veutschlanüs Lage verzweifelt. London , S«p!ember.(SBIB.)„Poll Mall Gazette" beginnt heute mit der Veröffentlichung einer Artikelserie ihres nach Deutsch land entsandten Sonderberichterstatters über die dortig« Lage. Der Beobachter kommt zu dem Schluß, daß die Lage Deutschlands ver- zmeisslt ist und daß keinerlei Anzeichen für eine Aenderung zum Besseren vorhanden sind, Ü- Poincare und Baldwin frühstücken morgen, Mittwoch in Paris beim englischen Botschafter. Am kommenren Sonntag spricht Poin- rare bei drei Einwcihungsfeiern, eine davon übrigens im blut- gedüngten Priesterrvald, Paris , 18. September,(MTB.) Zu der bevorstehenden Zu- sammenkunft zwischen Baldwin und Poincare schreibt„Petit Parisien": Die Begegnung dürfte nicht lediglich den Charakter eines einfachen Höflichkeitsbesuches haben; freilich dürfe man von dieser Unterredung auch nichts erhoffen, was sie nicht bringen könne. Nur einige Wochen, sagt das Blatt weiter, trennen uns von dem letzten Notenaustausch, der die Uneinigkeit der französischen und englischen Negierung über die Gesamtheit des Reparations- Problems und der Ruhrbesetzung offenbart hat. Seit dieser Zeit bat sich keine Taksache von irgendwelcher Vedeukung ereignet. Die Verhandlungsangebote, die in der letzten Zeit von Berlin gekommen seien, seien kein Ereignis, da der deutsche Reichskanzler versäumt hob«, zu äußern, daß er bereit sei, den passiven Widerstand bedingungslos aufzugeben Da sich die Lage nicht geändert habe, könne man nicht ersehen, inwie- fern Poincare oder Baldwin ihre Stellung ändern könnten, aber es sei gut, daß sie sich kennen lernten. Nach dem„Petit Parisien" soll Baldwin den Männern seiner Umgebung erklärt haben, man könne die Entente nicht so wieder aufrichten, wie sie sein sollte, wenn man nicht damit beginne, die Beziehungen des Bertrauens zwischen der englischen und der französischen Regierung wiederherzustellen, die die englisch - französische Freundschaft vor und während des Krieges so mächtig gemacht hätten. Die ehemaligen Beziehungen seien ins Wanken geraten, man nmsse sie aufs neu« herstellen, wenn man wolle, daß die Zukunft besser werde. London . 18. September. (MTB.)„Westminster Gazette" schreibt, es könne nicht erwartet werden, daß zwischen Baldwin und Poincare«ine ernste Erörterung des Ruhrproblems stattfinde, denn aus den letzten Reden Poincarcs gehe hervor, daß die Aussicht aus ein Uebereinkomme« so gering wie nie sei. Es fei anzunehmen, daß Baldwin nach seiner Rückkehr das Kabinett einberufen werde.— Ebenso pessimistisch schreibt der „Daily Telegraph". _ primos diktaturprogramm. Madrid , 17. September. (EP.) General Primo de Rivera hat Preffevsrtretern eine Erklärung abgegeben, worm er unter anderem sagte, daß er nicht die Absicht habe, dem italienischen Faschismus nachzuahmen, obwohl er persönlich au» der Tätig- feit Mussolinis wertvolle Lehren geschöpft habe. Was Marokko anlange, werde er nicht gestatten, daß über d-ese Angelegenheit zu viel gesprochen werde. Ein Problem, das durch die Waffen und durch die Diplomat!