berliner SeZDer Lerliner Lezirksparteltag wurde zestern, amOktober, nachdem er seit dem S. September in Abständen von jejwei Wochen an vier Sonntagen beraten hatte, beendet. Es wurdendie Lorstandswahl sowie die Anitäge, die auf die politischeSchreibweise des„vorwärts" Bezug nahmen, erledigt. Zu einerSrstottung des Geschäfts- und Kassenberichtes kam es dagegen nicht.Sine veih« von Anträgen wurden dem Vorstand bzw. der Presse-kommisfion zur Erledigung überwiesen. Di« Diskussion über diechaltung des„vorwärts" wurde mit einer politischen Ausspracheverbunden, in der auch Genosse S o« n g c r aus München zuWort« kam.Aach kurzer Gefchäitoordnungsdebatte, in der. festgestellt wurde,daß die Kreise das Recht hätten, anders Delegierte zum vezirkstagzu bestimmen, a!s cm ersten Tage daran teilgenommen hatten,wurden Anträge mehrerer Kreise und Abteilungen, den alten vor-stand zu bestätigen, unter dem Beifall«ines Teiles der Delegiertenimd der Tribünen abgelehnt. Di« Vorstandswahlen hattenfolgendes Ergebnis:1. Asrfihender: 5ran, Künstler. Es hotten Stimmen erhalten:Künstler Z«Z. Schlegel 157.2. Vorsitzender: Karl Litte. Es hatten Stimmen erhalten: LiikeW, Bernhard Krüger 10S, Otto Frank 73, Wufchick 15, Groger 4,Schlegel 8.3. Vorfitzender: Georg Maderholz. Es hatten Stimmen er.halten: Moderholz??..?, Bernhard Krüger 142, ch einig SS, Löffle r 6,Otto Frank 1.Erster Schriftführer: Fritz Koch. Es hatten Stimmen erhalten:Umlauf ISS, Koch 199, Georg Richter 32. Die Stichwahl zwischenUmlauf und Koch ergab für Koch 243, für Umlauf 191 Stimmen.Zweiter Schriftführer: Heinrich Ilmlaus mit 240 Stimmen,«ußerdem erhielt Adolf Hosfmann jun. 1S8 Stimmen.Zu veisttzen« wurden gewählt: Mathilde Wurm mit 302,Wilhelm Thurau mit 270 und Georg Richter mit 251 Stimmen.Außerdem hatten erhalten: Hedwig Wachenheim 133, Otto S ch i e.« a n n 85 und Georg Mendt 31 Stimmen, der Rest war auf dieübrigen Kandidaten zersplittert.Al» Revisoren wurden gewählt: August Sellin. MaxF e ch n e r, Ernst Linde, Julius L ä n i ck e, Hermann Kunzeund Hans Wolf.Als Mitglieder der Pressekommission wurden neu be-stätigt: Zweiling für Zehlendorf, Dr. Hertz für Spandau,Alexander Lundgren für Charlottenburg. Ernst M i l l e n b e r gfür den 11. Kreis und Witzle für den 17. Kreis.Zur Begründung derüber den„Vorwärts"gedruckten und gestellten Anträge erhielt Otto Meier das Wort:Der„vorwärts", das Zentraiorgan und das Organ der Der-tiner Genossen, steht heut« mehr denn je im Brennpunkt der Partei.krittk. Dos ist der Fall auch bei allen anderen Blättern in der Pro-sinz. Aber in Berlin lmt sich die Kritik gegen das Zentralorganbesonders heftig ausgewirkt. Das ist erklärlich, wenn man die wirt.schaftliche und poliiische Lag« in Frage zieht. Es ist erklärlich beider eigenirimlichen Stellung v?s„vorwärts" als Zentralorgan. DieKritik, die hier geübt wird, ist kein« Kritik an der Person irgend-eines Redakteurs, sondern eine Kritik an der Haltung derParteileitung. Den meisten Widerspruch hat der„vorwärts",d. h. die Parteileitung, wegen der Politik dem Kabinett Cunogegenüber erfahren. Als seinerzeit die Franzosen da» Ruhrge-biet besetzten, schrieb i*,-„vorwärt»?. nach meiner Vriffofsung«it Recht, daß wir nicht das vertrauen hätten daß Kräfte der bür-gerlichen Welt diese Gefahren zu Hannen vermögen. Rur die Aktionher Arbeit kr? lasse kann die Vrückr'zur