Die Militärkontrolle. Paris . S. November.(VTL.) Me VokschafkerkouferMZ hat sich heute vormittag erneut mit der Frag« der MNitärtoatrolle in Deutschland beschäftigt. Der Sitzung wohnten bei Marschall Aach und sein Generalstabichef General Desticker, sowie der englisch « Militärattache General Sockeville-Wesk. Im Gegensatz zu der heule mittag von havas verbreiteten Meldung, wonach die Volschafter. konferenz Instruktionen an General Nollet vom Z. Ottober und 3. November veröfsentlichen werde, ist in Wirklichkeit beschloflen worden, den Wortlaut der beiden vom Z. Oktober und Z. November datierten Schreiben der Botschafterkouserenz an deu deutscheu Geschäftsträger in Paris zu verSsfenlllchen. havas teilt dazu ergänzend mit. daß dieser Veschlutz auf Intervention des engli» ichen Potschafkers Lord Creme gefaßt worden fei, der auf diese Weise geg-uübek den Falschmeldungeu des Berllner Sorre- spvndenien des Pariser.Journal" über Form und Inhalt der Noten deu richtigen Sachverhalt festzustellen beabsichtigt. Der Bericht. crstatter hatte von ganz bestimmten Sanktionen gesprochen, die gegen Deutschland ergriffen werden sollen, und das Blatt hatte dieser Mefbuug in Sperrdruck einen sensationellen Anstrich gegeben. Worauf es Frankreich ankommt. Frankfurt a. ZK., 9. November. sMib.) wie die.Frank. furler Zeitung aus London meldet, erfordert die alliierte Militär. note sorgsamste Behandlung. Ein hochwichtiger Bericht des Pariser Sorrespondenten des.Manchester Guardian" weist ans den plötzlich gesteigerten franzSstscheu Lärm in der Militärfrage hin und sieht stärkste politische Agitation voraus, wenn Berlin sich weigert. der Note Folge zu leisteu oder die Frist verstreichen läßt. In diesem Faste werde Poincare unter der Parole, daß Frankreich selbst für seine Sicherheit sorgen mäste, neue Sanktionen ergreisen. welche praktisch aus ein unbegrenztes Festhalten des Ruhrgebiel, als dem deutschen ha-.-ptarsenal hinauslanfeu. Oer Wortlaut öer Note. Paris , 9. November. (TU.) Die Botschasterkonserenz hat heut beschlossen, zwei Briefe, die Poincare am S. Ottober und am 3. November an den deutschen Geschäftsträger von chösch gerichtet bat, der Oeffentlichkeit bekanntzugeben. Der Brief vom 3. No- uor-iber hat folgenden Wortlaut: Ich hatte am 3. Oktober die Ehre, die deutsche Regierung im Namen der Botschasterkonserenz aufzufordern, olle nötigen Matz- nahmen zu erqrelfen, um der interalliierten Kontrollkommission die unverzüglich« Wiederaufnahme ihrer Operation zu gestatten und zu- wal den franko-belgischen Offizieren dieser Kommission die Aus» Übung ihrer Tätigkeit wieder zu ermöglichen. Nach Ablauf eines Monats fft auf diesen Brief noch keine Antwort erfolgt. Da die Botschasterkonserenz erachtet, daß die deutsche Regierung jetzt imstande sein müßte, ihr die Maßnahmen mitzuteilen, die sie er- griffen hat. um ihrem Ersuchen stattzugeben- beehre ich mich, Ihnen in ihrem Namen mitzuteilen, daß sie eine Beantwortung des vor- erwähnten Briefes bis spätestens Ist. November für notwendig hält. Ich bitte Sie, schleunigst die gegenwärtig« Note Ihrer Re- gierung zuzustellen. Genehmigen Sie usw. Poincarö. Der zweite Brief vom 3. Oktober hat folgenden Wortlaut: Der Präsident der Votschafterkonferenz hat am 21. März!9S3 und am 7. Juni 1923 die deutsche Negierung schriftlich aufgefordert, in Uebereinstiwmung mit Artikel 296 des Persailler Vertrages