« gelöst werden müsse, könne nicht dadurch ge- Winnen, daß es vor die Oeffentlichkeit gebracht werde.. Er habe keine Lust zu erschießen. Wenn aber das Gericht einen Schuldigen zu einer Strafe verurteilen würde, so werde er dieses Urteil voll- strecken. In Marokko werde die neue Regierung sofort eine Offensive eröffnen, und zwar im Abschnitt von Melilla . Sie werde den Vertrag m:t Raisuli aufrechterhalten, aber mit Abd el Krim keinen Vertrag abschließen. Die Regierung werde Wahlen zu einem neuen Parlament vornehmen, deffen Auftrag es sein nxrde, Spanien ein« neue Ordnung zu geben. Um im Innern die Ordnung aufrechtzuerhalten, werde die Regierung eme Bürger- wehr von 450 000 Mann organisieren. Die Regierung werde nicht gestalten, daß die Bande, die das spanische Vaterland zusammen- lialten. gelockert werden.(Dies richtet sich gegen die Autonomisten Kataloniens , Red.) Für ganz Spanien dürfe es nur eine Fahne geben, nämlich die spanische, General Rivera erklärt« am Montag den Zeitungsdirek- torcn, daß seine Regierung das Ziel verfolg«, die Gewohnheiten und Methoden des spanischen politischen Lebens volkständig zu ä n d e r n. Die von ihm geleitete Bewegung sei nicht deutschenfreundlich(wie der geflüchtete Außenminister Alba in Frankreich behauptet haben soll. Red); es sei bekannt, daß er während des Krieges franzosenfreundlich gewesen sei. Er besitze die französische Ehrenlegion und sei auf diese Auszeich- nung stolz. Er habe während des Krieges fortwährend die von Deutschland angewandten Methoden getadelt und sei noch jetzt überzeugt, daß Frankreich und die Alliierten kämpften, um das Recht und die Gerechtigkeit zu verteidigen. Er habe bei Prüfung der Handelsverträge zahlreich« Mißbräuche festgestellt, z. B, sei der Handelsvertrag mit den Vereinigten Staaten ganz u n z u- lässig. Wenn man bedenke, daß ein spanisches Parlament einen solchen Vertrag gutheißen konnte, so müsse man erkennen, daß die Auflösung dieses Parlamentes«ine ganz unentbehrliche Maß- nähme gewesen sei. Ter Ministerpräsident stellt sich.„ San Sebastian . 18. September. (TU.) Ministerpräsident Carcia Prieto hat an General Primo de Rivera geschrieben, daß er sich von den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen reinwaschen wolle. Er verlange unverzüglich von irgendeinem Gericht, wegen dessen Zusammensetzung er keine Vorbehalte mache, abgeurteilt zu werden. Er beeile sich, mit seiner Familie nach Madrid z u r ü ck z u.- kehren.
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Amtliche Devisenkurse.
3 Holland. Gulden. 3 urgent, Pap,»Peso 1 belgischer Frank. 3 vorweg. Krone.. 3 dänische Krone. 1 schwedische Krone 1 sinnische Mark.. 1 japanischer Den. 1 italienische Lire. 1 Pfund Sterling. ll Dollar..... 1 französisch. Frank 1 brasilian. Milreis 1 Schweizer Frank 3 svanische Peseta. 100 österr.Kr. igest.) 1 lschechische Krone 1 ungarische Krone 1 bulgarische Lewa 1 jug'oslaw. Dinar.
18. September verkäuser
Käufer» (Geld») Kur»
58852500 40276500 7182000 23940000 273 32000 39700500 3990000 71820000 6583500 678300000 149606625 8578500 14403750 26334000 20149500 214462 4488750 7880 1416450 1596000
(Brief.) Kurs
59147500 49523500 7218000 24060000 27268000 39899500 4010000 72180000 6636500 681700000 150375000 8621500 14637250 26466000 20256600 215538 4511250 7920 1428550 1604000
