Verordnungen natürlich auf Grund der Ruhrkampfoerordnung erlassen werden mußten und schon deshalb das Wohlgefallen der Rheinlandkommission ebensowenig finden konnten wie das der rheinischen Bankiers. Und so entstand auch noch ein schöner Ketten bandet. Der Dollar, den man in Berlin für 184 000 M. zugestellt bekam, konnte im selben Augenblick in Köln für 260 000 M. verkauft werden. Und weil jeder Mensch sah, daß wir einen künstlichen Höchstpreis für Dollar hatten, rückte natürlich kein einziger Mensch, der nicht in höchster Not war, einen einzigen Dollar oder auch nur ein kleines Schweizer Fränkli heraus. In der deutschen Wirtschaft entstand ein un- geheurer Hunger nach Devisen, weil keiner die Ware zum Höchstpreis herausgeben wollte. Ganz wie einst die Bauern mit der Butter verfuhren. Da scheint sich die Reichsbank entschlossen zu haben, den Schleichhandelspreis zu senken. Sie machte das anscheinend so: die Devisen, die sie der deutschen Wirtschaft nicht gab, be- nutzte sie, um in New Jork, in Amsterdam und einigemal auch anscheinend in Danzig , den Ausländern dafür Mark abzu- kaufen. Das wirkte natürlich nur einige Augenblicke. Die deutsche Wirtschaft bekam keine Devisen, der Ausländer, den man in Deutschland Devisen nicht kaufen ließ, konnte sie Plötz- lich von deutscher Seite im Auslande kaufen. Aber da gleich- zeitig neue große Massen deutscher Mark an denselben Aus-� landsbörsen aus Deutschland selbst angeboten wurden, so' konnte auch das nicht helfen. Und noch dies letzte Schlimmste: der Höch st preis für Dollar gilt nicht einmal in Deutschland selber: denn die Preise für Kupfer und Baumwolle, für Holz und Getreide richteten sich gar nicht mehr nach dem mit ernster Miene amtlich festgesetzten Höchstpreis, sondern sie gingen gleich auf die Schleichhandelsvaluta, und so haben wir dank der Maßnahmen der Herren Becker- Trendelenburg und Havenstein ein Steigen der Preise in Deutschland in den letzten Tagen, das alles bisher Gewesene, selbst alle österreichischen und wahrscheinlich alle russischen Er- sahrungen hinter sich läßt. Deutschland in der Welt voran beim Stürzen seiner Währung. Und da immer mehr Handelszweige beim Herrn Reichs- wirtschaftsminister erschienen und versicherten, sie hätten keine Devisen mehr, könnten kein Rohmaterial mehr kaufen und müßten die Arbeiter hinaussetzen, aber ihre Abnehmer, die hätten in geheimen Kästchen Dollar und Franken und schöne Pfunde: So gestatteten die Herren Becker und Trendelenburg. daß setzt die Lieferanten von ihren Abnehmern unter bestimm- ten Bedingungen auch Dollar, Pfunde und Fränkli annehmen dürften, d. h. sie schalteten die Mark als Zahlungs- mittel nun auch zwischen Großhandel und Kleinhandel aus.'Vorsorglich hat man zwab gesagt, daß der Großhändler vom Kleinhändler die Dollar nicht ver- langen darf, sondern nur annehmen. Aber das ist in der menschlichen Natur eine merkwürdige Sache: Wenn man gutes Geld kriegen und annehmen darf, dann wird man schlechtes weniger gern nehmen, und in Zukunft wird deshalb bald auch Schuhe und Leder und Eisen und Seidenwaren nur der kriegen, der schöne ausländische Geldscheine anzubieten hat. Was aber wird der D e t a i l l i st machen? Wird er