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Abendausgabe

Nr. 410 40. Jahrgang Ausgabe B Nr. 206

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

Preis 60000 ME.

Montag

3. September 1923

Berlag und Anzeigenabteilung: Geschäftszeit 9-5 Uhr

Berleger: Borwärts- Berlag GmbH. Beella SW. 68, Lindenstraße 3 Fernfprecher: Dönhoff 2506-2507

Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Kanzlerrede in Stuttgart  .

Für wirtschaftliche Verständigung mit Frankreich  . Gegen territoriale Pfänder.

Herr Stresemann hat gewiß nicht die Absicht, Herrn zeißen einzelner Teile aus diesem Gesamtkompleg nicht minde. Boincaré in der Rolle des europäischen   Sonntagredners abzu. lösen. Auch er weiß, daß mit Reden allein, und seien fie noch so hervorragend, ein Ausweg aus den gegenwärtigen Mirren nicht gefunden werden kann. Wir verstehen den Zwed seiner Stuttgarter Rede dahin, daß ihm daran gelegen war, die deutsche und die internationale Welt auf die Handlungen der deutschen   Regierung vorzubereiten, die für die nächste Zeit zu erwarten sind.

Nach innen hin hat der Reichskanzler neue energische Schritte angekündigt, deren Zweck es ist, die deutschen   Wäh­rungsverhältnisse wieder auf eine gefundere Grundlage zu stellen. Die Regierung, das geht aus seinen Ausführungen flar genug hervor, ist sich vollkommen dessen bewußt, daß nur stärkste Aktivität Rettung vor dem drohenden Chaos bringen kann.

in der Lage sein, die Garantie der Zinsverpflichtungen zu übernehmen, auf die sich alsdann eine Weltanleihe für den europäischen   Frieden aufbauen könnte. ziehungen zwischen Deutschland   und Frankreich   nicht nur auf ma­Französische Stimmen sprechen davon, daß die Lösung der Be­ferieller, sondern auch auf politischer Bafis erfolgen muß durch

ftens gleichwertig sei. In der Antwortnote ber belgi. hen Regierung an England liegen im übrigen Gedanken, Handelstag infofern deden, als auch dort ausgesprochen ist, daß die die fich mit meinen Darlegungen vor dem Deutschen   Industrie- und Ruhrbesetzung nur bis zu dem Augenblic fortgesetzt zu werden brauchte, in dem die produktiven Pfänder Deutschlands   in bezug auf ihre Leistungen effettiv werden. Auch die Stellung der engli Gewährung von Sicherheiten, schen Deffentlichkeit zu den deutschen   Darlegungen läßt ebenso wie die Frankreich   gegenüber einem wieder träftig werdenden Deutsch­die Aeußerungen der italienischen Bresse durchaus die Möglichkeit, land genügen. Auch in der belgischen Antwortnote an England hier in gemeinsamem irten ein Ergebnis herbeizuführen, spielt diese Frage der Sicherheiten eine Rolle. Daß Deutschland  welches bas Reparationsproblem der Lösung zuführt. Gewiß sind bereit ist, auf diesen Boden zu treten, hat es bei früheren Gelegen­pretation, die im gegeben habe, die Lösungsmöglichkeiten nicht er- rich verbundenes Deutschland   wird für die Durchführung einer mit den Grundlagen des deutschen   Memorandums und der Inter- heiten schon zum Ausdrud gebracht. Ein wirtschaftlich mit Frank­schöpft. Jede Fortführung der Diskussion und neue Ideen, die solchen Friedensidee die denkbar größte Friedensficherheit bieten. brauchbar sind, würden wir dankbar begrüßen. Eine Zerstückelung Deutschlands  , der Versuch der Abtrennung deut­Wirtschaftliche Verbundenheit der Böffer, die den Neid des scher Gebiete oder der Bersuch einer wirtschaftlichen und verfehrs­einen auf die Entwicklung des anderen ausschließt, ist vielleicht auch technischen Beherrschung feiner Grenzbezirke würde dem Geifte eines eine beffere Ueberbrüdung politischer Gegenfäge als es politische solchen Abschlusses dauernd entgegenwirken. Frankreich   versichert, Formeln zu sein vermögen. Ein solches Verfahren der Zusammen. daß es von Deutschland   feine Annegionen will, daß es ihm fern­arbeit wird auch allein die Möglichkeit geben, daß derjenige große stehe, Deutschland   zu zerstören, daß es nichts anderes suche als die diese Teilnahmslosigkeit überwindet. Deutschland   braucht ein Mora- trage, für die nach dem Wortlaut des Friedensvertrages selbst die Nation die dem zerfleischten Europa   teilnahmslos gegenübersteht, Garantie für Leistungen aus dem Friedensver torium für seine Leistungen, Deutschland   fann abgeschätzte Leistungsfähigkeit Deutschlands   tie Basis bildet. Ist dies die Auffassung der französischen   Staatsmänner und des ganzen französischen   Boltes ,, dann haben sie die Möglichkeit, diese Auf­failung in die Wirklichkeit umzusetzen. Man will die Eröffnung offizieller Verhandlungen abhängig machen von der Wieder. herstellung der Arbeit im Ruhrgebiet  . Jeder ehrliche in der diese blühenden deutschen   Lande der eigenen regen wirtschafts men fein, lichen Tätigkeit mietergegeben werden. Diese Stunde wird gefom­

