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rungen hatte, das ist die entscheidende Ursache der Verwirrung, in der sich Europa   befindet. Eine Wiederholung dieses Spiels würde die Welt um keinen Schritt vorwärts bringen. Niemand i« Deutschland   wird sich darüber täuschen, daß eine Fortsetzung des Widerstandes gegen eine wieder geeinte Entente auf unbestimmte Zeit hinaus eine Unmöglich- k e i t wäre. Und zweifellos wäre es für England unendlich bequemer, vereint mit Frankreich   und als dessen politisches Hilfsorgan Deutschland   den gemeinsamen Willen aufzu- zwingen, als Frankreich   auf seiner verderblichen Bahn zum Einlenken zu bewegen. Aber ein solcher Rückfall in alte Me- thoden, die schließlich von ganz England als verfehlt erkannt sind, wäre so widersinnig, daß, wenn er wirklich erfolgte,die Weltgeschichte ihren Sinn verloren hätte". Einstweilen steht nur so viel fest, daß eine Lösung der Ruhrfrage auf dem Wege internationaler Verhandlungen viel Zeit erforkkern wind. Noch immer gilt für das deutsche   Volk und die gequälte Bevölkerung der besetzten Gebiete als Lcitspruch das Wort, das der Einsame von Solas y Gomez auf seinen Schieferstein schrieb:Geduld erlerne!" Jnterastierte Ministerpräsidentenkonferenz? London  , 20. Juli.  (BJIB.) Der diplomatisch« Berichterstatter der ..Daily News" bezeick)net es als möglich, daß es vor Absendung der britischen Antwort an Berlin   zu einer Zusammenkunft Zwischen den alliierten Premier mini st ern kommen werde.
Ein neuer Kurs in Aleckienburg-Strelitz. Kommunisten und Demokraten Geburtshelfer einer Rechtsregierung? Am 31. Juli tritt der neugewählte Landtag von M e ck- lenburg-Strelitz zu seiner ersten Sitzung zusammen, und als erster Erfolg desSieges" der Kommunisten droht eine Rechtsregierung den Einzug in das kleine Ländchen zu halten, in dem seit der Umwälzung des November die So- zialdemokraten einen ausschlaggebenden Einfluß ausübten. Fünfzehn Sozialdemokraten, 5 Demokraten und 1 früherer Unabhängiger bildeten bisher die 21 Abgeordnete zählende Mebrheit des 36 Mandate umfassenden Landtages. Von den 16 sozialdemokratischen Sitzen haben die Kommunisten jetzt 9 inne, einer ging an die Partei der Häusler   und Büdner über und 8 verblieben bei uns. Wenn die Kommunisten ihre sieben Stimmen nicht bedingungslos mit den unseren ver- einen, dann ist die Grundlage für eine Linksregierung von vornherein zerstört, und die erste Wirkung des kommunistischen  Erfolges wäre eine deutfchnational-völkische Landesregierung vor den Toren Berlins  , die den putschistischen Gebilden der Gräfepartei willig Unterschlupf gewähren würde, was in diesem Teil Mecklenburgs bislang erschwert war, weil unser Genosse v. Reibnitz als Innenminister darauf ein wachsames Auge hatte. Um zu diesem trüben Ergebnis zu kommen, würde aller- dings eine völlige Rechtsschwenkung der Demokraten mit ihrem bisherigen Minister H u st e d t nötig sein. Die Rechte bestehend aus 9 Deutschnationalen, 3 Völkischen und 2 Volksparteilern ist nämlich nur regierungsfähig, wenn Herr Hustedt mit seinen vier Gefolgsmannschaften ihr den Steigbügel hält bzw. selbst in diese Koalition mit eintritt. Im Lande geht das Gerücht, daß er dazu bereit fei, nachdem er SV? Jahre lang mit den Sozialdemokraten gegen die Reckte regiert habe, jetzt den Mantel zu drehen und mit den Deutschnationalen und Völkischen   gegen die Sozial- demokraten zu regieren. Unsere Genossen glauben nicht, daß er dazu fähig ist und sind bereit, den Versuch zur Abwehr des gefährdeten Experiments zu machen, wenn man die Si- tuätion rechts und links von ihr begreift. Im Reiche wird man mit großem Interesse verfolgen müssen, was in dem Mikrokosmos des kleinen Landes sich vollzieht, es ist von symptomatischer Bedeutung für die allgemeine Entwicklung und von Wichtigkeit für die Beurteilung der Taktik der Par- teien. Man sollte annehmen, daß keine von den Links- Parteien ein Interesse daran hat, ausgerechnet in Mecklenburg  der Rechten in den Sattel zu helfen.