wirklich, wie es der unreine Praktiker anscheinend annimmt, seine schönen Devisen aus dem geheimen Kasten oder auch aus dem Strumpf herausholen? Schwerlich. Er wird sich einen suchen, der ihm neue ausländische Noten oerkauft, er wird die Nachfrage nach ausländischen Noten un- geheuer vergrößern, damit den Preis, vielleicht nicht den Höchstpreis, aber den Schleichhandelspreis ins Ungemessene steigern, und der Unglückliche, der ehrlich zu bleiben versucht und mit Papiermark kaufen will, wird bald sein Lädchen schließen können, wenn er nicht— auch von seinen Abnehmern Dollar und Pfunde verlangt. Das verbietet zwar das Gesetz, aber— Herr v. Bethmann Hollweg hat einmal, als er wider- rechtlich nach Belgien eingebrochen war, gesagt: Not kennt kein Gebot. Und so haben die Herren Becker und Trendelen- bürg auf schnurgeradem Wege die völlige Ausschal- tung der Mark aus Deutschland nicht nur ein- geleitet, sondern gleich ziemlich weit ge-
trieben. Auch eine Methode der Währungspolitik, ober keine übermäßig wirksame. Wie lange noch. Schon ist Blut geflossen an wichtigen Stellen Deutschlands , vor uns steht ein Winter, der wegen Kohlenmangels, wegen Arbeitsmangels und wegen einer alles Denkbare übersteigenden Preiskatastrophe die schwerste Volkskatastrophe über ganz Deutschland heraufzubeschwören droht. Dürfen die Herren Cuno, Becker und Trendelenburg und Havenstein mit solchen Maßnahmen, hinter denen in Wirklichkeit keinerlei reine Theorie steckt, den Karren des Deutschen Reiches bis zum Verschwinden in den blutigen Sumpf hineinkutschieren? Wir verlangen demgegenüber: 1. daß mit der Notendruckerei für Staatsausgaben Schluß gemacht und die große Zahl der Inflationsgewinn- ler endlich zur Deckung unserer Staatslasten mit starker Hand herangezogen wird, 2. daß in der Politik der Reichsbank bei Kreditgabe und Devisengabe eine entscheidende Aenderung eintritt, und daß diese Aenderung sich nicht nur auf die Politik dieser Bank be- zieht: 3. daß die Reichsregierung sich einen neuen I n t e r- ventionsfonds aus den Beständen derer schafft, die irgendeinen Bedarf für Devisen nicht nachweisen können. Oesterreich hat seine Banken gezwungen, die Devisen- bestände zur Rettung des Staates herauszugeben, von unserer Industrie und unseren Banken haben wir bisher viele schöne Worte gegen den Achtstundentag und gegen jede Rückzugs- Maßnahme, schön frisierte Bilanzen, aus denen nichts mehr ersichtlich ist und Zusagen erhalten, die hernach überhaupt nicht gehalten worden sind. Jetzt wollen wir keine Reden, keine Ratschläge, weder reiner Theoretiker noch unreiner Prak- tiker, sondern wirwollenDevisen. Einmal wurde schon gesagt: Herr Cuno rief und keine Dollar kamen. Wir sind der Meinung, daß wenn die Dollar nicht kommen, die Herren Industriellen und Bankiers kommen sollen, und daß man dann mit ihnen in solcher Form und unter solchen Umständen reden soll, daß sie, wie in Oesterreich , schweren Herzens ihre noch schwereren Kasietten gegen gute Goldschatzscheine des Reiches erleichtern werden. Gern tun sie das nicht, aber die Masten lasten sich auch nicht gern von diesen Herren und ihren Hinter- männern bis zum letzten Hunderttausendstel ihrer Kaufkraft ruimeren!