17. September Käufer Terkäufer (Geld.)!(Brief.)
Kur«
Kur»
51870000 42392500 6284250 21147000 23740500 36112000 3551100 64339000' 5785500 598500000 131869500 7581000 129675000 23541000 17755500 187530 3990000 7182 1276800 1416�50
52170000 43107500 6315750 21253000 23859500 35288000 3568900 (34561000 5814500 601500000 132530500 7610000 130323000 23659000 17844500 188470 4010000 7218 1283200 1423550
Keiner kann kaufen. Die Not steht uns bis zum Halse. Unsere Währung liegt in deli letzten Zügen und fluchtartig vollzieht sich die Abkehr von der Marl . Die Millionen schwinden uns aus den Fingern. Gehen wir ein- kaufen, merken wir, daß wir nur Nullen sind und Nullen haben, In den Geschäften, die nicht Lebensmittel führen, sehen wir nur Täfelchen mit Zahlen, die„malgenommen" werden. Doch derartige Anstrengungen muten wir unserm Kopfe gar nicht mehr zu. Rauflustig ist man schon, aber man hat kein Geld, schaulustig ist man auch, doch wagt man heute kaum mehr in ein Warenhaus zu gehen; denn darin herrscht jetzr ein« eigentümliche Lust. Früher ging man ungeniert durch soundsoviel Etagen, schaute und schaute und wurde selbst kaum angeschaut, schob und wurde geschoben. Heut« ist man sogleich allgemeiner Augenpunkt. Mehr als eine kleine Der- käuferin fragt freundlich nach Wunsch und Begehr. Mehr als ein Herr ist liebenswürdigerweise bereit, einem den Weg zu zeigen. Es wird einem ganz beklemmend zumute, es kommt einem vor, als würde man verfolgt, in Wirklichkeit ist jedoch alles dies weil man der Kunde ist. Leer ist dos Kaufhaus, leer in allen Etagen, nur vor dem Lebensmittetstond steht man einige Frauen. Ein Herr, sicher etwas Höheres, setzt neue Preise fest, ein« Verkäuferin nimmt von den Preiserhöhungen schriftlich Notiz. Sonst träumt man vor sich- hin, Wiffenswertes mitzuteilen hat man nicht mehr, es ist gegenwärtig genügend Zeit vorhanden, um sich auszusprechen. Soll man ein Buch lesen? Das macht einen zu schlechten Eindruck. Ein Fräulein ulkt: „Es geht doch nichts über ein ruhiges Geschäft". Aber sie schluckt beinahe weinerlich dabei, sie will ja auch nur zeigen, daß sie den Galgenhumor noch nicht verloren hat.
Unerschwingliche Kohlen- Holöpreise. Drohender Zusammenbruch der städtischen Werke. Der Mogistrat hat, wie wir heute früh mitteilten, beschlossen, für die gesamten städtischen Werke eine städtische Aktiengesellschaft zu schaffen, doch ist es noch dem augenblicklichen Stande der Dinge sehr fraglich, ob man in einigen Wochen noch seitens der Stadt in der Lage sein wird, die Werk« überhaupt erhalten zu können. Die Berliner Elektrizitäts-, Wasser- und Gaswerte befinden sich in einer Krise, die so ernst ist wie keine der vorangegangenen. Bekanntlich sind die Werke vollkommen von der Kohlenbeliese- rung durch die rheinisch-westfälischen und die früher oberschlesischen, jetzt polnischen Gmiben abhängig. Die Zechen verkaufen die K o h le nach Goldpreisberechnung und verlangen allwöchentlich Vorauszahlungen, ehe die Lieferungen ausgeführt werden. Die Tariferhöhungen in den letzten Wochen, die infolge des rasenden Morksturzes nölig waren, um wenigstens den größtefl Teil der Werksausgaben zu decken, haben jedoch schon jetzt die Wirtschaftlich- keit der Betriebe in einer Weise beeinflußt, die für die Zukunft die schwersten Bedenken als gerechtfertigt erscheinen läßt. Bei den Gas- und Eelektrizitätswerken ist der Konsum um über 25 Proz. gegenüber den Bormonaten zurückgegangen, ob- wohl im Monat September, wenn die Tag« ansangen, kürzer zu werden, sonst eine nicht unerhebliche Steigerung des Verbrauchs ein- zutreten pflegt. Hierzu kommt ober auch eine Stockung der Zahlun- gen. die in dieser Zeit der rasenden Teuerung zwar verständlich ist, die aber auf der anderen Seide die Finanzen der städtischen Werke und darüber hinaus auch der privaten Gasbetriebsgesellschaft zer- rütten muß, wenn nicht grundlegend eine Aenderung in der Kohlen- beschofsung und in der Bezahlung dieses wichtigsten oller Roh- Produkte eintritt.