ReaktionZre Hoffnungen. Än der ITjlrlgen Wendpresse klingt der Jubel der Rechts- Parteien schon ein wenig gedämpfter. Der Austritt der Sozialdemokratie aus der Regierung hat zwar in vielem ihren Ansturm geaen die Reichsregierung erleichtert, aber der e i g e n t l i a) e Ä a m p f b e g i n n t e r st. Es zeigt sich jetzt auch in der Presse die Tatsache deutlicher, auf die wir von An- fang an hinwiesen, daß die Entfernung der Sozialdemokratie den bürgerlichen Parteien der Mitte die Auseinander- s e tz u n g mit den Wünschen der Reaktion keineswegs erspart. Weder ist das bayerische Problem gelöst, noch ist auf irgendeinem anderen Gebiet der reaktionäre Appetit be- friedigt. Etwas reichlich spät stellt das„Tageblatt" fest:„Den Marxismus schlug man, man meinte das Kabinett der verfassungstreuen Mitte." Während die offizielle Regicrungsmitteilung die Abweisung der sozialdemokratischen Forderungen damit begründet, daß ihre Anerkennung aus Prestigegründen nicht möglich gewesen sei. muß heute das„Tageblatt" zugeben, daß„die Hoffnung, durch die Ent- fernung der Sozialdemokratie die Stoßkraft des rebellierenden Vayerns zu schwächen, eine Illusion sei und daß eine Stärkung der Position gegenüber der Rechten nicht er» folgt und nicht zu erwarten sei". Trotz alledem ist die Reaktion keineswegs zufrieden. Mehr denn je kämpft sie unter der Parole„Alles oder nichts". Ihre Kerntruppen stehen durchaus nicht nur an der bayerifch-thüringijchen Grenze. Sie sind da, wo das Stinnesorgan die stärksten wirtschaftlichen Bataillone zu sehen meint. Ent- rüstet stellt die„Deutsche Zeitung" fest: «Inzwischen können die Techtelmechtelmacher ihre Arbeit be- ginnen. Für jeden, der aus Charakter und Neigung grundsätzliche Lösungen und entscheidende Taten fürchtet wie den Tod, heißt es ja immer: Zeit gewonnen, ist alles gewonnen. Schon bohrt man am linken Flügel der Deutschnationalen Volks partei, daß er sich bereit finden lasse, enkreder in das Kabinett einzutreten oder auch ohne dies das Kabinett zu unterstützen. Schon versucht man, die P r« u h e n f r a g e so zu drehen, als stehe hier überhaupt der Austritt dcr Sozialdemokratie gar nicht in Frage; es fei viel- "mehr Sache der Volkspartei, ihrerseits aus dem Preußentabinett zu ichciden und der Sozialdemokratie in Preußen das Feld zu über- lassen. Es ist nicht zu leugnen, daß das so entstehend« Rumpf- tabinett in Preußen eine Mehrheit im Landtag« hinter sich haben würde— wenn das Zentrum es wirtlich über sich gewinnt, im Reiche gegen di« Sozialdemokratie mit der Dolkspartei und in Preußen mit der Sozialdemokratie gegen die Volkspartei zu regieren. Parlamentarischen Techtelmechtelmachern ist ja schließlich alles mög- lich. Vielleicht wird man auch dieses eine Zeitlang versuchen." Sie hat einen Trost, die gute„Deutsche Zeitung". Sie kennt das Spiel hinter den Kulissen und deswegen glaubt sie zu der optimistischen Hoffnung berechtigt zu sein: „vielleicht aber fegt mich ein Windstoß in die dürre« Blätter tinein, der alle Verhandlungen dieser Art über den Haufen wirft. Es ist doch nicht vorzustellen, daß diejenigen Kräfte, die die Sozial- bonuiralie aus der Reichsregierung herausgedrückt haben, sich damit zufrieden geben jolllen, daß sie in Preußen unumschränkter als je zu- vor die Herrin der Lage bleibt." Die„Deutsche Zeitung" schreibt eben, wenn es daraus ankommt, sehr gerne gute und