Außenpolitisch hat der Reichskanzler die bisher eingeschla­gene Richtung weiter fortgefeßt, die auf eine Ber standi gung mit Frankreich   hinarbeitet und zu großen Opfern für diesen Zweck bereit ist, allerdings nicht zu den Opfern, die Frankreich   bisher verlangt hat, das heißt nicht zu Opfern, die eine Preisgabe deutscher   Hoheitsrechte in einem bestimm ten an Frankreich   angrenzenden Teil des Deutschen Reiches bedeuten. Der verföhnliche Ton seiner Rede hat in der Pariser   will man diese Zinsverpflichtungen ta pitalisieren, will man Bresse eine sehr gute Aufnahme gefunden, die jedoch zu einem den Ländern, die ihre Kriegsverpflichtungen schneller abbeden wollen, übertriebenen Optimismus nicht berechtigt.

feine Reparationsverpflichtungen zunächst nur als Zinsverpflich tungen aufnehmen.

Optimismus, sei es auch nur in bescheidenem Maß, wird große Summen auf einmal zur Verfügung stellen, fo fann das nur mensch im Ruhrgebiet   und am Rhein   sehnt sich nach der Stunde,

erst dann erlaubt sein, wenn sich die französische   Regierung zu gewiffen Bugeständnissen an die deutsche   Auffassung herbei faffen sollte, die notwendig sind, um eine fatastrophale Entwid lung zu vermeiden. Der Weg zu solchen 3ugeständnissen wird ihr durch die Aussichten, die der deutsche Reichstanzler für diesen Fall eröffnet hat, zum mindesten erleichtert. Denn ein auf ehrliche Vereinbarungen gestüttes Zusammenarbeiten der deutschen   und der französischen   Wirtschaft würde für Frant­reich so ungeheure Vorteile bieten, daß die Wahl zwischen ihnen und politischen Spekulationen auf einen deut schen Zusammenbruch jedem unvoreingenommenen Berstand eigentlich sehr leicht sein müßte. Leider ist es aber nicht der unvoreingenommene Verstand, der bei der Lösung großer politischer Fragen bisher das letzte Wort gesprochen hat.

Immerhin darf festgestellt werden, daß die außenpolitische Lage durch die gestrige Rede des Reichskanzlers eine gewisse Berbesserung erfahren hat.

Stuttgart  , 2. September.  ( WTB.) Reichskanzler Dr. Strese. mann traf heute früh in Begleitung des Staatssekretärs der Reichskanzlei, v. Rheinbaben, hier ein und wurde auf dem Bahnhof vom Staatspräsidenten Dr. Hieber begrüßt. Der Reichsfanzler empfing vormittags die Vertreter der württem

bergischen Presse.

der Rede:

internationalen Anleihe

geschehen, für die die deutfchen produktiven Pfänder haften. Deutsch­ land   wird im heutigen Wirtschaftsverfall solche Anleihen faum in nennenswertem Maße erreichen. Erst wenn die Welt sich darüber wenn wir die Sicherheit haben, daß auf der Grundlage diefer flar fein wird, baß die Beendigung des Ruhrkonflifts deutschen produktiven Pfandlelitung die Löfung des Konflikts gleichzeitig der Anfang einer neuen Friedensära ist, möglich ist, die der Sinn unseres paffiven Widerstandes war. werden die Alliierten im Berein mit Deutschland   die Frage der An- Denn dieser war niemals llebermut oder Selbstzwed, sondern er leihe lösen fönnen, die zur Befriedigung Europas   vielleicht follte nur dazu dienen, uns den Zustand der Freiheit des Ruhr­niemals zur Verfügung stehen wird. Die Interessen ber Finanz- Opfern, aber mir sind nicht bereit, die Freiheit deutscher  : Bodens erhältlich, zur Fortführung eines Berstörungsmertes gebietes zu verbürgen. Wir sind bereit zu schweren materiellen minister der Staaten müßten nach dieser Richtung ebenso zusammen- irgend jemand gegenüber preiszugeben!( Lebhafter Beifall.) geben wie die Interessen und die Auffassungen der großen Finanz­herren der Welt.