Monü in öer Staöt. Von Paul Richard Hens«l. Wenn die Nacht ihren dunklen Mantel über die Stadt gebreitet hat, kommt leise der Mond. Bleich und sacht, fast wie voll Schuld, schleicht er durch leere Gassen, mühsam mit seinem blassen Licht die Dunkelheit durchdringend. Hart an die Mauern gedrängt, geht er langsam von Haus zu Haus, schaut in die Fenster, hinter denen die Menschen schlafen, und geht leise vorüber. Aber an anderen Fenstern bleibt er stehen, zaudernd, voll Erbarmen wie einer, der helfen will und zu schwache Hände hat. Das find die Häuser, in denen Menschen wohnen, die nichts vom Segen der Nacht wissen, weil ihre Not sie nicht schlafen läßt, oder die Nacht erwarten, um wachen Auges sinnen und träumen zu können über Dinge, die ihnen der Tag verwehrt. Hier huscht ein schmaler Lichsstreif über ein blondes Kiizd, das im Hunger weint; dort über ein blasses Gesicht, da? mit starren Augen ins Weit« blickt. Ein junges Mädchen, vor kurzen Wochen am ersten Kuß froh ge- worden, weint über einem letzten Briefe, und tröstend streicht der Mond über ihren Scheitel. Aber er darf nicht oerweilen. So viel« sind noch, die er grüßen, denen er spärliches, aber mildes Licht in ihre Dunkelheit bringen muß. Die denken kaum an ihn und er- warten ihn doch, weil sie sich dann nicht mehr allein fühlen. Manch- mal fangen die Menschen auch an, mit ihm zu sprechen. Das sind die, die am einsamsten sind. Freundlich hört er ihnen dann zu und lächelt leise, und wenn di� Menschen dies Lächeln sehen, denken sie oft:Vielleicht wird noch alles gut...." Da sitzen zwei in einem Zimmer, die sich lieb haben und doch in dieser Nacht nur heftige und bittere Worte für einander fanden. Wie eine Mauer hat sich die Dunkelheit zwischen sie gestellt und sie fühlen sich fremd und allein. Da stiehlt sich heimlich ein silberner Strahl des nächtlichen Wanderers durchs Fenster. Und wie sie aufblicken, sieht jeder, daß die Augen des anderen feucht geworden sind. Da reichen sie sich wortlos die Hände.... Und wenn der Mond durch alle Gassen gegangen ist und am anderen Ende der Stad: wieder im Nebelgrau des Morgens ver. schwindet, weiß er, haß es auch in der Nacht ein Leben und Wach- sein gibt, nicht laut und fröhlich, aber innig und duldend und weiß, daß er Freude und Trost gebracht hat. Die glücklich sind und in der Sonne leben, wissen nicht, wieviel ihnen die Sonne ist; aber die anderen, die im Dunkein stehen, tragen Sehnsucht nach dem kleinsten, silbernen Licht....