oll« nötigen Maßnahmen zu ergreifen, damit die Aktion der inter » alliierten MilitLrkontrollkommisston und des Garontiekomitees von jetzt ab voll und unter Vermeidung aller Zwischenfälle zur Geltung kommen könne. Die deutsche Regierung Hot dieser Mitteilung keinerlei Rechnung getragen. Tatsächlich haben die zu- ständigen Behörden, als der Präsident der interalliierten Militär» kontrollkommifsion ihnen mitteilte, daß die Kontrollbesuche am 88. Juni wieder beginnen würden, sich geweigert, die De- traationen, zu denen französische oder belgische Offiziere zählten, zu empfangen. Auf diese Weise konnten von 11 vor«. schrieb-nen Besuchen nur drei ohne Beteiligung sranko-belgischer Offiziere ausgeführt werden. Di« alliierten Regierungen können, wie sie dies bereits im Briefe vom 7. Juni 1923 erklärten, nicht die Gründe anerkennen. aus denen die deutsche Regierung sich weigerte, die nötigen An- Weisungen zu erteilen, damit die militärische Kontrolle wieder auf- genommen werden könne, insbesondere erkenn-n sie nicht das Recht der deutschen Regierung an, zwischen den Mitgliedern der inter - alliirten Kontroll- oder Garanti-kommiision je nach ibrer Rationali- tat einen Unterschied zu ziehen, da«in jede» Mitglied, gleich. gültig welches feine Nationalität ist, sämtliche verbündeten Re- gierunqsn vertritt. Infolgedessen fordert sie dl« deutsche Regierung ein letztes Mal auf, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um eine sofortige und vollständige Wiederaufnahme der Sontroll- läligkeit zu gestatten und zumal Maßnahmen zu ergreifen, damit die franko- belgischen Offizier«, wie ihre englischen, italienischen und sapanischen Kollegen, die ihnen anvertraute Aufgab« erfüllen können. Ein schmutziges ManSver. Die schwerindustrielle TU. meldet aus Paris : Das Telegramm, das Poincare gestern früh an seinen Dotschaf- tcr im Hinblick auf die Möglichkeit einer militärischen Diktatur in Deutschland richtete, ist nach der Ansicht der Pariser Kreis« nicht als offizieller Schritt von Regierung zu Regierung aufzufassen, son- dern lediglich als Unterlage für den französischen Botichoiter de Margeri« zum Zwecke einer mündlichen Rücksprache mit dem Neichr kanzle? Dr. Stresemann. Letzten Endes hondest es sich um «ine Antwort auf eine Anfrag« des Berliner französischen Botschof- t«s, der. wl« Sauerwein zuverlässig erfährt, kürzlich den Besuch von deutschen Linksparteien erhalten hat.(?) Diese erhoben von ihm Auskünfte über die voraussichtlich« Einstellung Frankreichs zu einer misttörilchen Diktatur. Es darf noch hinzu- • gefügt werden, daß de Margcrie Anweisung von Paris erhielt, dl« Ansicht» Frankreichs ollen Kreise» der deutfcfcn Bevölkerung zu unterbreiten und sie anläßlich seines Besuches bei Dr. Stresemann darzulegen. Die hier wiedergegebene Meldung über den angeblichen ..Besuch deutscher Linksparteien" beim'ranzosifchen Botschaf. ter ist g l a t t c r f u n d e n. Das ganze Manöver, dem die ..TU." ihre freundliche Hilfe leiht, läuft letzten Endes darauf hinaus, durch Lüge und Verleumdung die inner- politifche Hetze zu steigern._ Eine merkwürdige Verordnung. Der Reichswehrminlfter«rlößt unterm 9. November folgende Verordnung:„Das Tcrbretten anderer als amtlicher Nachrichten über die Münchener Ereignisse wird hiermit verboten. Zumiderhandlpngen werden nach � 4 der Ausnahme Verordnung be« straft und führen zum Verbot der Zeltung."
