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Nr. 465 46. Jahrgang

Seilage öes Vorwärts

v. Kähne freigesprochen.

?m SSHne-Prozetz vor dem Potsdamer Sdrjttmrgericht wurde gestern nach mittag da?. Urleil gefällt. Der Dahrfprvch der Ge­schworenen lautete auf Verneinung sämkllcherSchuld- fragen. Das Gericht sprach darauf den Angeklagteu v. Sähnefrci und legte die Kosten des Verfahrens sowie die dem Angellegten entstandenen notwendigen Auslagen einschließlich der Verleioigungskosten der Staatskasse auf. Ja einer besonderen Erklärung betonte der Vorsitzende Landgerichtsdircktor Dr. Westerkamp noch folgendes:Das Oericht hat sich in diesem Fall wicht über die Grünoe zu äußern, die zu dam Freispruch geführt haben, da es ja die Gründe nicht kennt, aus denen heraus die Geschworenen die Schuldfragen verneint Kaden. In diesem Fall hält aber der Ge- richtshof, der ja während der Verhandlung seine Stellung nicht zum Ausdruck bringen durste, für richtig zu sagen, daß nach Heber- zeugung des Gerichts die chauptverhandlung keine Spur eines begründeten Verdachtes-regen den Angeklagten v. Kähne er- geben hat. Das Verfahren ist ja einen eigentümlichen Weg ge- aonqcn. Cs ist verständlich, daß bei dem veralteten Skelettfund die Polizcibeamten zunächst keinen Anhalt zum Eingreifen fanden. Es ist nicht die Pflicht eines pflichtgetreuen Beamten, immer nur irgend etwas zu tun, etwas nachzujagen, wovon er sich unter Umständen gar keinen Erfolg verspricht. Auch als ein vom Ministerium beauf­tragter Beamter eingriff, konnte man keine Svur finden. Erst als die Belohnung ausgesetzt wurde, meldeten sich die ersten Zeugen. Die Aussage des Zeugen R s h f e l d führte von Anfang cm zu keinem Ergebnis, um jo vernichtender ober schien das Zeugnis B e ll i n s, und da ist«S nun merkwürdig, daß in diesem Fall vom Angeklagten nicht das geringste versucht worden ist. dieses Zeugnis zu entkräften. Es findet sich kein Antrag von ihm. der seine Unschuld nachzuweisen sucht. Die Ansage des Zeugen Bellins war aber solange vernichtend, als keine Widersprüche er- folgten und man nicht die Quelle erfahren hatte, aus der feine Be- hanptungsn stommtcn. In der Hauptverhandlung wie in dem ganzen Verfahren ist jeder Spur nachgegangen worden. Deshalb kann jetzt ruhig gesagt werden, daß sich auch nicht die geringste Spur eines begründeten Verdachtes gegen den Angeklagten ergeben hat/ Aus dem Plädoyer des Verteidigers Kahnes. Justiz- rat Josephson, ist noch folgendes nachzutragen: Unter kurzem Hinweis auf die Fälle, in denen Herr v. Kähne mit Dieben auf seinem Grund und Boden Zusammenstöße gehabt hatte, er- klärt der Verteidiger, daß man Potsdamer Richter und Staats- aniwälte in der Oeffentlichkoit beschuldigt hätte, daß sie gewalttätige Junker schützten. Bon diesem Geschrei der Straße(? D. Red.s dürften sich die Geschworenen nicht beeinflusien lassen. Kähne sei niemals ein Junker gewesen, er sei ein Bauer geblieben, wie sein bäuerlicher Ahnherr, der einst geadelt worden sei. Die Furcht vor der Straß«, die aus dem ganzen Verfahren sprälbe, be­deute die eigentliche politische Gefahr, nicht die Familie v. Kähne. Das Schwert der Gerechtigkeit würde nicht aus Herrn v. Kähne niedersausen, der völlig gereinigt von den gegen ihn erhobenen schweren Borwürfen den Gerichtssaal verläßt, sondern auf die meineidigen Schurken, die in dieser Angelegenheit ein ab- gcfeimtes