Die �brüftungsüebatte im Unterhaus. London , 24. Juli. (WTB.) Bei der Abrüstungsdebatte im Unterhaus führt« Ramsay Macdonald (Soz.) u. a. noch aus, wenn im Antrag der Arbeiterpartei der Völker- b u n d nicht erwähnt sei, so sei dies geschehen, weil er noch nicht das Vertrauen verschiedener hervorragender Nationen gefunden habe und weil die Arbeiterpartei wünsche, daß die Vereinigten Staaten sich an der vor- geschlagenen Konferenz beteiligten. Die Welt kehre wieder zu der Geistesverfastung von 1914 zurück. Macdonald kritisierte die Er- richtung eines britischen militärischen Stützpunktes in Singapore und wies darauf hin, daß es in Europa keinen wahren Frieden gebe, bevor der versailler Verkrag revidiert worden sei. Ganz besonders werde England von irgendeiner militärischen Diktatur in Europa betroffen. Deshalb müsse es die Führung in einer großen Bewegung übernehmen, deren Ziel die Abrüstung aller Nationen sei. Valdwin erklärte, der Ernst der gegenwärtigen Lage könne gar nicht übertrieben werden. Europa sei noch immer ein bewaffnetes Lager, m dem sich mehr Leute unter den Waffen befinden als 1914 bei Kriegsausbruch. England müsse der Welt beweisen, daß es wirklich meine, was es sage. Eine Abrüstung sei nur möglich, wenn sich die Mächt« zusammenschlössen. Staatssekretär für Luftfahrt Hoare verteidigte die Luftpolitik der Regierung, indem er ausfiihrte: Die Zerstörungen durch Luft- angriffe werden heut« hundertmal schlimmer fem als im letzten Kriege. Aus diesem Umstände kann es sich keine Regierung leisten, ihr Land von aller Luftverteidigung zu entblößen. Was die Ab- rüstung im allgemeinen betrifft, so müsse der materiellen die moralische
Der 2DDD jährige Leichnam im Moor. Man schreibt uns: Und immer noch Moor und immer wieder Moor! Blaues Wasser, grünes Wasser, dunkle Gründe, rotbraunes Gestrüpp. Hier und da weißleuchtende Birken. Sonst Eintönigkeit und Schweigen. Ein paar Frösche quaken. Da und dort stolzt ein Frosch umher. So ausgestorben das Moor auch aussteht— es lebt! Simsen, Seggen, Rosmarin und Torfmoose, die niederen Heidekräuter alle—, es ist ein wucherndes Leben! Aus Vergehen und Wieöeraufgehen wird der Urstoff erzeugt, den der Mensch von heute zu allem nur Erdenkbaren benötigt. Auf den Bahnhöfen und an den Kanälen zwischen Oldenburg . Leer und Aurich stehen mit Torf hvchbeladene Waggons. Zu Streu, Papier und zu Briketts, zu allem wird der Torf benutzt, der ftüher so wenig beachtet wurde wie der Ein- geborene des großen nordischen Moorlandes. Es war einmal. Heute ist der Torfbauer ein gemachter Mann. Nie erträumte Reichtümer trug ihm die gesteigerte Nachfrage ins Haus. Verschwunden sind bis auf winzige Reste die ehedem so düsteren Hütten mit Torfboden, Lehmmauern und Dächern aus Heide und Strol). Statt dessen leuchten rote Ziegelbauten, weiß abgesetzt, mit grünen Fensterläden und Blumen davor, aus dem Hsidedunksl. Nur das Moor blieb düster, und immer wird das Moor unheimlich seni. Ich zog durch den sinkenden Abend. Sumpfnebel quellen auf. Sie branden und wogen und bewegen sich wie gespenstiges Toten- ldnen. Der Torfrauch quillt spukhaft empor. Ein Käuzchen schreit. Immerdar klingt in mir der Anfang der Drosteschen Ballade: „O schaurig ist's, übers Moor zu gehen.. Von einem Jungen fit die Red«, der im Moor überfallen, erichlagen wird. Dann gehen die Gedanken rückwärts nach Oldenburg , in dessen Landes- museum ich am Morgen vor der Moorleiche stand, die im letzten Jahre beim Tcrfstechen gefunden wurde und ollgemeines Aufsehen erregte. Die Lesart damals, es fei ein Versenkter, hat sich als unrichtig erwiesen. Was da in einem Glaskasten mit Glyzerin und Wasser weiter erhalten wird, ist ein Knabe von etwa zehn Iahren mit struppigem, brandrotem Haar. Grobes Sackleinen hing ihm eng um den Hals, der eine Stichwunde aufweist, mit dem gleichen Leinen sind die Hände rückwärts zusammengefestelt. Dos Gesicht ist seitwärts geneigt. Aus der Höhe der Torsschicht über der Leiche wurde errechnet, daß die Leiche achtzehnhundert bis z w e i t a u s e n d I a h r e a l t ist. Zu spät wurde ein furchtbares Verbrechen im Moor an den Tag gebracht. Das Käuzchen schreit, de? Wind geht kalt, und ich sehe diesen Jungen au- dem schwanken Wege durchs Moor eilen, dem väterlichen Hofe zu. Plötzlich springen aus dem Wcidenstrupp ein paar Männer. Sklaven sind's. Sie wollen Rache nehmen für eine grausame Strafe.