And wo die Menschen erhaben sind über alles Irdische an Blut und Gut". Man schreibt uns: Es war in Hildesheim  , dem norddeutschen Nürnberg  . Da bis zur Abfahrt des Zuges noch einige Stunden Zeit waren, schlenderte ich durch die Straßen und Gassen dieser qn Altertümlichkeiten jo reichen Stadt und erquickte mein Auge
Deutfthnationale Wahrheitsliebe. Genosse D i t t m a n n, der die sozialdemokratische Fechenbach-Jnterpellation im Reichstage begründete, schreibt uns: Der Erlanger   Theologieprofessor Dr. Strathmann, der im Reichstage als Redner der deutschnationalen Fraktion für die Ausrechterhaltung des Zuchthausurteils gegen Fechen- dach eintrat, hat am 9. Juli d. I. in derKreuzzeitun g" einen Artikel mit dem Titel:Wer ist Fechenbach?" ver- öffentlicht. Um Fechenbach als blutrünstigen Revoluzzer er- scheinen zu lassen, erzählt Strathmann mit dem Anspruch des Ohren- und Augenzeugen: Nach der Ermordung Eisners bemühte Fechenbach sich, die Leidenschaften der Masse mit der LosungRache für Kurt Essner" aufzupeitschen, um sie polittsch auszunutzen. Ich sehe ihn noch in- mitten einer uniformierten, bewaffneten Horde auf einem Lastauto mit diesem Schlachtruf auf den Lippen und mit sanatisch verzerrtem Gesicht durch die Straßen Münchens   rasen." Daran ist kein Wort wahr. Das stellt o Pech, Herr Dr. Strathmann! selbst das Urteil gegen Fechenbach fest, das auf Seite 9 wörtlich sagt: Auch auf dem letzten Gange Eisners, am 21. Februar 1913. als dieser ermordet wurde, war Fechenbach sein Begleiter, Eisner  starb unmittelbar nach dem Attentat. Fechenbach entwickelte eine erstaunliche Ruhe und Amsscht. Zur Beruhigung der Truppen und Münchener   Bevölkerung erließ er sofort einen Aufruf, lieber die Ermordung Eisners und das unmittelbar darauf im Landtage ver- übte Revolverattentat auf den Minister Auer berichtete Fechenbach noch am gleichen Nachmittage in einem außerordentlich klaren und mit historischer Sachlichkeit abgefaßten Bericht an die bürgerliche BaselerNationalzeitung", deren Mitarbeiter Fechenbach Mitte Februar geworden war." So der alldeutsche Volksgerichtsvorsitzende Oberlandes- gerichtsrat Dr. Haß im Urteil über Fechenbachs Verhalten nach der Ermordung Eisners. Und den Mann, dereine er- staunliche Ruhe und Umsicht entwickelt", derzur Beruhigung der Truppen und der Münchener   Bevölkerung sofort einen Aufruf erlassen hat", will Herr Dr. Strathmannmit fanatisch verzerrtem Gesicht, Rache für Kurt Eisner   fordernd, durch die Straßen Münchens   rasen gesehen" haben. Leidet Herr Dr. Strathmann an Halluzinationen und Visionen oder hat er den rasenden Fechenbach" etwa gar mit vollem Bewußtsein er- funden, um besser beweisen zu können, was er beweisen wollte: Der Jude muß verbrannt werden!"? Aber einerlei, ob ein subjektiver Dolus vorliegt, jedenfalls ist Herrn Strathmanns Erzählung das Gegenteil der Wahrheit. Echt deutschnationale Kampfesweise allerdings._
völkische unter sich. Zwischen dem ganzvölkischenDeutschen Tageblatt" Wulles und der nur dreiviertelvöltischenDeutschen Zeitung" Maurenbrechers besteht ein erbaulicher Zustand gegenseitiger Liebesbezeugungen. Das Wulleblatt hat dem Maurenbredzer- organ das Schimpf-Monopol gegen die Juden abgenommen und übertrifft den Konkurrenten um ein weidliches. Daher ist dieD. Z." ganz betrübt über so viel Unfreundlichkeit und redet dem Wotangenossen von der andern Seite gut zu: Es geht in diesen Wochen wirklich um größere Dinge, als um die Spaltungen, Tüfteleien, Verdächtigungen und Ver- drehungen, die Herr Dinklange in diesen Aufsätzen unternimmt. In diesen Wochen muß sich enkscheiden. ob es einen Ausbruch des nationalen Geistes im gequälten Deutschland   noch geben wird oder nicht. In solchen Stunden fünfmal vier