und abgekartetes Spiel getrieben hätten. Der Verteidiger sprach in diesem"Zusammenhang unter Hinweis auf gewisse Ver- "''Lsfentlichungen. Eingaben uiw. von den Hintermännern� die »e chnter Bellm, Rehfcld und Laase, gestanden, di« einen geradezu er- staunlichen Einfluß besäßen und ungestraft alle Welt verdächtigen könnten. Insofern sei hier ein ganz unwürdiges Schauspiel auf- geführt worden. In seinem Schlußwort betonte dann der Angeklagte, daß er keineswegs auf einen fremden Menschen in Petzow geschossen hätte� Seit jeher gewähre er Wandervögeln der verschiedensten politischen Richtungen, auch den Linksradikalen, bereitwilligst Quartier. Die Leute könnten sich über die Behandlung bei ihm nicht beschweren. Allerdings würde er sich von keinem Staatsanwalt das Recht nehmen lassen, sein Eigentum gegen Uebergrisse zu schützen. * Der Prozeß gegen Herrn o. Kähne auf Petzow hat mit Frei- s p r e ch u n g' geendet. Dem Potsdamer Schwurgericht hat die Be. weisführung nicht genügt, den Angeklagten der vorsätzlichen Tötung des jungen Laase schuldig zu sprechen. Auch die Eventualfrage, ob ex der Körperverletzung mit Todeserfolg schuldig sei, ist ver- neint worden. Einige WidersMüch« in den Aussagen wichtiger Zeugen dürften so schwer ins Gewicht gefallen sein, daß die Wag-

schale sich zugunsten des Herrn o. Kähne neigte. Das Gericht ging sogar soweit, mit den Kosten des Verfahrens auch die dem An- geklagten entstandenen Verteidigungs- und sonstigen Kosten auf die Staatskasse zu übernehmen. Er konnte erhobenen Hauptes die Anklagebank verlassen und darf sich eineglänzende Freisprechung" buchen. Wird nach diesem Ausgong des mit so großer Spannung er- warteten Prozesses die Dolksmeinung ihr Urteil über Herrn v. Kähne ändern? Wir vermuten, daß der Schloßherr auf Petzow selber nicht einen derartigen Erfolg zu hoffen wagt. Daß er Laase erschossen hätte, hält das Schwurgericht nicht für bewiesen. Her? v. Kähne wehrt« sich erregt auch gegen den Vorwurf, daß er überhaupt rasch zur Schußwaffe greife. De Staatsanwalt äußerte sich etwa in dem Sinne, daß auf alles, was nach Petzow kommt, geschossen wird. Darüber geriet der Angeklagte in heftig«.Er- regung, die sich in seinem Schlußwort rückhaltlos Luft machte. Es wird," polterte er,nur auf Halunken geschossen, wenn sie uns und unser Eigentum angreifen." Lange genug hatte er sich bezähmt jetzt war er wieder ganz der Herr v. Kähne. Er fügte hinzu, auch dann werde noch nicht mal so geschossen, daß schlimmere Verletzungen entstehen. Seine Schilderung eines Zusammenstoßes schloß er in fast jovialem Ton:Ich will den Bengel bloß ein bißchen flügellahm machen, dann wird er sich das merken." Daß man auch bei Angriffen auf das Eigen- tum schon schießen darf, ist also wohl Herrn o. Kahnes Ansicht? Ihm liegt anscheinend gar nichts daran, die Dolksmei- nung über ihn in diesem Punkt zu ändern. Seinen Besitz so zu verteidigen, erklärt« er für sein gutes Recht, das ihm kein Staats- cnwalt, kein Schwurgericht nehmen könne. Das sagte er den Pots- damer Geschworenen ins Gesicht hinein, in dem Augenblick, wo sie entscheiden sollten, ob er überführt sei, den jungen Laase erschossen zu haben. Es hat dem Angeklagten nicht geschadet sie haben ihnglänzend freigesprochen". Herr o. Kähne ist, wie imVorwärts" schon mitgeteilt wurde, der Nachkomme einer alten Petzower Bauernfamilie, die erst im 19. Jahrhundert geadelt