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Nr. 50.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illustr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30Mt. proQuartal. Unter Kreuz­ band  : Deutschland   u. Desterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3Mt. pr.Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1895 unter Mr. 7128.

Vorwärts

12. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzetle oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Zerusprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin  !

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beutb- Straße 2.

Abonnements- Einladung.

mit der illustrirten Sonntags- Beilage

,, Die Nene Welt".

Donnerstag, den 28. Februar 1895.

Für Berlin   nehmen sämmtliche Zeitungsspediteure, so­wie unsere Expedition, Beuthstr. 3, Bestellungen ent­gegen zum monatlichen Preise von

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1 Mark 10 Pfennige frei ins Haus. Für außerhalb nehmen sämmtliche Postanstalten Abonne­ments zum Preise von 1,10 M. für den Monat März entgegen.( Eingetragen in die Post- Zeitungsliste für 1895

Ein vergessener Vorkämpfer der Frauenrechte.

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Bur rechtlichen Stellung der Frauen, von Ludwig Wachler  , Kreisrichter. Breslau  , lag von Maruschke und Berendt. 1869.

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Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

" In bezug auf die Rechtsfähigteitspricht das allgemeine andrecht die Gleichstellung beider Geschlechter Verim Prinzip aus. Nach§ 22 der Einleitung verbinden die Gefeße des Staates alle Mitglieder desselben ohne Unter schied des Standes, Ranges und Geschlechts, und der§ 24 tit. 1, Th. I bestimmt ausdrücklich:

Die Rechte beider Geschlechter sind einander gleich, soweit nicht durch besondere Gesetze oder rechtsgiltige Willenserklärungen Ausnahmen bestimmt werden.

