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Abendausgabe

Nr. 528 40. Jahrgang Ausgabe Br. 266

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20 Milliarden M.

Sonnabend

Vorwärts

Berliner Dolksblatt

10. November 1923

Berlag und Anzeigenabteilung Geschäftszeif 9-5 Uhr

Berleger: Borwärts- Bering Omb). Berlin   S. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 250-2507

Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Ludendorff wieder entlassen!

Auf Ehrenwort" in Sicherheit.  - Die Die Münchener Post" demoliert.

Und Herr Stresemann? Wenn er zwischen den Gegenfäßen, die sich flaffend aufgetan haben, in der Mitte zu tanzen versucht, wird er stolpern und fallen!

*

München  , 10. November, vorm. 10 Uhr.( Eigener Draht- Lossow und Hitler Ludendorff   noch am Putschtag um| Sachsenfraktion in ihrem berühmten Flugblatt fündigt bericht.) General Ludendorff  , der bei der Erftürmung des 1/26 Uhr abends. Verschiedener Meinung war man nur über eft arp in Schöneberg   offenen Ungehorsam gegen die Wehrkreiskommandos gestern gefangen genommen war, ist be- den Zeitpunkt des Losschlagens. Vier Stunden darauf tam Staatsgemalt an. Der Unterschied ist nur, daß die sächsischen reits am Abend gegen die Abgabe der ehrenwörf auch in diesem Bunft eine etwas plößliche Einigung zustande Sozialdemokraten daraufhin und nach dem Hamburger lichen Verpflichtung, an der Bewegung nicht durch die berühmte Bergewaltigung in einem anderen Butsch entschlossen waren, die Kommunisten hinauszuwerfen, weiter teilzunehmen, entlassen worden. Hitler  , Raum". Diese Einigung wurde dann ebenso plöglich wieder während die Bolt spartei nach der Westarp- Rebe und dem der durch einen Schuß in den Oberarm verwundet ist, fonnte ent- aufgehoben. Herr v. Kahr  , der bereit war, im Einverständnis Münchener Butsch der Deutschnationalen den Eintritt in fliehen. Seine Truppen haben sich in der Richtung auf Rosen- mit Hitler- Ludendorff   zur rechten Zeit zu putschen, traute dem die Reichsregierung anbietet. heim zurüdgezogen. Bei den Kämpfen sind auf seiten der National- überstürzten Unternehmen nicht und ging gegen diejenigen, die fozialisten u. a. gefallen Dr. v. Scheubner- Richter  , Freiherr Theodor ein paar Stunden zuvor noch seine Bundesbrüder gewesen von der Pfordten, 3ng. v. Strangfy. In Schuhhaft befinden sich waren, mit grobem Geschüß vor. der frühere Polizeidirektor von München Poehner und der Fürst Auf diese Weise wurde die Kategorie der Er preßten" Wrede. Die von den Nationalsozialisten feffgenommenen Stadt- geschaffen, wie z. B. Kahr, Lossom, Seißer   u. a. Sie spielen Bon der Reichsregierung wird zu den Nachrichten aus räte wie der Bürgermeister Schmid befinden sich wieder in fich jeßt nicht nur als die Unschuld vom Lande auf, sondern Bayern   erklärt, daß auch nach ihrer Auffaffung die Lage in Freiheit. Die Fraktion der Bayerischen Volkspartei   dantfe in einer empfehlen sich sogar noch mit frecher Stirn als die Befreier Bayern   noch nicht genügend geklärt fei. Die Haftentlaffung Deutschlands  . Ludendorffs habe in Berlin   außerordentlich überrascht und sei geftrigen Fraffionsfihung dem Generalstaatskommiffar und sprach Durch den Fall Ludendorff   ist nun eine zweite ohne Fühlungnahme mit der Reichsregierung erfolgt. Die den Wunsch aus, das Generalstaatsfommiffariat Kategorie der Unschuldsengel geschaffen worden, die der Irre- Reichsregierung müsse sich deshalb zu diesem auffallenden baldigst wieder aufzuheben. Der Aelteftenausschuß des geführten". Ludendorff   ist auf Ehrenwort entlassen worden, Schritt ihre eigene Stellungnahme vorbehalten, bis sie über Candtags wird schleunigft zusammentreten, um sich über den weil er von Hitler   irregeführt" worden war. Ludendorff die Motive dieser Haftentlassung unterrichtet sei. Zusammentritt des Landtags fchlüssig zu werden. In unterliegt nun schon zum zweitenmal einer solchen Irrefüh München   ist heute alles ruhig. Der Bölfische Beobachter" rung: einmal ist er im Rapp- Putsch irregeführt worden und und Heimatland" find verboten worden. das zweitemal im Hitler  - Putsch. Beide Male hat er sich näm­München, 10. November.( Eigener Drahtbericht.) Eine der lich einreden laffen, die Sache würde flappen, beide Male aber ersten Taten- der fiegreichen Nationalsozialisten war ein Anschlag auf das Gebäude der Münchener Post". Dabei find Einrichtungs- ift fie schiefgegangen. Rann der arme General etwas dafür? gegenstände demoliert worden, das Erscheinen unseres Parteiorgans Mit nichten! Er und die zahlreichen anderen Irregeführten ist dadurch in Frage gestellt. find reif für die Amnestie.

