dieser Verleumtiany Sit führenden Zeitung einer Arbeiter-Partei gegen Vertreter einer anderen Arbeiterpartei, die inder Behauptung liegt, daß Sozialdemokraten im Diensteder Wucherer(!) gegen hungernde Arbeitervorgehen. Und solche Verleumder wollen Führer undVorbilder des Proletariats und Bundesgenossen sein.Nach hat jede von Bolschewisten kommandierte Aktionmit einem Bruderkampf von Arbeiter gegen Arbeiter geendet.Noch hat jede dieser Aktionen dem Proletariat eine schwereNiederlage gebracht, die durch den Bruderkrieg obendreinaußerordentlich verschärft wurde.Hier haben wir eine der Hauptursachen dafür, daß esnoch immer nicht gelungen ist, das Proletariat um eineFahne zu sammeln und geschlossen in die siegreichenKämpfe zu führen. Schaffen wir auch diese Ursache aus derWelt! Kein Sozialdemokrat darf vor irgend-einemSchreieroderRauflustigeninsMause-loch kriechen. Wenn die Genossen überall und in jedemFall zusammenstehen, einander decken und helfen, dann setzensie sich auch durch. Drücken wir die gegen uns und andereArbeiter erhobenen Fäuste nieder. Setzen wir dem Geschreiunsere bessere Erkenntnis und unsere geistige sozialistischeUeberlegenheit entgegen. Dulden wir nicht länger, daß sichdas Proletariat im Bruderkampf zersplittert und sich selbstvernichtet. Arbeiten wir jeder auf seinem Platz daran, dieMassen zu vereinigen! Die schwersten Kämpfe, um aus derkapitalistischen Anarchie herauszukommen, stehen uns erst nochbevor. Wenn wir den Sozialismus zum Siege führen wollen,und das müssen wir im Interesse der Menschheit, dann brauchenwir die ganze geschlossene Macht des Proletariats. Es istZeit, daß endlich auch im Proletariat selbst die Vorbedingungenfür die Eroberung der Macht durch die Arbeiterklasie ge-schaffen werden, deren vornehmste die zielbewußte Geschlossen-heit ist.Sollen die gefallenen Vorkämpfer des Proletariats nichtumsonst gewirkt haben, dann müssen wir auch beachten undbefolgen, was sie uns an geistigen Schätzen als Erbe hinter-lassen haben. Schätze, gewonnen im geistigen Ringen mit sichund anderen und durch harte praktisch« Erfahrungen.So soll denn Rosa Luxemburg das letzte Wort indieser Mahnung hoben. In ihrer Schrift über„Sozialreformoder Revolution" sagt sie über die Eroberung der Macht:„Die Ergreifung der Staatsgewalt durch das Proletariat,das heißt durch eine große Voiksklasse, läßt sich vor allemnicht künstlich herbeiführen. Sie setzt von selbst, abge-sehen von Fällen, wo, wie in der Pariser Kommune, die Herr-schaft dem Proletariat nicht als Ergebnis seines zielbewußtenKampfes, sondern ausnahmweise als von allen verlassenesherrenloses Gut in den Schoß fällt, einen bestimmtenReifegrad der ökonomisch-politischen Verhältnisse voraus... Hier liegt der Hauptunterschiedzwischen blanquistischen Staatsstreichen einer„entschlossenenMinderheit", die jederzeit wie aus der Pistole geschossen undeben deshalb immer unzeitgemäß kommen, und der Eroberungder Staatsgewalt durch die große, und zwar klassenbewußteVoltsmasse, die selbst nur das Produkt eines beginnenden Zu-sammenbruches der bürgerlichen Gesellschaft sein kann, des-halb in sich selbst die ökonomische Legitimation ihrer zeitge-mäßen Erscheinung trägt/�_Die Stunüe der Mitte!Eine Stimme aus dem Zentrum.Das beängstigende weitere Steigen der Preiseund das Gespenst der Arbeitslosigkeit haben in denletzten Tagen die Stimmung in der Bevölkerung, nach einemkurzen Aufatmen am Schluß der Regierungskrise, aufs neuetief gedrückt. Da und dort werden deshalb in der ParteipresseStimmen laut, die