Es läßt sich nun auch nicht verkennen, daß die Rechtsfähig­

daß die wesentliche Gleichheit der persönlichen Freiheit beider Geschlechter angenommen werden muß und diesem Grundgedanken Zu Beginn eines neuen Monats richten wir an alle der Rechtsgleichheit auch die wesentlichsten Bestimmungen des heutigen bürgerlichen Rechts in Deutschland   entsprechen und in Freunde und Parteigenossen die dringliche Bitte, für die Die moderne Frauenbewegung- unter Bewegung Beziehung auf die privatrechtliche Stellung der Frauen nur noch Erweiterung unseres Abonnentenfreises einen planmäßigen organisirten Kampf ums Recht ver- wenig zu thun übrig bleibt, so schien es nicht ganz vergebliche mit aller Energie thätig zu sein. Gegen die Partei, ftanden begann in den Vereinigten Staaten   Mühe, dieses angeblich wenige einmal kurz zusammen­deren Zentralorgan der Borwärts" ist, haben die ver- von Nordamerika   um das Jahr 1848. In Deutschland   zufassen und hervorzuheben, in welchen Punkten die thatsächliche einigten Parteien der Reaktion, denen der kann aber von einer solchen Bewegung erst seit den 70er inwieweit diese Rechtsungleichheit gerechtfertigt ist. Als ein ge= Rechtsgleichheit beider Geschlechter noch nicht durchgeführt und Boden unter den Füßen wankt, jetzt alle ihre Kräfte auf Jahren geredet werden. Das Buch Bebel's entstand in ringes Scherflein zur Abtragung einer alten Schuld geboten; durch ein neues Knebelgesetz soll die zahl seiner ersten Gestalt in der zweiten Hälfte des Jahres 1874. gegen das andere Geschlecht sollen demnach die folgen reichste Partei in Deutschland  , mundtodt gemacht, und für Nun haben wir dieser Tage von einer Schrift Kenntniß den Bemerkungen dienen." unsere Feinde und des Volkes Feinde die Ruhe des erhalten, die schon im Jahr 1869 die völlige poli Es folgt nun die Aufzählung aller der Rechtsungleich­Kirchhofes hergestellt werden, damit sie ungestört tische und rechtliche Gleichstellung der Frau fordert heiten, unter denen das weibliche Geschlecht zu leiden hat. ihre gemeinschädliche und gemeingefährliche Arbeit und diese Forderung eingehend begründet. Die Scheift be- Im Verlauf der Ausführungen heißt es: verrichten können. Die Kämpfe, in denen wir stehen, titelt sich: sind von entscheidender Bedeutung; und die Verhand lungen des Reichstages über die sogenannte Um- sturz vorlage, die jetzt in der Kommission sich ab­spielen, bald aber im Plenum stattfinden werden, Der Verfasser leitet seine Schrift also ein: sind von ganz besonderer Wichtigkeit. Unter diesen Eine derjenigen Fragen, welche in nenester Zeit nicht mehr Umständen ist es doppelt nothwendig, daß die Partei- von der Tagesordnung verschwindet, ist die über die Stellung der genossen sich in dem Zentralorgan der Partei über alle Bor- Frauen, welche in gesellschaftlicher, wirthschaftlicher und politischer Beziehung im Etaat, Gemeinde und Kirche kommnisse aufs genaueste unterrichten, und daß sie dafür verschiedene und zurückſichende gegen das männliche Geschlecht ist feit der Frauen in wesentlichen durchgeführt ist, daß z. B. das eine wesentlich sorgen, daß der Vorwärts" immer weiter ver breitet wird. Je größer die Verbreitung des Zentral. fehlt, um nur einiges hervorzuheben, dem weiblichen Geschlecht altpreußische Recht einen entschuldbaren Rechtsirrthum der Frauen, organs, desto größer sein Einfluß und seine Wirksamkeit, zum Geschworenen, zum Ehrenbürgerrecht, zur Mitgliedschaft in termin, cine verschiedene Teftirfähigkeit und Eidesmündigkeit der an attivem und passivem Wahlrecht, an der Fähigkeit eine Geschlechtsvormundschaft, einen verschiedenen Mündigkeits­und desto größer die Macht der Partei. politischen Vereinen, zur Standschaft; noch sind ihnen sämmtliche Minderjährigen nicht kennt. Andererseits ist aber das Prinzip Die Redaktion des Vorwärts" wird bemüht sein, ihre Fakultäten und viele Gewerbe verfchloffen; noch ist der Kreis so vielfach durchlöchert, daß eine Menge von gefeßlichen Aus Pflicht zu thun, und das Zentralorgan der Partei würdig der Berufsarten und der Erwerbsmittel des weiblichen Geschlechtsnahmen geblieben sind. Einige derselben sind in neuerer Zeit zu machen! ein sehr beschränkter. Echon das Römische öffentliche Recht sah nieder gefallen, an der Beseitigung anderer wird von vielen Mit dem 1. März eröffnen wir ein neues Abonne- das Weib als das schwächere und deshalb weniger berechtigte an: Seiten gewirkt. Noch aber fehlt es auch in dieser Richtung an ment auf den es legte dem männlichen Geschlecht eine größere Würde bei und einer Verwirklichung des Art. 4 der Verfassungsurkunde: erachtete jenes durch die Sitten der Vorfahren und die dem weib­,, Vorwärts" Alle Preußen sind vor dem Geseze gleich. lichen Geschlecht angeborene Schamhaftigkeit für verhindert, an den" Durch das allgemeine Landrecht zieht sich nämlich wie ein Aemtern( officiis) der Männer theilzunehmen. Im Mittel- rother Faden die Fiktion der Hilfsbedürftigkeit des weiblichen alter nahm die Frau überhaupt eine untergeordnete Etellung im Geschlechts, ebenso wie im römischen Recht, nur daß jenes bei öffentlichen Leben ein: man besang und liebte sie. Das war der Gibfolge der Ehegatten der Innigkeit des ehelichen Ver­alles, während die alten Germanen die Frauen fogar zu ihren bältnisses mehr Rechnung trug, als dieses. Dies zeigt Berathungen zugezogen haben follen. Noch Hegel findet nur fich zunächst in den Beschränkungen der Bürgschaften in der Ehe die Bestimmung des Mädchens und erachtet das Weib und anderen Interzessionen der Frauens­für Philosophie und höhere Wissenschaften nicht für geschaffen. personen. Auf der anderen Seite erblickt man darin eine Einseitigkeit der Die Verfasser des allgemeinen Landrechts sagen in ihren Anschauung, da die geistigen Entwickelungsgesetze für beide Ge Motiven ausdrücklich zur Rechtfertigung derselben: schlechter dieselben sind und Frauen auf allen Gebieten des öffent Die