Oerlins Volt Zur Lage. Unsere gestrigen Volksversammlunge».
Di« außerordentlich starke Spannung, die sich seit dem Eintreten der Partei in die große Koalition in der gesamten werktätigen Be- völkerunz bemerkbar macht, und sie bis zum letzten Mann in stän- diger Erregung hält, kam sinnfällig in der großen Anzahl von Volks- Versammlungen zum Ausdruck, die die Partei gestern abend in Berlin zum Thema:„Unsere Not— Unsere Zukunft" veranstaltete und dl« sämtlich außerordentlich stark, zum überwiegenden Teil glänzend besucht waren. Auch die K o m m u- nisten und die Anhänger der Arbeiterunion(Syndikalisten) hatten es sich nicht nehmen lassen, zu erscheinen, und es war auch dafür gesorgt, daß ihre Meinung durch den Mund ihrer„Führer" oder jedenfalls durch solche Personen, die sich dafür hielten, zum Aus- druck kam. Weder die Kommunisten noch die Syndikalisten werden die geringste Klage darüber erheben können, daß man sie nicht aus- reichend hat zu Worte kommen lassen und unsere Wsrsammlungs- leiter sorgten überall mit Aufmerksamkeit dafür, daß unsere Ge- nassen und Anhänger auch den gegnerischen Ausführungen zu- hörten. In einigen Versammlungen wurde in der Diskussion euer- gisch die endliche Beseitigung Häven st eins veelongt. Es beweist aber wiederum das große Maß von Vertrauen, das die Massen unseren Führern entgegenbringen, daß man nirgends Worte einer bitteren Kritik oder gar uferlosen Krittelei hörte. Im Gegen- teil, unter den klaren und entschiedenen Ausführungen unserer Redner festigt« sich die Stimmung ganz unverkennbar, und wenn die Ausführungen unserer Redner oftmals von Zurufen der Zustimmung und zum Schluß mit starkem Beifall bedacht wurden, so war es der einhellige geschlossene Ausdruck eines Willens, der sich im Grund: genommen ganz klar darüber ist, wie ungeheuer schwierig die Situation ist, in der wir uns befinden, und daß es eines Höchstmaßes an Zurückhaltung und Geschlossenheit bedarf, mn aus dieser gefahrdrohenden Situation herauszukommen. Es war mit- unter geradezu eine Freude zu beobachten, mit welcher geistigen Ueberlegenheit unsere Parteigenossen und Anhänger die Ausftih- rungen der Kommunisten und Syndikalisten verfolgten und wie man sie—«in glückliches Zeichen für die Stimmung in unseren Kreisen— mit dem auch in schwierigen Situationen niemals ver- sagenden ziel- und treffsicheren Berliner Witz bedachte. Ein Beispiel nur für viele. Ein Kommunist begann höchst pathetisch mit dem Wort Karl Marx : Die Befreiung der Arbeiterklasse kann nur das Wert der Arbeiterklasse selbst sein. Schlagfertig ertönte es ihm aus den Reihen der Bersammlung entgegen:„Jawohl, aber ohne Hitler ." Es war ganz klar, daß die armen Kommunisten einer derartigen Stimmung gegenüber einen außerordentlich schwierigen Stand hatten. Und es muß gesagt werden, daß die Ausführungen der kommunistische Redner von einer trostlosen und unheimlichen, geradezu niederschmetternden Hilflosigkeit zeugten. Es fehlte auch nicht an Zwischenrufen, ganz abgesehen von den scharfen Worten, die unsere Redner in den Schlußaussührungen fanden, die den Kommunisten zu Gemüte führten, welch Unheil durch den mißglückten Generalstreik damit über viele Proletarier- familien gebracht worden ist. Und in der Versammlung am Wedding war es Genosse Fuß, der darauf hinwies, daß täglich 600 bis 100 durch die Gsneralstreikparol« der Kommunisten arbeitslos gewordene Männer und Frauen in ihrer Not zum Bezirksamt kommen. In- folge der offenkundigen Zurückhaltung der Führer und Sprecher bewahrten auch die anwesenden Kommunisten im allgemeinen Ruhe und die Erregung machte sich nur durch Zwischenrufe bemerkbar, die aber wieder sehr schnell aus den Reihen der Anwesenden gedämpft wurden. Mit besonderem