Der Junge des Herrn kommt ihnen gerade recht. Sie packen ihn, zerreißen ihm den Leinenkittel, drehen die Fessel daraus, und ge- knebelt schleppen sie den Jungen davon. Der aber ist stark. Er wehrt sich. Da bekommt er einen Stich in den Hals und wird in das flache Moor geschleudert. Auf diesem Grunde bleibt er hilflos liegen, erstickt. Nach zweitausend Iahren hat mir seine vom Moor seltsam wohlerhaltene gelbbraune Leiche diese furchtbar« Geschichte erzählt. Es knistert im Röhricht, es pfeift und brodelt unter den Sohlen, und der Rauch flattert über das Moor. Schneller eilt der Wanderer der Lohn entgegen, die auf festem Boden dahinsaust. Schaurig ist's, übers Moor zu gehn...
„Jugend und Vühne" nennt sich die vom 3. bis 5. September in Berlin statffindende Tagung des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht, auf der durch Vorträge uno Aufführungenn gezeigt werden soll, wie das Iugendfpiel sich aus bloßer Nachahmung des Bcrusstheaters zu einer lebendigeren der Jugend gemäß und aus ihrem Gemeinschaftsgeist heraus ent- wickelten Gestaltung bringen läßt. Neben Vorträgen werden Auf- führungen das bisher Erreichte zeigen. Als Redner sind gewon- nen: Walter Blochetta-Ngersburg, Julius Blafche-Homburg, Iospeh Ditzen-Fvanksurt, Anton Ettmayr-München, Dr. Julius Frankenberger-Frankfurt a. M., Georg Götsch - Berlin , Professor Dr. Andre Jollcs- Leipzig. Dr. Hans Lebede-Berlin , Direktor Martin Luserke-Wickersdorf, E. R. Müller-Magdeburg, Erich Scharff-Hom- bung und Lothar Schreyer -Weimar . Aufgeführt werden: Ein mit Hamburger Bolksschülerinnen erarbeitetes Tanzmärchen von Anna Helms; eine Primanerkomödie des Frankfurter Goethe-Gymnasiums„Till": ein Wickersdorfer Spiel: fer- ner„S p i e l m a n n s Schuld", dargestellt von einer Gruppe der Berliner Arbeiterjugend: ,.Loth", ein Weckspiel lM ünchner Neudeutsche und Wandervögel), Das Spiel vom Gottmenschen(Spielgruppe Blachetta): „Der Tänzer unserer lieben Frau", ein Legendenspiel (Frankfurter Neudeutsch« und Quickborne r) und Lothar Schreyers„Mondspiel". Teilnehmerkarten kosten 3 M. multipliziert mit dem Buchhändlerindex vom IS. August und sind möglichst zeitig bei der Geschäftsstelle des Zentralinstituts, W. 35. Potsdamer Str. 129. zu bestellen. Warnung vor einem villeltschwinbleri Wie die Direktion des Deutschen Opernhauses mitteilt, treibt seit einigen Tagen ein Schwindler seist Unwesen, und zwar in der Art, daß er allen möglichen Personen sogenannte Steuerkartenanwei- s u n q« n ans mehrer« Plätze im Deutschen Opernhaus aushändiat, die er sich mit Freikardtensteuern in Höh« von 4 bis 29 999 Mk. bezahlen laßt, und teilweis« auch die Gebühren für Garderobe. Textbuch und Programm erhebt. Der Schwindler treibt sein Unwesen hauptsächlich in den Vororten, und cs liegen bei der Hausinspektion des Deutschen Opernhauses mehrere Dutzeno solcher Anweisungen, die selbstverständlich nicht honoriert werden
folgen. Der Vorschlag, an die Frage der Abrüstung durch gegen- seitlge Garantieverträge heranzugehen, schließe di« Gefahr in sich, daß man zun« alten Regime, der Gruppierung von Mächten zurückkehre. Doch wird auch diese Möglichkeit von der Regierung ohne Voreingenommenheit geprüft. Nach längerer Debatte ergriff Baldwin noch einmal das Wort und erklärte, der Traum eines allgemeinsu Friedens sei schon Jahrhunderte alt. Aber die Regierung glaube, daß ein Versuch, im gegenwärtigen Zeitpunkt eine internationale Konferenz einzuberufen, keinen Erfolg haben würde. Bevor