Verständigung bauen.Als der passive Widerstand v«tünd«t wurde, war e» für die Mehr.h-it der Genossen keine Frage, ob der oassive Widerstand überhauptlerechriqt sei, ob er unbegrenzt fortgesetzt«erden soll. Und hatteher„vorwärts" zuerst darauf hingewiesen, daß unter allen Um-Gänden Wege zur Verständigung gesucht«erden müßten, soHot er dies« Haltung in den folgenden acht Monaten nur allzusehr vermissen lassen. Der Redner erwähnt zur vestätigunadieser Anficht den.Leitartikel des Genossen Stampfer vom 1. Augustd. 5., der mehr als bisher die Partei zum Durchhalten aufforderteund in dem darauf hingewiesen wurde, daß der Gedanke der Kapi-tulatton in den Massen, die nichts mehr zu esien hätten, lebendig«erden könne, aber die Kapitulation bring« keinBrot, sie könne die Lage nicht verbessern(Sehrrichtig! und Widerspruch). Es kommt nicht darauf an, daß wir jetztkein Brot haben, daß das eingetroffen ist, was Genosse Stampfer»or ausgesehen hat. es kommt darauf an daß dem deutschen Poltungeheure Summen erspart geblieben wären, wenn man die Kapi-tulation früher beschloffen hätte. Insofern hat der Ruhrtrieg«in«e erst Uchte Aehnlichkeit mit dem Weltkrieg gehabt. Er ist bis zumWeißbluten fortgesetzt morden, bis wir jetzt in dies« Katastrophehineingekommen find, aus der es oller Wahrscheinlichkeit nach zu-nächst kein«» Ausweg gibt. Der„vorwärts" und mit ihm m«Parteileitung waren in den verflossewen Monaten der irr-tümlichen Arrffasiung, daß uns die Hilf« von England kommenkönnte. Das haben wir in bandwurmortigen Artikeln im„vor-«äris" lefön können. Der größte Teil der Opposition gegen den.vorwärr»" ist hier in Berlin durch etwas anderes entftanoen: Eswurde in der Oeffentlichkeii bekannt, daß die aktiv« Sab»-tage im Ruhrg.'bi«: nicht von einzelnen Leuten ausging, die sichzusammengefunden hatten, fondern daß auch verantwortliche Re-gierungsstellen hinter ihr standen. C u n o, der den Wog nachAmerika gefunden Hot, ist dafür in erster Linie verantwortlich zumechen. Es war die Pflicht der Sozialdemokratie, offen gegendies« Regierungsstellen aufzutreten. Ein Bertufchen nutzt« nichts,da die französischen Pehörden einer Reihe von Saboteuren den Pro-zeß gemocht haben, bei denen man belastendes Material fand. Wirschlagen Poineare das beste Argument aus der Hand, wenn mirgegen solche Sabotagen auftreten. Es ist damals so oft gesagt war-den, was soll denn nach der Regierung Cuno kommen, und zwarhauptsächlich von denen, die glaubten, daß hinter Cuno die Rechts-diktotur oder di- große Koalition kommen würde. Ich weiß, daß«s in der Partei Leute gibt, die sich mel zugute hatten auf ihrvaterländisches Empfinden und gerade deshalb dies«Frage aufwarfen. Man hatte das Gefühl, daß der„vorwärts"mit der Fortsetzung des passiven Widerstande, bis ins Aschgraueeinverstanden war.vi« deutsche Regierung hat verschiedentlich feierlich vertLndeniefien, daß sie an die Entente 22 Milliarden 44V Rillionen Gold-mar» an Reparationen gezahlt hätte. Die Reparationskommiflionhat dagegen fefigefteltt. daß nur 7 Milliarden 927 Millionen in Goldund Sachwerten bezahlt seien Ich will nicht behaupten, daß dieseletzte Summe absolut richtig ist, ober ich bedauere, daß noch kein«Zeitung«mf diesen Widerspruch«ingegangen ist und daß o er ade der„Äavwörts" da« nicht getan hat(Stampfer ruft:„Das habenwir doch xmai Getan!"). Es ist in Berlin