Gram mag es die kommunistischen Redner erfüllt haben, wenn sie sahen, daß ihre mit großer Vehemenz her- ausgeschleuderten, aufgedonnerten, knalligen Phrasen entweder wir- kungslos verpufften oder von unseren überlegenen und kritisch den- kenden Genossen glatt ausgelacht wurden. Gegen diesen uferlosen. und lächerlichen Utopismus konnten unsere Genossen und Freunde mit Erfolg ihre unbeugsame Entschlossenheit einsetzen, der Reichs- tagsfraktion und dem Partcivorstand Gefolgschaft zu leisten und diese Gefolgschaft ständig zu verstärken. Nachstehend die Situoticmsberichte, die uns gestern abend aus den einzelnen Versammlungen zugingen: Wedding . Hier sprach in dem großen Garten des Patzenhofer- Ausschanks, Chausscestr. 64, vor einer dichtgedrängten Menge von etwa 2000 Personen der Genosse Dr. Weyl. Die Ausführungen des Genossen Weyl, die noch von einigen anderen parteigenössischen Rednern unterstrichen wurden, fanden reichsten Beifall. Einig« kom- munistische und auch ein syndikalistischer Redner versuchten ihre Weisheit an den Mann zu bringen, errangen aber vielfach keines- weg? beabsichtigte Heiterkeitserfolge, denn sie wußten kaum einen gescheiten Satz hervorzubringen. Genosse Weyl widerlegte, soweit es der Mühe wert war, zum Schluß die Kommunisten mit Leichtigkeit. Witte. Haberlands Festsäle waren schon um 7 Uhr überfüllt. Genosse H i r s ch referierte vor einer auch stark mit Kopfarbeitern durchsetzten Zuhörerschar. Einem Kommunisten wurden in der Diskussion 30 Minuten Redezeit bewilligt. Er verzapfte das übliche krause Zeug, und starker Widerspruch ließ ihn endlich einsehen, daß man seinen Tiraden nicht länger zuhören wolle. Genosse Adolf Hofsmann und der Referent zerpflücklen die kommunistischen Redens- arten unter den wiederholten Beifallskundgebungen der Verfamm- lung. Friedrichshain . Der geräumige Saal in der Königsbank in der Frankfurter Allee war dicht gefüllt. Ein beträchtlicher Teil der Besucher gehörte den Kommunisten an. Dem Redner. Genossen Stampfer' gelang es aber mit vielfachen Unterbrechungen sein Referat zu halten. Der umsichtigen Versammlungsleitung war es zu verdanken, daß die Ruhe aufrechterhalten blieb. Einem Redner der KPD wurde eine dreiviertelstündige Redezeit zugebilligt, die er weidlich ausnützt«, die angeblickM Sünden der Sozialdemokratie aufzuzeichnen. Nach dem kommunistischen Redner erhielt em un- garischer Genosse das Wort, der die Lage in Rußland aus eigener Kenntnis schilderte und vor bolschewistischen Experimenten warnte. dem getroffenen Abkommen versuchten bie Kommumstett die Versammlung zu sprengen, was ihnen jedoch nicht gelang. Nach einem kurzen Schlußwort des Referenten nahm die Verfamm- lung ein ordnungsmäßiges Ende. Kreuzberg . In Eraumanns Festsäle, in der Naunyn- Straße, hatte die Genossin I u ch a c z das Referat übernommen. Schon lange vor Beginn der Versammlung zeigte es sich, daß der Saal nicht imstande war. die heranströmenden Massen zu fassen. Sehr stark waren die Frauen vertreten. Selbstverständlich hatten es auch hier einige Kommunisten sich nicht nehmen lassen, gleich bei Beginn der Kundgebung die bekannten Krateclkunststücke vom Stapel zu lassen. Reicher Beifall durchschallte den Raum, als die Rednerin darauf hinwies, daß für uns die moralische Pflicht bestehe, die Re- gierung Strefemann- Hilferding zu stützen, um einer weiteren Ver- elendung des deutschen Volkes vorzubeugen. Den Reigen in der Diskussion eröffneten die Kommunisten. Das Gelächter der An- wefenden brachte den Leuten, die nur nach Parolen Moskauer Art arbeiten können, eine unerwünscht schnelle Abfuhr. Im Schluß- wort antwortete die Referenlin den einzelnen Diskussionsrednern, worauf die Versamnwlten der vorgelegten Entschließung mit über- wiegender Majorität ihre Zustimmung erteilte.:_....... v.