wurde. Er kann also nicht den Anspruch erheben, einechter" Junker zu sein, den sein«Standesgenossen" als vollwertig anerkennen müßten. Aber über seinRecht" bei der Verteidigung seines Eigentums denkt er ganz so, wie es nur ein echter Junker konnte. An der Ehrlichkeit dieser Ueberzeugung des Herrn v. Kähne darf man nicht zweifeln. Ihn rühmte fein Verteidiger auch als einen Mann vontiefer und echter R e l i, g i o s i t ä t". Das vervollständigt sein Charakterbild. Kähne-vemonstration in potsüam. Wie«in Lauffeuer hatte sich nachmittags die Frei. sprechung v. Kahnes in Potsdam verbreitet. Tausende und ober Tausende zogen zum Lokal von Imme, Lindenstr. 14 in Pots- dam, und versuchten dort einzudringen, um Kähne herauszuholen. Als Kähne nach einer Stunde mit seinem Wagen das Lokal ver- lassen wollte, stürzt« sich die Meng« auf ihn und ries:Nieder mit dem Bluthund! Es leb« der Staatsanwalt! Nieder mit den Geschworenen, die diesen Bluthund freigesprochen haben!" v. Kähne mußte schleunigst umkehren. Unter Bedeckung von Schupo, gelang es endlich dem Wagen Kähnes. aus der Linden- straße in die Iunkersttaße einzubiegen. Hier verfolgte die Menge das Gefährt und bewarf den Insassen mit Glasscherben, Steinen und anderen Wurfgeschossen. Die Menge versammelte sich später vor dem Amtsgericht.

49 Milliarden statt 49 Millionen gab versehentlich ein HilfZ- Postschaffner heraus, der dadurch mit leiner Familie in große Be- drängnis geroten ist. Der Hilfsbeamte botte am Sonnabend früh auf dem Postamt in der Köpenicker Straße Militär- renten auszuzahlen. Dabei sind ihm zwei Verwechselungen vorgekommen. So zahlte er in einem Falle statt 40 Millionen, mit einem Päckchen, das 40 Milliarden enthielt. In einem anderen Falle statt 599 Millionen 5 Milliarden 69 Millionen. Die Empfänger der unrichtigen Summen werden gebeten, sich mit dem Postamt 16 in Verbindung zu setzen. 1

Das Verbrechen öer Elise Geitler. 9] Zkovellc von Hermann Keffer. Es hätte dieses Boten, der mit seinen Totengeschenken doch wie ein dumpfer und bitterer Ton in den Morgen der tätigen Menschen gefallen war, nicht bedurft, denn Otto hielt ohnehin die Vorbereitungen der Reise für genugsam gefördert, um es nun der Alten auf die Seele zu binden, daß sie un- besorgt die Magd entlassen, das Haus versperren und auch nicht vor dem Spätabend heimkehren solle, weil er und Ger- trud bis in die Nacht hinein in der Stadt weilen würden. Und sag es der alten Magdalene in ihre tauben Ohren, daß ich mir demnächst einmal ihre Gespenster besehe und mir auch die Karten von ihr legen lasse!" Dies rief er Elise, die nochmals glättend über ein voll- geschichtetes Kosferfach hinstrich, noch unter der Stubentüre zu, und hütete sich wohl, nach ihrer Antwort auf den ver- messenen Spott zu hören; denn eines gab es, wodurch man sich mit ihr verzanken konnte: wenn man für warnende Spin- nen und schwarze Katzen, für die Weisheit der Karten, für die Bedeutung schiefer und fallender Bilder und für polternde Geister«inen Zweifel oder ein Lächeln hatte. Aber Elise wußte an jenem Tag, der so lärmend begann, kein Wort der Entgegnung. Auf ihrem Gesicht lag eine wart- karge und niegesehcne Kümmernis: der neuen Unheilszeichen, die sie sehen nmßte, waren so viele, daß ihr jetzt nur ein Zittern über di« mürben Wangen und durch die alten Zähne ging. Sie schloß ihre Furcht und Ahnung in sich hinein, und hatte