aus da« peinlichste emp-mnden»orden. daß im„vorwärts" die Stimm« der Oppo-f i t i«»«cht zum Durchbrach gekommen ist. vi« Einstellung des„vorwärts" zur Koolitisn hat di« Mißstimmung oeegrößert, Ich«e-iß. daß der SensGe Stampfer oft darauf hingewiesen hat. daßder..vorwärts" als das Zentralorgon sich einstellen muß aus diegroße pettchehe Lim« der Partei und daß er nicht so, wie er eswünscht. Rückficht nehmen konnte auf di« Stimmung innerhalb derPartei. Ich bin aber der Auffaffung, daß der Street in Berlin Nichtso stark wäre, wenn wir in Berlin«tn eigenes Organ hätten.Trsgdem hätte mon im Zentrolorgan etwas mehr Rücksicht auf dieStimmung der Berliner Genossen nehme« können. GenosseStampf« hat in der Prehkommiffion darauf hiugewichau, daß erirksparteitag.u. a. den Genossen C r i f p i e n das Wort zur Koalitionsftage gk-geben habe. Aber er Hot hinzugefügt, daß er ihm nur das Wortgestattet hätte, weil Genosse Crispien mit Genossen Wels zusammenVorsitzender der Partei ist. Wir verlangen, daß einer, wenn eretwas zu sagen hat, auch zu Dort« kommt, ohne Parte worsitzenderzu sein. Wette Kreis« in der Partei glauben, daß her Kampf gegendi« Reaktion nicht stark genug gewesen ist. In der Frag«, ob mandiese Ding« nicht unter der Oberfläch« fuhren soll, kam es bedouer-licherweis« zum Konstift Zeigner-Geßler, der zu cinemKonslik-t zwischen Zeigner und der Parteileitung ge-stempelt wurde. Diese Ausführungen sollen keine Kritik ou denAusführungen des Genossen S e veri ng sein, aber es hat sich jetztherausgestellt, daß di« Methode, rücksichtslos auszusprechen was ist,die beste war. Jetzt, wo es beinahe zu spät ist, findet der„vor-wärts" den Mut, über die schwarze Reichsmehr zu schreiben.(Zwischenrufe: Das macht er immer so!) Ich erblick« auch darinein« Unterlassungssünde und ich glaube, wir hätten uns auch in allenanderen Fragen den Bürgerlichen gegenüber mehr durchsetzen können,auch im Kabinett, wenn wir nicht immer wioder Rücksicht genommenhätte, nur um des guten Willens wegen.Als die Koalition in die Brüche ging, hat d«„vor-wärts" geschrieben, daß die Kreis« recht behalten hätten, die diegroße Koalition als ein unglückliches Experiment bezeichneten. Umso größer ist der Unwille der Genossen nicht nur in Berlin gewesen,als nach jenem mißglückten Experiment der versuch wiederum ge-macht wurde: vor allem wegen der Bedingungen. Der„vorwärts"hat gesogt, die Deutsche Lolksparrei hätte vor uns kapituliert. Ick)glaube umgekehrt wird«in Schuh daraus. Ich habe es nicht ver-stehen können, daß man das Finanzministerium preisgegeben hat,um es mit Dr. Luther zu besetzen. Es ist schon ein Rückzug, über-Haupt über den Achtstundentag in der Gegenwart zu diskutieren.Das Ermächtigungsgesetz ist für unser« Partei ein Rückzug sonder-gt eichen.Das gesamte öffentlich« und politisch« Leben steht unter derDiktatur der Generale, di« sich nachgerade zum Skandalauswächst. Sie wirkt sich in der Hauptlache gegen links aus, gegendas sozialistische Sachsen, gegen di« Regierung Zetgner. Daherhoben wir Proteste aus allen Teilen des Reiches jetzt gehört, undauch der„Vorwärts" hat nunmehr gegen den Ausnahmezustand ge-schrieben, wenn auch mit allerlei vorbehalten gegen die sozialistisch-kommunistische Koalition in Sachsen. Zur sächsischen Lage hat der„vorwärts" lediglich eine Notiz gebracht:„Entspannung inSachsen", und in dieser