Prenzlauer Berg . In der Bötzow-Brauere! sprach der Reichs- tagsabgeordnete Genosse Künstler. Der große Raum der Brauerei war völlig überfüllt, alle Tische mußten hinausgeschafft werden und, obwohl immer neu« Stühle herangeschasst wurden, mußten sich viele Hörer mit Stehplätzen begnügen. Auch diese Versammlung war mit Kommunisten fttir? durchsetzt. Genosse Künstler machte seine Aus- führungen in denkbar größter Sachlichkeit und olle, auch die zahl- reichen Gegner, hörten ihm vorerst in Ruhe zu. Als er dann auf Zwischenrufe einging und seinerseits der Name Reoentlow fiel, ent- stand eine große Unruhe, galt es doch, den offenbar hochgeschätzten Mitarbeiter der„Roten Fahne" lärmend zu verteidigen. Dem Vor- sitzenden gelang es bald, die Ruhe wiederherzustellen und der Redner tonnte, die Zwischenrufer scharf abfertigend, seine Ausführungen be- enden. In der Diskussion sprach ein Kommunist, worauf nach langem Hin und Her ein Parteiloser zu Wort kam, der sich gut einstellen konnte. Eine Genossin fand dank ihrer warmherzigen Worte, sie sprach hauptfächlich im Namen der Frauen und verurteilte die Kra- keeler, lebhafte Zustinmiung. Nach ihr sprachen noch Redner ver- schiedener Richtungen, abwechselnd von Lärm und Beifall unter- brachen. In Neukölln fand eine Versammlung im Schultheiß (Hasenhcide) statt. Der Andrang war so stark, daß der große Saal sich bis auf den letzten Platz füllte und viele Teilnehmer dichtgedrängt in den Gängen standen. Zahlreich waren die Frauen vertreten, für die ja das Thema„Unsere Not" von ganz besonderem Interesse sein mußte. In gespanntester Aufmerksamkeit folgten die Zuhörer den Darlegungen des Referenten Reichstagsabgeordn. Gen. Dr. Moses, und mit Heiterkeitsausbrüchen begleiteten sie die kräftige Abfuhr, die er den kommunistischen Zwischenrufern zuteil werden ließ. Seinem Appell an das Proletariat, das er zur Einigkeit mahnte, antwortete stürmischer Beifall. In der Diskussion ließen unsere Genossen bei der Wortmeldung den Kommunisten bereitwillig den Vortritt. Nacheinander sprachen fünf Kommunisten, darunter einige, die man beim besten Willen nicht zu den„großen Geistern" rech- neu tonnte. Einen sofort aus der jetzigen Not herausführenden Ausweg konnten auch sie nicht zeigen. Ihrem hohlen Ueberschwang wurde von einem sozialdemokratischen Diskussionsredner und vom Referenten in dem Schlußwort entgegengetreten. Mit einem brausenden Hoch auf die Internationale und die DSPD. endete die imposante Versammlung. In Schöneberg war die Aula der Uhlandschule, Kolonnen- straße, bis auf den letzten Platz gefüllt. Hunderte mußten mit einem Stehplatz sürlieb nehmen. Die Kommunisten waren ziemlich zahl- reich erschienen und versuchten anfangs, die Versammlung zu sprengen. Als sie jedoch von unteren Ordnern energisch angefaßt wurden, trat Ruhe«in, und der Redner, Genosse Dr. L o« m e n- st e! n, konnte sein Referat ohne weitere Zwischenfälle zu Ende führen. Wilmersdorf . Im Vikioriogarten referierte vor über- siillter Versammlung Gen. Dr. Z e ch l i n. Auch hier waren die Kommunisten zahlreich erschienen und machten sich von Anfang an durch Zwischenruf« bemerkbar. Mit nackten Tatsachen widerlegte der Referent den alten Phrasenkram. In der Diskussion gab es für die Besserwisser keine Partei, außer der kommunistischen, die in der Lage wäre, das deutsche Volt vor dem Untergang zu retten. Dem Referenten war es im Schlußwort ein Leichtes und unter stürmi- sehen Beifallskundgebungen der Versammlung alle Angriffe der Kommunisten zu widerlegen. Steglitz . Die Aula der Oberrealschule in der Elisenstraße war glän- zend besucht. Reichstagsabg. Gen. B r u n n e r referierte. Die