Unsere eigene Meldung von der Haftentlassung Luden­dorffs findet ihre Bestätigung in einem WTB.- Bericht aus München  , in dem es heißt:

Tragödie oder Hanswurstiade?

Jetzt, wo Ludendorffs Butsch gescheitert ist, wo Hitler  hat entfliehen müssen, jetzt bemüht fich die ganze Berliner  deutschpöltische Bresse  , von der Deutschen Zeitung" bis zur Deutschen Allgemeinen Zeitung" in der Sache von Luden­Einstweilen hat man ihn auf fein Ehrenmort entlassen. dorff abzurüden. Die Deutsche Allgemeine Zeitung" ist Allerdings: Herr Ludendorff hat laut amtlicher Ertlärung der am allerschlauften, indem sie heute morgen überhaupt schweigt Korrespondenz Hoffmann" noch furz vor dem Putsch in und darauf verzichtet, auch nur eine einzige redaktionelle Ueber den Aufenthalt Siflers, der eine leichte Handverlegung feierlicher Weise Loyalität zugesichert und hinzugefügt, wenn Beile ihren Drahtberichten anzufügen. Gestern morgen danongetragen haben foll, liegen noch teine bestimmten Meldungen die Wege der Herren nicht mehr zusammengehen fönnten, jo heller Jubel und freudige Begrüßung, gestern a bend ge not. Man spricht von der Möglichkeit, daß er vielleicht mit einigen würde das Loyalitätsverhältnis vorher freundschaftlich midte Feststellung, nollkommener unzulänglichkeit der Bewe hundert Nationalsozialisten in öfflicher Richtung aus München   ab aufgefündigt werden". Dieses in feierlicher Weise, also auch gung, heute morgen tiefes Schweigen. Das ist die Tonleiter gezogen ist. General Ludendorff  , der sich eine Zeit lang wohl mit großem Ehrenwort gegebene Bersprechen hat er nicht der Deutschen Allgemeinen Zeitung". Wir sind unbesorgt, in Gewahrsam der Polizei befand, ift feit gestern aus der Haft ganz eingehalten. Aus Understand und Tüde jagt Herr baß heute abend, fpätestens morgen früh Luben­entlassen worden, nachdem er fein Ehrenwort ge- D. Rahr in feiner gleichfalls sehr feierlichen Brotlamation. Jegt berff als Unschuldsengel geschilbert merden wird, der geben hatte, jich nicht weiter an der Sache zu be- zeigt sich, daß diese Tücke mur bie Folge von Bergeßlichkeit und nur burch Hitler, falsch informiert war. Morgen früh wird es feiligen. Bei dem Zusammenstoß erfitten auch Angehörige Irreführung war. in der Deutschen Allgemeinen Zeitung" an der Zeit sein, den neuen Borstoß propagandistisch vorzubereiten.