Notiz ist nicht die Aufhebung des militä-rischen Belagerungszustand«? verlangt worden. Wir müssen heutewieder neu die Forderung auf die Aufhebung des Belage-rungszustandes erheben. Das„Berliner Tageblatt" hat voreiniger Zeit behauptet, daß sich der Reichspräsident Genosse Ebertschützend vor die Person de» Reichswehrministerz gestellt habe. Der„vorwärts" Hot bisher nicht Lipp und klar erklärt, daß dos nichtwahr ist.Sicherlich sind die jetzigen Zeiten für die Partei sehr schwer,aber ich glaub« doch, daß die ganz« Politik der letztenvier Jahr« nur mit ihre» Erfolgen entschuldigt werden konnte.Wo ist der Erfolg geblieben? Und darum ist es unser« Pflicht,den Massen klipp und klar zu sagen, was ist und sie vorzu-bereiten auf das, was unmittelbar bevorsteht. Di« einzig« politisch«Frage ist im Augenblick die:„Wie können wir das Volk satt-machen?" Wir können es nicht, und die anderen wollenes nicht aus politischen Gründen. Und so finde ich, daß das militä-rische Vordringen Bayerns und das wirtschafilich« Vordringen derKreise Stinnes' auf einer Linie stehen: Die Entwicklung der Konter-revolution. Aus, der Tatsache, daß das Brot morgen 2� Mil-liarden kostet, fürchte ich. daß Zustände eintreten müssen, zu derdi« Partei konsequent Stellung nehmen muß, upd daher ist. derWunsch, daß endlich die Stimm« der Parteiqenossenschaft undnamentlich de? Berliner Genossenschaft zur Geltung kommt, nichtunbescheiden. Wen» die politische Redaktion des„vorwärts" nichtin der Log« ist, dem zu entsprechen, so ist e?' besser, wenn si« ihrenDienst quittiert.Genosse Stampf«:Meier hat recht, wenn er sagt, daß die Redakiionsführung des„vorwärts", di« hier unter Anklage gestellt ist, sich nicht trennenläßt von der Politik der Gesamtpartei. Als vor acht Wochen derBerliner Bezirkstag zum ersten Mal« zusammentrat, klagten wirüber die schlechten Zeiten und sprachen davon, wie man«, bessermachen könne. Seitdem sind die Zeiten noch» schlechter geworden,die Währungskrise hat sich zur Wirlschaftskrift gesteigert, an Stell«einer guten Beschäftigung bei schlechten Löhnen ist die Arbeitsosig.keit getreten mit ihren zerrüttenden Folgen. Das Volk hungertbei vollen Scheunen, und während sich Deutschland in Todes-trämpfen windet, liegt die kalte Hand des Würgers mit unvormin-derter Wucht auf ihm. Der Imperialismus Frankreichs hat sichfein Aernichtunqsziel gesteckt und läßt von ihm nicht ab. In Frank-reich aber ist kein« Macht, die dem entgegentritt. Das Unglück, indem wir uns befinden, hat auch sein« psychologische Auswirtung.Unglück macht ungerecht. Nur Philosophen bringen esfertig, im Unglück auch gerecht zu bleiben. Die meisten Menschen«erden durch Elend und Not reizbar und verbittert. Darum istauch ganzDeutschland ein Herd der Zersetzunggeworden. Ueberall ragen sich di« Kräfte der Selbstzerstörung. Di«Glieder erheben sich gegen da» Ganz«, Bayern empört sich gegendas Reich. Koalitionen»ntstehen und drohen im Streit gleich wiederauseinanderzufallen. Dieser zersetzende Streit setzt sich fort in dieeinzelnen Parteien, kein« ist ganz von ihm orrschont geblieben.Da ist es wahrlich kein Wunder, wenn di« größte VolksparteiDeutschlands, die Sozialdemokratie, in diese tragische EMwicklmighineingezogen wird, wenn tn ihr heftige Meinungskämpf« toben,in deren Mittelpunkt, wie es immer der Fall war. das Zentral-orgon, der„Vorwärts", steht. Für mich wäre«» uneriräglich,wenn einer im Saal« wäre, der annähme, daß ich hier stände, umfür mein« Stellung zu kämpfen. Das wäre ein« Erbärmlichkeit.Jetzt kommt es auf«inen Mann mehr oder weniger nicht on. Ichstehe hier einfach als ein Soldat der Partei, der den Befehl be-kommen hat, zu marschieren, der auf Posten steht und der aufdiese« Posten sein« Pflicht tun wird, bi, die Partei ihn abberuft.Da kommen wir aber gleich zu einer Schwiergkeit. Ueber die Zu-sammensetzung de?