Kom- munisten waren sehr stark vertreten. Sie hatten ihr ganzes„Säug- lingsheim" aufgeboten und machten sich mehrmals unliebsam bemerkbar. Da aber unser« Genossen sehr stark vertreten waren, wogten sie nicht, die Versammlung direkt zu stören. Daß sie ihre unfehlbaren Weisheiten in der Diskussion zuin Vortrag brachten, versteht sich. Auch die Ledebourgruppe und sogar ein Bürgerlicher traten in der Debatte auf. Unter stürmischem Beifall der Per- sammlung wurde das„Kleeblatt" vom Referenten im Schlußwort abgefertigt. Mit einem Hoch auf die International« wurde die Ver- sammlung geschlossen. In Zehlendors war die Versammlung sehr stark aus allen Kreisen der Bevölkerung besucht. Genosse Kietzmann fesselte die zahlreichen Zuhörer derart, daß er starken Beifall erntete. Redner setzte zu- nächst auseinander, warum die VSPO. sich in schwerster Stunde der Gefahr entschlossen hat. sich an der Regierung Stresemann allliv zu beteiligen. Die VSPO. verfolgt nach wie vor ihr jahrelang er- strebte? Ziel, dos Reichswirischaftsministcr Schmidt schon vor Jahren vargezeichnet hat: Zuführung großer Mittel in die Reichskasse, Siche- rung einer wertbeständigen Währung, der Volksernährung und da- init der Republik . Dieses Ziel kann nur erreicht werden durch Er- fassung der Sachwerte und rücksichtsloseste Durchiührung der er- lassenen und noch erforderlichen Notgesetze. Die Aussprache miter- strich die Ausführungen des Redners recht deutlich. Nach einem kurzen Schlußwort des Redners wurde die sehr harmonisch ver- laufene Versammlung geschloffen. Lichkenbcrg. Die Aula in der Parkaue war überfüllt. Genosse Otto Meyer als Referent erntete für feine Ausführungen stür- mischen Beifall. Die Kommunisten waren auch hier sehr zahlreich erschienen. Ihre Redner versuchten mit dem Schlagwort:„Arbeiter- und Bauernregierung" Anhänger zu erwerben. Es half nichts. Die Massen krochen nicht auf den kommunistischen Leim. Unsere Ge- nassen und der Referent im Schlußwort fertigten die Maulhelden gründlich ab, so daß die Kundgebung mit einem vollen Erfolg der Sozialdemokratie ihren Abschluß fand. In Weißensee. wo Genosse L o h ma n n in der überfüllten Aula des Realgymnasiums referierte, machten sich schon während des Refe- rats etwa S0 Kommunisten durch Zwischenrufe bemerkbar. Sie schickten schließlich zwei Diskussionsredner vor, die in allgemeinen Phrasen sich gegen die Sozialdemokratie, insbesondere gegen die Große Koalition wandten. Als die Debatte abgebrochen und der Referent das Schlußwort erhalten sollte, stürmten die Kommunisten gegen das Podium, um durch wüstes Gejohle und Pfeifen einen ordnungsgeinäßen Schluß der Versammlung zu vereiteln. Der Vorsitzende erklärte kurzer Hand die Versammlung für geschlossen, so daß die Absicht der Sprengung auch hier gründlich mißlang. Unter Beifallsrufen auf die Sozialdemokratie leerte sich der Saal. Pankow . Die Versammlung im Kasinosaal. Breite Straße, in der Genosse Heinig sprach, war überfüllt. Kommunistische Zw:- schenrufe erregten allgemeine Heiterkeit und gaben Veranlassung, den Schlagwortunsinn der KVD. unter allgemeiner Zustimmung zu kennzeickmen. In der Diskussion kamen je zwei Redner der Sozial- demokratie und der Kommunisten zu Wort. Nachdem«in Schluß- antrag mit großer Mehrheit angenommen war. verließen zahlreiche Kommunisten den Saal. Unter dem großen Beifall der Mehrheit kennzeichnete der Redner dieses Verhalten und nach einem Schluß- wort wurde die gut verlaufene Versammlung mit einem Hoch auf die Sozialdemokratie geschlossen. Iohannlslhal. Die Versammlung im Parkrestaurant war bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Ausführungen des Genossen N i ck i s ch fanden lebhaften Widerhall. In der Diskussion sprach zu- irnchst der Kommunist Hassekbach, später der Genosse Pessier. Als er auf Rodek �>u sprechen kam und d.e Persönlichkeit Rädels an- zweifelte, entstand ein großer Tumult. Die Kommunisten wollten den Genossen nicht mebr sprechen lassen. Es gelang jedoch, dent Genossen lveiter zum Wort zu verhelfen, so daß er seine Ausfüh- rungen zu Ende bringen konnte. Di« Sprengungsversuche der Kom- munisten waren gescheitert.._______