Lehre des römischen Rechts von den Bürgschaften der lichen Lebens, der Kunst und Wissenschaft Bedeutendes geleistet Frauensperfonen, nach welcher diefelben nicht nur für ungiltig, haben. Noch sch wett der Kampf in voller Heftigkeit. Hier tritt sondern sogar für unerlaubt erklärt worden, ist bekanntermaßen in hauptsächlich die Familie, die Macht des Herkommens und die neueren Beiten sehr angefochten worden. G3 steht auch nicht zu Frauenwürde in den Vordergrund; dort neben diefem das leugnen, daß diese Vorschriften so, wie sie besonders nach den Streben nach Vervollkommnung der geistigen und förperlichen An- Grilärungen einiger angefchener Ausleger und einem hergebrachten lagen durch ein verbessertes Eystem der weiblichen Erziehung, Berichte gebrauch gemeiniglich angewendet und behandelt werden, nach neuen Erwerbegebieten, neuer Thätigkeit und demzufolge größtentheils in leere Formalitäten ausarten, unter deren Schutz anderer sozialer Stellung. Es kann kaum einem Zweifel unter viel Betrügereien vorfallen; sowie man auf der anderen Seite liegen, daß aus diesem Kampfe die letztere Partei, wenn sie mit finnreich gewesen ist, Echlupfwinkel zu erfinden, durch welche der Maaß der Körperkraft und dem weiblichen Sinn Rechnung ganze Zweck des Gefeßes vereitelt wird. In der Sache selbst tragend, und der weiblichen Würde gemäß vorschreitet, Siegerin wird doch schwerlich geleugnet werden können, daß bei dem anderen Geschlecht, im ganzen genommen, ein höheres Ueber= bleiben wird. gewicht von Sinnlichkeit obwalte, vermöge dessen gegenwärtige Gindrücke auf solches mit einer solchen Lebhaftigkeit wirken, daß die Idee entfernter und blos möglicher Folgen dadurch mehr ins Dunkle gestellt wird, als nach den Regeln der Ueberlegung ge­schehen sollte! Es liegt also gewiß nichts Unbilliges darin, wenn Vergleich mehr zu gunsten von Frau Concepcion aus, die entwickelter und in ihrem Benehmen selbstbewußter war. Er mußte sich manchmal an die Worte seines Bruders erinnern, und er fühlte dabei für sich und So verstrichen ihm die Tage in einer Art angenehmen Frau Concepcion eine Art von Schmach, wenn er daran Nichtsthuns; denn die beiden Damen tamen fast täglich, dachte, wie er der verheiratheten Frau seine Liebe zu gestehen wenn das Wetter es erlaubte, begleitet von ihrer alten gewagt, und wie sein Bruder sie und ihn in seiner rauhen Negerin, nach dem Landhaus hinausgeritten, um ihm Gesell- Manier zur Rede darüber gestellt hatte. Frau Concepcion Ein Blatt schaft zu leisten. Mit Silvano war, seitdem er von seinem wiederum schien der Sache von damals nicht im geringsten südamerikanischer Geschichte. Krantenlager aufgestanden war, eine gewisse Umwandlung zu gedenken, sondern that lustig und guter Dinge, als wenn Frau Concepcion besaß in dem Vorort La Santisima in seinem Charakter vorgegangen. Er war scheuer und derartige Ereignisse ihr etwas Alltägliches wären. Und je trinidad, die ungefähr zwei Leguas von Asuncion   entfernt stiller geworden, als er früher gewesen und hing gern stillen koketter Frau Concepcion sich gegen ihn betrug, desto mehr liegt, ein Landhaus, das sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Gedanken nach. Um so lebhafter waren die beiden Frauen. begann ihr Bild in seinem Herzen zu erblassen und wenn Hierher hatte man Silvano Godoy gebracht, als er trans- Frau Concepcion, der das Kokettiren im Blute zu liegen er im Stillen Betrachtungen und Vergleiche zwischen den portfähig war, und feine Gefahr mehr lief. Er war dort schien, und die die Artigkeiten ihres Anbeters, des Generals, beiden Schwestern anstellte, gewann von Tag zu Tage mehr jedenfalls sicherer als in der Stadt, und außerdem war der schon so lange entbehren mußte, bot alle Künste ihres natür ihre kleine Schwester. Aufenthalt in dem verborgenen Landhaus, das mitten in lichen Talents auf, dem jungen, schönen Mann zu gefallen. Diese selber war in ihn verliebt, das hätte jeder einer großen hier und da mit Buschwerk bestandenen Kamp- Wer weiß, wie sich die Situation entwickelt hätte, wenn die dritte gesehen, wenn er einmal ihren Unterhaltungen bei­fläche lag, gesundheitlich der staubigen Hauptstadt vor beiden allein gewesen wären; aber die Gegenwart der gewohnt hätte. Der junge Mann bemerkte es aber nicht. zuziehen. Er begann schon ab und zu davon zu sprechen, Schwester Concepcion's störte die foketten Berechnungen der Eines Abends saßen die drei wieder im Vorhaus der seinen Bruder aufsuchen zu müssen, von dem er selben und begann einen unerwarteten Einfluß auf Silvano Villa beim Schein des Mondes, der dort draußen jedes gehört habe, daß er sich noch mit den Resten der auszuüben. Carmen war der vollständige Gegensatz ihrer fünstliche Licht entbehrlich macht. Rechts und links dufteten alten Revolutionstruppe in Buenos Aires   aufhalte, aber Schwester. Es war ein junges, unerfahrenes Mädchen, die berauschenden Blüthen des großen paraguayischen Jaz die beiden Frauen wollten noch nichts davon wissen. Denn voller natürlicher Anmuth, die sie unbewußt zur Schau mins vermischt mit dem feinen Aroma der Apfelsinenblüthe; er war zu der weiten Reise, die bis an den Parana zu trug und wohl im stande, manchen jungen Mann die breiten Blätter der Bananen, die vor dem Hause eine Pferde auf grundlosen Pfaden zu machen war, da er die zu fesseln. Die Sorgfalt Sorgfalt und Ausdauer, die sie beinahe undurchdringliche Wand bildeten, zitterten, von dem stromab gehenden Dampfer der Gefahr, gefangen genommen bei der Pflege des Kranken gezeigt hatte, hatte in dessen leisen Abendwind bewegt, und ab und zu tönte von Ferne zu werden, wegen nicht benugen konnte, noch zu schwach. Herzen zuerst das Gefühl einer stillen Dankbarkeit erweckt das nicht unharmonische Geschrei der kleinen paraguayischen Er sah bleich und blutleer aus, und seine Wangen hatten und dann begann sich dazwischen etwas anderes einzuschleichen, Frösche herüber.