„Vorwärts"-Redaktion entscheiden zwei In-stanzen: der Parteivorstand und die Pr e ß? o m m i ss i o n.Ich Hab« sieden Lahre lang mit einer halbjährigen Unterbrechungmit diesen Instanzen hormonisch zusammengewirkt. Di« Beö.inerOrganisation marschiert« im allgemeinen auf der Linie der Gesamt.portei, obwohl das auch nicht immer ganz leicht war. Wir hattenmanche Belastungsprobe.Aber wir hielten n«ch außen hin wie Pech und Schwefelzusammen.Und das hat uns über di« schwersten Zeiten Hinweggeholsen. Sowar es, so lang« Parteivorstand und Pressekommission einig waren.und das war der Fall bi» zu dieser Minute. Wenn aber einmalPreffekvmmisfion und Parteio erstand verschitdener Meinung sind,was dann? Dann gilt für di« Redaktion das Bibrlwort: Niemandtonn zwee» Herren dienen. Nach dem Statut entscheidet dann dieKontrollkommission. Aber wenn sich di« Meinungen erhitzen, wiein der letzten Zeit, wird man sich bei der Entscheidung der Kontroll-tommission nicht beruhigen und man wird dann zu einem neuen„vorwärt»"-Konflikt kommen. Der„vorwärts"-Konflikt1905 führte uns zum ersten Male bi» nahe an die Spaltung und derzweite im Jahre 1918 hat tatsächlich zur Parteispattung geführt.Sie werden«e mir nachfühlen, daß ich einen dritten„vorwärts"-Konflikt nicht zu erleben wünsche. Wie war es bei« ersten Konflikt?Damals kämpften in der Partei Radikale und Revisionistenmiteinander um Dinge, die uns heute sehr gleichgültig zu seinscheinen. Die Redaktion unter Führung Kurt E i s n e r s stand inder Mitte. Sie war weder radikal noch revisionistisch eingeschworen.Das paßt« der Berliner Organisation nicht, sie wollte eine radikaleRedaktion. Den heftigsten' Kampf gegen den„Borroärts" führtedie„Leipziger Bolkszeitung", in der damals zu lesen war,daß der„vorwärts" längst aufgehört habe, das prinzipienstarkeRückgrat der Partei und die scharfe geistige Waffe des Proletariatszu sein. Wer hat das geschrieben? Das war der damalige GenosseL e n f ch, der jetzige Redakteur der„Deutschen Allgemeinen Zeitung".(Lebhafte Zwischenrufe: Hört, hört!) Und gegen wen war das ge-schrieben? Dos war geschrieben gegen Kurt Eisner, derschwer getroffen durch die Entscheidung der Berliner sein« DaterstadtBerlin verließ, nach Bayern ging und dort sein Leben für di« Re-volution opserte.(Unruhe.) Dann kam 1918 der zweite„Dar-wärts"-Konflikt. Damals stand die Redaktion auf feiten der Der-liner gegen den Partcivorstand, der Parteivorstand versuchte ver-geblich, die Meinung der Gesamtpartei im„vorwärts" gebührendzum Ausdruck zu bringen. Damals machte ich den Vorschlag, dasBlatt zu teilen, ein Blatt sür di- Derliner Genossen und ein Blattfür den Parteivorstand zu schassen. Ich hiett das für das einzigeMittel, um über die Spaltung hinwegzukommen. Der Parteivorstandschloß sich dem an. Die Derliner lehnten den Vorschlag ab und ver»säumten eine Gelegenheit. Seit vielen