Die kommunistischen Setmbsröfre. Weitere Auflösungsmaftnahmen. Der preußische Minister des Innern hat am Dienstag den kom- munistischen„Zentralausschuß der Groß-Berliner Betriebsräte" einschließlich seiner„Leitung", deren„Boll- z u g s r a t" und seines Unterbaues, nämlich der„W erbeaus» ichüsse" und„In d ustr i e gru p p en a u s s chü ss e" auf Grund des ss 14 in. Verbindung mit§ 7 Ziff. 4 und des§ 19 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutze der Republik für das preußische Staats- gebiet aufgelöst und verboten. Dem Verbot ist eine ausführliche Begründung beigegeben. Weitere polizeiliche und strafrechtliche Maß- nahmen find eingeleitet. Veranlassung zu dem Vorgehen des preu- hifchen Innenministers hat das Material gegeben, das om ver- gangenen Svnniag bei einer Haussuchung in der Zentrale der KPD. der Polizei in die Hände fiel. Verhaftungen kommunistischer Stadtverordneter. Nach einer Durchsuchung in der Mün.zstraße nahm die Polizei mehrere Verhaftungen vor. Unter den Festgenommenen befinden sich auch die kommunistischen Stadtverordneten G r y l e w i c z, Nawrocki, Eehlmann, Grothe, sowie der Stadtrat T o r g e l e r. * Wir werden in der Wendausgabe das außerordentlich inter< cssante Material veröffentlichen, aus dem der Preuß. Pressedienst Auszüge bringt. Die Protokolle der kommunistischen Bezirks- leitungssitzungen sind von so eindeutiger Offenheit, daß es der KPD , nicht leicht werden dürfte, den Eindruck zu verwischen, den diese Dokumente hinterlassen. Neuregelung öer Reickslöhne. Am Dienstag nachmittag begannen im Nsichsfinanzministerium die Verhandlungen über die Anpassung der Reichsarbeiter- löhne an die veränderten Hausha'ltskosten. Während bisher Donnerstags unter Zugrundelegung der zu Beginn der Wochr festgestellten amtlichen Indexziffer oerhandelt wurde, wird jetzt bereits Dienstags verhandelt, wobei die dann vorliegende» Teilergebnisse der Erhebungen des Statistischen Reichsamtes dir Unterlagen zur Neufestsetzung der Löhne bilden sollen. Bei de» Donnerstag-Verhandlungen wurde der Index für 10 Tage vor- aus geschätzt und dementsprechend der Lohn für die nächst- folgende Woche bestimmt. War der Index zu niedrig geschützt und dadurch der Stundenlohn nicht ausreichend erhöht, so wurde ei« Ausgleich in valorisierter Form gewährt. Die neue Ver- Handlungsmethode sieht vor, daß der am Dienstag ermittelt» Lohn schon am Freitag, also für die laufende Woche, bezahll wird. Da der Index nicht mehr für 10. sondern nur noch für drei Tage voraus geschätzt wird, hofft die?!egi«rung auf zuverlässig» Schätzungen die Nachzahlungen und Balorisierunj vermeiden z u können. Dadurch soll die Inflation aufge- l?olt«n werden. Die neue Verhandlungsart stellt allerdings er? einen Versuch dar. Den Dienststellen ist eine Normallohniabellc zugestellt worden, die es ermöglicht, noch jeder Verhandlung mil einem Mulliplikator, der durch Krelstelegramm mitgeteilt wird, de» zu zahlende» Lohn auszurechnen.— Für die Neuregelung der Be- omtenbezüge wird in der Dienstag-Verhandlung der Termin fest gesetzt werden. * Die Verhandlungen mit de» Spitzenorganisationen der Reichs, arbeiter führten gestern zu einer Festlegung der Lohnmeßzahl ai? 1500 mit Wirkung vom 26. dieses Monats ab. Hiernach wird in de» Ortsklasse A der Stundenlohn des Handwerkers 581 000 M., der de» ungelernten Arbeiters 540 000 M. betragen.