Geldentwertungskurkofa. Di« beispiellose Entwertung des Geldes, die wir in den letzten Monaten und Wochen durchgemacht haben, hat manchmal ganz sonderbare Wirkungen. Mehrfach hat der„Vorwärts" festgenagelt, daß noch im Herbst 1923 winzigste Renten gezahlt wurden, deren Betrag längst nicht mehr zu einer einzigen Schnitte Brot pro Monat ausreicht«. Manche dieser Rentengeschicht« wirken fast belustigend. allerdings nur auf den Unbeteiligten, nicht auf den, der dabei Schaden hat. Ein« Frau, die im Po st dien st einen Unfall erlisten hatte, bezog bis Ende September 1923 eins R«ntevon76Mark pro Jahr. Sechsundstebenz'ig Mark! Im September wurde sie zu einem Arzt beordert, damit er durch Untersuchung feststellte, ob nicht inzwischen die Unfallfolgen geschwunden seien, so daß ihr die Rente entzogen werden könnte. Di« Kosten einer Fahrt zu dem Arzt und der Rückfahrt zu ihrer Wohnung er- setzte man ihr im voraus: sie beliefen sich damals auf„nur" 89 999 Mark, das ist mehr als das Tausendfache der ganzen Iahresrente. Wir wissen nicht, ob der Arzt für solche Unter- suchungen festes Gehalt bezieht oder Einzelhoncrare berechnet. Trifft das letztere zu, so werden die Kosten dieses Rentenentzichungsver- fahren? wohl das Millionenfache oer Iahresrente betragen, zumal da auch eine Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen nötig wurde. Daß man der Frau die Rente tatsächlich entzog, war bei der damaligen „Höhe" ein Gewinn für sie. Sie spart seitdem die Abholung, die nur Stiefelsohlen gekostet hätte.
parteigenosien! Uns zugegangene Nachrichten besagen, daß verschiedene Polizei- lnspeklionen Meldungen zum Eintritt in die Schutzpolizei zurück- gewiesen haben. Nach Rücksprache mit dem Kommando beruhen die Zurückweisungen aus einem Mlßversiäudul». welches l u- zwischen behoben ist. Da nun noch Stelleu zu besehen sind. ersuche« mit alle Genossen, welche de« bereits veröffentlichten Ve- dingungen entsprechen, sich erneut zu melden. Vezirksverbaad der BSPD. Groß-Verlia. Fritz Koch.
Das Mißverhältnis zwischen Geldansprüchen, die auf ihrer früheren geringen Höhe stehen geblieben sind, und den Inzwischen in» Riesenhafte gestiegenen Post- und Verkehrstarifen spielt in einem anderen Fall eine Roll«. Ein Apotheker, der bei den Unruhen im März ISIS seine Apotheke als Verbandraum für die Reichs- wehr hergeben mutzte und auf der Straße einem verwundeten Reichswehrsoldaten erste Hilfe leistete, wurde nach seiner Apotheke zurückgehend selber infolge eines Irrtums von der Reichswehr angeschossen- Da ein Lungenschuß ihn für ein halbes Jahr arbeits- und erwerbsunfähig macht«, klagt« er auf Schaden- «rsatz. Eine Entschädigung hat er bis heute nicht erhalten, aber vor einigen Tagen ging ihm vom Versorgungsamt Berlin IV folgender Bescheid zu:„Bezugnehmend auf das heutig« telephonische Gespräch wird Ihnen mitgeteilt, daß Sie an Bersorgungs- gebühren zu erhalten haben: für die Zeit vom 1. 4. 29 bis 39. S. 29, sechs Monat« a 84,49 M.— 59649 M., für die Zeit vom 1. 19. 29 bis 31. 12. 29. drei Monate a 63,45 M.— 199,35 M.. für dl« Zeit vom 1. 1. 21 bis 31. 3. 21, drei Monate a 95,85 M.~ 287,55 Mark, zusammen 984,59 M. Außerdem werden Ihnen erstattet die von Ihnen angegebenen Kosten für Pflege in der Klinik 341,87 M., die laut Schreiben vom 2. 8. 