Mr. 113.
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L
für 1891 unter Nr. 6469,
Vorwärts
8. Jahrg.
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Redaktion: Beuth- Straße 2.
Nochmals
die Emfer Depelthe.
" Zur Steuer der Wahrheit" veröffentlicht Herr 3. Graf von Roon in der„ Kreuz- Zeitung "( Abendnummer des gestrigen Tages) Nachstehendes:
Die letzten Mittheilungen aus dem Leben meines feligen Vaters, des weiland Kriegsministers Grafen Albrecht v. Roon, welche die Deutsche Revue"( im Maiheste) veröffentlicht hat, find leider von einigen Blättern zu Invektiven gegen Se. Durch laucht den Fürsten Bismarck gemißbraucht worden, indem tendenziös zerstückelte Auszüge aus den publizirten Schriftstücken u. f. w. gebracht wurden u. s. w.
Das Sinnloseste und Widerwärtigste an solchen Angriffen Teistete der sozialdemokratische Vorwärts"( Nr. 103) mit Bezug auf die S. 149 des Revue- Auffazes erwähnte Emser Depesche. Dem entgegenzutreten glaube ich verpflichtet zur Richtig stellung zu sein, da ich in der Lage bin, die nachstehenden ganz authentischen Mittheilungen über den Hergang machen zu können:
1. Die erwähnte Emfer Depesche vom 13. Juli 1870 war in Ems redigirt; sie war von dem Hochseligen Großen Kaiser an den damaligen Bundeskanzler Grafen v. Bismarck gerichtet, zugleich mit der Allerhöchsten Ermächtigung, den Tert nach Ermessen ganz oder theilweise zu veröffentlichen.
2. Graf Bismarck empfing die Depesche, während er mit meinem Vater und General v. Moltke ( allein mit diesen beiden) bei Tische saß; in ihrer Gegenwart hat Graf Bismard das, was unwesentlich oder zur Publikation nicht geeignet erschien, gestrichen. Den Rest ließ er, ohne irgend einen Busah gemacht zu haben, sogleich veröffentlichen. Die ge= fürzte Fassung hatte er vorher seinen Gästen vorgelesen und beide damit einverstanden gefunden.
3. Das Staatsministerium( welches dabei ressortmäßig nicht mitzuwirken hatte) erhielt von der Depesche sowie von der abgekürzten Fassung erst nach erfolgter Publikation Kenntniß. Nach Obigem ist auch die von der Deutschen Revue" ( Seite 149) gegebene Darstellung zu berichtigen. Krobnih, den 14. Mai 1891.
Zur Steuer der Wahrheit" haben wir zu bemerken, daß diese Erklärung in Bezug auf die Punkte, um welche es sich handelt, gar nichts widerlegt und gar nichts feststellt. Herr W. Graf von Roon fann, was er als ganz authentisch" bezeichnet, nur vom Hörensagen kennen er ist so wenig dabei gewesen" wie wir.
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Sonntag, den 17. Mai 1891.
Expedition: Benth- Straße 3.