schöne Artikel gegen l a n d e s- verräterische Großindustrielle, aber wenn diese Herren sich anschicken, gegen die Sozialdemokratie vorzugehen, wird a'lcs verziehen. Maurenbrecher wird wissen, warum er verzeiht. Die größere Stärke dürfte nicht bei ihm, sondern tar den„Kräften sein, die die Sozialdempkratte aus der Reichsregierung herausgedrückt haben". Als alter Kenner iürchtet Maurenbrecher mir, daß die Sozialdemokratie noch lange nicht erledigt ist, und deswegen atackisrt er in der hef- tigsten Weise den Reichspräsidenten. Er betont, daß der Reichspräsident„durch seine Handlungen tatsächlich seiner Partei hervorragende Dienste geleistet" habe. Er sei„keines- wegs nur eine rein dekorative Figur" und„mit Ebert als Reichspräsidenten zusammen könne eine nationale Regierung nicht gebildet" werden:
„Jigaros hochzcii" in der Volksbühne. Das vor ISO Jahren entstandene Lustspiet Beaumarchais feierte gestern in der Volks- bühne«ine lustige Auferstehung. Die Ausführung war mit Liebe vorbereitet. Paul Henckels hatte als Regisseur und Träger der Hauptroll« feinen großen Tag. Da die Borstellung bis spät in die Nacht hinein dauerte, kann über sie erst am Montag eingehend berichtet werden. Dgr. Georg Kaisers„Nebeneinander" im Lnstspielhaus. Die Ge- danken über dieses kesse Stück, seinen Sinn und seinen Unsinn und das, was die Schauspiclcr dabei leisteten, dürfen nicht nur einige mitternächtlich hingeschmissen«'Sätze ausgelaugt werden. Das Stück ist so stark, daß ihm auch die schonungslose Claque nichts schadete. Das Warum am Montag. M. H. Vühnen-Vetriebsgemeiuschaft. Die Verhandlungen zwischen der Direktion des Deutschen Theaters und dem Schauspie. lertheater sind nunmehr zum Abschluß gekommen. Das Deutsche Theater und das Schauspielertheater haben sich zu einer Betriebsgcmeinschafkvereinigt, deren Gesamtleitung in den Händen des Direktors des Deutschen Theaters Karl R o se n und des Generalbevollmächtigten des Schauspielertheoters Prof. Wal - icr Steinthal liegt. Reinfalle von Gelehrten. Kürzlich kam eine Anzahl von Ton- puppen, di« ein vierjähriges Ravajo-Mädchen zur eigenen Belustigung zurcchtgeknetet hatte" in die Hände des Dr. Walter Fewkes, eines der ersten Prähistvriker von Amerika . Die Ravnjo sind ein in den Südstaaten, Texas usw., verbreiteter Jndianerstamm. Dr. Fewkes war aufs höchste überrascht, denn genau solche Puppen waren schon oft in seine Hände geraten, und zwar als Ausgrabungen, Reste „uralter, verschollener Kultur". Man hatte sie bisher immer als primitive Götzenbilder, Fetische u. dgl. aufgefaßt, und in den Büchern über das vorkolumbischc Amerika findet man dies« Kistderpuppen massenhaft als uralte Fetische abgebildet. Gerade ihre naive Primitivität— an den Köpfen sind Ohren, Augen und sonstig« Einzelheiten einfach weggelassen— schienen Beweise für Uralter- tum zu sein! Großes Aufsehen erregte auch vor kurzem auf der Insel Man in England«in beim Fischen im Meere gemachter Knochenfund. Es war ein großes Knochenstxick, drei Meter lang und fast einen Meter breit. Allgemein wurde das Ding als der Schultertnochen eines Mn mmut beschrieben und abgebildet, und man freut« sich sehr, da Mammut-Reste aus der Gegend noch nicht bekannt waren. Endlich ergab die wissenschaUlichz Untersuchung in Hull , daß der Gegenstand durchaus nichts Vorsintflutliches an sich hatte: es war einfach der Schädel eines Walfisches.