angesichts der ungeheuren Schwierigkeitenin der Wirtschaftslage vor Illusionen über die große Koalitionwarnen. Um so beachtenswerter find alle Anzeichen im Lagerder bürgerlichen Koalitionsparteien, die dar-auf hindeuten, daß man sich dort des Ernstes der SituationDas Sürgerhavs.Von Josef Maria Frank.Dies« Geschichte, die durchaus zeitgemäß ist, spielte sich in«inemguten, soliden Bürgerhause des so modernen, großzügigen, fort-schrittlichen Berlin ab.Das gute, solide Bürgerhaus im großzügigen Berlin hat einenPortier. Einen guten, lieben, alten Mann, der sich kümmerlich,aber redlich durch» Leben schlägt und insolgedesien sehr stark nachUnterernährung, Tuberkelbazillen und Fetterfatz riecht. Dito bestenGattin,«in« gleichfalls ältere, unscheinbar« Dam«. Ein Typ, so ge-staltet, daß man leicht darüber hinwegsieht. Beide zusammen kamenmir immer vor wie«in wandelndes Symbol der Hungerkur an sich:sie stellen den Gegenbeweis dar gegenüber dem Beweise für die aus-gleichend« Gerechtigkeit.Eine» guten Tages wurde es den beiden Leutchen zu viel, fürihre Tätigkeit so bezahlt zu werden, daß es zum Sterben zwar zuviel, zum Leben aber zu wenig bedeutet«. Sie wandten sich infolge-dessen an den Mieterrot des Hauses: denn das bürgerlich« Hausbesitzt auch«inen Mieterrat, wenn auch«inen bürgerlichen. Wasbesagen will«inen spießerlichen.Als dieser Mieterrat nun den guten, lieben, armen Mann, derso unangenehm nach Unterernährung und Tuberkeln roch, vor sichsah, wie er setn« Mütze in der Hand drehte und erzählt«, daß«inBrot nun schon über 100 MV M. kost« und— na und so weiter—,da befiel diesen Mieteroat ein« seltsam« Rührung, di« der Federeiner Courths-Mahler würdig sein dürfte. Und in der Wallungdieser bürgerlichen Rührung beschloß dann der Mieterrat so:Zwar nicht dem Portier«ine Zulage zu bewilligen! Aber: an-gesichts der traurigen Lage des armen Mannes wolle man ihm dochund müss« man ihm helfen! Und das so: Jede Partei des Hausesmöge freiwillig, nach eigenem Ermessen, dem armen Manne ein«freiwillige Zulage bewilligen und sie ihm aushändigen. Der arm«Mann wurde von dem Entschluß des Mieterrat», der auf sein«Herzenswallung und dem daraus entstammenden Entschluß sehr stolzwar, unterrichtet. Gleichfalls die Parteien, an deren bürgerlichesMitgefühl mit dem armen Mann« man appellierte.Anderen Tage» begab sich daraus mit geschwellter— oder sagtman geschwollener— Brust der Portier auf seine Kollekte. Indesfeine Frau sich mit hohen Plänen wie Butter etcetera trug.Kurz uriii bündig: Jede Partei machte dem armen Mannfreundlich auf und händigt« ihm mit wohlwollendem Lächeln ihrenBeitrag aus. In der ersten Etage gab man links— einen Fünftausendmarkschein, rechts ein Päckchen Kleingeld. Es waren zu-sammen zirka viertausend Mark. In der zweiten Etage gab derreiche Müller sage und schreib««inen Zehntausendmarkschein, derSchieber Salvarsanski sogar 20000 M. In der dritten Etage fielendie Beträge zirka um di« Hälfte: und in der vierten Etage gabman«inen einzigen Schein, lautend über Eintausend deutsch« Papier-mark Worauf der arm« Mann das Sammeln einstellt«.bewußt bleibt ünö der großen Koalition alte Hindernisis ausdem Weg räumen will. So schreibt das Zentrumsblatt,die„Frankfurter Volkszeitung" am letzten Sonntag in einemArtikel, betitelt„Die Stunde des Zentrums":„Man laste sich durch die bisherige Einmütigkeit in denSteuerfragen nicht täuschen. Denn bei der Verabschiedungdieser Gesetze saß vielen die blasse Angst im Nacken. Und gar man-cher hat wohl diese Gesetze nur vorläufig