Ob der König von Preußen noch eine zweite sich" Benedetti bei der Antwort, die er vom König erDepesche, neben derjenigen seines Adjutanten Radziwill halten. Der Zwischenfall ist erledigt. von Ems an das Ministerium geschickt hat, wissen wir Nach der von Bismarck , redigirten" sogenannten nicht- es ist auch gleichgiltig. Jedenfalls war die„ Emser Depesche" muß jeder Leser vermuthen, daß der Radziwill'sche Depesche im Auftrag und mit Kenntniß und französische Gesandte sich irgend eine Ungebührlichkeit Billigung des Königs verfaßt, der, wenn er auch noch gegen den König von Preußen schuldig gemacht habe, und eine besondere Depesche abgeschickt haben sollte, ihr hat der König von Preußen den Gesandten Frankreichs , unmöglich einen anderen Inhalt gegeben indem er sich weigerte, ihn zu empfangen, in einer Weise behandelt, die nach den Gebräuchen des Völkerhaben kann. rechts die Kriegserklärung der franzö sischen Regierung zur Folge haben mußte.*)
Und nun laffen wir die beiden Depeschen folgen. Die von Bismarck redigirte" sogen.„ Emfer Depesche" Yautet:
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oder der
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So steht die Sache und kein Vertuschungs- und kein Fälschungsversuch kann etwas daran ändern. Und ist dem Mann, der am 11. Mai 1878, noch ehe er Ems, 13. Juli 1870. Nachdem die Nachrichten von der Entsagung des Erbprinzen von Hohenzollern der Kaiserlich über das Hödel'sche Attentat etwas Anderes wußte, als französischen Regierung von der Königlich spanischen amtlich mitgetheilt worden sind, hat der französische Botschafter in daß ein Schuß auf den deutschen Kaiser abgefeuert worden, Ems an Se. Majestät den König noch die Forderung gestellt, sofort in die Wilhelmstraße telegraphirte: Ausnahmeihn zu autorisiren, daß er nach Paris telegraphire, daß Se. gesetz gegen die Sozialdemokraten!",- und der Majestät der König sich für alle Zukunft verpflichte, niemals hinterher eingestanden hat, daß er die Reichstagsaufwieder seine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur wieder zurückommen sollten. Se. Majestätösung des Jahres 1878, mit obligatem Sozialistender König hat es darauf abgelehnt, den franzöfifchen Bot schrecken, und obligater Sozialistenhazz nöthig hatte, um sich schafter nochmals zu empfangen und demselben durch den die feindliche Reichstags majorität und Adjutanten vom Dienst sagen lassen, daß Se. Majestät dem feindlichen Kollegen in der Regierung Botschafter nichts weiter mitzutheilen habe." vom Hals zu schaffen- ist diesem Mann Und die wirkliche Emser Depesche etwa nicht zuzutrauen, daß er die sog.„ Emser Depesche" offizielle Bericht des Fürsten Radziwill lautet: der Wahrheit zuwider, so redigirt" , redigirt" hat, wie sie Graf Benedetti ( der morgens eine Unterredung mit dem redigirt" ist in der vollbewußten Absicht, die Franzosen , König gehabt hatte, infolge deren der Flügeladjutant zu dem die notorisch nicht zum Krieg vorbereitet waren, also französischen Geschäftsträger geschickt wurde, um ihm mitzu- auch den Krieg nicht wünschen konnten, zu einer theilen, daß der Fürst von Hohenzollern dem König die Ab- Rriegserklärung zu zwingen? lehnung seines Sohnes schriftlich bestätigt habe) äußerte, er hätte nach seiner Unterredung mit dem König eine neue Tepesche von Herrn v. Grammont erhalten, in der er beauffragt würde, eine neue Unterredung nachzusuchen, damit der durch zu vertheidigen, daß er das traurige Taschenspieler- KunstKönig 1. die Verzichtleistung des Prinzen approbire, 2. die stückchen" wiederholt, die redigirte" Emfer Depesche mit Versicherung ertheile, daß auch in Zukunft diese Kandidatur der Radziwill'schen zu verwechseln. Er schreibt: nicht wieder aufgenommen werden würde. Der König schickte sodann seinen Adjutanten nochmals zu Benedetti, um diesem die ausdrückliche Approbation der Verzichtleistung zu überbringen, bezüglich des zweiten Punktes berief sich der König auf das, was er morgens Benedetti gesagt habe. Trotzdem verlangte Benedetti eine abermalige Unterredung." Der Bericht Radziwills fährt fort: Hierauf ließ Seine Majestät den Grafen Benedetti durch mich zum dritten Male nach Tisch, etwa um 6 Uhr, erwidern, Seine Majestät müsse es entschieden ablehnen, in Betreff der bindenden Erklärungen für die Zukunft sich in weitere Diskussionen einzulassen. Was er heute Morgen gesagt, wäre sein letztes Wort in dieser Sache und er könne sich lediglich darauf berufen. Hierauf erklärte Benedetti, fich seinerseits bei dieser Erklärung beruhigen zu wollen." Wer die fettgedruckten Stellen in beiden Schrift- Zuflucht nehmen!