unter Nummer 7128.)

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In unserem Feuilleton wollen wir im Monat März In unserem Feuilleton wollen wir im Monat März eine Erzählung aus dem Leben: 3u Tode geheht", von Franz Held, veröffentlichen. Diese Er zählung beruht durchweg auf gerichtlichen Akten, die von uns dem Verfasser zur Verfügung gestellt worden find, und sie zeigt, wie heute der, welcher von seinem Rechte nicht weicht, in Form Rechtens" zu Grunde ge­richtet werden fann.

"

Nach Schluß von Zu Tode gehetzt! beabsichtigen wir ten früher angekündigten Roman, die Berliner   März ereignisse des Jahres 1848 behandelud, zu veröffent­lichen. ER

Redaktion und Expedition des ,, Vorwärts".

Feuilleton.

[ Nachdruck verboten.]

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Skizzen aus dem südamerikanischen Hinterlande.

Bon anderer kompetenterer Seite ist bereits mehrfach die Stellung der Frauen in gesellschaftlic er, wirthschaftlicher und politischer Beziehung eingehend beleuchtet worden, so daß es mir nicht zu stehen würde, darauf nochmals zurückzukommen. Wenn aber in ben Schriften über die Frauenfrage theilweise ausgeführt wird, Biket Soldaten dorthin verlegt, die diesmal bei den er schreckten Bewohnern keinen Widerstand gefunden hatten, und die ihn gewiß sofort ergriffen hätten, sowie sie ihn zu Gesicht befommen.

noch immer ihre frühere Farbe nicht wiedergewonnen. das dem einer innigen Zuneigung glich oder auch einer Silvano saß in einem Schankelstuhl und sann vor Nach Barrero Grande zurückzukehren war ebenso wenig mög- allmälig sich entwickelnden beständigen Liebe. Wenn er die sich hin.

lich; denn die Regierung hatte nach der Revolution ein beiden Frauen miteinander verglich, so fiel vielleicht der" Ich finde es aber unrecht, Silvano," begann Carmen,