einmal ge-schluckt in der Hoffnung, daß sich nach Tische, wenn es an dieDurchführung geht, über die' Sache noch einmal reden läßt. Es sollhier niemand angegriffen werden, aber es wäre töricht, diese Ge-fahren nicht sehen zu wollen. Wir sind deshalb der Ansicht, daßjetzt oder nie die Stunde der Mitte, die Stunde desZentrums, geschlagen hat. Jetzt ist der Augenblick gekommen, wodas Zentrum seine eigentliche Idee und Kraft an einer großen Aufgabe bewähren kann. Jetzt brauchen wir die Partei, di« in selbstän-diger und starker Führung aus der Kraft ihrer jenseits und überden Wirtschaftsmächten stehenden Staatsgesinnung die Gegensätzeüberbrückt und zusammenhält. Die Bewährung der großen Koalitionhängt wesentlich davon ab, ob das Zentrum stark genug ist, in allenFragen die mittlere Linie vorzuzeichnen und die von rechts und dievon links auf dieser Linie zu vereinigen. Es bedeutet eine schwereGefahr für die große Soalilion, wenn das Zentrum wie bisher sichin der bürgerlichen Arbeilsgemeiufchast einseilig bindet. Damit unsniemand mißversteht: Wir wollen das Zentrum nicht nach linkstreiben, wir wollen es nur in die Mitte rücken, damit von dort ausdie Gefahr schärfster Reibungen oder gar des Zerfalls überwundenwerden kann. Wir halten es deshalb für ein Gebot der Stunde,daß das Zentrum sich von der bürgerlichen Arbeitsgemeinschaftl o s l ö st."Derartige Aeußerungen aus dem bürgerlichen Lager be-leuchten die noch immer kritische Lage des deutschen Volkesschärfer als zehn programmatische Erklärungen. Es ist zwei-fellos die Stimme zahlreicher Jentrumsarbeiter und-ange-gestellten, die aus dem Frankfurter Blatte spricht, und denendie enge Verbindung ihrer Partei mit der bürgerlichen Arbeits-gemeinfchaft schon lange nicht mehr als das Ideal parlamen-tarischer Arbeit erschien. Wir sind nun zwar nicht der Mei-nung, daß jetzt die Stunde der Mitte gekommen sei, sonderndaß jetzt in sehr scharfem und deutlich vernehmbarem Rucknach links gesteuert werben muß. Zunächst was die Finan-zen anlangt, aber auch in jedem anderen Betracht. DasPlätschern in der Mitte Mischen Rädel und Roßbach,zwischen Helfferich und Höllein hat das Kabinett Becker-Cunoum jeden Kredit gebracht. Jetzt wird es sich zeigen, daß eineRegierung nur lebensfähig fein kann, wenn sie auf demBoden der Demokratie klar, kraftvoll und ohne Wimperzuckendiese Demokratie vor den finanziellen wie den p o l i-tischen Zerstörern zu schützen weiß. Sie hat die Voll-machten: sie soll sie anwenden!Das verbot der �.Deutschen Leitung*.Die„Deutsche Zeitung", die nach dreitägigem Verbotgestern abend zum erstenmal wieder erschienen ist, beschwertsich, wie nicht anders zu erwarten war, bitter über die ihrwiderfahrene Maßregelung. Einen Hauptgrund für das Ver-bot bildete die Tatsache, daß die Zeitung günstige Auslands-stimmen über die neue Regierung unter der Ueberfchrift ab-gedruckt hatte:„Deutschlands Feinde für Strefemonn" undhinzugefügt hatte:„Eine weitere Kritik über diesen deutschenReichskanzler erübrigt sich. Die Feinde haben f e i n T o d e s-urteil gesprochen."Herr Maurenbrecher versucht nun, dieser Stellung-nähme seines Blattes eine harmlose Deutung zu geben, indemer sich auf Bebel beruft, der gesagt habe, daß er immerstutzig werde, wenn die gegnerische Presse ihn lobe. In diesemSinne hätten auch die zitterten Wendungen nur als Warnungdienen sollen, der neu« Reichskanzler solle sein Handeln nichtnach den Wünschen der Feinde einrichten.Wir können diese Verteidigung nicht gerade sehr mutigfinden. Die Art der„Deutschen Zeitung", jede ihr nicht passendePolitik als antinational und den Feinden Deutschlands b e»wüßt dienend hinzustellen, ist zu bekannt, als daß der harm-lose Deutungsoersuch Maurenbrechers Eindruck machen könnte.Und in diesem Zusammenhang von einem gefällten„Todes-urteil" zu sprechen, war, wenn nicht noch Schlimmeres, eineungeheure Leichtsertigkeit. 