22 aufgeführten Auslagen 164,69 M., zusammen 1499,77 M., rund 1491 M. Bon einer Ueber- Weisung dieses Betrages an Sie nimmt das Amt der Geringfügigkeit wegen Ab st and. Sollt« Ihnen jedoch trotzdem an der Ueberweisung vorstehenden Betrages gelegen sein, so wollen Sie dieses nach hier mitteilen." Di« Unbefangen- heit, mit der dos Versorgungsamt selber auf die„Geringfügigkeit" de« di« Uebersendung längst nicht mehr lohnenden Bettages hin» weist, ist köstlich. Roch amüsanter, aber wieder nur für den Unbeteiligten, ist ein dritter Fall, der ein Bankguthaben bettifst. Bei Kriegsaus. bruch hinterlegte ein Kriegsteilnehmer seine gesamten Ersparnisse in Höhe von 19 999 Goldmark bei der Preußischen Staatsbank als der vermeintlich sichersten Stelle, und er ließ sie dort auch nach dem Kriege, weil er die kommende Geldentwertung nicht ahnte. Jetzt meldet ihm die Staatsbank daß sie sein Guthaben— gegen di« entstandenen Spesen verrechnet hat. Dabei sind die gesamten Ersparnisse draufgegangen, ja er müßt« eigentlich noch etwas dazuzahlen, wenn nicht die Bank das noch un- gedeckt bleibende Mehr an Kosten ihm„großmütig" erlassen hätte. Sie schrieb ihm:„Wir betrachten Ihr Konto als endgültig erledigt und sehen entgegenkommend von der Einforderung de« uns für dieses Schreiben noch zustehenden Portokosten ab." Muß die Be. tonung dieses„Entgegenkommens" nicht auf den enteigneten „Sparer" wie H o h n wirken?_ Zurückgehenüe Kaufkraft. Aus der Generalversammlung de» Berliner Konsum». Di« Generalversammlung der Konsumgenossenschaft Berlin und Umgegend, die kürzlich stattfand, nahm zunächst v«n Jahresbericht des Äorstandes und des Aufsichtsrats cm- gegen Dcscrnlxre Beleucbtung fanden In dem Referat des Sekretärs Hajet die Schmierigkeiten der Warenbeschaffung, hervorgerufen durch die rasende Geldentwertung, als deren Folge Sub- stanzvermindsrung und Betriebskapitalmangel in die Erscheinung treten. Der gedruckte Geschäftsbericht über das 24. Geschäftsjahr 1922/23 weist einen Jahresumsatz von über 45 Milliar- den aus. Bemerkenswert ist, daß der Umsatz an Fettwaren der Meng« noch sich gegen das Vorjahr, trotz gestiegener Mit- gliederzahl, um 8.98 Proz. verringert hat,«in Beweis für di« zurückgehende Kauftraft der Mitglieder und di« damit verbundene Herabdrückung der Lebenshaltung. Don den Produkttsbettieben hat die Bäckerei ein sehr günstiges Ergebnis aufzuweisen: stteq doch der Robmaterialverbrauch um 32,79 Proz. regenüber dem Vorfahr. Der Personalbestand iwrmehrte sich von 2562 auf 2652, di« Mitgliederzahl stieg von 189362 auf 163688 (neu eingetreten sind 28 969 Personen). Der Reingewinn b«. zissert sich auf 42 662 435 M.: er wird restlos den Reserven über- wiesen. Als Rücklage für Ersatzbefchaffungen sind außerdem 399 Millionen in di« Bilanz eingestellt. Di« Rückvergütung an die Mllglttder beträgt 2 Proz. des Umsatzes(994 437 438 M.). Die Ge- nehmigung der Bilanz seitens der Generalversammlung erfolgt« ein- stimmig, ebenso die Entlastung des Vorstandes. Eine von kommu- nistisck)«? Seit« eingebracht« Resolution, ein Sammelsurium von allen möglichen und unmöglichen Forderungen enthaltend, deren Verlesung allein ein« Biertelflund« in Anspruch nahm, verfiel der Ablehnung. Der Vorsitzend« des Aufsitblsrats berichtete über die Dsrfchmelzungs- Verhandlungen mit dem Korf'.lmverein„Merkur ", Spandau . Di« Generalversammlung stimmte im Prinzip der für den 1. Februar 1984 in Aussicht genommenen Uebernahme der Span- dauer Genossenschaft zu. Die Wahlen zum Aufsichtsrat hatten folgendes Ergebnis: Abgegeben 491 Stimmen, davon 2 un- gültig. Auf die.G«noss«nfchaftsaufbau"-List«(VSPD.) entfielen 293, auf di« kvmmumftlschs Vorschlagsliste 196 Stimmen. Al» gewählt gelten: Paul Lance. Franz Walter. Carmen Holz. Friedrich Stach«. Robert Lenzn«r(VSPD.-List«), Hubrig und Heinrich(KPD.- Lis!«). Ein Antrag der Verwaltung, den Geschäftsanteil d«n nerönderten Geldverhältnissen erneut dadurch anzupassen, daß er auf 259 Milliarden Mark festgelegt werde, fand gegen drei Stimmen Annahme, hingegen verfiel ein aus der Mitte der V«r- samnilung gestellter Antrag. Iw« Verwaltung zu ermächtigen, etwa
später notwendig werdend« Erhöhung«« selbständig vezmehmen zu können, falls Einstmnnrgtett in der Äerwallung bestehe, der Ablehnung.