zu
Der heutige Reichsbote" sucht die" Emser Depesche" da
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" Die Emfer Depesche behauptet gar nicht, daß der König den Gesandten brüst abgewiesen habe, sondern sagt nur, er habe Benedetti durch den Flügeladjutant melden lassen, daß er bei seiner am Morgen des Tages abgegebenen Erklärung bleiben müsse, und ihm keine Eröffnung mehr zu machen habe. Und das entspricht voll den historischen Thatsachen, wie alle Berichte, vor Allem der Radziwill'sche beweisen. Mehr sagt auch die Depesche nicht.
Allerdings sagt sie mehr, nämlich daß der König den Gesandten nicht mehr empfangen könne."
Falsch- und von ihm selbst in 2. widerlegt ist die Behauptung 1., daß die Depesche in Ems redigirt worden sei. Fürst Bismarck hat, wie der Verfasser der Erklärung selber erzählt, die Redaktion in Berlin vorgenommen, denn auch„ Kürzungen" und" Streichungen" find„ redaktionelle" Arbeit. Wir werden indeß sehen, stücken vergleicht, sieht sofort den himmelweiten Unter- Deutschland 3" reden läßt, daß doch selber das Opfer der daß die redaktionelle" Arbeit noch etwas weiter ge- schied. gangen ist.
" 1
Feuilleton.
Nachdruck verboten.)
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Und das ist's gerade, woraufes antommt. Wie muß es um eine Sache bestellt sein, deren Vertheidiger solch' plumpen Mitteln der Täuschung und Fälschung ihre Daß der Reichsbote" von einer schweren Schuld Emfer Depesche" geworden ist, sei nebenbei zur Charakteristik R. d .„ V."
In der Radziwill'schen Depesche, beruhigt bieser Gesellschaft erwähnt.
„ Dja beim Wein und der Fiedel! Hören Sie Wehklage die Arme gen Himmel streckten, oder zusammennur, wie er schon wieder stampft," entgegnete Herr Zengerl gekrümmt am Wege hockten. Mancher Bursche suchte sein ironisch, und deutete nach dem Hause." Den Fasching haben Mädchen zu erschrecken, indem er es plötzlich anstieß und sie begraben: den alten Adam hätten sie begraben sollen." auf die Geister deutete, die der Mond aus Sträuchern, Bäumen Die Falkner von St. Vigil. Was, ist denn der Aschermittwoch schon angebrochen, und Felsblöcken schuf. Auch Jerg versuchte es mit Liſei daß Ihr eine Bußpredigt haltet?" scherzte Planta. Euch und Afra, aber beide waren mit ihren eigenen Gedanken Roman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol macht das Zeitunglesen melancholisch. Lebtet Ihr wie ich zu beschäftigt, um ihm viel Aufmerksamkeit zu schenken, Liſei von Robert Sa, weichel. im freien Feld und grünen Wald, so würdet Ihr immer dachte an Wolf. Wie war die Lust und das Lärmen in Und jetzt als das Feuer der Fackeln wieder hoch auf nur das Nächste scharf ins Auge fassen. Was schiert mich der Sennhütte von Tamers so schaal gewesen ohne ihn! loderte, sprang der Bursche, der die tyroler Fahne trug, indem Deutschland ? Ich bin ein Tyroler und will ein Tyroler Um so tiefer nun ihr Sehnen nach ihm, da sie ungestört er diese um sich wirbeln ließ, über die Brände. Der Reigen bleiben. Jetzt aber ist das Nächste, daß wir dem Fasching seiner gedenken konnte, denn Afra sprach kein Wort. stockte und die Musik brach ab; dann aber erscholl mit ein letztes Glas