Abendausgabe
Nr. 532 40. Jahrgang Ausgabe B Nr. 268
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Vorwärts
Berliner Volksblatt
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Dienstag
13. November 1923
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Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutfchlands
„ Heimtücke, Verrat und Betrug"
Es war ein wundersames Zusammentreffen, daß aus gerechnet der deutschnationale Berliner „ Tag" einen Sonderberichterstatter in der Kahrkundgebung am Abend des 8. November hatte, ebenso wunderbar, daß Berliner deutsch nationale Redaktionen für diese Nacht verlängerten Dienst angefegt hatten. Sie waren augenscheinlich bis ins einzelne davon informiert, daß sich an diesem Abend in München die nationale Revolution" abspielen solle.
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eine neue Reichsregierung" schaffen zu helfen. Wenn schon auf, die in dieser Arbeiterpartei" mittaten. Einer der Gedie Ludendorff, Hitler, Kahr und Lossow dant mangeln den Machtwillens der Reichsregierung nicht vor den Strafrichter zu ziehen sind, so wird der Oberreichsanwalt doch hoffentlich vom Justizministerium die Anweisung erhalten, gegen die norddeutschen Teilnehmer an diesem Hochverrat gegen das Reich die nach dem Gesetz vor gefchriebenen Maßnahmen zu ergreifen.
Auch eine Klarstellung.
fallenen wird in der amtlichen Meldung bezeichnet als„ Rat am Obersten Landesgericht". Danach werden die Sprüche der bayerischen Justiz einigermaßen begreiflich, wenn sogar die höchsten bayerischen Richter sich aktiv an völkischen Putschen beteiligen. Schließlich befindet sich auch unter den Gefallenen ein Kaufmann Körner. Er dürfte identisch fein mit dem Manne, der seinerzeit das Attentat auf Jeßt meldet sich in einer Sonderausgabe des völkischer. Nach Graefes Schilderungen ist der Demonstrationszug Genossen Alwin Saenger verübte und ihn durch ,, Deutschen Tageblattes" ein weiterer Berschwore- zunächst an mehreren Stellen von grüner Landespolizei ange- Stochiebe schwer verlegte, wofür ihn die Münchener Justiz ner, nämlich der Abgeordnete. v. Graefe Goldebee. halten worden, die Polizisten hätten sich aber beiseite eine Woche Gefängnis zubiftierte. Nemesis! Er teilt ganz offen mit, daß er besonders nach München gerufen drängen lassen und freie Bahn gegeben. Erst vor der worden sei, um an der Aktion teilzunehmen. Allerdings ist sogenannten„ Königlichen Residenz" sei der Zug durch Ge. er nach seiner Angabe erst am Morgen des 9. November mehrfeuer aus dem Fenster und Maschinenge= eingetroffen und war dann sofort im Bürgerbräu mitten wehrfeuer eines Reichswehrpanzerautos überfallen wor- Die Hochverräter beschuldigen sich gegenseitig. unter den Butschisten. Von dort aus schildert er nun den. Darauf erfolgte aus den Reihen der Demonstranten der München , 12. November. ( BTB.) Die Korrespondenz Hoffals Augenzeuge die Borgänge, die sich im Laufe des Ver- Ruf" Hinlegen!", und prompt warfen sich Graefe mann veröffentlicht folgende Klarstellung: Unter dem Titel„ Bahrmittags abspielten. Ueber das, was am Abend vorher im und die anderen helben" platt zu Boden. heit" war am Montag an der Universität eine inzwischen auch in Bürgerbräu sich ereignete, berichtet Graefe auf Grund von Allerdings hat Ludendorff nachträglich den Graefe ver der Zeitung abgedruckte Erklärung von Dr. Friedrich Weber, dem Mitteilungen, die ihm aus den Hitlerkreisen, vor allem von sichert, er habe sich nicht hingeworfen, sondern fei aufrecht politischen Leiter des bisherigen Bundes Oberland ange Ludendorff selbst, geworden sind: weitermarschiert, mitten in die Landespolizei und Reichswehr schlagen, die ihrer Ueberschrift leider in feiner Weise gerecht wurde. Schon vor einigen Legen hatten Lossow und Kahr sich in hinein und