5)err Maurenbrecher weiß doch ausErfahrung, daß sich wiederholt aus rechtsradikalen KreisenLeute gefunden haben, die bereit waren,„Todesurteile", diein der ihnen nahestehenden Presse ausgesprochen wurden, auchzu vollziehen. Wenn nicht einmal diese furchtbaren Er-fahrungen ihn zu einiger Vorsicht veranlassen, so kann er sichnicht wundern, wenn die Behörden eine solche gefährlichePressehetze unterbinden, noch ehe durch sie namenloses Unhellangerichtet ist.Wir wünschen nichts mehr, als daß so bald wie möglichberuhigte Verhältnisse eintreten, die es der Republik gestatten.auf jede Einschränkung der Pressefreiheit zu verzichten. Aberden Gegnern der Republik, die nur Freiheit für sichverlangen, aber sie anderen nicht gewähren wollen, die, wo sienur können, die Freiheit Andersdenkender vergewaltt�n,können wir die Akttvlegittmatton zur Verteidigung der Presse-freiheit nicht zuerkennen. Einschränkende Bestimmungen sindda, sie mußten erlassen werden, nachdem die Staatsordnung,trotz der Bedrohungen von außen, durchs Putsche und Mord-anschlage geheimbündlerischer Organisationen aufs schwersteerschüttert worden war. Und da geht es nicht an, solche Ein-schrankungen nur n a ch l i n k s wirken zu lassen, den völkischenTreibereien aber mit wohlwollender Duldung gegenüberzustehen, wie das unter der Regierung Cuno der Fall war.Mägen die Herrschaften nur wisten, daß jetzt nach beidenSeiten unparteiisch verfahren wird, und daß infolgedessen auchgegen sie ein schärferer Wind weht— und mögen sie ihr Ver,halten danach einrichten._Schmussolini.Ei« amerikanisches Interview HitlerS.Hitler hat sich interwieven lasten. Bei dem Wert, den dieDollars für ihn und sein« Sturmtrupp« haben, wendet«r sich anAmerika. Hier glaubt er Freunde für seine Diktatorenpläne zufinden. Man hört die alten Reden von der UnfShigkett des Paria»mentarismus und der Notwendigkeit der Diktatur. Nur das Wasund Wie scheint auch Herrn Hitler noch unklar zu fein. Wenigstensbegnügt er sich zu erklären:„Die Maßnahmen einer aufbauenden deutschen Regierungmüssen und werden herbe sein. Sie wird härte st ePflicht-e r f ü l l u n g von einem jeden fordern und jeden, der sich an denInteressen des deutschen Volkes versündigt, rücksichtslos nieder-schlagen. Es kann nicht unsere Ausgab« sein, heuteschon zu sagen, welche Matznahmen innerpoli.tischer und außenpolitischer Natur diese Regie-rung du rch führen will und durchführen kann.Unsere Aufgabe ist, das Instrument zu schaffen, aus da» gestützt,eine nationale Regierung die Arbeit des nationalen Wiederauf»baues zu beginnen oermag."Wir fürchten nur, Herrn Hitler wird es ähnlich gehen, wieHerrn Kapp, der nicht nur vor seinem Putsch, sondern auch nachseinem Putsch nicht wußte, was er wollte. Nur in einem würdeHiller sich vielleicht„vorteilhaft abheben", im Aufhängen der.Novemberverbrecher". Zur Rettung Deutschlands dürste diesegeistige Leistung aber kaum ausreichen.Die britische Keichskonserenz wird am 1. Oktober in derDowningstreet unter dem Vorsitz Baldwins zusammentreten. Esnehmen daran teil die Premiermnister Australiens, Kanada«, Neu»seelands, Südafrikas, Neufundlands und des irischen Freistaates.sowie