Der fünfte Abend der Rovembergruppe findet Montag, den abends 8 Uhr, im Vor-Haus, Potsdamer Str.«, statt. DaS ?l m ar-H i nd e mith-Qu ar tet t spielt«18 Erstaufführungen das zweite Streichquartett im Lierteltonsystem von Alois Haba und das Streichquartett o?. 16 C-dur von Paul HIndcmiih. Ferner liest LZalfher von Holländer Unveröffentlichtes aus seinem Werl . — Karten nur im Vorverkaui bei Twardv, Potsdamer Str. 12, und im Graphischen Kabinett, Kursürstendamm 2321.
„Die Militärdiktatur, die seit dem 2S. September besteh!, und die einen Hauptpunkt in dem Kampfe zwischen Reichs- regierung und Sozialdemokratie gebildet hat, hat ihre rechttiche Grundlage allein in einer Verordnung, die der s o z i a l d e m o k r a- tisch« Reichspräsident erlassen hat und die er jeden Augenblick aus eigenem Recht wieder zurückneh- m e n kann, ohne den Reichskanzler überhaupt darum zu fragen. Der sozialdemokratische Reichspräsident hat es fernerhin in der Hand, den Reichstag aufzulösen, wann er will oder die vom Reichskanzler geforderte Auflösung zu verweigern. Es gibt kein« nationale Regierung, di« fähig wäre, auf sich selbst zu stehen, solange nicht dieser Reichspräsi- dent durch einen nationalen Präsidenten er- setzt ist."' Für die„Deutsche Zeitung" ist der„Kampf gegen die Sozialdemokratie auf der ganzen Linie entbrannt" und �zu dieser Linie gehöre auch die oberste Spitze. „Herr von Kohr hat bekanntlich erklärt, mit einer Reichs- regierung nicht verhandeln zu wollen, in der die Sozial- demokrati« vertreten sei. Aber sie ist noch immer in der Reichs- regierung vertreten, und zwar an der entscheidenden Stelle. Die Herren Robert Schmidt, Radbruch und Sollmann sind ja ein Nichts gegenüber der ausschlaggebenden Bedeu- tung und der in jahrzehntelanger Uebung gewon- nenen Gewandtheit des Reichspräsidenten Fried- r i ch Ebert. Soll der Kampf gegen den Marxismus wirklich zu Ende geführt werden, so muß auch der Marxist an der Spitze des Reichs gezwungen werden, seinen Abschied zu nehmen. Ebert ist die Verkörperung der Revolution. Brechen im Chaos der Gegenwart alle Ueberlieferungen und Grundsätze der Revolution zusammen, so muß auch ihr oberster Vertreter daraus die Folgerung ziehen." Die Haltung der„Deutschen Zeitung" wird von der „Kreuz-Zeitung " ausdrücklich unterstrichen. Und auch die„Deutsche Tageszeitung" bläst in dasselbe Horn. Auch das Agrarierblatt will die„wirtschaftlichen Kräfte mobili- sieren". Es sieht die Schwierigkeiten, die diesem Versuch in den Reihen des Bürgertums selbst gemacht werden, und vsst- sichert deswegen drohend: „Das Volk verlangt und es wird gegebenenfalls erzwingen, daß zur Verantwortlichkeit endlich die Kräfte heran- gezogen werden, di« im Kampfe gegen das bis- herige verrottete System sich gestählt und die da- bei ihren Rock und ihre Hände sauber gehalten haben." Das Volk weiß nur zu gut, w e r die wirtschaftlichen Kräfte sind, deren Mobilisierung erzwungen werden soll. Gegen den„marxistischen Klassenegoismus " dieser Wirt- schaftskräfte, wenn sie � sich ungehemmt entfalten könnten, würde allerdings der„Marxismus " der Llrbeiterschaft ver- blassen. Die„starken Bataillone der Wirtschaft" würden in ihrer Hemmungslosigkeit im Bunde mit einsichtslosen Generälen und stumpfsinnig berufscgoistischen Groß- agrariern nichts anderes fertig bringen, als einen grotesken Versuch der Wiederaufrichtung des allen Macht- und Obrigkeitsstaats und des schrankenlosen Herrentums großindustrieller Zäsaren. Deutschland als Staat, als Reich, als Republik , als große Nation, deren Zu- kunft es zu erhalten gilt, wird ihnen wenig Sorge machen. Sie haben einmal bereits Volk und Land in den Abgrund gestoßen, ein zweites Mal würden sie es für Jahrzehnte zurückwerfen. Auf diesen Schultern kann das Reich nicht ruhen, von diesen Kräften die Zukunft nicht gestaltet werden. Sie tragen durch ihre dauernde Krisonmacherei die Schuld an den ständigen Wirren. Kein Kanzler, er mag heißen, wie er will, wird möglich sein, der d i e s e Kräfte nicht in offener Feldschlacht überwindet und bändigt.