Spalten eines Blattes übrig haben für derartigen Bruderzwist unter Ge- finnungsgenoffen, kann eigentlich nur jemand, der vor über- hihter Hysterie die Wirklichkeit schlechthin nicht mehr zu sehen vermag. Mit pastoraler Salbung versichert Max Maurenbrecher  , daß er bisher dem Streit mit den Wulleleuten aus dem Weg gegangen sei:aber gegenüber offenkundigen Irr- sinn dursten wir nicht schweigen!" Und um diese christliche Pille völkisch zu versüßen, druckt er einen Brief des Frhrn. noch einmal, ehe der Blick die eintönigen grauen Mauern der Berliner   Mietskasernen aufnehmen mußt«. So gelangte ich nach vielem Hin- und Herstreifen zum Dom, einer alten Kirche aus dem 12. Jahrhundert. Da ich schon viel vom lOOOjährigen Rosenstock gehört hatte und der alte Bau auch sonst vi«l Sehenswertes bietet, beschloß ich, einzutreten. Mit dem heiligen Gefühl im Herzen, an einer Stätte zu verweilen, wo Gottes Odem weht, undwo die Menschen erhaben find über alles Irdische an Gut und Blut", trat ich ein, den Hut ehrfurchtsvoll in der Hand haltend. Ein heiliger Diener in einem langen, roten Kaktan, der vom Hals bis zu den Zehenspitzen reichte, stand rechts an einem Pult oder einer Bank und beschäftigte sich mit dem Zählenvondeutschen Reichsbanknoten und Darlehnskassenscheinen. Merkwürdig! dachte ich. Um der mir angeborenen Höflichkeit Ge- nüg« zu tun. ging ich zu dem Herrn und trug ihm mein Anliegen vor.599 Mark" sagte er nur, ohne mich anzusehen und riß von einem kleinen Block einen Zettel, den er mir hinschob. S99 Mark? Und zum zweiten Mal dachte ich: Merkwürdig! Ich bezahlte, nahm den Schein und steckte ihn sorgfältig fort, aber 39 Prozent von dem heiligen Gefühl, welches ich beim Eintritt im Herzen hatte, daß die Menschen hier erhaben sind über alles Irdische an Blut und Gut, waren dahin. Einer Schar Neugieriger, welche um das historische Taufbecken herum den Erklärungen eines anderen Herrn im langen, roten Kaftan aufmerksam und nicht aufmerksam folgte, schloß ich mich an und horchte zu, denn für 599 Mark konnte ich das ja tun. Aber so sehr ich mir Mühe gab, kein Wort des heiligen Herrn Er- klärers zu verfehkn. es gelang mir nicht, denn meine Gedanken warteten auf die dritte Merkwürdigkeit, Vom Taufbecken gings zum großen Radleuchter, der soundsoviel historische Augenblicke erlebt hat. Dann kam die Christussäule: hat auch ein langes Register historischer Minuten. Scbon ließ die Spanr- kraft meine Gedanken in Bezug auf die dritte Merkwürdigkeit nach, vielleicht habe ich gleich zu schwarz gesehen. Doch soll man nicht den Tag vor den Abend loben, denn siehe, da warsie". Der heilige Diener im roten Kastan führte uns eine Treppe hnauf zum Chor, postierte sich an der Tür, durch welch« wir mußten, und verlangt« von jedem die Quittung über 599 deutsche   Reichspapiermark, um zu sehen, ungefähr so wie der Knipser der Stadtbahn.   Merkwürdig, dachte ich wieder, und weitere 39 Prorent des Gekühls, daß die Menschen hier erhaben sind über alles Irdische an Blut und Gut, waren futsch. Aller guten Dinge sind 3, ob's auch Zugaben gibt? Nun, warten wir ab Wieder lauschten wir aufmerksam und nicht aufmerksam den Ausführungen des heiligen Dieners im langen, roten Kaftan, wieder soundsoviel historischen Begebenheiten. Und dann kam die Zugabe.Wer nicht alles verstanden hat," so erklärte der Herr im roten Kaftan,der kann in diesem Büchlein alles finden, welches bei mir zu liaben ist für die Kleinigkeit von 2599 Mark." Spaßhast. Kleinigkeit, sagt der heilige Diener, der. ach so armen Kirche. Kleinigkeit, was mancher Lsidensgenosse, auch in der heutigen Zeit, noch für ein Vermögen aussieht. Nun, das ist Ansichisfacke Jedenfalls war aber auch die Kleinigkeit von rest- lichen 29 Prozent des heiligen Gefühls, welche ich eigentlich retten wollte, verschwunden. Hin ist hin. Der Zeiger der Uhr hatte sich
