außenpolitischen Problems durch innere finanz- und wohrungs- politische Maßnahmen zunächst vorbereitet werden müsse, hat sich in dieser Situation in allen politischen Kreisen durchgc- setzt, die Dcutschnationalen wie auch die Kommunisten nicht ausgenommen. Die Sozialdemokratische Partei hat für die Gesamt- h e i t dieser Maßnahmen ein P r o g r a m m entworfen, das nicht nur die Zielpunkte aufzeigte, sondern auch die äugen- b l i ck l i ch praktisch zu verwirklichenden Maß- nahmen enthielt. Dies Programm verlangte, daß alle äugen- blicklich gangbaren Wege zur Rettung der deutschen arbeiten- den Bevölkerung und der deutschen Wirtschast eingeschlagen werden sollten. Bei den Vorschlägen handelte es sich um ein praktisches Programm, nicht um eine Utopie. Die vor- geschlagenen Maßnahmen waren durch die wirtschaftliche Situation vorgezeichnet und notwendig. Der Erolg in der Bekämpfung der gegenwärtigen Notlage ist deshalb zu messen an der Verwirklichung dieses Programms und an der Tat- fache, ob dadurch die Lebensmittelversorgung wieder in Gang kommt, ob das Proletariat in die Lage versetzt wird, sich zu versorgen und ob der Fortgang der Produktion gewährleistet wird. Die Diktatur des Proletariats, die man nicht essen kann und von der man nicht leben kann, vermag nicht der Bevölkerung zu geben, was sie braucht: die Versorgung zur Behauptung ihrer Existenz. Für dieses Programm hat die Sozialdemokratie ihre ganze parlamentarische Kraft eingesetzt. Die katastrophale Situation gab ihr eine starke Stellung im Parlament. Ihr parlamentarischer Einfluß wurde unterstützt durch zwei Tat- fachen: das Bürgertum sah den eigenen Wirtschaft- lichen Zusammenbruch vor Llugen und fürchtete mit dem Proletariat zusammen unterzugehen die Erregung des Proletariats und die Bewegung der Massen ließ das Bürger- tum obendrein fürchten, daß vsr gemeinsame Untergang sich unter furchtbaren Kämpfen vollziehen werde. In dieser Situa- iion gelang es der sozialdemokratischen Reichstagssraktion— abgesehen vom Regierungswechsel— einen U m s ch w u n g der Finanzpoli i k des Reiches einzuleiten und in einem parlamentarisch bisher unerhörten Tempo die neue Finanzpolitik auf den von ihr vorgezeichneten Linien vorwärtszu- treiben. Das ist e i n großer Erfolg. Es wird notwendig sein, weiter auf dieser Bahn vorwärtszuschreiten. Deutschnationale Steuerfconüe. Wie H e l f f c r i ch im Reichstage, so tobt jetzt auch die deutschnationale Presse gegen den Sachwertantrag, den die Koalitionsparteien am 15. August im Reichstage angenommen haben. U. a. schreibt z. B. die„Deutsche Tagesztg.": „chinter der verklausulierten Fassung diestr Entschließung oer- birgt sich naturgemäß nichts anderes, als die von den Sozialdemo- traten zum Programmpuntt der Koalitionspolitit erhobene S a ch- m e r t e r f a s s u n g... Man hat hier ein« Illustration, in welchem Umfange tatsächlich die sozialdemokratische Vorherr- s ch a f t innerhalb der großen Koalition zur Geltung kommt, wie ängstlich die bürgerliche,' Parteien bemüht sind, auch das leiseste Stirnrunzeln der Gestrengen von links durch entsprechendes Wohlver- halten zu verhindern, wie sie sich von vornherein schon wieder darauf einstellen, irgendwelchen Meinungsverschiedenheiten zwischen sich und der Sozialdemokratie auszuweichen, sie hinauszuschieben, bis dann schließlich erfahrungsgemäß der Zeitpunkt kommt, in dem die Sozial- demokratie die Macht zu haben