sei dort festgehalten worden. Am nächsten Tag Dr. Weber behauptet, daß General von Cossom und Oberst von näheren Besprechungen zwischen Ludendorff und Hitler nach seiner Freilassung habe Ludendorff erklärt, er bedauere, Seiffer ganz eindeutig für eine Rechtsdiktatur Hitler- Ludendorffdahin erklärt, daß sie mit den Zielen der Freiheitsbewegung restlos diesen Tag deutscher Schmach zu überleben". Das Ueberleben Coffom gewonnen worden seien. Die Wahrheit ist, daß Lossow und Seiffer stets auf die völlige Unmöglichkeit einer solchen Dittatur hinübereinstimmten; insonderheit hatte Herr v. Rahr betont, daß auch ist zwar nicht notwendig, indessen...! Grafe schüttet dann den ganzen Zorn seiner völkischen gewiesen hatten. Zweitens: Dr. Weber behauptet, Exzellenz von et es angesichts der hilflosen Zustände in Berlin für unvermeid. Seele aus über die Heimtücke des schnöden Wort Kahr habe bei der Besprechung am 6. November 4% Uhr nachmittags lich halte, von München aus eine neue nationale Reichsregierung zu bruches", versichert, Hitler habe nur gehandelt, weil er in erklärt, daß die Reichsdiftatur von Bayern aus geschaffen werden proklamieren und noilgenfalls gegen Berlin zu marschieren, um je Kahr ein" Instrument ultramontaner hinter müsse. Die Wahrheit ist, daß auch bei dieser Gelegenheit Herr von durchzusetzen. Nur wollte er sich den Termin für diese Aktion inter - müsse. felbft vorbehalten, und außerdem wünschte er, daß sich an dem neuen ist zu erkennen glaubte, darum: Rabinett möglichst auch Staatsmänner oder Politifer aus dem Norden beteiligten. Gegenüber diesen Zusicherungen haben Luden dorff und Hitler erflärt, daß sie loyal mit den Herren v. Kahr und Lossow zu diesem Zwede zusammenzuarbeiten wünschten. Eine ähnliche Besprechung hat dann am 8. November nachmittags noch einmal zwischen Ludendorff und Kahr stattgefunden.
Kahr und Lossow, desgleichen Seißer haben nach Graefes Urteil gehandelt, wie Hagen gegen den deutschen Siegfried:
Kahr betonte, daß eine Reichsdiftatur, die nur von Bayern ausgeht, „ Schande über die, die ihn mit feigem Wortbruch betrogen und völlig aussichtslos fei. Im übrigen hat Herr von Kahr erklärt, er jeht noch den traurigen Muf haben, aus ihrer verächtlichen Lage sei fest entschlossen, gegen jeden Verband, der aus sich selbst einen gewaltsamen Umschwung herbeizuführen suche, mit Waffengewalt heraus den Mann zu schmähen, der ehrlich blieb. vorzugehen. Drittens: Dr. Weber sagt: Bon irgendeiner Be drohung mit der Waffe bei den Verhandlungen fann feine Rede Bedrohung mit der Waffe ist nachdrücklich erfolgt, und durch brohende Nash Graefes weiteren Angaben hat jedoch Hitler den„ Selbst wenn es wahr sein sollte, daß sie von vornherein nur Bedrohung mit der Wafe ist nachdrücklich erfolgt, und durch drohende Eindrud gewonnen, daß Kahr mit seinen Zusicherungen die aus Lift so handelten- kläglich genug für einen General Borte und Geften verschärft worden. Biertens: Dr. Weber be Bundesbrüder mur hinhalten wollte, um ihre Pläne dann und einen Minister, wenn sie so zusammenfniden, sind sie ge- hauptet, Kahr habe sich mit der Schubhaft der Minister einverstanden erklärt. Die Wahrheit ist, daß Kahr sich nach dem Aufenthaltsort plöglich durch eine Königsproflamation zu fabo- richtet für alle Zeiten als feige Männer des Workbruches! So mag ter Minister erfundigte, hierauf jedoch nur die Antwort erhielt, fic tiere. Hitler faßte beshalb den Entschiug. durch eigenes Han man vielleicht einem fremden Vaterlandsfeind gegenüber einmal vor- der Minister erfundigte, hierauf jedoch nur die Antwort erhielt, fie deln den Kahr zum Farbebekennen zu nötigen. Zu diesem gehen müffen, aber einem deutschen Manne vom Schlage Luden- feien in Schußhaft. Kahr erlangte fodann, daß die Minister an 3wed überfiel er die