Zum Golöanleihefkanüal. Spekulationsgeschäfte auf Kosten des Reiches. Di« Ausgabe der Goldanleihe und die später« Kursentwicklung dieses wertbeständigen Geldes haben erneut die Unfähigkeit und Kurzsichtigkeit der Reichsbankpolittk gezeigt. Durch die späte Aus- gäbe der Stücke haben viele Zeichner enorme Summen verloren. Neuerdings hat eine böse Kurstreiberei eingesetzt, der man erst später durch die Festsetzung eines Einheitskurses entgegen� trat. Man versäumt« ferner, was man jetzt nachholen will, die Papiermark entsprechend den Forderungen, die Genosse Hilferding als Finanzminister vertreten hat, in ein festes Wertverhällms zur Rentenmark zu bringen. So wollte schließlich niemand mehr Papiermark nehmen und der Zahlungsmittelverkehr flockte ganz und gar. Das Vorgehen der Reichsbank, das das Fmcmzministerium nicht zu verhindern verstand, bedeutet eine außerordentlich schwere Schädigung der Reichsfinanzen. Die Reichsbank hat in der letzten Zeit zwar Goldanleihe an die Banken verkauft, die Stück« aber nicht liefern können. Die Banken müssen aber erst di« Papiermark bezahlen, wenn sie di« Stücke erhalten, und zwar zum Kurse des Tages der B e st e l l u n g, nicht, wie das bei jeder Aepfelfrau Sitte ist, des Tages der Lieferung. Welche Wirkung das gehabt hat, zeigt folgender uns bekannt gewordener Fall: Ein Bankier taufte zum Dollarkurse von etwa 65 Milliarden 2000 Dollar-Eoldanleihe. Er hatte dafür zu zahlen gehabt 130 Billionen Papiermark. Bis heute hat die Reichsbank die Stücke nicht geliefert. Der Bankier hat das Geld einmal zu seiner freien Verwendung, er kann es gegen 4 bis 6 Proz. täglichen Zins ausleihen oder es sonst verwenden. Die Reichsbank aber wird die 130 Billionen erst erhalten, wenn sie nicht mehr 2000 Dollar wert sind, sondern vielleicht weniger als 200. 1800 Dollars hat sie resp. das Reich, dem der Erlös der Anleihe ge- hört, verloren. Das ist ein einziger un» bekannter Fall, aber die Reichs- dank hat unglaublicherweise ganz allgemein in der letzten Zeit so gewirtschastet. Sie hat durch diese wahnsinnige Unfähigkeit das Reich um MJllionen Goldmart geschädigt. Nur so erklärt sich ja auch die Tatsache, daß die Finanzen des Reiches durch die Ausgabe einer Airleihe von 500 Millionen Goldmark keine Erleichterung erfahren hat. Denn sehen wir selbst von den ersten 160 Millionen, die durch Zeichnung aufgebracht worden sind, ab, so müßten die 340 Millionen, die mehr als das Dreifache des Gold- wertes der in Zirkulation befindlichen Notenmenge ausmachen, doch ausgereicht haben, um während einer gewissen Zeit keine neuen Papisrmark in den Verkehr zu setzen. In Wirklichkeit ist durch das Vorgehen der Reichsbank der finanzielle Effekt für das Reich ganz minimal geblieben, ist die Arbeit der Notenpresse kaum vermindert worden. Der Skandal, der da passiert ist, ist noch ärger als der Skandal mit den Papiermark» krediten. Deshalb ärger, well er nicht nur eine unberechtigte Bereicherung privater Börsen- und Spekulotionskreise in sich schließt, sondern auch eine unmittelbare schwere Schädigung der Reichsfinanzen. Die Verantwortung dafür tragen keine„Marxisten". Die trägt in erster Linie die Reichsbank, an der Spitze der von Wilhelm II.