glaubt, diele Meinungsoerschiedcn- Helten durch ein Diktat von ihrer Seite einfach und schmerzlos aus der Welt zu schaffen. Man wird also mit einigem Interesie der weiteren Entwicklung dieser Materie entgegensehen können, wenn im September in Verfolg der gestern angenommenen Entschließung die Regierung, unter der Aegide des sozialistischen �errn Hilferding als Rcichssinanzminister, die entsprechenden Gesetzentwürfe zur Sachwerterfassung vorlegt." Wenn auch diese Darstellung starke Uebertreibungen e»t- hält— das Bürgertum soll scheu gemacht werden—, so meist sie doch richtig darauf hin, daß mit der Annahme dieses von der j
Riga . Von G« w e. Die Hauptstadt des kleinen Lcttenrciches. Sitz der Negierung. Di« besteht aus dem Parlament von hundert Mann(darunter ein paar sehr feine Köpfe bei den Sozialisten) und den Ministern, die teils„christlich-unpolitisch", teils nationalsozialistisch die„weihe Re- publik" Lettland verwalten. Riga erinnert an eine alt« deutsche Hansastadt, Lübeck oder so, der die dort verkehrenden oder wohnenden Slawen durch ihre liebens- würdigen Sitten(unbegrenzte Gastfreundschaft z. B.) ein besonderes Gepräge geben. In der Stadt wohnen Letten und Balten,«iiiig« Russen und Reichsdeutsche. Di« Balten, die sich für die„einzig wahren Deut- schen, einzig national gesinnten" halten, sind gar nicht s o rein deutsch . Ihre Vorsahren, Deutsch «, kamen ins Baltikum, aber im Lauf der Zeit ist manch Lette angeheiratet worden! Di« Balten zeichnen sich durch wirklich kolossal« politisch« Beschränktheit aus: An Deutschlands Niedergang seien die Sozialisten schuld, natürlich auch am Sturz der Mark. Mit Gra,Kn sprechen sie vom„roten" Berlin (wenn sie wüßten, wie blaßrosa unsere gute Stadt leider nur ist!). Und was noch wenig Deutschnational« tun, sie halten heute und für die Zukunft treu und fest an Wilhelm von Gottes Ungnaden, dem deutschen Helden. Sie halten sogar seine rasche Abreise nach Holland für ein« heroische, vaterländische Tat! Warum? Weil die bösen Sozialisten sonst dem geliebten Herrn etwas zuleid getan hätten, und er sich doch für die Zukunft gut konservieren muß. Diese Zukunft, das ist die Hoffnung der Balten. Jede faschistische Tat(besser Untat) in Deutschland verfolgen sie mit Begeisterung und erwarten nichts sehnlicher als den Augenblick, wo Hitler - Ludendorff Deutschland beherrscht. Denn dieser Augenblick soll sie, die Herren, von der Knechtung durch das tief unier ihnen stehende lettische„Volk" befreien! Die Letten sind insgesamt harmlose Leute; teilweise lettisch- national, zum andern, kleineren Teil, sozialistisch. Die Frauen sind, wie häufig leider auch bei uns, ziemlich passiv. Doch eine tüchtig«, große Führerin haben sie, Genossin Klara Kalmin.„Die Klara", wie sie allgemein heißt, ist die von Balten und National- Letten meistgehaßte und verleumdete Frau.— Di« offizielle Sprache ist lettisch, aber jeder spricht ebenso gut deutsch und russisch . Plakate, Filmtext usw. nxrden lettisch und russisch gegeben, deutsch ist als Sprackze der Balten verpönt. Die Letten sind eifrigst bemüht, ihre Sprache zu„reinigen". Früher hieß z. B. die Straßenbahn„Elektrische", jetzt etwa„Straßen- rutscher", wie manche unserer Landsleute keine„Interessen", sondern nur mehr„Belange" haben. Di« Reinigung hat aber noch nicht durchgegriffen, so daß man, auch ohne das Lettische zu beherrschen, eine ganze Masse lesen kann! konditoreja Konditorei, case Kasse usw.!