Ein in seiner Souveränifäf wiederhergestelltes Deutschland  , im Besitz seiner wirtschaftlichen Hilfskräfte, die es in dem angebotenen Maße zur Reparationsverpflichtung zur Ber­fügung stellt, würde bei Adoptierung dieser Grundfähe wohl

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nach dieser Dar­legung der außenpolitischen Fragen, die uns gegenwärtig bedrän gen, einige Worte über unsere innere Lage sagen. Ich möchte ba mit einer Erinnerung an vergangene Zeiten beginnen. Während bes Krieges hat es verschiedene Methoden gegeben, wie die Regie­rungen ihren Bölfern gegenübertraten. Die einen meinten, das

Italien   und der Völkerbund  .

Der Beschluß des Völkerbundrats.

Außenminister Curzon ist vom Urlaub in London   ein- Tag verboten und den Zensurdirektor abgefeßt; fie läßt getroffen ein Beweis dafür, daß England den italienisch auch die italienische   Gesandtschaft bewachen. Griechische Mel­griechischen Konflikt sehr ernst beurteilt. Eine Reuter- Meldung dungen über gemisse Erschwerungen der griechischen Schiffahrt Zu der an diesen Empfang fich anschließenden Bersammlung dazu sagt, daß Curzon sich über die griechisch- italienische Krise durch italienische Behörden werden von Italien   bestritten; viel­im Saale des Siegle- Hauses hatten sich insbesondere Bertreter von nicht äußern wolle, bevor er Gelegenheit gehabt habe, alle leicht waren es Boreiligkeiten übereifriger Behörden und Handel und Industrie Württembergs sowie Abordnungen aller Aften durchzusehen. Der Völkerbund   habe die Frage in die Marineoffiziere. württembergischen Arbeitgeber. und Arbeitnehmerverbände in Hand genommen, und dies fcheine der unvermeidliche und großer Zahl eingefunden. Nach einer turzen Begrüßungsansprache präliminare Schritt zu sein. Jedermanns Anstrengungen müß­des Staatspräsidenten ergriff der Reichskanzler das Wort zu folgen- ten daher dahin gehen, die Macht des Bölferbundes zu unterstügen. Aber der Völkerbundrat hat ja nur be Nach der zweistündigen geheimen Beratung des Bölkerbund­Die Zeiten, in denen wir leben, find von ungebeurem schlossen, die Behandlung dieser Angelegenheit zu vertagen, rates über den griechischen Appell, die nur der Vorprüfung der Ernst. Es würde mir völlig falsch erscheinen, wenn wir uns irgendwie über die Situation hinwegtäuschen wollten. Biel   richtiger wobei er die streitenden Barteien ermahnt hat, Feindseligkeiten Frage galt, wurde die Sigung auf Salandras Antrag, der noch keine scheint es mir, den Dingen ins Auge zu sehen und zu sagen, was zu unterlassen. Es besteht Grund zu der Annahme, daß die Instruktionen erhalten hatte, vertagt. Folgendes Communiqué ift. Start ist der außenpolitische Drud, der auf uns laftet. Unser Bertagung deshalb ausgesprochen wurde, weil Italien   er- wurde ausgegeben: Der Bölterbundrat hielt heute nachmittag unter größtes Wirtschaftsgebiet ist unprobuftio gewor- flärt hat, sich einer ihm nicht zusagenden Entscheidung des dem Vorsitz des japanischen Vertreters Ischii eine geheime Sizung ben. Rhein   und Ruhr sind abgetrennt von deutscher   Souveränität, Böllerbundes nicht zu fügen. In der Reuterschen Aufforde- ab, in deren Berlauf er feine Borprüfung des Appells der griechi­deutscher Berwaltung und ohne deutsche Arbeit. Unser Gruß gilt rung, die Macht des Böllerburdes zu unterstüßen, tönnte fchen Regierung über den italienisch- griechischen Streitfall vornahm. in erster Linie denen, die dort unaussprechliche Bedrückungen er man eine Bestätigung dieses italienischen Widerstandes sehen. Der griechische Bertreter, der eingeladen wurde, als Mtiglied mit­leiden und trotzdem dem Reiche die Treue bewahrt haben. Sie über den folgende Meldungen vorliegen: follen gewiß sein, daß wir sie nicht vergessen. Jede Außenpolitit über den folgende Meldungen vorliegen:

zutagen, nahm am Tische des Rates Platz. Das Schreiben, in dem des Deutschen Reiches fann nur das Ziel haben, diesen schwer- Reuter aus Athen  : Der italienische   Gesandte in Athen   benach die griechische   Regierung erklärt, auf Grund des Artikels XII die Souveränität und die Verfügung über dieses Entscheidung des Bölkerbundes in dem italienisch- griechischen Kon- tausch nahm der Rat in Erwartung weiterer Informationen ein­bedrängten deutschen   Volksstämmen die Freiheit, Deutschland   richtigte die griechische Regierung, daß Italien   es a blehne, eine umb XV des Baltes an den Bölkerbund zu appellieren, wurde ver­lesen, ebenso diese Artikel. Nach einem allgemeinen Meinungsaus Gebiet zu geben. Unfruchtbare Polemik über die Bergangen- flikt anzuerkennen. heit bringt uns nicht weiter. Es gilt einen Weg zu finden, stimmig folgenden Beschluß an: Indem der Völkerbundrat in Pariser   Chicago Tribune" aus Rom  : Der Grund Italiens   eine kurze Bertagung der Prüfung der Frage einwilligt, der uns ins Freie führt. Daß wir bereit sind, auch die für die Ablehnung einer Entscheidung durch den Völkerbund ist in spricht er die feste Hoffnung aus, daß die beiden interessierten schwersten materiellen Lasten auf uns zu nehmen, um zu diesem erster Linie der, daß Italien   nicht die Absicht hat, Griechenland   den Staaten bis dahin feinerlei Atte begehen werden, die die Lage ver­Biele zu tommen, ist bekannt. Die Alliierten verlangen von uns Krieg zu erffären und weiter, daß der Völkerbund für einen Garantien tatsächlicher deutscher   Leistung. schärfen könnten. Eingriff in die Angelegenheit nicht zuständig ist, da die gegenwärtige griechische Regierung von den Mächten des Böller­bundes nicht anerkannt worden sei.

Wir sind bereit, auf den Boden der Stellung produktiver Pfänder zu treten.

Reichsbesih und Privatbesih sind die Pfänder, die wir dargeboten haben. Liegen in der deutschen   Wirtschaft, der einzigen Kraftquelle, bie uns geblieben ist, wie man so oft behauptet, noch ungeahnte Entwidlungsmöglichkeiten, fo liegt es um so näher, fie zur Grund­lage unferer fattischen Reparationsleistungen zu machen.

Kompetenzkonflikt.

Wie Havas zu dieser Entschließung des Völkerbundrats er­Die italienische Regierung bemüht sich, die Schuld an der fährt, scheint sich eine juristische Streitfrage zu ergeben. Beschießung von Korfu   den Griechen zuzuschreiben, deren Kom- Die Botschaftertonferenz sei wegen des Attentats auf die italienische  mandant gedroht habe, einer Landung Widerstand entgegen- Militärmiffion befragt worden und habe bereits etwas unter­zusehen. Italienisch  - amtlich wird bekanntgegeben, daß um die nommen, indem sie ein Telegramm nach Athen   geschickt habe. Nun Bas will Frantreich? Seine Pfänderpolitit bezieht fich auf griechische Insel Leros   Minen gelegt find. frage man fich in diplomatischen Kreisen, ob sich der Völkerbund  die Schaffung einer internationalen Bahngesellschaft am Rhein  , auf die Uebereignung deutscher   Berg: Die griechische Regierung, die übrigens auf ben de jure an die Stelle der Botschafterfonferenz setzen könne, um merte an der Ruhr. Wenn Frankreichs   Ziele nicht politische 28. Oktober die Barlamentswahl ausgeschrieben hat, bemüht den Streitfall zwischen Italien   und Griechenland   zu regeln. Man Biele sind, sondern auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiete fich, forrett zu bleiben. Sie unterwirft sich jeder Entscheidung vermute, daß diese Schwierigeit den Anlaß dazu gegeben habe, daß liegen, jo stimmt es nicht, daß die Garantie des deutschen   Eisen- der Botschaftertonferenz; sie hat auch auf italienischen Protest der Bölferbundrat die Prüfung der Angelegenheit auf Dienstag bahnbefthes und ber gesamten deutschen   Wirtschaft dem Heraus- wegen eines Bettungsartitels bas betreffende Blatt auf einen verfchoben habe.