so gepriesene„Generalgeldi-rarschall Havenstein, der vom Marxismus , freilich auch von jeder anderen ökonomischen Theorie, völlig frei ist und politisch den Deutschnotionalen sehr nahe steht. In die Verantwortung mag sich die Deutsche V o l k s p a r t e i teilen, die dafür gesorgt hat, daß das Finanzministerium von jedem marxistischen Einfluß gereinigt wurde. Wir Marxisten dagegen meinen, daß diese Verantwortung vor aller Welt klargestellt und vor allem schleunigst eine Untersuchung eröffnet werden muß, wie groß der Schaden ist, den die Reichsbank der Allgemeinheit zu- gefügt hat. Daß diese Praxis der Reichsbank sofort einzustellen ist, versteht sich von selbst. Das Finanzministerium hat unterdessen eingesehen, welchen schweren Fehler es begangen hat. Die Regierung hat jetzt ango- kündigt, daß die Papicrmark in ein festes Verhältnis zur Gold- anleihe gesetzt wird, so daß man für einen Dollar Goldanleiho T Milliarden Papisrmark und umgekehrt stets wird erhalten können. Es ist zu fordern, daß dieses Verhältnis jetzt ohne weiteres Zögern bekanntgegeben wird, um auf diese Weise dem Der- kehr genügende wertbeständige Zahlungsmittel zuzuführen. Denn di« Papiermark wird dadurch eine Art Scheidemünze der Gold- anleihe, das Hamstern der Goldauleihe selbst wird damit sinnlas, die Goldauleihe kann dann erst wirklich für den Verkehr als Zah- lungsmittel nutzbar gemacht werden. Damit wäre dann eine gewisse Abhilfe für die augenblicklichen Schwierigkeiten gegeben. Wie wir hören, ist die Regierung auch aus Bankkveifen auf diese Mißstände aufmerksam gemacht worden. Die einfachst« Abhilfe gegen die spekulative Ausnutzung der Goldanlsih« auf dem Rücken der Reichsbank und des Volkes würde darin bestehen, daß die Reichs- bank für di« bei ihr bestellte Goldanleihe ebenso wie es bei Devisen schon geschieht, sich bis zum nach st«n Tage Zahlung aus- bedingt und so den Kursgewinn der Spekulanten unmöglich macht.
lvirtschafts- unü ßinanzmaßnahmen. Di« Reichsregierung Hot zur Linderung der größten Rot für die Milchverbilligung den Ländern erhebliche Beträge zur Aer- fügung gestellt. Eine besondere Unterstützung hat man den mit Hilfe des Auslandes durchgeführten Kinderspeisungen zu- gedacht. Um di« gesamt« Lebensmittellag« zu bessern, will man durch eine K r e d i t h i l f e unter Inanspruchnahme der Konsumgc- nossenschaften billigere Lebensmittel auf den Markt bringen. Auf das Kartellgssetz, das gleichfalls soeben erlassen worden ist, gehen wir an anderer Stell« ein. Um den Mangel an wertbeständigen Zahlungsmitteln zu bs- heben, werden Goldschatzanweisungen geschaffen in Höhe von insgesamt 800 Millionen Goldmark, die als Deckung für das wertbeständige Notgeld dienen sollen und deshalb nicht in kleinen Beträgen ausgegeben werden sollen. Zur Entlastung der Reichsfinanzen ist«in weiterer wichtiger Schritt erfolgt. Die Reichsregierung stellt vom 3. November ab die Zahlungen zur Durchführung der Sachlieferungen ein und überläßt es den interessierten Firmen, die bisher mit behörd - licher Bezahlung bestrittenen Sachlieferungen auf dem Wege freier Vereinbarung und auf Rechnung des ausländischen Empfängers fort» zusetzen. Gegen wuchernde Händler. Der Präsident des Landespolizeiamies G r z e s i n s k i tei.t mtt: „Gewisse Kreise des Handels haben den niedrigeren Markkurs an der gestrigen New Ä orker Börse, der ain Sonn- abend früh