auch ein Vertreter Indiens. Die Konferenz wird sich vor-nehmlich mit der Frage der Verteidigung des britischen Reiches,insbesondere mtt der Flottenbasis von Singapor«, sowie mit zahl-reichen wirtschaftlichen Problemen beschästigen.3n Griechenland ist der Generalstreik proklamiert worden. DieRegierung hat sofort ein Kriegsgericht gegen die Führer desGeneralstreits eingerichtet, ebenso Hot sie da» Lereinsgesetz sofortaufgehoben, wodurch alle Arbeiterorganisattonen aufgelöst werden.Und sich stark überlegt«, was er mit dem Geld, das der Mild«des bürgerlichen Herzens und der rührseligen Wallung zu verdankenwar, anfangen sollte: Ob er sich damit«in halbes Dutzend Schrippenkaufen sollt«— ein Strick zum Sichaufhängen war für das Resultatder Kollekte nicht erhältlich— oder ob er für das Geld nach Dalldorffahren sollt«: es reichte nämlich gerade zu einer Fahrkarte nachDalldorf. Seitdem ist der Mann schwermütig geworden.Das gut«, solide Bürgerhaus in dem modernen, großzügigenBerlin— beste Gegend!— fühlt sich! Es ist auf dem besten Wege,größenwahnsinnig zu werden: denn es ist der Wallung eines Augen-blickes gefolgt und rühmt sich einer sozialen Handlung. Man weiß,was man nun von sich zu halten hat, und denkt an den Spruch:„Edel fei der Mensch, hilfreich und gut!" Oder so ähnlich! Und sagtsich: das waren wir und sind wir! Es lebe der Bürger!Die Katastrophe mik de» lOOO-Mark- Scheinen. Neulich bekamich wieder einmal mein Gehalt verspätet ausgezahlt. U. a. erhieltich einen ganze Batzen— ca. 10 Pakete— mit je 100 Eintausend-markscheinen. Neugierig, wie ich einmal bin, wog ich so ein Tausend-markscheinpaket. Es wog genau 132 Gramm und hatte einen Durch-messer von 1 Zentimeter. Zehn solcher Paket« hatte ich, das machte1320 Gramm, mit dem anderen Geld« zusammen hatte ich über vierPfund an Gehalt bekommen. Als vorsichtiger Mensch machte ichmich nun daran, das Geld zu zählen. Ich muß sagen, ich besitzeeinige Uebung darin. Trotzdem brauchte ich für jedes Paket docheine Minute, bei 10 Paketen also 10 Minuten. Ich hatte geradeeinen alten Anzug an mit unmodernen Taschen, die zur Aufnahmesolcher Gehälter nicht eingerichtet sind. Also wohin mit dem vielenGeld? Ich wußte gar nichts Rechtes damit anzufangen. Schließlichfaßte ich den Plan, eine Reise mit der Straßenbahn davon zu unternehmen und hier eines meiner 100 Tausendmarkpakete zu 132 Grammin Zahlung zu geben.Zu allem Unglück mußte ich einen sogenannten Einmannwagenbenutzen. Vorn am Wagen prangte ein Schild mit der Aufschrist:Das Fahrgeld ist abgezählt bereitzuhalten oder so ähnlich. Da meinGeldpaket ja abgezählt und fein säuberlich mit einem roten Streifenumklebt war, trug ich keine Bedenken und stieg ein. Der Fahrer-Schaffner gab mir einen Fahrschein und ich überreichte ihm meinPaket.Zuerst sah er mich erschrocken an, dann verlor er die Sprache.Ich redete ihm gut zu und versicherte, daß das Geld bereits gezähltsei und stimme, er auch oerpflichtet sei, bei dem herrschenden Klein-geldmanael das Geld als gesetzliches Zahlungsmittel anzunehmen.Cr ließ sich zureden und fing an zu zählen.Inzwischen waren einige Minuten vergangen, die Insassen desWagens wurden ungeduldig und verlangten energisch die Weiter-fahrt. Der Schaffner, der schon einig« Minuten gezählt hatte, kamaus dem Takt und hatte sich verzählt. Er wußte nicht genau, ob«rbis 07 oder 77 gezählt hatte. Notgedrungen fing er von vorne an.Im Innern des Wagens entstand ein fürchterlicher Lärm. Unparla-mentarifche Worte flogen mir an den Kopf. Schon fünf Minutenstand