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fr. 494 40. Jahrgang Ausgabe B Nr. 249

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191 150 Millionen M.

Vorwärts

Berliner Dolksblatt

Montag

22. Oktober 1923

Berlag und Anzeigenabteilung Geschäftszeit 9-5 Uhr

Berleger: Borwärts- Berlag GmbH. Berlin SW. 68, Lindenffraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 2506-2502

Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Folgen der Bayern - Rebellion.

Rheinische Republik in Aachen . Aachen. - Dollar Dollar 40 Milliarden.

Köln , 21. Oktober. ( WTB.) Nach hier eingetroffenen]

Paris , 22. Oftober.( WIB.) Die Agentur Havas verbreitet| Reichsrats sollen die gegenfäßlichen Auffaffungen zwischen Bayern Meldungen ist heute früh in Aachen die Rheinische folgende Meldung aus Mainz : Separatisten drangen um und bem Reich" erörtert und ein Ausgleich gesucht werden. Der Republit- ausgerufen worden. 4 Uhr 30 min. in die Stadt ein. Sie wurden mit Schüssen bayerische Gesandte v. Preger hat am Sonntagvormittag bei dem' empfangen und zogen fich zurüd, um weitere Befehle abzu- Reichskanzler vorgesprochen und erklärt, die bayerische Regierung warten. habe leineswegs die Absicht, einen Ronflitt mit dem Reiche herbeizuführen. Sie glaube vielmehr, im Rahmen der Reichsverfassung gehandelt zu haben.....

Nach den bisherigen, aus dem übrigen Rheinland vor­liegenden Nachrichten, so aus Bonn , Trier , Koblenz , Düffel­dorf, Eschweiler , Jülich , Stolberg , Düren und Neuß , handelt es fich bei dem Aachener Putsch um ein rein örtliches Unternehmen.

Der Verlauf des Putsches.

Die Vorgänge in Aachen sind, wenn sie auch für den Augenblick auf den Entstehungsort beschränkt zu sein scheinen, ein Warnungssignal. Es kann nicht lange gewartet werden, es geht in diesen Tagen ganz einfach um alles! und alles wird verloren fein, wenn die republikanisch und reichstreu gesinnten Massen bei der Reichsregierung nicht den Mut zum Entschluß zu sehen vermögen.

Nach weiteren Melbungen erhielt sich bereits feit einigen Tagen in Aachen das hartnädige Gerücht, daß die Ausrufung der Rhei nischen Republik bevorstehe und den Schutz der belgischen Besatzungs. behörde finde. Die belgische Garnison lag schon seit Tagen in er­Ueber die Stellungnahme der Kommunisten, die meinen, höhter Alarmbereitschaft, der Urlaub war gesperrt. Sämtliche füh. daß dem deutschen Proletariat zu seinem Glüd nichts anderes höhter Alarmbereitschaft, der Urlaub war gesperrt. Sämtliche füb fehle als ein Generalstreif, braucht Menschen, die noch rende Gewerkschaftssekretäre wurden ausgewiesen. Am Sonn. abendnachmittag durchfuhren belgische Tanks die Stadt. Der nicht den Berstand verloren haben, nichts gefagt zu werden. Butsch selbst erfolgte am Sonntagmorgen um 4 Uhr. Die Der Streit ist eine Waffe, deren Anwendung forgfältig er Bahl der bewaffneten Sonderbündler wird auf 2000 geschätzt, Aufwogen werden muß, die im richtigen Augenblick in der richti dem Rathaus, dem Regierungsgebäude, der Post und der Reichsbant gen Weise eingesetzt werden muß. In diesem Augenblic, ohne wurde die grün- weiß- rote Flagge der sogenannten Rheinischen Re- genauere Ueberlegung, nur in der Absicht, daß noch mehr als publik gehißt. Die Polizei, die am Bormittag noch auf den bisher alles brunter und brüber gehen solle, zum Generalstreif Straßen zu sehen war, zog sich später zurück, und an ihre Stelle 34 rufen, ist General unsinn! traten zahlreiche Leute mit Armbinden an den Hauptpunkten der inneren, Stadt, die den Zugang zur Regierung und Bost verwehrten. Belgische Panzerautos fuhren durch die Straßen. Das Fernsprech Berichte der heutigen Morgenpreffe, die wir für richtig zu amt arbeitete nicht mehr; weder Dris. noch Ferngespräche wurden halten Grund haben, lassen das Ergebnis der gestrigen Sitzung hergestellt. Sämtliche Restaurants waren den Tag über geschlossen. des Reichstabinetts als wenig befriedigend erscheinen. Auf dem Bolizeipräsidium sah man keine Flagge der Namentlich sche nen es die Minister Dr. Brauns und Sonderbündler. Ueberall find Blafate folgenden Inhalts au- Dr. Luther zu sein, die darauf ausgehen, jede Attivität in geschlagen: Rheinländer! Die Rheinische Republit ist da. Jeber der bayerischen Frage zu lähmen. Widerstand wird unnachfichtlich unterdrücf. Plünderer und Ruhe. störer werben strengstens bestraft. Wir werden für Lebensmittel und Arbeit sorgen. Darum bewahrt Ruhe und Ordnung!" Die Be­völkerung fammelt sich vor den Plakaten und geht dann ruhig ihres Beges. Bon irgendeiner Wirkung auf die Deffentlichkeit ist bisher nichts zu bemerken. Gerüchtweise verlautet, daß von seiten der Ar­beiter für morgen der Generalstreit geplant ist.