Zahlungsunfähigkeit öer Krankenkassen � Uebor die Krankenkassen ist infolge des weiteren Forrschrtttes der Geldentwertung«ine neue Krisis hereingebrochen, die alle früheren an Schwere zu übertteffen scheint. Die Aerzte fordern Honorare, die für die Kassen eine bei ihren fetzigen Einnahmen kaum noch tragbar« Last bedeuten, und di« Apotheker erklären, daß sie die Arzneien für di« Kassenmitglieder nicht mehr auf Kredit gcbm können. Eine Korrespondenz meldet, daß die Verhandlungen der Berliner Krankenk äffen mit den Aerzteorgani- s a t i o n e n vorläufig zu keiner Einigung geführt haben. Di« Krankenkassenuertretor sollen sogar erklärt haben, sie könnten zurzeit nicht einmal die letzt vereinbarten Honorare zahlen und be- Zusage einer Honorarerhöhung müßten sie nur mit noch größeren Summen im Rückstand bleiben. Sie sollen ater in Aussicht gestellt haben, daß sie die Aerzte nach Goldmark honorieren werden. sobald ste selber Einnahmen aus Gold löhnen erhalten. Di- Apotheker fordern wertbeständige Bezahlung, damit nicht de-' Geldentwertung ihnen di« Neubeschaffung von Arzneien lmmöglick? macht. Sie hoben d«n Kossenmitgliedern bereits die Hergab« von Arzneien auf Kafsentredit verweigert, so daß die Kranken entweder tii Arzneien ans eigener Tasche zu zahlen hatten oder auf lsie Arzneien verzichten mußten. Die meisten Kranken werden bei der jetzigen Notlage areler Familien nicht im- stand« sein, die Arzneien selber zu bezahlen. Daß dieser die Volks- gestindhelt aufs schwerst« gefährdende Zustand nicht fortdauern dari. bedarf wohl keines Beweises.
vte ikrmorüung eines Amerikaners. Ein Engländer auf der Anklagebank. Unter großem Andrang des Publikums begann heute früh vor dem Schwurgericht III unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Ohnesorge die D«chandfung gegen den Englander Norman Pellin und Maria Mariansky. Pellin wird beschuldigt- gemeinsam mit dem nicht ermittelten Witold Müller-Wieczfinsky und der Margarete Griefer den Amerikaner Nowak im Januar d. I. ermordet zu haben. Die Tat ist durch Vergiftung ausgefiihrt worden. Die Marianstq hat nach verübter Tat von ihrem Geliebten Pellin 55 Dollar erhalten, nachdem sie von dem Raub Kenntnis be- kommen hatte. Ei« ist wegen Hehlerei und Begünstigung angeklagt- Der Angeklagte Pellin, der aus der Untersuchungshast vorgeführt wird, ist ein kleiner, schmächtiger Mann von sehr jugendlichen: Aus- sehen: er spricht ziemlich gut deutsch mit etwas englischem Akzent. Di« Mariansty ist«in 89jähnqes, sehr hübsches Mädchen, die Tochter eines Bergmanns aus Gelsenkirchen . Pellin ist 1897 in New Castle in England geboren und der Sohn eines Rabbiners. 