vom Stein aus dem Jahre 1811 ab. der von derK u n st der Verleumdung" spricht, die es zu einem hohen Grade der Vollkommenheit gebracht habe. Der völkische Weggenoß kann sich an solcher Würze den Magen verderben. Wir sehen, daß die streitbaren Mannen des reinblütigen Germanentums untereinander recht widerborstig sein können. Rur   wenn sie gegen die Sozialdemokratie oder einen ihrer Minister dieKunst der Verleumdung" üben, sind sie einig. Und wenn es nicht von Heinrich Heine   stammte, würden sie sicher oft das schöne Wort zitieren, daß sie sich sofort ver- stehen, wenn sie sich im Schmutze finden! Rechtsschwenkung in Württemberg. Eine Rede des Staatspräsidenten. Stukiggrk, 19. Juli.<WTB.) Bei der Beratung des Nachtrags für 1923 im Landtag   erklärte Staatspräsident Dr. H i e b e r, er sei mehr als je davon überzeugt, daß Deutschland   auf den p a s s i- v e n W i d e r st a n d an der Ruhr niemals verzichten dürfe. Das Urteil der gesitteten Welt über die Friedensbruchs-, Zorstörungs- und Raubpoliiik Frankreichs   mehre und befestige sich mehr und mehr. Der Minister bedauerte weiterhin das Ausscheiden der Sozialdemokratie aus der Regierung und verteidigte die Verordnung des Staatsministsriums vom 24. April d. I. über außer- ordentliche Maßnahmen zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die sich gleicherweise nach rechts und links gegen jede offene oder geheime Vscinflussung, Unter- stützung und Ermunterung polittfcher oder wirtschaftlicher Bcstrebun- gen durch Terror, durch Gewalt, durch militärische oder halbmilitä- rifche Formationen richteten. Neben der Staatsgewalt dürfe cs keine militärisch organisierte Macht geben. Es sei ein B e r- brechen, wenn sich politisch« Parteien die Neigung der deutschen  Jugend zu militärischen Spielen zu eigen machten, sich da- mit Werkzeuge schufen und eine Saat säten, die die Gefahr cir-:s Bürgerkrieges nahebringe. Der sozialdemokratische Redner, Abg. Ulrich(Heilbr.>, wandte sich energisch gegen die von Bayern   nach Württemberg ver- pflanzten gemeingefährlichen rechtsradikalen und n a t i o- nalsozialistischen Umtriebe. In Württemberg sei man auf dem besten Wege, in dieselben unhaltbaren Zustände wie in Bayern   zu kommen. Der wllrttembergischen Justiz machte er den Vorwurf, daß sie noch nie so einseitig gegen links«in- gestellt gewesen sei wie gegenwärtig. Wenn die Stoß- und Sturm- trupps der Rechtsradikalen nicht aufgelöst würden, dann würden sich zum Schutze der Republik   auch proletarische Abwehrorganisa­tionen bilden. Die Arbeiterschaft Württembergs fei entschlossen, die Republik   mit Nägeln und mit Zähnen, nöttgenfalls mit organisierter Gewalt zu verteidigen. Minister des Innern Bolz bestritt die«inseitige Einstellung der Regierung nach rechts und bemerkte, daß kein Grund vorliege, an- zunehmen, daß wir unmittelbar vor einem Bürgerkrieg ständen. Neben der nationalsozialistischen Bewegung laufe auch eine andere nattonale Bewegung, die vor allem infolge des Drucks der Franzosen auf das Ruhrgebiet   die Jugend ergriffen habe und die man nicht einfach mit der Bezeichnungnationalistisch" abtun könne. Won einem Bürgerkrieg in Württemberg könne nicht die Rede sein. Jeden- falls könnten mit unseren staatlichen Machtmitteln, wenn es nottut, alle Gefahren gebannt werden. Staatspräsident Hieber sieht die Ding« wahrscheinlich allzu rosig an. Es ist sogar außerhalb der württembergischen Grenzen bekannt, daß die Politik seines Landes seit einiger Zeit eine bedenkliche Recht- schwenkung erfahren hat, besonders beeinflußt durch die Zentrums- minister. Es hat keinen Zweck an solchen Tatsachen vorbeizugehen.