der Landespolizei schwere Berlegungen. In den späten Abendstun- Also Kahr   und Genossen sind Erpreßte", Ludendorff und den wurde mitgeteilt, daß die Entwaffnung der National- Genossen sind Irregeführte". Wer hat erpreßt und irregeführt? fozialisten fast vollkommen durchgeführt war und Hitler! Den aber hat man noch rechtzeitig ausreißen lassen. fie die Waffen abgegeben hatten. Er hätte sonst vielleicht peinliche Einzelheiten darüber erzählen Abends wurde eine Proffamation des Generalstaatsfommiffars fönnen, wie die Bergewaltigung in einem anderen Raum" öffentlich angefolagen, die der Bevölkerung Kenntnis von der Ein- vor sich gegangen war. Er hätte sonst vielleicht in die Welt jehung von Standgerichten gab. hinousschreien fönnen: Sahr, 2ossow und Luden Ueber die gestrigen Borgänge wird weiter bekannt, daß Frei- dorffsind schulbiger als ich!" tag mittag Trupps in den Rathausfaal eindrangen und die Es foll hier nicht untersucht werden, ob Kahr   und Lossow Siffung der schwarzweißroten Fahne verlangten, was nicht schon durch die Berleitung der bayerischen Reichswehr­von den anwesenden sozialdemokratischen und kommunistischen   fontingente zum Treubruch Hoverrat begangen haben Stadträten verweigert wurde.( Siehe Kahr im Bürgerbräu.) Sie haben es zweifellos getan. Aber sicher ist und von ihnen Bewaffnete Nationalisten verhafteten daraufhin den sozialdemofra- felber wird erklärt, daß der Hitler- Butsch Hochverrat war. In tischen Bürgermeister Schmid und mehrere Stadträte der Links- diesem Fall ist jetzt schon erwiesen, daß sie sich zum min parteien, die im Auto abgeführt wurden. Die Säube desten der Begünstigung des Hochverrats schuldig ge­rungsaffion von feiten der Reichswehr   und der Candespolizei wurde macht haben. um 11 2hr vormittags aufgenommen, wo in vollständig friegsmäßi- Ludendorff, der, um seine Haut zu retten, das Ehren­ger Ausrüstung die Truppen in die innere Stadt vorrüdten. Um wort gegeben hat, sich von weiterer politischer Tätigkeit fern­12% Uhr hatten diese die Ludwigstraße erreicht. Hinter einem zuhalten, Sahr, der Statthalter der Monarchie, offow, Drahtverhan hatten sich vor dem Kriegsministerium Truppen des der Meuterergeneral, alle diese Irregeführten" und" Er­Kampfbundes verschanzt. Während an dieser Stelle von den preßten" gehören ohne Zweifel und von Rechts wegen vor Offizieren gegenseitig vereinbart war, nicht zu bas Reichsgericht und zwar schleunigst! schießen, tam es faft zu der gleichen Zeit vor der ehemaligen Schleunigst deshalb, weil das Komplott gegen die Republik  Residenzwache bei der Feldherrnhalle   zu einem blutigen 3u- auch nach dem schmachvollen Ende der Münchener   Hanswurst fammenstoß zwischen Nationalfozialisten und komödie weitergesponnen wird. Die Deutschnationalen streben Schuhpolizei. Dort marschierte, geführt von Hifler und nur deshalb ihren Eintritt in die Regierung an, weil General Ludendorff  , ein Trupp Nationalsozialisten heran. Eine fie über die Münchener   Berbrecher ihre schützenden Fittiche Absperrungskette der Landespolizei ließ den Zag nahe herantom- breiten und ihren Einfluß als Minister zur Förderung neuer men. Als Hitler den Schutzpolizisten zurief, fie follten sich ergeben, Butschpläne mißbrauchen wollen. Ganz mie die fommunistische wurde von einem Teil der Leute dieser Aufforderung Folge ge­leiftet, während der Rest von der Schußwaffe Gebrauch machte. In dem Augenblid stürzte die vordere Reihe des Hifler- Zuges im Feuer zufammen. Die Verwirrung wurde noch größer, als das vor der Feldherrnhalle   stehende Panzerauto noch Maschinengewehrfeuer auf die Menge richtete. Als die Straße leer war, fah man erst, wie viele Opfer das Feuer gefordert hafte.

Ueber das Berhalten der Hitler- Truppen wird bekannt, daß fich die Nationalsozialisten, soweit sie nicht entwaffnet wurden, gegen den Osten der Stadt zurüdziehen in Richtung Stabelheim. In ver­schiedenen Bororten der Stadt wurden fleinere Abteilungen von Hiffer- Ceuten entwaffnet.

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Dollar amtlich 630 Milliarden.

In der Deutschen Beitung" vergießt Mar Mauren. brecher patriotische Tränien über den Helden Ludendorff.  der bei jenem Ausfall aus dem Kriegsministerium den Tod an der Spige des legten Restes feiner Ge freuen gesucht hat." Also wußte er, daß er für eine verlorene Sache stand und wollte denjenigen Abschluß finden, ben ein höherer, einst in ähnlicher Lage, nicht zu finden vermocht hatte." Troß diefer Ehrfurcht vor dem Helden, der an der Spize seiner Truppen den Tod fucht", ist heute morgen aber auch Herr Maurenbrecher der Meinung, daß dieser Münchener Butsch die Tat eines Berzweifelten war, der alles Augenmaß für das wirtliche Kräftever. hältnis verloren hatte." Und er versichert ausbrüd. lich, daß diese Feststellung heute, vierundzwanzig Stunden nach Eintreffen der ersten Meldung, nicht besonders betont zu wer ben braucht. Vierundzwanzig Stunden vorher herr'chte nur leider heller Jubel in den Straßen Münchens  , wie in den Zei. len der Deutschen Zeitung". Man beurteilte also wohl ver vierundzwanzig Stunden diese Tat etwas anders. Und hätte sie Erfolg gehabt, dann würden vielleicht heute die Spalten der " Deutschen Zeitung" anders aussehen.