weihen." Diese wiegte sich noch in Ambros' Arme im Tanze, einer Begeisterung, die unbeschreiblich war, der Ruf, und Er zog den Landrichter mit sich in das Haus, wo, wie fühlte seinen heißen Athem an ihren Wangen und immer wieder von Neuem:" Hoch Tyrol! Hoch Dester er sich ausdrückte, das Halali gestampft wurde. Der schalt sich eine Närrin mit allen ihren Herzenskämpfen. Kehraus war im vollen Gange, oder richtiger, im vollen Ambros lenkte stumm das schwerfällige Gespann des Der Landrichter und der Oberförster, die zuschauend Rasen, als ob nun erst die rechte Luft anfinge, und er raste Müllers. Die Unterstimmung gelangte in ihm mehr und außerhalb des Kreises standen, blickten einander bedeutungs- fort, ein Knäuel zuckender Leiber in einer dichten Staub- mehr zur Herrschaft. Afra's Bemerkung über Stasi kam wolke, aus der heisere Schreie und wildes Lachen brachen, ihm wieder in den Sinn und nährte seinen Verdruß. Es " Das geht nun alles auf ein Kerbholz," sagte nach bis der Klarinettist keinen Athem mehr hatte und Geiger schien ihm das richtige Wort zu sein, daß Staft zimperlich und Bassist kraftlos die Arme sinken ließen. war. Sie wußte fich nicht in die Menschen und das Leben
reich!"
voll an. einer Weile der Landrichter. " Mögen sie es meinetwegen in Bruneck erfahren," ver- Dann war es, als ob der wilde Jäger durch den Forst zu schicken und nahm alles zu schwer und zu splitterrichtersezte der Oberförster.„ Wir erleben's noch, daß der Ruf jagte. Allmälig verstummte jedoch das Schreien, Lachen, lich. Das Blut stieg ihm zu Kopfe, wie er sich vorstellte, durch alle Thäler schallt." Singen, Peitschenknallen; die kalte Nachtluft dämpfte die daß die Leute wohl gar gelacht hätten, als sein Versuch, Herr Hengerl schüttelte den Kopf, und dem Zuge lang- Aufregung und man hörte nichts als das melancholisch ein mit ihr zu tanzen, mißlang. Ja, wenn Afra seine Frau fam folgend, der sich wieder, jetzt eilig und ungeordnet, nach tönige Klingen der Schellen und gelegentlich ein Schnauben wäre! Es wehte ihn wie ein warmer Hauch an, wie ein dem Hause zurückbegab, sagte er:„ Die Befreiung lönnte der Pferde, wann diese vor den phantastischen Gestalten Duft, und dann ruckte er den Gäulen plötzlich in die nur gelingen, wenn ganz Deutschland sich erhöbe. Aber wo scheuten, mit denen das ungewisse Mondlicht die Bruscia be- Bügel. War er eingeschlafen gewesen und hatte ge= ist Deutschland ? Wir sind Tyroler, Desterreicher, Bayern , völferte. Der Mond ist ein unheimlicher Zauberer, und träumt? Er wußte es nicht. Eben hörte er den Müller Preußen; aber Deutsche sind wir nicht." von den Mädchen und Frauen schmiegten manche sich sagen, daß er sich oft wundere, wie gut sie das alles " Ihr ſehet wieder einmal gar zu schwarz, alter ängstlich an die Männer an oder zogen die Tücher über die könne, da sie doch als blutarme Gitsche feine Gelegenheit Freund," warf der Oberförster ein. Der Geist des Volkes Augen, um die Gespenster in den weißen Gewändern nicht gehabt habe, es zu lernen. Warum besaß denn Staft nichts ist gut." zu sehen, die dort im Dickicht lauerten, hier in stummer von Afra's Geschicklichkeiten? knüpfte Ambros daran bei