in Berlin bekannt geworden'st, zum Anlaß genommen, ihre Preise entsprechend heraufzusetzen. Ein solches Treiben ist eine verwerfliche Ausnutzung der Notlage des Volkes und nichts anderes als schamLosefter Wucher. Als gültige Meßziffsr für die Geldentwertung kommt nur der amtliche D o l l a r k u r s vom Tage vorher in Frage. Di« Organisationen des Lebensmittel-Groß- und Kleinhandels haben das auch als für sich und ihre Mitglieder bindend anerkannt. Di« Polizeiorgone sind angewiesen, solchen Preis ausschreitungen energisch zu begegnen und mit allen ihnen zu Gebot« stehenden Mlleln gegen diesen Wucher einzuschreiten. An mich sind weiterhin Meldungen gelangt, daß einzelne Händ- ler bereits die Papier mark als Zahlungsmittel zu- r ü ck w e i l e n mit dem Hinweis, daß sie selbst ihren Lieferanten wertbeständig zahlen müßten. Ich mache das Publikum darauf aufmerksam, daß ein solches Verhalten ungesetzlich ist und daß die Pcpiermark nach wie vor gesetzliches Zahlungsmittel ist. Wenn der Verkäufer die Papiermark nicht annimmt, kommt er in Verzug und die Käufer sind ihrer Zah- lungspflicht ledig. Im übrigen ersuche ich die Bevölkerung, alle solche selbstsüchrige Handlungen einzelner Händler gegen die Interessen der Gesamtheit unnachsichtig bei der Polizei zur Anzeige zu bringen, damit solche wucherischen Elemente im Handel nicht nur der gerechten Bestrafung zugeführt, sondern auch wegen der UnzuverlSistzkeit so schnell wie möglich aus dem Hände lentfernt werden können."
Wiedereinführung der Srotkarte. Amtlich meldet MTB. : Der preußische Landwirtschoftsmmister hat mtt Zustimmung des Reichsernährungsministers den Magistrat Berlin auf Grund des § 6 der Verordnung über Notstandsversorgung vom 13. Juli 1923 ermächtigt, Bestimmungen über den Umfang der Bezugs- berechtigung für Brot sowie darüber zu treffen, wie sich die Bezugsberechtigten auszuweisen haben. Auf Grund dieser Er- mächsigung hat der Magistrat angeordnet, daß Brot nur noch auf Brotkarte abgegeben werden darf. Näheres wird nach bekanntgegeben werden. Diese außerordentlich erfreuliche Maßnahme der preußi- schen Regierung und des Berliner M a g i st r a t s, über die Einzelheiten wohl erst Montag bekannt werden, wird hoffent- lich der ebenso törichten wie unsozialen Brothamsterei, die heute von allen Schichten der Bevölkerung betrieben wird, ein Ende machen. Die Brotkarte wird nach dem Fortfall der Umlage natürlich nur die Mengenabgabc und nicht den B r o t p r e i s rationieren können. Aber schon diese Maß- nähme wird beruhigend wirken, da tatsächlich Brot genug zur Verfügung steht, wenn die Hamsterei, die die Robusteren auf Kosten der Schwächeren betreiben, unter- Kunden wird.
die Sachverftänöigenkonferenz gefähröet. London . 3. November. sWTV.) Reuter erfährt, daß die britische Regierung jetzt die Antwort Pvinraräs darüber erwartet, ob er bereit ist, seine Bedingungen abzuändern. Hier herrscht der Eindruck, daß, wenn dl« Einladung der Alliierten an Amerika derartig beschränkt wird, daß die Sachverständigen lediglich eine Untersuchung über die jetzige Zahlungsfähigkeit Deutschlands und nicht über die Zahlungsfähigkeit In der nächsten Zukunft anstellen können, die Besprechungen keinen Zweck haben würden._
Reichswchrminisier Cr. Geßler hat den„R e i ch s a u s s ch u ß der deutschen Betriebsräte" mit Wirkung für das ganz« Reich aufgelöst und verboten.