doch schon den Herzschlag des kreisenden Unheils gehört, erst noch am frühen Morgen, da sie die Teller und Gläser vom vergangenen Abend im Schrank versorgte und auf dem Kristall und Porzellan eingeritzte Unglückskreuzchen in solcher Zahl und Deutlichkeit entdeckte, daß sie sich setzen mußte, um nicht umzusinken vor Bestürzung und Angst. Trotz allem schwieg sie und nahm sich nur vor, den Bruder am Abend in einer stillen Stund« beiseite zu nehmen und ihm zu sagen, was an ihr nagte. Die Gelegenheit, glaubte sie, würde sich finden. Sie kam aber nicht mehr, und die Dienerin und der Herr sahen sich nicht eher, als bis sich das schwarze Gewinde, für das an jenem Maiabsnd kaum zwei Blättchen gepflückt waren, zu einem düsteren Kreis zusammengeschlossen hatte. I

Als die Geschwister, frei und freudig ausschreitend, der Stadt nahten, war es noch zeitig, so daß es Otto erlaubt schien, statt der ebenen Straße den Umweg über eine waldige Höhe zu nehmen, von der man den Blick auf das ebene Land und den Bergsaum hatte, und die wie in Stufen zu grünen Wiesen hinunterfiel. Der Wind, der den beiden ins Gesicht blies, hatte am grauen Himmel ein blaues Fenster aufgerissen, durch das aufs neue wärmende Sonne auf alle Straßen und Hänge schien; das blaue Fenster vergrößerte sich mit jedem Schritt, den sie vorwärtsgingen, und so hatten die beiden nach dem verhängten und trüben Morgen mit einem Male ein helles Dach über sich, nahmen es als eine gut« Vorbedeutung für das, was der Tag schenken würde, und gaben sich einem Froh- mut hin, in dem Gertrud mit allen Sinnen aufging, auf nichts anderes bedacht, als daß die Sonne, der Tagesglanz und die summende Stadt alles von ihr scheuchen sollten, was sie durch» bebt und geplagt hatte. Sie sprang auf ihren hohen Beinen leichtfertta Otto voran, als der Pfad in Windungen stieg, stieß mit den Füßen dürres Laub vor sich her, das alt und feucht von der Schneeschmelze auf dem dunstenden Boden faulte, und jubelte dem Bruder, der oft weit hinter ihr blieb, durch das Gewirr der Bäume und Felsen zu, klettert« auch in ihrem Uebermut auf einen moosgrünen Steinblock und stand dann winkend und hoch über ihm, immer in einer neuen glücklichen Verwunderung über den Wald und die Felsen und die wilden verbogenen Bäume. Es war auch ein richtiger Märchenwald, ein üppiges wildes Waldstück, noch nicht von der Axt zerfetzt und noch nicht mit Wegen und Bänken bedeckt, ein reich«? und voller Wald mit verirrten Trümmern von stundenweit fernen Felsenmauern aus d«m Süden des Landes, mit Lär- chen, Buchen und Tannen und hohem Farnkraut dazwischen. Nachts mächt' ich einmal hier fein!" entfuhr es Gertrud, als sie am Arme des Bruders die freie Höhe erreicht hatte und entschleiert, scharf und tiefblau die Berge aus den ver- stürmten Wolken heraustraten. Otto aber deutete auf den silbergrauen Strom und die Brücken und wies nach der Stadt, die mit ihren Toren und Türmen breit und schwer am Rande der Ebene lag. Es sei Zeit, meint« er und zog die Schwester einen weichen Weg über blühende Wiesen und und sprossende Kornfelder hinab, der sich mit anderen zu einem festen Pfad verband und endlich in eine Fahrstraße bog, auf der ihnen das Leben der Stadt entgegenkam, be- laden« Lastwagen mit pfeifenden Fuhrleuten, Spaziergänger,

5reitag, 5. Oktober 1623