— Die Dinge liegen so. daß in absehbarer Zeit weder die städtischen Werke noch die private Gas- betriebsgefellschast in der Lage sein werden, die Goldmor'k betröge für die Kohlenbeschasfung auf- bringen zu können, und die natürliche Folge wäre dann, da die Zechen vorläufig sich nicht zu Krediten verstehen wollen, der Zu- sawmenbruch dieser lebenswichtigen Unternehmungen. Die Werks- leitungen haben sich, wie wir hören, nochmals mit einem Hilfe- ruf an den Reichskanzler, den Reichswirtschaftsminister und den Reichskohlenkommissar gewandt und unter Darlegung aller dieser Gründe darauf hingewiesen, daß die Goldpreisberechnung für die Kohle das Ende der Wirffchaftlichkcit aller dieser Unternehmungen bedeutet. Bei dem augenblicklichen Dollarstand, der notwendiger. weise ein« Verdoppelung der Werktarife bedingt, da die letzten Kol- kulationen auf einem Dollarkurs von 100 Millionen ausgebaut waren, müßten die städtischen Werke und die privaten Gesellschaften ihre Preise für diese Woche um weitere 100 Proz. herauf- setzen. Es liegt klar auf der Hand, daß eine solch« Maßnahm« von der gesamten Verkraucherschaft nicht mehr ertragen werden könnte. Ei« Zentner Briketts zirka SV Millionen. Infolge der ob 17. d. M. eingetretenen Erhöhung der Zechen- preise und Bahnfrachten ist eine entsprechend« Heraufsetzung der Kleinverkaufspreise für Briketts und Koks erforderlich geworden. Diese stellen sich vom 18. d. M. wie folgt: Küchen und Ofenbrand je Zentner Briketts ab Lager 47 620 000 M., frei Keller 49 760 000 M., Gaskoks ab Loger 116 910 000 M., frei Keller 119 370 000 M. Markenfreies Brot fast 10 Millionen Mark. Wie der Zweckverband der Bäckermeister Groß-Berlins mitteilt. beträgt der Preis für das»markenfreie Brot ab Mittwoch, den 19. September. 9 800000 Mark und für die markenfreie Schrippe 450000 Mark. Die Preise für die übrigen Gebäck- sorten werden entsprechend erhöht. So kostet z. B.«in Stück Blech- kuchen 1 Million Mark. Wie man einen Arbeiter behandelt. Ein von der Berliner Malersirma Fischer u. Naß(Lin- bauet Str. 8) wegen angeblichen Arbeitsmangels entlassener Ge- hilse hat bei dem Versuch, in den Besitz seines Steuerbuches zu ge- langen, merkwürdige Erfahrungen gemacht. Da die bei der Eni- lassung versprochene Herausgabe des Steuerbu ch s reichlich drei Wochen später noch nicht erfolgt war, schrieb er an die Firma aus einer Postkarte:„Ersuche Sie, sofort mir mein Steuer- buch zuzuschicken. E» dürfte Ihnen ja bekannt sein, daß Sie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sofort Geld und Papiere- zu übergeben haben. Jetzt sind bereits drei Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verstrichen und ich habe bis heute weder Mar- ken noch Steuerbuch erhalten. Sollte ich bis Freitag abend nicht im Besitze desselben sein, werde ich andere Schritte unternehmen und Sie für die Schäden, oi« mir entstehen, verantwortlich machen." Am folgenden Tag« traf bei d-m Wartenden ein Brief ein, er ließ ihn aber wegen unvollständioer Frankierung zurückgehen, da er das hohe Straiporio nicht zahlen wollte. Nach weiteren drei Tagen kam dann seine Postkarte an ihn zurück, aber zerrissen und mit einem daruntergeschriebcnen„Flegel" Der Unterzeichner hat recht daran q?tan, picht? weiter hinzuzu fügen. Die so zurückgesandt« Postkarte genügte zu seiner Kenn Zeichnung. Keine Arbcitsaussichten in Japan . , Bon der japanischen Botschaft in Berlin werden wir um Veröffentlichung de? Folgenden gebeten:„Die japanisch« Botschaft gestattet sich, mit Rücksicht auf mehrfach hier eingehende Anfragen von Ingenieuren, Architekten, Tech- nikern, Arbeitern usw. wegen eventueller Beteiligung an dem Wiederaufbau der zerstörten Gebiet« in Japan die Bitte an