Bürgerbräuverfamm- borffs gegenüber ist es ein verächtliches Verbrechen! Und daß sie ständig behandelt(!) und ihre Familien verständigt würden. lung und rief dort die nationale Republik " aus. den Betrug und Berrat so lange verstedten, um den tödlichen Schlag Boller Wut schildert Graefe dann, wie Rahr seine Erflärung gegen die völlische Bewegung durchführen zu können, das bleibt Herr v. Kahr leistet sich wirklich Scherze, die nur in der in der Versammlung abgab, wie Lossow sie unterstrich mit für mich Beweis genug, was schwarzen" Geistes bewußte oder Münchener Biertelleratmosphäre ihre Erklärung finden. Also: dem Bersprechen, eine race u organisieren, die die unbewußte Handlanger sie waren." Schließlich wird auch das Verhalten des Kapitäns Ehr er hat eine Reichsdiktatur, die von Bayern ausgeht, für Flange schwarzweißrot übecall mit G'ol tragen" werde, wie dann draußen die Front der Kampfforma- hardt als gleichfalls schnöde und traurig" bezeichnet und der unmöglich erklärt. Angenommen, er lügt in diesem Falle tionen abgeschritten" wurde und Rahr dabei der natio- Kronpring" Rupprecht gegen seinen„ Statthalter" nicht, dann will er damit doch wohl sagen, daß er andere Wege zur Errichtung einer Reichsdiktatur vorgeschlagen hat. nalen Jugend besonders fräftige Heilrufe aufgerufen! Der Born der peratenen Putschiften ist begreiflich. Aber Jedenfalls hat er mit Banditen, die die Ermordung und zurief. Interessant noch sind die weiteren Mitteilungen Graefes, ist das etwa der erste Wortbruch, den der General Lossow Miedermegelung von tausenden deutschen Bolksgenossen offen wonach die Kahr- Lossow- Seißer ursprünglich die Absicht beging? Hat er nicht auch schon seinen der Republit ge- nicht nur proflamieren, sondern direkt vorbereiten, hochver hatten, der neuen Sache ausnahmsweise treu zu bleiben, daß leisteten Eid gebrochen, als er sich mit den Butschisten räterisch fonspiriert, er hat ihnen dauernd versichert, daß er die ersten Anzeichen des Umfalls sich erst zeigten nach einem Ludendorff und Hitler einließ, und vorher schon, als er den die gleichen Biele verfolgt. Jezt bombardieren sich die HerrGespräch, das Kahr und Lossow noch in der Nacht mit freiwillig gelobten Gehorsam seinen Borgesetzten verweigerte? fchaften gegenseitig mit Ertlärungen", aus denen für den Bevollmächtigten Ehrhardts, dem Kapitän- Die Deutsche Treue" findet durch Graefe eine besondere Be- jeden anderen nur das eine unwiderleglich hervorgeht: Kahr und Hitler sind ein und dasselbe. Wie lange will eigentlich leutnant R a utter halten. Die Bermutung liege nahe, baß leuchtung: Wortbruch, Heimtüde, schnöder Ber - die Reichsregierung dieser Berbrecherherrschaft noch zusehen. Kautter, der ein scharfer Gegner von Ludendorff , rat find gegen einen Fremden erlaubt, nur nicht gegen Die Bayerische Volkspartei ist doch offenbar nicht in der Lage, Hitler und der völlischen Freiheitsbewegung sei, eineft, ver- Ludendorff und feinesgleichen! Die Hagen und die Siegfriede, in der„ Drdnungszelle" Ordnung zu schaffen. Sollen wir hängnisvollen Einfluß auf die wortbrüchigen Ent- die ih in München zeigten und Unterstützung aus Mecklenburg fchlüffe" der Kahr - Leute ausgeübt habe. Man spreche sogar fanden, find ein ander wert und das wirkliche deutsche Deutschen wirklich zum Kindergefpött in der ganzen Welt gemacht werden. davon, daß auch Kronprinz Rupprecht diesen Einfluß verstärkt Bolf in seiner werftätigen Arbeitsamkeit dankt dafür, von auch habe. Der Mitputschist Graefe wird dann moralisch, nur einer Gruppe dieser Ehrenbolde beherrscht zu werden. spricht von schnödem Worthruch" und ,, verlogenem Spiel" und verlangt, daß deutsche Edelleute" und hohe Offiziere" doch mindestens eine Auffündigung ihres Treubundes mit den anderen Hochverrätern hätten vornehmen müssen.
