steigern. Frank- reich sucht an der Ruhr den Sieg über England. Auf der anderen Seite trifft die Regierung Enno der schwere Vorwurf, daß sie so gut wie alles zu tun unter- lassen hat, um die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit Deutsch- lands in diesem großen 5�amps zu festigen. Statt rechtzeitig energische Maßregeln zu ergreifen, um ein Hinabsinken der Mark ins Bodenlose zu verhindern, hat sie in der Notenpresse das Allheilmittel erblickt. Kein Mensch wird behaupten, daß es in dieser Zeit möglich gewesen wäre, ein Sinken der Mark überhaupt zu verhindern. Wenn es nur gelang, die Fall- gcschwindigkeit zu verringern und die Bewegung einiger- inaßen gleichförmig zu gestalten, so war das Erreichbare schon erreicht. Da die dazu geeigneten Mittel nicht ange- wendet wurden, erlebten wir in ständig steigendem Maße jene krampfartigen Zuckungen der Volks- !o i r t f ci? a f t, die für die Spekulationen einen Goldregen, für die Industrie Erportkonjunktur mit Riesengewinnen, für die Massen des arbeitenden Volkes aber ein plötzliches fast völliges Versiegen ihrer Existenzmöglichkeiten bedeuteten. Es versteht sich von selbst, daß solche wirtschaftlichen Er? schütterungen zur Quelle sozialer Unruhe werden müssen. Was will die Arbeiterschaft? Sie weiß sehr genau, daß ibr unter den gegebenen Verhältnissen kein sorgenloses und freudenreiches Dasein blühen kann, wie es heute trotz alledem einer kleinen Minderheit beschieden ist. Wonach sie sich sehnt und wonach sie strebt, das sind einigermaßen g e- sicherte Lebensverhältnisse, sei es auch im Rahmen einer noch so bescheidenen Existenz. Sie ist es müde, im Lauf einer Woche oder eines halben Monats sich wieder entgleiten zu lassen, was sie in zähen Verhandlungen oder harten Kämpfen gewonnen hat und was dennoch nicht viel mehr ist als ein Stück Brot. Daher ihr Drang, die Löhne soweit hochzubringen, daß sie auch bei dem leicht voraus- zusehenden weiteren Sinken der Mark nicht allzu rasch wieder unter die Hungerarenze hinabstürzt, daher auch ihr Streben, endlich zu einem Abkommen zu gelangen, das ihr wenigstens das Existenzminimum sicherstellt: das Verlangen nach dem wertbeständigen Lohn. Die gegenwärtige Bewegung, die im Augenblick im Berliner   Metallarbeiter st r�ik kulminiert, darf daher nicht mit äußerlich ähnlichen Bewegungen in normalen Zeiten ohne weiteres gleichgesetzt werden. Sie entspringt ebenso außerordentlichen Ursachen, wie sie außerordentliche Wirkungen zeitigen kann, wenn sie fortschreitet und weiter greift. Schwerste Verantwortung würden diejenigen auf sich laden, die, auf ihre eigene gesicherte Stellung pochend, eine soziale Kraftprobe riskieren wollten. Auf der anderen Seite ist es klar, daß eine Bewegung von so elementarer Natur nicht einfach durch gütliches Zu- reden zum Stillstand und zum Zurückfluten gebracht werden kann. Die Unternehmerlegende von den sozialdemokratischen Streithetzern und den gewerkschaftlichen Streikvereinen klingt nur noch wie ein Märchen aus alter Zeit. Die politische wie die geweikschaftliche Arbeiterbewegung haben im äußeren Daseinskampf unseres Volkes ein solches Maß von Verant- wortungsgefühl gezeigt, daß derartige Verleumdungen an ihnen abprallen. Abgesehen von ein paar unverbesserlichen Narren hat niemand ein Interesse und eine Freude daran, wenn die deutsche Wirtscl'aft unter den gegenwärtigen Umständen ge- fährlichen Erschütterungen ausgesetzt wird. Wäre auf der anderen Seite ein gleiches Maß von Verantwortungsbewußtsein vor- Händen, dann wären dem deutschen   Volk die schweren Folgen erspart geblieben, die ihm aus der gegenwärtigen sozialen Unruhe entstehen müssen. Da nun aber der Kampf entbrannt ist, entbrennen mußte, bleibt mir eins übrig: ihn ebenso besonnen wie c n t- schloffen durchzuführen. An der Regierung liegt es, ihn durch schärfsten Druck ouf das einsichtslose Unter- nehmertum so rasch wie möglich zu Ende zu bringen. Auf diese Weise kann noch zum Segen gewendet werden, was zum Unheil entstanden ist. Wir verlangen Entgegenkommen an die notwendigen und berechtigten nächsten Forderungen der Arbeiter. Wir verlangen darüber hinaus durchgreifende Maßnahmen, die den Reallohn gegen ein immer neues Hinabgleiten sichern und die die Möglichkeit schaffen, wirtschaftstörende Kämpfe zu vermeiden. Die Erfüllung dieser Forderungen liegt nicht nur im Interesse der notleidenden Massen, sie liegt auch im Interesse der Volksgemeinschaft selbst, der da-