Sie zu richten, in Ihrem geschätzten Blatt« in geeigneter ZPeis« gütigst bekanntgeben zu wollen, daß nach hier vorliegenden amt- liehen Nachrichten die Wiederoufbauarbeiten bereits im Gonge sind, und daß hierfür die einheimischen Arbeitskräfte völlig ausreichen." öerliner Räuber in öer Provinz. Ein Landjäger und ein Einbrecher erschossen. Ein schweres Feuergesecht spielte sich auf dem Gute Gösch- Nitz bei Guben ab. Es wurden dabei ein Landjäger und einer der Verbrecher erschossen, ein zweiler Landjäger schwer verletzt. Von der fünfköpfigen Verbrecherbande wurde« zwei weitere sestgenommen. Ueber die folgenschwere Schießerei erfchren wir noch folgende Ein- zelheitcn. In der Nacht zum 14. d. M. drang eine Einbrechcrbonde in die Gutsräume von Göschnitz ein und stahl über 200 Milliar- den S i l b e r s a ch e n. Mit der Beute suchten die Vcrbrcckzec sofort das Weite. Da der Einbruch jedoch rechtzeitig entdeckt würbe, konnte sofort eine Verfolgung der Fliehenden ausgenommen werden, und es gelang den Beamten auch, alle fünf Verbrecher auf dem Bahnhof Göschnitz zu umstellen. Die Verhafteten wurden in das Stationsgebäude geführt, um dort einem Verhör unterzogen zu werden. Dabei zog einer der Verbrecher ganz plötzlich einen Re- nolver und schoß einem Landjäger eine K'ugel in den Kops, so daß dieser plötzlich zusammenbrach- Ein zweiter Land- jäger wurde ebenfalls durch einen Schuß schwer verletzt. Trotzdem vermochte dieser noch seine Dienstpistole zu ziehen und auf die'Äer- brechcr, die jetzt wiederum die Flucht ergriffen, mehrere Schüsse ab- zugeben. Einer wurde auch getroffen und brach tot zusammen- Von den Fliehenden konnte der 35 Jahre alte Eduard Walezeck aus der Langen Straße zu Berlin von Eisenbahnbeamvcn noch gestellt werden. Di« übrigen entkamen mit einem Kraftwagen. Jedoch die Polizeibehörde stellte sich sofort mit der hiesigen Kriminal- polizei in Verbindung, und dieser gelang es, gestern abend um 10 Hör ein weiteres Mitglied der Band« in einem Lokal in der Modaistraße aussindig zu machen und festzunehmen. Es ist dies ein 24 Jahre alter Arbeiter Franz Kolzack, der sich wohnungsios in Verlin umhertrieb. Er besaß noch über 1 Milliarde bares Geld. Er gibt an, erst vor einigen Tagen aus dem Ruhrgebiet hierher gekommen zu sein. In Wirklichkeit aber gehört er zu einer jener Banden, die sich in Berlin zusammenrotten, um dann irgendwohin aufs Land zu ziehen und Gutshäuser zu überfallen und auszuplündern.
Oer gestohlene Möbelwagen. „Siaaksanwalts König" lehker Streich. Der berüchtigte Fuhrwerksdieb Lange, der unter dem Namen eines„Staatsanwalt König", wie erinnerlich, vor einiger Zeit seine Flucht aus dem Gefängnis bewerkstelligt hatte, indem er den ihm begegnenden Gefängniswärter einfach im Vorbeigehen zu- rief:„Ich bin der Staatsanwalt König", gab wiederum ein Gast- spiel vor der Strafkammer des Landgerichts Ii . Lange hatte zusammen mit dem Arbeiter Paul Schur einen beladenen Möbelwagen der Firma Pfaff mitsamt den Pferden ge- stöhlen. Der Möbelwagen hielt vor einem Hause in der Uhland- straße und war mit einer Eßzimmereinrichtung von hohem Wert beladen. Als die Arbeiter ein Möbelstück in das Haus trugen, schwangen sich die beiden Angeklagten auf den Bock und fuhren in so schnellem Tempo davon, daß ein Sessel aus der offenen Tü� herausfiel und in Trümmer ging. Das Fuhrwerk wurde nach Lichtenberg in den Wendischen Volksgarten gebracht. Hier wurde ein Pferd geschlachtet und der Wagen wurde in einzelne Teile zerlegt und als Altmaterial verkauft. Die Einrichtung kaufte der Inhaber des Volksgartens, der