Ein Vorstoß gegen öie Krankenkassen. Aus der gestrige» Stadtverordnetenversammlung. Die Stadtverordnetenversammlung konnte gestern einen großen Teil der ihr vorgelegten reichlichen Tagesordnung erledigen. Brennstoffgeselljchaft, Scharfenberg-Schule, Verbot der Roten Fahne" waren Hauptpunkt« der Erörterungen. Zu später Stunde wurde noch über einen Antrag der Deutschnatio- nalen verhandelt, die sich wieder einmal an den Kranken- lassen reiben wollten. Genosse Thurm antwortete mit«in­gehenden Darlegungen über di« Lage der Krankentassen und ihr Verhältnis zu den Krankenhäusern. Die Abstimmung wurde oertagt. « AufWiderspruchsrecht" stieß zu Anfang der gestrigen Sitzung ein Dringlichkeitsantrag, den die Kommunisten eingebracht hatten, um den Magistrat zu oeranlassen, sich sofort über di« Gründe zu äußent, aus denen er dem Beschlüsse der Versammlung in Sachen der Abfindung der entlassenen Straßenbahner di« Zustimmung verweigert hat. Die Angelegenheit blieb somit«inst- weilen in der Schwebe. Zu längeren Erörterungen führte die Anfrage der Deutschnationalen nach den Gründen, aus denen der Leiter derBerliner Brennssoffgesellschast" Herr Kulssch, vom Amt« suspendiert worden ist. Namens der Interpellanten erhob Stadtv. Schöneborn schwer« Anklagen gegen den Genannten und seine Geschäftspraxis. Oberbürgermeister Vöß bedauerte, daß der Stadtbaurat Horten, der Aussschtsratsvorsttzende der Gesellschaft, nicht zugegen sei, und erklärte, daß der Magistrat endgültig noch nicht habe Stellung nehmen können. Von Ver- schleierung könne aber nicht di« Red« sein, die Suspension sei sofort verfLgt worden; der Magistrat müsse aber genügend Zeit haben, sich«in Urteil zu bilden. In der Besprechung stellt« Genosse vrolat fest, daß ftnlisch bei aller Trefflichkeit als Geschäftsführer nicht zu halten gewesen ist: wenn er auch nicht bös- willig und nicht in der Absicht der persönlichen Bereicherung g«> handelt habe, so sei er doch fahrlässig vorgeganoen. Natürlich müsse den Kriegsinvaliden geholfen werden. Man solle aber ver- suchen, Kulisch«inen gütlichen Abgang zu verschassen. Stadtrat Schilalng vertrat di« Auffassung, daß die Berlmer Brennstoffgesell- schaft ihren Verpflichtungen gegen die Fürsorg« berechtigten nachzu- komme» habe, auch wenn ein Eingriff in die Substanz erforderlich sei. Damit wurde der Gegenstand für jetzt verlassen. Di« Verfassung des La n de sa r b« it so m t s Berlin wurde von der Versammlung nach den Lusschußvorschlägen ge- nehmigt. Gleichfalls in der Ausschußfassunq nahm die Aersamm- hing nach dem Reserat des venossen Dr. Äefl das Ortsgesetz über di« Regelung des H e bamme n wes en» an. Zu einer längeren Auseinandersetzung gab sodann der vom Magistrat zur Kenntnisnahm««nd Zustimmung oorgeleat» L« r t r a g mit der Firma A. V» r s i g, S. m. b. H., in T e g« I wegen der Scharfenberg-Schule Anlaß. Der auf der Insel Scharfenberg begonnene Schuwersuch auf Grundlag« einer Arbeits- und Lebensgemeinschaft während der Zeitdauer von mindestens zwei Schulbildungsgängen(gleich 12 Iahren) soll durchgeführt und die Insel der Schule für diesen Zweck über- lassen bleiben: für den landwirtschaftlichen Betrieb stellt di« Firma der Stadt Sachwerte im Betrage von 9 Millionen Mark zur Ver- fügung. Die Versammlung genehmigte schließlich den Vertrag mit der Modifikation, daß die Gesamtzahl der durch die Firma in die Schul« eintretenden Schüler 6(statt 19) nicht übersteigen soll. Der Schaffung der Stelle eines Magistratsoberbau» rats