- Sozialdemokratie verlangten Antrages der erste gesetzgebe- t rische Schritt zu dem lang ersehnten Ziele ist, die Sachwert- - bcsitzer zu den Lasten der Allgemeinheit heranzuziehen. Der t Deutschen Bolkspartci wird vorgeworfen, daß sie früher ein- mal Deutschland von roten Ketten befreien wollte. Daß in der - Tat auch in der Volkspartei die Erkenntnis wächst, daß die z Sachwertbesitzer nicht wie bisher finanziell geschont werden - dürfen, kann man leicht erkennen, wenn man ihre heutige - Stellungnahme mit ihrer früheren vergleicht. So hat z. B. - Herr Dr. Becker am 4. April 1922 im Reichstag erklärt: -„Ich möchte feststellen, daß wir eine etwaige Erfassung der Sach- : werte, an die vielleicht die Regierung oder eine spätere Regierung , denken könnte, genau so schars ablehnen wie Sie, Herr - H e l s f e r i ch, und auch in Zukunft genau so scharf bekämpfen j werden, wie wir das bisher getan haben." r Bei diesem engen Bündnis zwischen der Bolkspartei und i Herrn Helfferich kann man es verständlich finden, daß der - letztere jetzt tobt, wenn die Volkspartei Ansätze zeigt, sich aus , seinem gefährlichen Schlepptau zu befreien. | Nur keine Gesunöung! i An der Berliner Börse wurde am Donnerstag der Dollar wie : am vorhergehenden Tage mit 2 700 000 notiert. Im freien Verkehr : wurden höhere Kurse genannt; die Steigerung setzte sich in den Nach- initiagsstunden fort. Gegen 4 Uhr war ein Kurs von fast 4 Mil- > lionen Mark erreicht, ohne daß es zu tatsächlichen Käufen und Ver- > kaufen gekommen war. Diese auffällige und plötztiche Steigerung - der Wechselkurse scheint im Zusammenhang zu stehen mit großen , Verkäufen von Mark, die aus dem Rheinlande gemeldet - werden. Sollten diese Angaben richtig sein, so würde damit aufs i neue gezeigt werden, daß von der Schwerindustrie des Ruhrgebietes z und von den kapitalistischen Kreisen aus dem Rheinlande die Mark , aufs neue in den Abgrund gestürzt werden soll. Das ist aber ein � Zeichen für die große G e l d f l ii s s i g k e i t. Allem Anschein nach , haben also jene Kreise Kredite des Reiches und der Reichsbank sich . in einem so großen Maß« zu verschaffen gewußt, daß sie aufs neue � damit die Mark stürzen können. Diesem Treiben muß mit der allergrößten Entschiedenheit sofort ' begegnet werden. Die Eingriffe auf dem Devisenmarkt müssen er- . gänzt werden durch die sofortige Aenderung der Dis» kontpolitik der Reichsbank, die ja immer noch auf sich warten läßt, und durch die Einziehung der Kredite, sofern sie zu Markspekulationen benutzt werden. Der neue Finanzminister hat hierbei zu zeigen, daß er dasjenige Maß von Energie besitzt, das zur Unterbindung dieses kapitalistischen Treibens notwendig ist. Daß die Spekulanten kein Mittel scheuen, um die Mark immer mehr und mehr zu ruinieren, beweist folgender Porfall: An der Ber - lincr Börse war gestern, wie mitgeteilt, dos Gerücht verbreitet, daß die Regierung beabsichtige, für die am 25. Zlugust zu zahlenden Steuern ein Moratorium zu gewähren. Diese Feststellung ist völlig aus der Luft gegriffen. Sie ist aber ein Zeichen dafür, mit welchen Mitteln gegenwärtig gearbeitet wird, um das Vertrauen zu einer Wiedergesundung unserer Finanzverhältnisse zu untergraben. Wie wir aus dem Rcichsfinanzministerium erfahren, wird der Einzug der am 15. und am 25. August fälligen Steuern mit allem Nachdruck betrieben werden. Von einem Moratorium kann in keiner Weise die Rede sein. Die Finanzverhältnisse des Reiches sind so ernst, daß ein Aufschub der Steuern überhaupt nicht in Frage kommt._ Auflösung ües öetriebsräteausschusses. Eine Verfügung des preußischen Innenministers. Wie der amtliche preußische Preffedienst mitteilt, hat der Mini st er des Innern auf Grund de» 8 14 Absatz 2 in Verbindung mit§ 7 Ziffer 4 des Gesetzes zum Schutze der Republik den Reichsausschuh der deutschen Betriebsräte zu verlin nebst seinen linierausschüssen, also auch den..(fünf- zehnerausschuh der Betriebsräte von Groh- Berlin , ausgelöst und verboten. In der Begründung wird o. a. ausgeführt, daß der Rrlchsausschuh bestimmenden Einfluß auf die Bildung und Belätigung der verbotenen proletarischen hundert- I schaslen ausübe.