man an dieses Problem herantrete, müsse erst das Reparations- Problem und die Frage der Sicherheiten geregelt werden. Es bestehe keine Aussicht darauf, daß Frankreich eine günstige Antwort erteile. bevor cs Ergebnisse in der Frag« der Reparationen und der Frage der Sicherheiten erreicht habe. Dos erst«, was die Regierung tun müsse, fei, das Reparationsproblem in Ordnung zu bringen. Hierbei sei die Regierung von dem Wunsche beseelt, daß dieser Schritt weiterhin zur Erwägung der vom Hause erörterten Probleme führen möge. Baldwin wies daram hin, daß der V ö l- kerb und wiederum die Abrüstungsftag« und die Möglichkeit sie mit allgemeinen Garantieabkommen in Verbindung zu bringen, er- wäge. Die Bemühungen des Bölkerbundes würden konkrete Formen annehmen. Es würden wahrscheinsich nach der Völkerbundsvcrfammlung im September den Regierungen» Europas Verftagsentwürfe zvr Genehmigung unterbreitet werden, und er sei sicher, daß nicht nur die britische, sondern auch die anderen führenden Regierungen Europas diese Arbeit des Völkerbundes mit Sympathie und Interesse prüfen werden, ur.o mit dem ernsten Wunsche, die Bestrebungen des Bundes in irgendeiner Form zu verwirklichen. Diele Leute sagten, England solle wieder eine Politik der Isolierung betreiben. Aber man dürfe mcht vergessen, daß mit dem Aufkommen der Flugzeuge England keine Insel mehr und unlöslich mit den Geschicken Europas verbunden sei. England werde fortfahren, sein Möglichstes zu tun, um Europa den Frieden zu bringen. Hierauf wurde die Resolution der Arbeiterpartei� mit 28S gegen 169 Stimmen abgelehnt. Der„Times" zufolge stimmten di« Asquith-Liberalen mit der Arbeiterpartei, die Lloyd- George-Liberalen mit der Regierung. Lloyd George gegen Baldwin. London , 24. Juli,(WTB.) Lloyd George sagte gestern abend auf einem ihm zu Ehren gegebenen Fest, es fei zweifelhaft, ob ein unparteiischer Beobachter später der Ansicht sein werde, daß der Wechsel der Regierung England zugute gekommen sei. Di« Koalitionsregierung habe es wenigstens fertiggebracht, P o i n- core neun Monate an der Besetzung des Ruhrgebietes zu hin- dern. einer Handlung, die das wirtschaftliche Leben ganz Europas in Verwirrung gebracht habe. Das Programm der neuen Regierung sei engere Freundschaft mit Frankreich gewesen. Offenbar sei aber die Entente geschwächt worden und England habe mit der Türkei einen Frieden abgeschlossen, wie er demutigen- der von England nie unterzeichnet worden sei. Was die Ruhr- ftage betreffe, so werde England, das ein vitales Interesse daran habe, nicht einmal um feine Meinung befragt. Poincore besuche Theunis und Theunis Poincarc, aber Großbritanniens Ansichten werden nicht eingeholt. Schließlich sprach Lloyd George zugunsten eines Zusammenschlusses der beiden liberalen Parteien. Zweifel am Erfolg. London . 24. Juli. (WTB.) Der diplomatische Berichterstatter des„Daily Telegraph " schreibt, in britischen Kreisen sei man von der Andeutung überrascht, daß die endgültige Antwort aui den britischen Antwortentwurs vielleicht hinausgeschoben werden würde. Der Irrtum, den man begangen habe, indem man dem französischen Ersuchen um Geheimhaltung des In- Halts der Dokumente und der Verhandlungen so leicht stattgegeben Hab«, werde jetzt in weiten Kressen eingesehen. Es sei aber kaum möglich, dies wieder guizumachen. Di« britische Regierung habe ihren Wunsch auf Antwort noch vorüber Parla- mentstagung deutlich ausgesprochen. Brüssel sei den englischen Vorschlägen günstiger gesinnt als Paris und optimisti- scher hinsichtlich interalliierter Vereinbarungen. Es bleib« abzu- warten, ob dies« Haltung den bevorstehenden Meinungsaustausch mit Poincare überleben wird.--'