wurde zugestimmtunter Fortfall einer Magistratsbaurat s- stelle in Gruppe XII". Die Vorlag« wegen Festsetzung von Bezügen für die nebenam!» lich tätigen Aerzte der Charlottenburger Säuglingsfürsorgestelleir wurde auf Antrag der Genossin Dr. lvygodzlnski der Ausschuß- beratung überwiesen. Zu der Mitteilung des Magistrats, daß sich die Gasverbilligung für Kleinverbraucher aus technischen Gründen als unausführbar erwiesen habe, äußerte sich nur Herr Richard Kunze. Die Versammlung nahm die Mitteilung des Magistrats zur Kenntnis. Die für 7 Uhr angesetzte Ab- st i m m u n g über die Anträge Neuster(Dem.) und Reimann(Soz.) zur Wohnungsbauabgab« erübrigte ssch, da der Magisttat inzwischen die Erhebung der Abgab« eingestellt hat. Die neue G«» tränkesteu erordn unig wurde genehmigt, nachdem in namentlicher Abstimmung entgegen dem Ausschußoor- schlage mit 116 gegen 84 Stimmen beschlossen worden war, auch«ine kommunale Brannttveinbesteuerung in diese Ordnung aufzunehmen.

müßige und geschäftige Menschen. Bald umfloß die beiden Geschwister die Morgenregfamkeit harter gepflasterter Straßen und Gertruds bemächtigte sich jene leichte Erregung, die all« angreist, die aus der Stille des stiedsameu Landes in den Schall und die Raschheit der großen Städte geraten, wo alles in Bewegung ist oder auf Bewegung wartet und nichts fest in sich bleiben kann, weil sich alles ringsum oerändert. Mitten auf einem Plag, über den ein Schützenreaiment im Takt der Trommeln marschiert«, mußte sie, durch den Lärm in ihrem Geplauder stumm gemacht, des Schauspielers gedenken, dem es vergönnt war, in dieser Stadt zu leben und darin groß und berühmt zu werden. Sie schalt sich, daß sie im Taumel der Nacht wie«in Kind vor sich selber erschrocken war, und schob den Entschluß, ihn nicht mehr zu sehen, wie eine feige Torheit von sich. Was tat er ihr und was sollte sie ihm? Sie hatten verschiedene Bahnen, auf denen jedes in seinen Gleisen ging. So dachte sie und überließ sich aufgeräumter als jemals den tausend Zerstreuungen ihrer Weg« und wurde davon nicht leer, wenngleich jetzt eine seltsame Unruhe hinter ihr dreinschritt und nach ihr griff, so daß sie sich fragen mußte. was sie sähe und dächte. Denn so wird ein junges Leben, das für die Lieb« auf- gesprengt ist, unablässig verfolgt: daß es halbdunkle Träume im warmen Blut trägt und doch nichts davon in das helle Bewußtsein strömt, und daß es die Wärme des Blutes in sich spürt und doch nur in Traumen erwache» läßt. Als Theo Behrens, der Schauspieler, zur Mittagszeit ver­staubt und heiser das Hostheater verließ, da tönten ihm die Zwölfuhrglocken auf der rauschenden Straße wie«in zu seinen Ehren befohlenes Festgeläute ans Ohr und er würde sich nicht gewundert haben, wenn alle Leute vor ihm den Hut gezogen hätten. Es trug sich aber nichts dieser Art zu, vielmehr gin » gen die einfachen Menschen, denen er auf seinem Gang nach dem GasthofZu den vier Mohren" begegnete, achtlos an ihm vorbei, und die wenigen, die ihn kannten, hatten. auf seinen Gruß nur einen flüchtigen Dank und sahen beinah« kühl und abweisend auf sein aufgedonnertes Gehaben, wie immer, seit es ver drei Jahren-- herumgekommen war. daß er seine hinfällige Mutter durch Schuldenmachen und Tagdiebereien um ihr« letzten Pfennig« gebracht hatte und dann plötzlich aus der Stadt verschwunden war. um Schau- spieler zu werden.(Fortsetzung folgt.)