der Wagen, und noch immer war kein Zeichen der W-iterfahrtzu bemerken. Inzwischen hatten sich hinter uns mehrere Wagen an-gesammelt, deren Fahrer durch energische» Klingeln die Weiterfahrtverlangten. Die Schafftier dieser Wagen kamen zu uns. um sichüber die Ursach« der Berkehrsstörung zu erkundigen. Sie unter-suchten den Wagen, einer kroch unter die Plattform, em andererlöste die Stange vom Leitungsdraht und ein Dritter setzte«ine neueSicherung ein. Plötzlich gab es einen gewattigen Stoß. Ein unvor-sichtiger Fahrer fuhr mit großer Gewatt auf, und auch'wir bekameneinen solchen Schubs, daß meinem armen Schaffner das ganze Paketaus den Händen fiel. Schweißtriefend und blaß wollte er noch eist-mal anfangen zu zählen. Was daraus wurde, weiß ich nicht. DerUnmut des Publikums nahm bedrohliche Formen an, ich mutztefluchtartig den Wagen verlassen. P. FiDas ANmikry-Problem. Die bekannt« Erscheinung, daß mancheTiere und auch Pflanzen in Farbe, Zeichnung und Form ein« aus-fallende Aehnlichkeit mit belebte» oder unbelebten Gegenständenihrer Umgebung zeigen, hat schon seit langem die Naturforscher be-schäftigt, aber über di« Entstehung und den Zweck der Aehnlichkeitist man sich bisher noch in keiner Weis« einig geworden. ProfessorDr. Ianson gibt im„Kosmos" einen klaren Ueberblick über dieWandlungen, die dies« Frage bisher durchgemacht hat, und er kommtzu dem Schluß, daß das Problem der Mimikry heute weniger ge-klärt zu sein scheine al» je seit seinem Bestehen.Die meisten heute lebenden Naturforscher erklären sich den ver-lauf, die Entstehung der Nachahmung ungefähr so: Der Nutzen, derdem Träger eine» ähnlichen Trachtkleides erwächst, ist in vielenFällen als sicher anzunehmen, in anderen noch zweifelhaft, aber imallgemeinen als gegeben vorauszusetzen. Irgendeiner der Vorfahreneines heute durch sein« Aehnlichkeit mit der Umgebung geschütztenTieres, etwa eines Schmetterlings, erwarb zuerst im Verlaufe seinespersönlichen Lebens eine leise Uebereinsttmmung. die ihm einen Vor-teil vor seinen Mitbrüdern gewährte. Wechsel der Nahrung. Be-leuchtung, Temperatur, überhaupt Reiz« der Außenwelt mögendies« erst« Abweichung vom Normalen hervorgebracht, Gebrauchoder Nichtgebrauch sie verstärkt oder geschwächt haben: im erstenFalle konnte sie durch Vererbung auf die folgenden Geschlechterübertragen und im Falle eines durch lang« Zeiten wirkenden, gleichgerichteten Reizes der Umwelt immer mehr gefestigt und die Aehnlichkeit vermehrt werden: im anderen Fall« verschwand die Ab-weichung wieder. Was aber die Einzelheiten des Verlauf» angeht.so würde ein« Umfrage heut« wohl kaum zwei vollkommen über-einstimmende Ansichten zutage fördern: wie da« Anwachsen derAbänderungen im Laufe emer langen Geschlechterreihe sich vollzog,ob die natürlich« Auslese tatsächlich die Bedeutung hat, die dieDarwinisten ihr zusprechen, vor allem, ob sie tatsächlich Neues fchaf-fen kann oder nur Unbrauchbare» ausmerzen, ob eine Abweichungvom Normalen nur dann«intreten kann, wenn die Keimzellen vonden Reizen der Außenwelt beeinflußt werden, oder ob es genügt,daß die übrigen Körperzellen davon getroffen werden, ob dt«»An-pasiungen" sich aus kleinsten Anfängen entwickelten oder plötzlichsprungweise auftraten und sogleich vererbbar waren, ob endlich dieNachahn, er sich dessen bewußt sind, daß ihr« Tracht ihnen Schutzgewährt oder ob sie rein triebmäßig solche Umgebung aufsuchen, inder ihr Kleid verschwindet: Da» alles sind Fragen, die heute auchvon den Fachleuten sehr verschieden beantwortet werde«.