Bayerns Abfall.

Die Ausrufung der Rheinrepublit in Aachen ist eine Reflerwirtung der bayerischen Borgänge. Der Bufammen­hang ist offenbar, ob er von Bayern her gewollt ist oder nicht. Jedermann muß heute einsehen, daß der Rhein jezt nur an der Donau zu verteidigen ist. Zerfällt das unbe­fetzte Deutschland , so ist damit auch das Schicksal des besetzten Gebiets für absehbare 3eit entschieden.

Nach offiziösen belgischen und französischen Meldungen steht an Darum ist es notwendig. zur Wiederherstellung der schwer der Spige der Bewegung ber Raufmann Deders aus bedrohten Reichseinheit ein höchstmaß Don Energie Aachen. Er habe der Gruppe Dorten und nachher ber Guppe 3 entfalten. Gegen die Einberufung des Reichsrats wäre Smeets angehört. Bon der ersteren habe er sich getrennt, aus der nichts einzuwenden, wenn die Reichsregierung entschloffen legteren sei er ausgeschlossen worden. Man wisse nicht, ob er mit wäre, dort die Führung zu übernehmen. Ist sie aber Matthes zusammenarbeite oder getrennt vorgehe. Dan nehme an, das? Und wenn sie es nicht ist, wenn im Zentrum der Politik daß die Separatisten sich 3 unächst nach Norden in die belgische feine Kraft vorhanden ist, um die auseinanderfallenden Teile Bone wenden würden, sodann wahrscheinlich in die englische ftraff zusammenzuhalten, wie lange dauert es dann noch, bis und französische Zone. Wenn sich das Pariser Journal" man wird schreiben können: Finis Germaniae! unter dem 22. Oftober 1 Uhr morgens aus Aachen melden läßt, daß Gewaltsame Auseinandersegungen will jeder Besonnene auch Koblenz , Wiesbaden , Montjoie , die Eifel bis zum Ahrtal, vermeiden, folange es nur irgend geht. Aber der Begriff der München - Gladbach, Erkelenz und im allgemeinen die ganze belgische politischen Energie ist nicht auf den Waffengebrauch beschränkt. Zone in der Hand der provisorischen Aachener Regierung feien und Es gibt auch andere wirksame Mittel, um Herrn v. Kahr daß der Fall" von Crefeld und Düsseldorf turz bevorstehe, so handelt begreiflich zu machen, daß es ihm nicht erlaubt ist, einen Teil es fich hierbei aller Wahrscheinlichkeit nach um Aufschneidereien der des Ganzen vom Reich zu trennen oder sich als Herrscher ganz Gonberbündler. Bestätigt ist diese Meldung hierher zweifellos nicht. Deutschlands aufzuspielen. Ueber die Beziehungen des Herrn Deder sind Zweifel Die Rechtspresse vertritt mit bemerkenswerter Kühnheit nicht möglich. Er hatte nichts Ciligeres zu tun, als sich von fran den Standpuntt, Einigkeit und Einheit seien nur dadurch her 8ösischen Jouraliſten interviewen zu lassen. Es ist nur zu durch zustellen, daß auch im Reich eine Regierung eingesetzt fichtig, wenn er diesen Bertretern Frankreichs erklärt, die Gepara- werde, die in ihrer Zusammenlegung und ihren Auffassungen tiften wollten Deutsche bleiben und lieber ihr Blut vergießen, als der bayerischen entspreche. Es ist ein sehr angenehmer Zustand von einem fremben Staat annektiert zu werden. Dazu paßt wie die von Reichseinheit, der dadurch geschaffen werden soll, daß ein Fauft aufs Auge, wenn er den Bertretern Frankreichs gleich darauf and nur mit feinem Abfall zu drohen braucht, um da­versichert, er habe es nicht verfäumt, sich bereits am Sonnabend mit durch die Borherrschaft über das ganze Reich zu gewinnen. dem belgischen Militärbefehlshaber ins Bernehmen zu fezen. Noch Richtig ist an diesem Gedanken nur, daß die Deutsche deutlicher wird er, wenn er fagt: Unsere Aktion zielt vor allem Republik und ein Bayern , wie es in diesem Augenblick aus barauf hin, Freundschaft mit Frankreich , Belgien und sieht, nicht miteinander bestehen können. In fürzester Zeit Holland zu halten. Straßburg bezahlt seine Steuern nach Baris, muß sich erweisen, welcher von den beiden Töpfen, die da zu Büttich die seinen nach Brüssel und Aachen wird seine nach Roblenz fammenstoßen, der irdene und welcher der eiserne ift. Ginft bezahlen, das bie Hauptstadt der Rheinlande sein wird. Roblenz weilen steht die Partie so, daß Bayern überhaupt keine Rück ist heute bekanntlich weniger Hauptstadt der Rheinlande als Gig der ficht auf das Reich kennt, während das Reich aus lauter Rüd Interalliierten Kommission von Frankreichs Gnaden. Nichts fichten auf Bayern zusammengesetzt scheint. ist so bezeichnend, als wenn in der französischen Breffe zu gleicher Der geftrige Aufruf der Reichsregierung und der Befehl Zeit mit den Meldungen über den Separatistenputsch in anderen Seedts waren feft und würdig. Es wird ihnen aber keinerlet Interviews mit anderen Separatistenführern erscheinen, in denen be- Erfolg befchieden sein, wenn nicht auf dieser Linie auch weiter richtet wird, die Gegensätze zwischen den einzelnen Gruppen find gegangen wird. Es muß der Reichsregierung gelingen, das nur scheinbar, in allernächster Zeit bereits fei eine Einigung zu Bertrauen in ihre Kraft und Entschlossenheit zu feftigen, das Bertrauen zur Kraft der bayerischen Rebellen gegen das Reich öln, 22. Oftober.( WTB.) Nach hier eingegangenen Nach- 3u erschüttern, dann wird sie das Spiel gewinnen, anders aber