Die Nationalsozialisten.
Die Liste der bei den Rämpfen in München gefallenen Nationalsozialisten ist in mancher Beziehung, charakteristisch. Zunächst fällt der große Prozentsatz der a dligen Namen
Die Kurse steigen.
Also doch?
München , 13. November. ( T.) Die München- Augsburger Abendzeitung" meldet aus Berlin : Obwohl die bayerische Regierung die Aburteilung der Münchener Puffchiften vom 8. november vor dem Sondergericht in München in die Wege geleitet hat, ist gestern vom Reichskabinett der Auftrag an den Oberreichsanwalt auf Eröffnung des Hochverratsverfahrens vor dem Reichsgericht in Leipzig ergangen. Der Antrag des Reiches gründet fich auf die Erklärung der Hitler - Leute von der Absehung des Reichspräsidenten und der Reichsregierung.
Ludendorffs, Ehrenwort".
Someit Graefe über die Ereignisse des 8. November berichtet, handelt es sich nur um Stimmungsschilderungen. Aber über die Schießerei am Morgen des 9. November berichtet er als Augenzeuge und erklärt, daß er für die richtige Dollar amtlich 840.- Goldmark 200 Milliarden. Wiedergabe mit seiner Person einstehen würde. Zunächst einDie Säge für fägliches Geld find heute auf 5 bis 6 Prozent mal verrät er ganz offen, daß er sich mit Hitler , Ludendorff und anderen Mitverschworenen an die Spize eines De zurüdgegangen. Der Streit in der Reichsdruckerei übt anscheinend monstrationszuges gestellt habe, der unter Füh auf den Zahlungsmittelumlauf vorläufig feinen nennenswerten Einrung der schwarz- weiß- roten und der Hakenkreuzfahne die fluß aus. Es fann jetzt als sicher gelten, daß das wertbeständige um die Verbreitung folgender Erklärung ersucht: Meine ehrenwörtliche Erklärung, die ich dem Herru Dolfisch- nationale Tendenz der Aktion vor Augen führen" Geld am 15. November nicht in ausreichenden Mengen zur Bersollte. Allerdings ist Graefe vorsichtig genug, sich rechtzeitig fügung stehen wird. Unter diesen Umständen gewinnt natürlich der Ersten Staatsanwalt am Landgericht in München bei meiner ein juristisches Alibi zu befchaffen: er meint, daß für ihn und amtliche Berliner Devisenmarkt wieder eine größere Bedeutung. Die Entlaffung aus der Schutzhaft am 9. November abgegeben habe, die Lubendörffer zu jener Beit noch die am Abend vorher pro Reichsbant fah sich außerordentlich großen Anforderungen gegen lautet wörtlich: Ich versichere gegen Ehrenwort, daß ich ohne Zu flamierte Regierung" entstand und daß deshalb der Umzug über. Die bisherigen amtlichen Kurse ließen sich bet diesem Ansturm ſtimmung des Ersten Staatsanwalts beim Bandgericht in München 1 der Putschisten ,, auf einem durchaus legalen Boden" nicht mehr halten. Man notierte heute Auszahlung London mit meinen Aufenthalt nicht wechfeln merbe. 3ch versichere weiterhin stattfand. Das ist allerdings eine Frage, die den Ober 3700 Milliarden bei einprozentiger Zuteilung, Holland mit 320 gegen Ehrenwort, daß ich mich bis zur Erledigung des Strafver reichsanwalt interessieren dürfte, um so mehr, als ein aus Milliarden bei gleicher Zuteilung und Kabel Rem Dort mit fahrens an feiner polififchen Bewegung beteiligen werde, die den Medlenburg stammender Reichstagsabgeord= 840 milliar den bei derfelben Buteilung. Diese Kurse ent- gewaltfanien Umfturz der Regierung des Landes oder des Reiches Ludendorff. neter von Berlin nach München fährt, um dort gewaltsam sprechen einer Goldmartparität von 200 milliarden. zum Ziele haf.