Di« Stadt ist, wie erst schon angedeutet, ein Gemisch von Deutschem und Russischem . Die alte Stadt, die um dse großen Kirchen, den Dom und Sankt Peter, und die vielen kleineren sich aus engen Straßen bildet, sieht mit ihren teils prächtigen, mittel- alterlichen Bauten wie eine alt« deutsche Stadt aus. Hier gibt der Markt den russischen Anstrich. Etwa eitle halbe Stunde lang ziehen sich an der Düna Holz- stände in vielen Reihen hin, in denen vom Morgen bis zum Abend alles Erdenklich«, Kleider, Geschirr, Blumen, Schuhe, Backwaren, Altarbilder, Fleisch, Bücher, Fisch« und jetzt vor allem unendlich viel Erdbeeren feilgeboten werden. Da stehen und sitzen die Landfrauen und preisen jedem Borübergehenden ihre Waren an, und zwischen- durch gehen langbärtige Russen in rveißen Hemden, die ihre beson- deren Sachen, Tee, Tabak, russisches Gebäck usw. zum Verkauf bringen. An den Seiten des Marktes halten die Wagen der Händler mit kleinen, struppigen Pferden davor, die im hochgebogenen Kummet «ingespannt sind. Einigermaßen aufregend ist es, wenn, was nicht oft vorkommt, solch Wagen durch die engen Straßen der Allstadt kommt. Der Damm des vornehmen„Boulevards" besteht schon aus„Katzen- köpfen", schlimmer als die in irgendeinem finsteren Berliner Winkel. Nun erst die einfachen Straßen! Der sog. Bürgersteig ist knapp so breit, daß einer darauf gehen kann, ausweichen ist unmöglich. Deshalb geht man auf dem Damm, und ein Wagen drückt alles bciseitel Das ganz« ziemlich geschäftig« Leben wickelt sich ruhig und ordenilich(allerdings mehr ordentlich als ruhig!) ohne Beihilfe von Schutzleuten ab. An stark belebten Plätzen der Neuen Stadt sieht man hin und wieder einige. So geht auch der Bahnbetrieb fast ! ohne Beamten vor sich. An den kleineren Stationen gibt es keine Sperren und nichts. Man steigt«in und aus, auf welcher Seite man will, auch schon auf der Strecke, wenn der Zug keine Einfahrt hat. Während der Fahrt wird allerdings kontrolliert, ob man im Besitz einer Kart« ist. Die Letten haben aber trotzdem ihre Freud« an Uniformen und Soldatspielen. Wie denn viele dieser neuen kleinen Staaten, die Deutschland um seiner wilhelminisch-preußischen Paradeliebhaberei haßten, gerade diese sich angeeignet haben und ihre 5)«er« nicht bunt und blitzend genug herausstaffieren können. Häufig zieht eine Kam- panie mit klingendem Spiel durch die Stadt, und«ine richtig« Militärkapelle unterhält allnachmittaglich die Rigenser.