erwarten...

Inzwischen meldet heute ein Telegramm der Telegrapher. Union " aus München , daß die neue Bereidigung der baye rikhen Divifion auf den bagerischen Staat im Gegensatz zu der von Dr. Brauns mitgebrachten Bersicherung, heute früh stattgefunden habe. Während man in Berlin also parliert und erörtert", beeilen fich die Reaktionäre in Bayern zu handeln und sich das Machtinstrument zu sichern, das ihnen am geeignetsten erscheint.

Die Reichsregierung überfieht, augenscheinlich unter dem starken bürgerlichen Einfluß, daß sie selbst den Reichswehr. minister als den Inhaber der vollziehenden Ge. walt in Deutschland eingefegt hat und daß sie deshalb um der Reichsautorität willen mit den Leuten nicht mehr verhan dein darf, die einen meuternden General in ihre hoch. verräterischen Dienste nehmen und den offenen Abfall vom Reiche mit heuchlerischen Redensarten zu verbrämen suchen.

In einer öffentlichen Bersammlung des Republikanischen Reichs­bundes, die gestern in Berlin ftattfand, ist die Reichsregierung auf­gefordert morgen, mit den ihr zur Verfügung stehenden Macht­mitteln gegen Bayern einzuschreiten und alle Republikaner. aur unterstübung der Reichswehr aufzurufen. Diese Aufforderung fand in der Versammlung stürmischen Beifall. Sie würde in weiten Streifen des Boltes noch größeren wider. hall finden, falls die Reichsregierung sich dazu aufraffen tönnte.

Menn eines etwa noch bestehende Zweifel an ihrer Aufgabe beseitigen tönnie, fo wäre es eine hanebüchene Berlaut. barung" der Deutfcnationalen Bartei, bie unter dem Titel Wer trägt die Schulb?" ganz offen die meuterei des Generals Lossom billigt und erklärt, es sei die Reichs­regierung, die den Konflikt heraufbeschwöre, bei dem die Mehrheit des Boltes nicht hinter ihr stehe, und in der die Regierung als der regierende Barteiausschuß der Großen Koalition" bezeichnet wird. Diese deutschnationale Erflärung, die ebenfalls durch die schwer­industrielle Telegraphen- Union" verbreitet wird, schließt mit der offenen Ankündigung der Rechtsdiftatur:

Die Reichswehr , das legte, alle Deutschen einigende Band, die legte Bürgschaft gegen 11msturz und Souve ränität, muß gesichert bleiben. Die Folgen fönnen nur ver­mieden werden, menn jede Parteiregierung von nun an unmög­lich ist. Wir können dabei nicht unterlassen, auf die politische 3ugehörigtelt des Herrn Reichspräsidenten hinzuweisen, in dessen Auftrag die militärische oberste Rommandostelle politische Verfügungen erfaffen und behandelt hat. Dieses Parteiregiment, dessen Weg Versailles- London- Ruhr heißt, ist unerträglicher denn je. Das deutsche Bolt verlangt, seine Geschide neuen Männern anzuvertrauen, die unbelastet sind von Parteiboktrinen und Parteiegoismus, neuen Männern, beren wirt. fchaftliche, finanzielle und verwaltungspraftische Fähigkeiten und Erfahrungen, deren Energie und Rücksichtslosigkeit und 3ivil. courage es Bertrauen entgegenbringt. Staatsmännische Pflicht berer, die heute noch auf den Ministerstühlen figen, aber ist es, den Mut zum Rücktritt aufzubringen und solchen Männern Namen sind oft genug bereits ge­nannt worden Raum zu geben, die zielficher und mit fester Hand unser gequältes Reich und Bolt den Weg zur Einigkeit und Rettung weifen.'

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Es ist beschämend, daß die Deutschmationalen der Regierung

Strefemann jede 3ivilcourage absprechen, und bag leiber dieser Auffassung auch in gut republikanischen Kreisen nicht mit voller Ueberzeugung widersprochen werden kann. Gegen die separa­iftischen Banden in Rheinland fann die Reichsregierung angesichts ber belgisch - französischen Bejagung nicht mit der Energie eingreifen, die erforderlich wäre. Aber daß sie in Bayern die offene Er­flärung der Absonderung lediglich mit Erörterungen im Reichs. " beantworten will, ist ein Zeichen von Schwäche der Ext schlußkraft, bas taum noch zu übertreffen ist. Die Reichswehr arbeitet berweil in Sachsen und zieht anderweitig reaktionäre Rräfte als hiffstruppen ein. Die Bayerische Bolkspartei­Korrespondenz aber versichert hohnfachend, es sei für das bayerische räfte als Hiffstruppen ein. Die Bayerische Boltspartei­Empfinden schwer beleidigend", wenn man den Fall Loffom mit den Ereignissen in Sachsen überhaupt in Berbindung bringe und ben angeblich bolschewistischen Aufruhr" mit der Drömungspoliti? in Bayern " gleichstelle. Aber auch diese Korrespondenz gibt offen die Rheinische Republik auszurufen; ebenjo in München - Glad Reichsarbeitsminister Dr. Brauns, der am Freitag in be su, baß bie bayerischen Rahr- Rreife ben Rampf gegen die Reichs­bach. Die Lage ist überall unverändert, die Menschenansammlungen fonderem Auftrage des Reichstanzlers nach München geschickt war, verfaffung aufgenommen haben. Einen solchen Rampf, der mit dauern an. In München - Gladbach hat die Polizei die Gewalt und um noch im legten Augenblid eine erständigung zu versuchen, Eid. und Berfaffungsbruch beginnt, wennt man im beut die Gebäude noch feft in der Hand. In Koblenz finden Berhand- ist am Sonntag wieder in Berlin eingetroffen und hat an der alsbald fchen und anderen Recht Hochperrat. Gegen den Hochverrat aber lungen zwischen der Maffe und dem Oberbürgermeister wegen der einberufenen Sigung des Reichstabinetis teilgenommen. helfen nicht Erörterungen und Verhandlungen, sondern nur festes Ausrufung der Rheinischen Republit statt. Der Oberbürgermeiffer Das Ergebnis dieser Kabinettssigung ist eine offigiöse Mitteilung, 3upaden. Rann sich die Regierung Stresemann bazu nicht auf­hat erklärt, daß er nur eine deutsche Regierung anerkennen tönne wonach eine sichtbare Entspannung" in dem Konflitt raffen. so wird sie balb genug am Ende ihres Daseins stehen. Der und nur der Gewalt weichen werde. In Krefeld haben die Son zwischen Bayern und dem Reich eingetreten sei und eine Neuver Dollarturs von annähernd 50 Milliarden zeigt mehr als alle derbündler von der Feuerwache unter Borhaltung von Revolvern eidigung der Truppen der bayerischen Divifion weder statt. Beitungsartitel an, was man im Infande und Auslande von den ein Auto requiriert. gefunden habe noch geplant fei. In einer Sigung des bentfchen Zufänben hält.

richten haben in der vergangenen Nacht in Rheydt und Kre­ feld große Menschenansammlungen stattgefunden, mit dem Bersuch,

zu

nicht.

Brauns als Mittler.

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