Iahreu habe ich die Ueber-zeugung vertreten, daß das ewig ungelöste„Dorwäris"-Problemnur im Sinne jenes Vorschlages gelöst werden kann. Es gibt beineuim Saal, der die Mängel, di- der„Vorwärts" als Arbeit erblatt hat.mehr empfände als ich. Als Zentralorgan muß der„Vorwärts"über eine ganze Menge von Dingen ausführlich berichten, die deneinfachen Mann in der Werkstatt in solcher Ausführlichkeit nichtinteressieren. Er mutz nicht nur zö den Derliner Arbeitern sprechen,sondern auch zur Regierung, zu den Parteien des Inlandes, zu»Ausland, kurz zur ganzen politischen Well. Da ist es mitunter not.wendig,«ine Sprache zu führen, die dem Arbeiter nicht ohne weiteresverständlich ist. Es wäre mir lieber, wenn eine derbere Sprachegeführt werden könnte, aber wenn man das tut, so erleidet manvon den allerverschiedensten Seiten Hemmungen, und die sindin der Vernunft der Dinge sehr wohl begründet. Aiz einem Fallewill ich Ihnen das zu erklären versuchen, weil Genosse Meier davongesprochen hat. Er hat es anerkannt, daß sich der„vorwärts" ent-schlössen hat, über die schwarze Reichswehr zu schreiben. Ms ichaber am Abend danach an meinem Schreibtisch saß, da wurde mirein Telephonat aus Dresden gebracht, in dem es hieß, der Minister-Präsident Genosse Zeigner bittet die Presse,leluc scharfen Angrisse gegen die Reichswehr mehrzu richten, da am Donnerstag neue Tatsachen bekannt gewordenHeien.(Große Bewegung im ganzen Saale.) Danach erschien die vonMeier gerügte Notiz„Entspannung in Sachen". Das soll beileibekein heimtückischer Angriff gegen Zeigner sein. Zeigner hat indiesem Falle wahrscheinlich sehr vernunftig gehandelt. Erwird schon seine Gründe gehabt haben. Ich Hab« das nur ange-führt, um zu zeigen, daß ein Blatt wie der„vorwärts" nicht ohnejede Hemmung schreiben kann. Leider ist der Plan eines DerlinerLokalblattes heute rein akademischer Natur. Bei den wirtschaftlichenVerhältnissen ist di« Schaffung dieses zweiten Blattes einstweilenunmöglich geworden. Wie der zweite„D or w är t s"-K o n-flitt" verlausen ist. wie er nicht nur zur Spaltung, sondern auchzum blutigen Bruderkrieg gesühri hat, will ich nicht ausführen.Ich glaube, daß wir an derartigen Konflikten ein für allemal genughaben. Ich möchte Si« aber bitten, sich die Frag- vorzulegen: Istes möglich, daß der Parteivorstand auf das Zentralorgon zu-guttften der Berliner Genossen verzichten kann? Das ist nichtmöglich. Eine Portei ohne Zentralorgon ist ein Rumpf ohne Kopf.So Hab« ich sieben Jahre lang im Sinne der Gesamtpartei gewirkt,wie e» meiner Ueber zeugung entsprach. Als ich 1919gegen die''-Unterzeichuung des Friedens von veriallle»eintrat, legte-ich mein Amt nieder, obwohl der Parteivorstond michersuchte, es zu behalten. Ich nahm es, dem Wunsch der Instanzenenisprechend, wieder auf, als dies« Streitfrage der Geschichte ange»hört«. So muß man handeln, wenn es sich um groß« Fragendreht. Handelt es sich nicht um so groß« Dinge, so steckt man«inenPflock zurück und übt Disziplin. Das ist in manchen Fragenso gegangen, auch in einem krittschen Augenblick der Großen Kooli.tion. Ich hatte geschrieben, das Experiment sei endgüüig mißglückt.denn auch ich hatte gefühlsmäßig von der Geschichte übergenug. Di«Fraktion hat sich over die Sache noch einmal überlegt, sie sah dieungeheure Gefahr eines vollständigen Bruches. Auch ich habe michüberzeugen lassen, daß