Gastwirt Müller für zwei Millionen Mark, obwohl der Wert 35 Millionen betrug. Das andere Pferd stellten die beiden Diebe im Musikpavillon unter. Dieser Umstand wurde ihnen aber zum Verderben, denn durch das Wiehern des Pferdes wurde man aus den eigenartigen Stall aufmerksam. Lange und Schur hatten sich nunmehr wegen Diebstahles und der Gastwirt Müller und sein« Ehefrau wegen Hehlerei zu verantworten. Die Angeklagten Lange und Schur kamen mit dem großen Unbekannten und wollten das Gespann und die Einrichtung von einem„Fremden" zum Kommissionsverkauf erholten haben. Für das Ehepaar Müller machten Iustizrat Hamburger und Dr. Iohanny zur Eni- lostung geltend, daß die Diebe sich dem Gastwirt als Pferdehändler vorgestellt und behauptet hätten, die Sachen frei verlaufen zu können. Da das ganze Geschäft sich öffentlich abspielle, hätte das Ehepaar keine Bedenken gehabt, die Möbel zu kaufen. Das Gericht sprach die Ehefrau Müller frei, Müller dagegen erhielt wegen Hehlerei 6 Monat« Gefängnis. Lange wurde zu drei Iahren und Schur zu zwei Iahren Zuchthaus verurteilt._ Schachheim des Berliner Arbeiter-Schachklubs. Den Arbeiterschachspielern ist es gelungen, im Südosten Groß- Verlins, im Gewerkschaftshaus, aus eigenen Mitteln ein Schochheim zu eröffnen Es befindet sich im Saal 3 und ist an jedem Sonntag von vormittags 10 Uhr bis abends 10 Uhr geöffnet. Jedem Liebhaber des edlen Spiels ist dort Gelegenheit gegeben, sich in seiner Spielstärke zu vervollständigen. Für.Anfänger stehen Lehrmittel und ein« reichhaltig« Bibliothek zur freien Verfügung. An verschiedenen Sonntagen der kommenden Herbst- und Winter- spiolzeit werden Vorträg« am Wandbrett abgehalten, außerdem findet ein Eästeturnier statt, wozu Anmeldungen schon jetzt im Schochheim oder bei dem Unterzeichneten abgegeben werden können. Bei der Anmeldung ist ein Reugeld zu entrichten, das nach Beendigung samt- sicher Partien am Schluß des Turniers zurückgezahlt wird. Letzter Meldetag Sonnabend, den 13. Oktober 1923. Erster Spieltag Sonn- tag, den' 14. Oktober 1923. Gespielt wird nach den Regeln und Be-' dingungen des Deutschen Arbeiter-Schachbundes. Bon der Schach- heimlei'tung sind dazu mehrere wertvolle Bücherpreise ousersehen. Das Turnier ist offen für jeden Schachspieler, weicher noch keinem Schachverein angehört. Die Mitglieder des Berliner Arbeiter-Schach- klubs sind verpflichtet, auf dieses Turnier hinzuweisen und lebhaste Propaganda dafür zu entfalten. Darum, Kopf- und Handarbeiter, heraus aus den bürgerlichen Dereinen. Abteilungen des Klubs be- finden sich in allen Stadtteilen Groß-Berlins. Nach Bedarf werden Neueröffnungen vorgenommen. Jede gewünschte Auskunst erteilt der Leiter des Schachvereins Richard Scholz , C. 25, Alexanderstr. 9. Berliner Arbeiter.Schachkwi. Abt. „Süden'. Der Abteilungsspielndend befindet sich jeden Doiuierstag 7 Uhr im Lokal Geisler, Woldemarstr. SS. Für Anfänger Unterricht in Theorie und Praxi» kostenlos. Anmeldungen und Neuausnahmen«innen an jedem Spielabend stattfinden.
Spieler-Razzia. Aus Anlaß des im Humboldthain in letzter Zeit sich breitmachenden Spielerunwescns unternahm heute nachmittag gegen 5 Uhr die Kriminalpolizei unterstützt durch Schupo und Verwaitungspolizei im 5zumboldthain eine Razzia. Es wurden 102 Personen zwangsgestcllt, 7 Bankhalter und ein steckbrieflich Ge- suchter dem Polizeipräsidium eingeliefert. Spielgerät und 87 Mi!- lionen Mark wurden beschlagnahmt.
Wetter für morgen. Berlin und Umgegend. Zeitweile heiler, jedoch überwiegend hewölkt mit wiederholten Regensällen bei ziemlich irischen westlichen Winden.
Sroß-Serüner PaeteinachrichLen. ll. Kreis Schvu-ber«! Heute, Dienstag, abends 7>/z Uhr, bei König, Feurig. Ecke Prinz-Seorg.Strqtze, Eigung der geiiungskommission.