Die Braunkohle— Deutschlands Rettung. Als der Versailler Vertrag Deutschland eines Teils seiner Kohlengebiete beraubte, als durch die Besetzung des Ruhrgebietes auch noch viel von dem ver- bliebenen Teil uns abgeschnitten wurde, da bat sich eine vor dem Krieg« wenig beachtete Industrie als unsere Rettung erwiesen: die Braunkohle. „Es ist nicht zu viel gesagt," erklärt Dr. Heinz in „Reclams Universum",„wenn man behauptet, daß die mitteldeutsche Braunkohle Deutschland vor einer Wirtschaftskatastrophe
Ein verwaltungsfkanöal. Am 12. Juni d. I. geißelten wir an dieser Stelle die! „Arbeit" der Reichsdisziplinarkammern den Eisenbahn« beamten gegenüber. Der Artikel hat in den beteiligten Reichs- Ministerien viel Staub aufgewirbelt, indem er den Anlaß dazu bot, daß das Reichsinnenministerium ganz energisch auf die Bildung der Kammern und deren Ingangsetzung drang. Auch der Reichstag griff ein und oerlangte am 3. Juli d. I. in seiner Entschließung zu Z 101 des Reichsbeamtengesetzcs eine verwaltungsfeitige Nachprüfung der nunmehr seit 19 Monaten„schwebenden" Disziplinarverfahren. Daraufhin zog Herr G r ö n e r alle„schwebenden" Verfahren von den Kammern zurück und„prüft" nunmehr zum soundsovielten Male nach. Bemerkt sei nochmals, daß es sich in fast allen Fällen um parteigenössische Beamte handelt, die von dem durch und durch reaktionär eingestelltes Berwaltungsapparat des Reichsverkehrsministeriums„abgekehlt" werden sollen, weil sie sich in: Sinne dieses Ministeriums, der Achtung und des Ansehens", das ihr Amt erfordert, unwürdig erwiesen haben. In der Beamtenschaft ist die Befürchtung verbreitet, daß Herr Gröner nur deshalb die Sachen von den Kammern zurück- gezogen hat, um als„Erfolg" der wirtschaftlichen und poli- tischen Krisis eine andere politische Konstellation zu erwarten und die Sachen dann erneut an neu zusammengesetzte Diszi- plinarkammern verweisen zu können, die dann besser als die jetzigen in seinem Sinne entscheiden sollen. Inzwischen ist den betroffenen Beamten auch heute n o ch n i ch t die ihnen gesetzlich zustehende Hälfte ihrer Dienst» bezüge ausgezahlt. Wie lange gedenkt Reichstag-und Oeffentlichkeit sich die offensichtliche Verhöhnung der Parlamentsbeschlüsse noch ge- fallen zu lassen? Was hat man in den sieben Wochen seit Verabschiedung der Entschließung zu Z 101 getan, um im Sinne derselben zu verfahren; wie lange gedenkt man dieses schon allzu lange währende Katze- und Mausspiel mit den Beschlüssen des Reichstages noch fortzusetzen? Reichsernährungskonferenz. Am Freitag, den 17. August, treten im Reichsernährungs« Ministerium die Ernährungsmini st er der Länder zu» sammen. Es sollen außer Vorschlägen des Reichsernährungs» Ministers zur Verjorgungswirffchaft auch die Anregungen der Landes- regierungen zur Sicherung unserer Ernährung besprochen werden. Neben der Verlängerung der Geltungsdauer der Brotkarte bis 15. Oktober wird an eine monopolartige Er- farung des In- und Auslandsgetreides gedacht. Die Tatsache, daß der Geschäftsbericht der Getreide-Einfuhrgesell« s ch a f t, die bisher allein berechtigt war, Auslandsgetreide für Rech» nung der Reichsgetreidestelle noch Deutschland cinzusührm, verhält- nismäßig günstig lautet«, hat sicherlich zugunsten derartiger Ge» danken gewirkt. Jedenfalls verlangt dieser Geschäftsbericht, der die Kosten der Gesamtbewirtschaftung durch die Gesellschaft seit 1913 auf"/s pro Mille beziffert und nach dem der gesamte Handel, der die Geschäft« durchführte, im allgemeinen einen Bruttoverdicnst von 12 Proz. hatte(wovon die beträchtlichen Kosten für Angestellte, Bu» reaus, Telephon, Kabel usw. abgingen), ferner aber auch zwischen dem Verkäufer im Ausland bis zu dem deutschen Müller, an den die Ware nach Anweisung der Reichsgetreidestell« geliefert wurde, nur ein Zwischennutzen von 0,56 Proz. stand, ernste Beachtung. Von einer Rückkehr zur alten Getreideumlage kann wohl kaum die Rede mehr sein. Aber Reich und Länder können auch nicht die Broiversorgungsfrage völlig aus der Hand geben. Auf das Brot» kartenfystem kann unmögsich ganz verzichtet werden, wenn man na- türlich auch den jetzt bestehenden Kreis der Brotkartenbezieher ein- engen muß. Bei freier Getreidewirtschaft würden übrigens infolge der schwierigen Gcidverhälwisse in kurzer Zeit Müller und Bäcker in Schwierigkeiten geraten und ebenso sollte man nicht die Gefahren vergessen, die sich bei freier Wirtschaft leicht durch verspäteten und verschleppten Drusch des Getreides einstellen können. Zur besseren FLeischver sorgung wird die Wiederein»