Arbeilslosenunrnhen in Balästina. Gegen einenAustvhr" jüdischer Einwanderer in Palästina, die keine Arbeit gefunden hatten, schritt in L u d d zwischen Jaffa   und Jerusalem   englische Militär- polizei mit Konstablern und Panzcrautos ein. 25 P e r s o- n e n wurden mehr oder weniger schwer verletzt, mehrere Ver- Haftungen vorgenommen.
weiter gedreht, ich konnte die nächsten Merkwürdigkeiten nicht mehr abwarten, und als nicht zu bekehrender Heide verließ ich die Stätte, wo Gottes Odem weht und wo die Menschen erhaben sind usw. Die Sojabohne als Mlchersah. Die Sojabohne, die nament- lich in Australien   viel angebaut wird und bereits in verschiedenen Ländern als billiges Nahrungsmittel dient, kann in milchattigcr Zu- bereitung als Milchersatz dienen, fand aber bisher bei uns wenig Anklang, solange noch Kuhmilch reichlicher vorhanden war. Jetzt liegen die Verhältnisse anders, und deshalb wird in einem Gutachten des Reichsgesundheitsamts die Sojabohncnmilch als Volksnahrungsmittel empfohlen. Sie besitzt neben dem auch anderen Hülsenfrüchten eigentümlichen hohen Gehalt an Ei- weißverbindungen einen besonders bemerkenswerten Prozentsatz von Fettstoffen, nämlich etwa 17,5, und ist daher«in wertvolles Naturprodukt für die menschliche Ernährung. Bei einer Zusetzung von Zucker und Fetten ist sie in ihrer Zusammensetzung der Kuh- milchsehrähnlich, schmeckt aber freilich etwas anders, nämlich nach Erdnüssen. Deshalb kommt sie vorläufig als Säuglings- und Krankennahrung nicht in Betracht. Sonst tonn sie aber für allgc- meinen Gebrauch alsErfatz-Milch" sehr empfohlen werden. Die Haltbarkeit ist gut, und sie läßt sich beim Kochen ähnlich wie Milch verwenden. Zwar fehlt ihr dasVitamin A  ", dos in der Kuhmilch gegen Rachitis wirksam ist, doch enthält sieVitamin L  ." Hoffentlich stellt sich dieses Ersatzmittel im P r e i s e so, daß auch die nicht schiebenden, wuchernden oder spekulierenden Volkskrcise sich seiner bedienen können. Gelehrten-Borniertheit. Im vorigen Jahre hatte d»er I n t« r. nationale Ophthalmologenkongreß, auf dem die deutschey Augenärzte ausgeschlossen waren, beschlos. sen, die nächste Tagung 1925 in London   zu veranstalten und das Deussche wie früher als offizielle Kongreßsprache zu führen. Jetzt teilt der Ausschuß der britischen Augenärzte, der den Kongreß vor. bereiten sollt«, mit, er müsse die Tagung verschieben, weil zwei französische und eine belgische Gesellschaft beschlossen haben, sich an einem Kongreß, zu dem Deutsche eingeladen würden, nicht zu beteiligen. Das Londoner   Rundschreiben erklärt, daß, wenn der Kongreß unter solchen Voraussetzungen weiter arbeitete, das bedeuten würde, einen Streit in den Reihen der Augenärzte zu verewigen und fortdauernd gegen den Fortschritt der Wissenschaft anzukämpfen. Es wäre unseres Erachtens richtiger, den Kongreß an dem vor- gesehenen Termin ohne die zwei französischen und die belgisch« Gesellschaft stattfinden zu lassen. Denn die weise Lebensregel, daß der Klügere nachgibt, verliert ihre Berechtigung in dem Augenblick, wo der Idiotismus ein« gewisse Grenze überschreitet. Dieser Fall scheint uns hier vorzuliegen. Ein Tagebun, aus Zt. Helena ist dieser Tage in England ver- steigert worden. Es bandelt sich um die Papiere des Thomas Read«, der Generaladjutant von Napoleons  Kerkermeister" Hudson Lowe   aus St. Helena   war. Napoleon   war ansänglich jür Zteade sehr eingenommen, bis er sich auch mit ihm, wie mit allen englischen Ossizicren. verfeindete und cs ablehnte, ihn weiter zu empfangen. Einen auSsilbrlichen Bericht über leine verschiedenen Besuche bei Napoleon   hat Reade in seinem Tagebuch aufgezeichnet, to auch ein Gespräch, in dem ihm der Kaiser seinen Plan sir einen Einsall in England entwickelte.