Tobunglücklich ist der brave Herr Job. 3 immermann, der Sonderberichterstatter ber Scherlblätter. Er sieht schon den armen Ludendorff als Leiche, denn seine lange gefühlvole Schilderung der Revolution im Bierfeller schließt mit dem tragisch- bewegten Sazz:

einsehie, werden morgen ihre Arbeit fun. Der Spruch wird einen Das Spiel ist nun aus, die Standgerichte, die Kahr   soeben Mann treffen, deffen Name lange unter den besten Namen des Baterlandes genannt werden durfte."

Man fühlt es aus jeder Zeile, daß ihm Ludendorff   und Hitler fympathischer sind als der siegreiche Herr v. Rahr. Wenigstens schildert er ihn als eine Art von zweiten Cuna, und Cuno, der 3 auderer, mar boch bei den Deutschvolfischen eben deswegen so wenig beliebt, weil er im entscheidenden Moment nicht den Mut zur Tat und zur Befreiung" fand. Bon der Revolutionsversammlung

Die rasche Erledigung des Münchener   Butsches hat offenbar im In- und Auslande bas Bertrauen in die Stabilität der deutschen  politischen Berhältniffe, das in den leßten Wochen start zu schwinden begann, beträchtlich gehoben. Soweit heute Meldungen von aus. ländischen Devisenbörsen vorlagen, lassen sie eher eine Steige rung des Martturies ertennen. Die einzige, fehr un angenehme Nachwirtung des Butsches besteht in ber anhaltenden im Bürgerbräufeller berichtet er: Geldknappheit. Die Säße für tägliches Geld liegen noch immer Herr v. Rahr hatte eine Bersammlung einberufen, um aus amischen 30 und 40 Broz. Am Devisenmarkte wurden heute wieber Anlaß des fünften Gebenttages der Revolution ein fäuberlich diel. Der banerische Film rollt weiter. 2ft eins: Deutschland   die gestrigen amtlichen Rurse bei einer Zuteilung von 2 Broz. giertes Manifeft gegen den Margismus zu verlesen.( Ganz wie wird befreit" ist schaurig schön zu Ende gegangen. Begt folgt notiert. Die Nachfrage nach Goldanleihe ist außerordentlich start. bei Cuno, ber auch immer die Manuftriple anderer verlas Aft zwei: Man bringt sich in Sicherheit." Sie wurde bei einer Zuteilung von 1 Brog. mit 630 Milliarden D. Red.) Der Eaal war gebrängt voll, nichts Böfes ahnend, faßen Kahr und Lossom waren erpreßt" Sie wollten amtlich notiert. Dollarschaganweisungen gestrichen. Die allge. Die waderen Münchener   vor ihren hohen Blerkrügen( Heil!) Deutschland   gar nicht befreien, beziehungsweise fie mollten es meine Tendenz ist etwas fester, doch bereitet die Geld! nappheit rauchten und sparten nicht mit einer ehrlichen Ovation, als ber nicht so befreien, sondern anders. Ueber die Modalitäten geriet einer freien Entfaltung der Unternehmungsluft noch große populäre Staaistommissar, flein und breitschultrig, das Rednerpult man in brüderliche Meinungsverschiedenheiten, die man mit Schwierigkeiten. Heute verlautete an der Börje, daß schon betritt. Zwischen dem starten Rinn und der niedrigen Stirnpartic dem Schießeisen ausirug. Einheitlichkeit in bezug Borbereitungen getroffen werden, um eine amtliche otte unrubig fladende fleine Augen. Kein Redner, wie welland Can auf die erstrebenswerten 3iele" bestand laut amt- rung der Rentenmart in ähnlicher Weise wie der Devisen verließt er mit roenig Stimme fein Manuscript, nur baß er nicht licher Darstellung der Korrespondenz Hoffmann zwischen Rahr- und Reniennoten am 15. november in bie Wege zu beiten. jener deflamatorisch an drapieren versucht."