Wictfdyaft Ungerechkferkigke Steuervergünstigungen. Uns wird geschrieben: Ein« Möglichkeit, ungerechtfertigt steuerliche Vorteile zu«v reichen, bietet noch immer, jetzt im vierten Jahre, der§ 29 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes, also die Ver st euer ung de! Einkommens nach einem vom Kalenderjahr abi weichenden Wirtschaftsjahre. Die Wirkung dieser Bs stimmung ist bei der Rhein -Äuhr-Abgabe und der jetzt fälligen Ein kommensteuervorauszahlung ungeheuerlich. Ein Beispiel sol dies erläutern: Ein Landwirt mit 30 Hektar Besitz versteuert sein Einkommei »ach dem Wirtschaftsjahr(1. Juli 1921 bis 30. Juni 1922) richtig mit 220 000 M. Die Einkommensteuer für 1922 beträgt etwa 20 000 M Die Einkommenfteuervorauszahlung am 25. August 1923 betrag nach dem 16v0fachen des Bierteijahrsbetrags 8 000 000 M., die an gleichen Tage fällige Ruhrabgabe 16 000 000 M. Der gleiche Landwirt wird nun, da er keine Bücher führt, nack dem Einkommen des Kalenderjahres 1922, dos nach' Berück sichiigung eines Abschreibungswertes nach Z 335 auf nur 1 380 000 M mäßig veranschlagt wird, mit rund 430 000 M. Steuer veranlagt. Du Einkommensteuervorauszahlung beträgt in diesem Falle nach den 40vfachen des Vierteljahrsbetrages 43 000 000 M., die Ruhrabgab« 86 000 000 M. Je größer der in Frage kommende Fall, desto krasser ist de, Unterschied. Für Industrie und Gewerbe ist der Unterschie! nicht geringer. In jedem Finanzamt werden derartige Fälle Hunderten beobachtet, ohne daß Aenderung möglich ist Di« großen und mittleren Landwirte und auch viele Industrielle, als» die leistungsfähigsten Teile der Bevölkerung, nützen diesen Steuer« vorteil nunmehr im vierten Jahre aus. Nur ein rascher gesetzlichei Eingriff kann die Reichsfinanzen vor weiteren großen Verluste» schützen._ Die Stücke der Goldanlcihe des Reiches. Wie wir von amt licher Stell« erfahren, wird die Ausfertigung der Stücke der wert beständigen Anleihe des Reiches mit allen Mitteln beschleunigt. Ei kann damit gerechnet werden, daß die Ausgabe der Stück« etwa in der Mitte der ersten Septemberwoche beginnt Verlängerung des Rheinisch-westsälischen kohlensyndikaks. Dm Rheinisch-westfälische Kohtensyndikat teilt mit: Die Verlän�erunj der Geltungsdauer des Vertrages des Rheinisch-westfälische, Kohlensynditats, der mit dem 30. September d.I. ablief, ist bis zun 31. Dezember 1923 beschlossen worden. korsankq und St'mnes. Bekanntlich wurde in der polnische» Presse viel über dunkle Industriemanövcr Korfantys in Verbindung mit dem österreichischen Großindustriellen Bösel gesprochen Korfanty veröffentlicht jetzt eine Erklärung, in der er angibt mit Bösel , der Aktien der Königs- und Laurahütte besitzt, in Vev bindung getreten zu sein, um dessen Tätigkeit in Bahnen zu lenken die„für die oberschlesische Industrie" günstig seien. Diese Tätigkeij ist angeblich hauptsächlich gegen Stinnes gerichtet unl soll dem Zweck dienen,„Oberschlesien ausschließlich unter polnische» Einfluß zu bringen". Devisenkurse. Der Dollar stellte sich gestern amtlich, wie in größere» Teil der Abendausgabe bereits mitgeteilt war, im Mitte! auf 6,4 Millionen, das englische Pfund auf 29 Millionen, der hol- ländische Gulden auf 2,5 Millionen. Der Kurstafel ist ferner nach- zutragen: 1 finnische Mark 175 560 Geld, 176 440 Brief: 1 japani. scher Pen 3 112 200 Geld. 3 127 800 Brief: 1 brasilianischer Mil- reis 574 560 Geld. 577 440 Brief: IM österreichische Kronen 8971 Geld, 9023 Brief: 1 tschechische Krone 187 530 Geld. 188 472 Brief. 1 ungarische Krone 361,09 Geld, 362,91 Brief: 1 bulgarische Lewe 59 850 Geld, 60 150 Brief: 1 jugoslowischer Dinar 67 830 Geld 68170 Briest....._.