die Parter so handeln muht«, wie sie handelteund habe das Blatt in diesem Sinn« weitergeführt. Di« Redaktionmuß das Blatt führen als geistiges Eigentum der Portei, das ihrzu treuen Händen übergeben ist, kann sie das nicht mehr, so mußsie zurücktreten. Dos Natt kann aber nicht zwei Meinungen zu»gleich vertreten. Diskussionen über porteitaktisch« Fragen sind manch-mal ein notwendiges Hebel, aber immer ein Uebel. Die groß«Masse der Arbeiterleser interessiert sich nicht für Einzelheiten takti-scher Stteitfragen, sie gewinnt höchstens den Eindruck, daß da Leutesitzen, di« selber nicht wissen, was sie wollen.(Zustimmung.) Alsein Musterblatt beirackit« ich die Wiener„Arbeiterzeitung". Sie hatin den Jahrzehnten ihres Bestehens keinen einzigen Diskussions-ariikel veröffentlicht. Dort wird aller Streitsreundschaftlich imKämmerlein ausgetragen und man marschiert in der Oessentlichkeitauf einer Linie.Es bleibt mir noch übrig zu sagen, warum ich in der Grund-einstellung mit der Gesamtpolotik der Partei einverstan-den bin. Dafür sind zwei Gründe entscheidend. Der erste liegt inder Erkenntms, daß wir seit dem Kriege in total veränderten Per-Hältnissen leben, deren Bedeutung vielen noch gar nicht bewußtgeworden ist.Das deutsche voll ist heut« ein unterdrücktes Voll.Als Sozialdemokrat und als Deutsch«? steh«ich mit meinem ganzen Herzen auf der Seitedieses unterdrückten Volkes.(Bravo!) Ich betrachte esals«in« der größten Katastrophen der Kutturmenschheit und derArbeiterbewegung, daß Deutschland in den Zustand hineingeratenist, in dem es sich heut« befindet. Wenn jetzt der Hunger durch dieStraßen schreit, wenn selbst das Licht des geistigen Lebens zu er»löschen droht, dann trägt oer Mechanismus der kapitalistischen Ge-sellschast ol« Ganzes fein gerüttelte» Maß von Schuld daran. Aberso entsetzlich wie in Deutschland liegen die Ding« in keinem anderenLande der Welt. Die deutschen Arbeüer sind die Paria derWelt geworden, und sie sind es, weil wir ein unterdrücktes Volkgeworden sind.(Zurufe:„Das ist falsch!"„Nein, nein, richtig!"und andere.) Lösbar sind di« Fragen, di« uns quälen, nur aus derauswärtigen Politik heraus. Und darum mußten wir in die Regie-rung wieder eintreten um unseren Einfluß nach dieser Richtung bingeltend zu machen. Der versuch ist gemacht worden, er ist fürs erstemißglückt, aber er muß fortgesetzt werden. Es hat sich erwiesen, wierecht ich damals hatte, als ich am 1. August im„vorwärts" schrieb:„Die Kapitulation bringt kein Brot und kein« Räumung de» Ruhr-revier»." Das ist wortwörtlich eingetrosfen, und wenn der GenosseOtto Meier vorhin gesagt hat, man hätte mit der Kopitulatton gornicht früh genug ansangen können, so sag« ich: Bei solchen Ding-nkommt mir die Kaprtulation nicht spät genug.(GroßeUnruhe.) Genossen,man mutz doch erst kämpfen!Man hat mir zugerufen, womit wir denn kämpfen sollten. Ineiner Versammlung von Arbeitern hätte ich eine solch« Frage nichterwartet.(Sehr richtig!) Wir hoben immer mit der Wafs« derArbeiterschaft gegen unsere eigenen Kapitalisten gekämpft undwenn wir im Kampf gegen unsere eigenen Kapitalisten erlegen sind,haben mir nicht geklagr, we«. wir überhaupt gekämpft haben. Dasage ich nun: Kann der deutsche Arbeiter den französischenKapitalismus besser behandeln wollen al« den deutschen?Zweiten» aber: Nach meiner Ueberzeugung ist die Arbeiterbewegunz