bewahrt hat." Gewiß kann die Braunkohle niemals die Stein- kohlenmengen Westfalens und Oberschlesiens ersetzen. Wohl aber ist es denkbar, daß die Braunkohlensörderung angesichts der be- stehenden Möglichkeiten schnell gesteigert wird, um wenigstens die wichtigsten Industriezweige Deutschlands so lange am Leben zu er» halten, bis wieder größere Stein kohlenzufuhren zu erlangen sind. Das mitteldeutsche Braunkohlengebiet umsaßt rund 400 Gru- den in denen 1922 160 000 Mensche» lohnende Beschäftigung san» den. im ganzen also mit den Familien der Arbeiter weit über 700 000 Menschen ihren Lebensunterhalt erhielten. Di« geographische Loge des Braunkohlengebietes macht es für Deutschland besonders wichtig. Da die Industrien sich stets dort ansiedeln, wo die für sie not- wendige Kohle vorhanden ist, so wäre«ine völlige Entblößung der Mitte Deutschlands vom industriellen Lebei? vorhanden, wenn nicht die mitteldeutsche Braunkohle die Grundlage für eine blühende Industrie böte. Dazu hat«in gütiges Geschick Deutschland zum Besitzer großer Kalisalzloger gemacht, die genau in'der Mitte zwischen den beiden Steinkohlengedieten liegen. Di« zur Hebung dieser Schätze notwendige Kohle müßte auf weiten Wegen herbei- geschafft werden, wenn sich nicht die Braunkohle neben und teil- weffe direkt über den Kalilagern vorfinden würde. So deckt die Braunkohle heut« nicht weniger als 93 Proz. des ganzen Brennstoffbedarfes der Kaliindustrie, und zwar ausschließlich mit Roh- braunkohle. Außerdem versorgt sie die Zuckerindustrie. Der Betrieb der 120 Zuckerfabriken, die 1922 rund 5,5 Millionen Doppelzentner Zucker erzeugten, wird allein von der Draunkohl« aus. rechterhalten. In neuerer Zeit sind dann noch zwei Industriezweig« auf mitteldeutscher Braunkohle aufgebaut worden: die Elektrizitäts- und die chemische Industrie. Seitdem man elektrischen Strom ohne großen Verlust auf weit« Entfernungen leiten kann, sind große Kraft. werte entstanden, die der Braunkohle ihr« Wärmequelle entnehmen. so das größte mit Dampskrast betriebene Kraftwerk der Welt, Zschornewitz bei Bitterfeld , dos Berlin zum großen Teil mit Licht und Kraft versorgt. Die chemische Industrie ijt hauptsachlich durch dos Leuna -Werk vertreten das Stickstoff aus der Luft gewinnt und mit seinem täglichen Verbrauch von über 6000 Tonnen die meiste mitteldeutsche Rohfcraunkohle beansprucht. Nicht weniger als vierzig Millionen Tonnen mitteldeutscher Braunkohle wurden 1922 in ge- werblichen Betrieben verbraucht. Außerdem hat man aber auch in dem Braunkohlenbrikett einen Heizstoff auf den Markt gebracht, der die Rohbraunkohle an Heizkraft um mehr als das Doppelte überirifft. Von diesen Briketts wurden 1922 nicht weniger als 1?,? Millionen Tonnen abgesetzt._ Ttaatsoper. Friedrich Scharr, der neue H-Idenbariton der Staat». oper. tritt lew Engagement am Sonntag, den IS. Anglist, in den.Meister- singern» als HanS Sachs an. In der.Fldtlio»-Zlu!iübrung am Freitag, den 24.. wird Kapellmeister Erich Kleiber vom Nationalthcater zu Mannhelm gaftweise dirigieren. Im Deutschen Theater wird ab Sonnabend, den 18. d. M., wieder .Alt-Heidelberg" in den Spielplan ausgenommen. In de» K ani in e r s p i e I e>i wird von da ab wieder.Frühlings Er» w,a ch e ii" ausgeführt werden. „Die Truppe-- hat mit den Proben zu der Eröffiiungsvorstellung ihres inchrmonaligen Berliner WaslspieiS im Äisispielhaus begonnen. AIS erste Aufführung wird für die erste Septemberhälste der.»aus« mann von Bencdig» vorbereitet.