können. Da viele der Hereingefallenen von ziemlich weit herkommen. z. B. aus Zeuthen , Britz . Grünau, Potsdam usw., so haben sie außer dem an den Betrüger verlorengegangenen Geld auch noch erheb- liche Fahrtspesen und Zeitverlust zu tragen. Die Kriminalpolizei Charlottenburg ist bereits seit längerer Zeit mit der Aufklärung dieses Falles beschäftigt, und es ist gelungen, die Eltern dieses Schwindlers, achtbare Leute in Potsdam , zu ermitteln, die ihren Sohn als Taugenichts verstoßen haben. Der Betrüger nennt sich verschiedentlich Brüning. Bekker, Bergmann usw., gibt sich als Redakteur der„Hochschulblätter" aus, und bezeichnet die von ihm verkauften Steuerkarten als Pressekarten und ttze erhobene Steuer als Prcssetartenzuschuß. Die Wünchener Glyptothek wird Staatseigentum. Die bayerische Regierung hat jetzt dem Landtage einen Antrag betreffs Heber- nähme der Glyptothek (Museum der antiken Plastiken) vor- gelegft Der Antrag ist eine Folge des Uebereinkommens, das der bayerische Staat mit dem früheren Königshause getroffen hat. Da. nach wird das Gebäude Klenzes am Königsplatz samt dem dazu ge- hörigen Grundbesitz unentgeltlich dem bayerischen Staat übereigne:. Gleichzeitig muß der Staat die Koste« der Verwaltung der Plastik- sammlungen in der Glyptothek übernehmen; daher die Rachlrags- forderung zum Haushalt des Kultusmimsteriums. Daumwuchs und Kraftwagen. Di« Gitter, die den Eingang zu dem Bois de Boulogne , dem Hauptpark der Pariser , bewachen, wurden in letzter Zeit geschlossen, so daß man des Nacht- nicht mehr hinein konnte. Ueber diese Maßnahm« hat sich der Verwalter des Parkes Forcstiers in Pariser Blättern geäußert. Er behauptet, daß dies«„Nachtruhe" von höchster Wichtigkeit für die Bäume sei. Ihre Gesundheit leidet außerordentlich infolge der Gasentwicklung der Kraftwagen, die den Tag über durch die Alleen rasen, und außerdem durch die beständige Boden- erschütterung, di- von diesen Wagen hervorgerufen wird. Besonders bei jungen Bäumen hat die Erfahrung gelehrt, daß die Staubwolken, die von den Autos entwickelt werden, sie rasch ein- gehen lassen, wenn die Bäume in der Nähe der Automobilstraßen stehen. In fünf Iahren würde nach der Anschauung dieses Fach- mannes der Bois de Boulogne eine Wüste sein, wenn man nicht den Bäumen eine Erholungspause gönnen würde, und da man den Wagcnverkehr nicht völlig absperren will, so muß man wenigsten- dafür sorgen, daß die Nachtruhe nicht gestört wird. Die ungünsttge Einwirkung des Kraftwaoenverkehrs auf das Psianzenlcben der Großstadt macht sich überhaupt bei den Pariser Bäumen bemerkbar. die zu einer Zeit gepflanzt wurden, da nach die Pserdedroschken an ihnen vorbeifuhren, ohne gefährliche Gase zu entwickeln und Er- schütterungen hervorzurufen. Die Baumbestände aller Pariser Straßen und Boulevards sind nach Forestiers Erklärung durch die Kraftwagen schwer bedroht. Die Hochickulknrs« für dramatilche Kunft an der Ilniverntät Jena sollen e r st i m k o m m c n d e n N a b r e ftaitfinden. Di- Gründe dafür sind in der plöhlick verschlimmerten wirtschaftlichen i; a g e Deuischlands zu suchen. Die wesentliche Erhöbung der Fahrpreise, die Teuerung der Lebensmittel sowie die Schwiciigleit. au« den bescdtcn Gebieten nach Jena zu gelangen, würden viele von der Teilnahme abhalten.