1929 ist er nach Deutschland gekommen, hat die verschiedenartigsten deutschen Waren ausgetauft und nach England ausgeführt. Seit April 1922 war er ununterbrochen in Deutschland . Di« Mariansky habe er im No- vember 1921 im Cafe Stern in Berlin kennengelernt. Im Juli 1922 Hab« er auch d«n Amerikaner Nowak gettofien, der eben- falls geschäftlich in Deutschland tätig war. Ende September sei N. nach Amerika gefahren, und«r habe ihn erst am 11. Januar d. I. in Berlin wiedergesehen. Nowak habe viel Damen- verkehr gehabt. Die Grieser habe N. schon im August durch seinen damaligen Dertteter Busch kennengelernt, der mit ihr länger« Zeit ein Verhältnis gehabt habe. Der Vorsitzende geht dann auf den Fall Grenfpach«in. Hierüber gibt der Angeklagte folgendes an: Er fei mit Grenfpach Im April 1922 bekanntgeworden und fei von ihm ein« Tages Im Oktober noch dem Rhcingold bestellt worden. Dort fei Grenfpach mit der Griefer und Müller zusammen gewesen. 2 Tag« spätkr traf ich Grenfpach. sein Gesicht war schwarz und verbrannt. Aus meine Frag« sagte er, daß das Mädchen ihn mtt ein«? Flüfsiakeit besprengt Hab« und dann einen Kredit- brief über 8990 Dollar mitgenommen habe. Ich habe ihn dann zur Klinik gebracht. D«n Kreditbrief ließ ich sperren. Müller behauptete, daß es sich nur rnn einen Scherz gehandelt habe.
4 Goldmark Schulgeld. Das Schulgeld an den höheren Lehranstalten— ein- schließlich der Aufbcwschulen und Aufbcrnklassen— beträgt vom 16. November aboierGoldmart monatlich, für die zweite Hälfte des Monats November also zwei Goldmark. Für Zahlungen in Papiermark ist der Stand der Goldmark nach der amtlichen Berliner Notierung von dem dem ersten jedes Monats nächstvor- hergehenden Werttag«, für die zweite Hälfte des Monats November nach der Notienmg vom 15. November zu berechnen.
Der geschlossene Sprechabend des..Deutsche« Herold". Der„Deutsch « Herold' ist am Tag« des Hiller-Ludendorff- Putsche» unermüdlich tätig. Dies« deutschvöMsche Gruppe wavi am 9. November in tri« Briefkästen der Berliner Vororte zw«i Aufrufe: „Was willst du deutscher Mann?" und die„Iniernationaie erkämpft das Mettschenrechi".„Gastauswels«" für di« geschlossenen Sprech abend« de»„Deutschen Herold" sind zugleich vertcilr worden. In der Zeit geradezu erschreckender Papierprois« leisten sich ganz Nein« Beniner Borort« besondere Flugblätter! Den Flug- blättern ist der kleine Zett«l beigelegt worden:„Männer und Frauen schlaft Ihr noch? Wollt Ihr uns nicht endlich helfen herauszu- kommen aus dem Sumpf? Es spricht der Führer der oAtischen Kampfgewerkschaften Fohrenhorst, wenn er inzwischen nicht wieder oerhaftet wird." Der rührigen Anhängerschaft der Hochverräter Ludendorii- Hitler wird das Berfchwörerhandwerk sehr bald gelegt werden.
»Volk und Zeil", unsere illustrierte Wochenschrift, liegt der heutigen Postauflage bei. Da» wertbeständige Geld der Stadt Berlin lautet auf 1 und ZL Dollar. Da» sind 4.29 und 1.95 M. Einzelne Geschäft« rechnen. wie der Magistrat mitteilt, den ZL-Dollarschein nur mit 1 Mark statt mit 1,95. Das ist«ine Bereicherung auf Kosten des Publikums, die um so ungerechtfertigter ist, als andere Geschäfte bei Zahlung mit wertbeständigem Geld sogar 19 Proz. Rabatt geben.— Firmen. die so das Publikum schädigen, sollen künftig öffentlich bekanntae- geben werden.
Groß-Serliner parteinachrichten.