Sie sind alle unschuldig. Die Mohrenwäsche beendet. Man muß nur Geduld habcn, dann klärt sich alles auf. Nach- dem sich Kahr und Ludendorff tagelang beschimpft und gegenseitig die Schuld an der freilich sehr kostspieligen und nicht wieder gut- zumachenden Cselei im Bürgerbräu in die Schuhe geschoben haben, kommt jetzt der Vorstand der bayerischen Offizer- und Regimentsverein« und dekretiert: Alles war nur ein Irrtum; die Kahr , Ludendorff, Lossow und Seißer , sie sind oll« Unschuldsengel. Das Dekret steht so aus: Exzellenz v. Kahr , General v. Lossow und Oberst Seißer l)ab«i am Donnerstagabend in der klaren Vorausfetzug, daß ohne Täuschung der Hitler -Leute ein schwerer Konflikt entstehen würde, ihre Ehre und ihr Ansehen aufs Spiel gesetzt, um« t a a t und Vaterland zu erhalten und schwerste Erschütterungen zu , vermeiden. Der Vorstand ist sich darüber einig, daß«in Gelingen � des Putsches die deutsche Bewegung vernichtet hätte. Lukendorff konnte die Erklärung v. Kohrs, v. Losiows und Seißers in der Bürgerbräu-Versammlung nicht als«in Töu- schungsmanöver erkennen. Ludendorff hat sich daher in gutem Glauben der Bewegung angeschlossen, v. Kohr, o. Ljosjow und Seißer mußten daher auf Grund der Vorgänge annehmen, Ludendorsf handele im Einverständnis mit Hitler . Sie unter- ließen daher eine spätere Benachrichtigung des Generals Luden- dorff über ihre angewandte List. Daraus entstand der unheil- volle Irrtum, daß deutsche Männer und Offizier«, wie v. Kahr , v. Lossow und Seißer glaubten, daß ein Mann, der beut- scher Heersührer mar, nach einigen Stunden sein gegebenes Wort bricht und sich an einem Putsch beteiligt, den er vorher schroff verurteilt hat. So ist denn alles wieder in Butter. Kahr hat dem Vorstand der Offizicrvereine seinen Dank ausgesprochen und die„nötigen" Schritt« in der Angelegenheit Ludendorsf in Aussicht gestellt. Ludendorff selbst läßt durch TU. erklären, er denk« nicht daran die Schutzhaft anzutreten, da die Ursachen beseitigt sind. In der Tat, auf eznen Wortbruch mehr oder weni- ger kommt es bei dieser Geschichte nicht an. Di« Hauptsache bleibt, daß sich die Helden, die Sieg oder Untergang schwuren, möglichst glatt aus der Affäre herausschwindeln. Damit werden zwar die 19 Toten nicht wieder lebendig gemacht, aber was schadet das, wenn nur die Geistesheroen Ludendorff und Kahr , die m i t H i t l e r solange gemeinsame Sache machten, als es nicht ernst war, der Menschheit erhalten bleiben. Die Bayerische Bolkspartei dürfte sich bei dieser Mohrenwäsche wenig wohl fühlen. Ihr famoser Generalprokurator Kahr , der dazu ausersehen war, die längst unangenehme national- sozialistische Bewegung in Schach zu halten, rettet sich jetzt allem An- schein nach in das Lager jener, auf tue er noch vor kurzem schießen lieh. Da die Völkischen trotz ihrer sonstigen prinzipiellen Prinzipienlosigkeit an den: Prinzip„Pack schlägt sich. Pack verträgt sich" stets festgehalten haben, nimmt das nicht weiter wunder. Was aber soll die Bayerische Volkspartei tun, die plötzlich die mehr als peinliche Entdeckung macht, daß sie den Bock zum Gärtner ge- macht hat? Saperisthe Volkspartei gegen Luöenüorff. München , 16. November.(MTB.) In Erörterung der Rolle, die General Ludendorff in den letzten Tagen gespielt hat, schreibt die Korrespondenz der Bayerischen Bolkspartei n. a.: Daß der bedeutendste Heerführer, den die Geschichte des großen Krieges auf deutscher Seit« aufweist, sich dazu hergab, mit Hitler eine Revolutionstragitomödi« in den Straßen Münchens aufzuführen, das wird Deutschland dem General nicht vergessen, denn dieses Deutschland hat Anspruch darauf, daß die Männer, denen der große Krieg Lorbeeren um dos Haupt geflochten hat, ihren Ruhm nicht mitpolitifchenNarreteien verspielen, denn das geht auf Kosten des Ruhmes der deutschen Geschichte. Es ist keine antipreußische Gehässigkeit, wenn wir Bayern , die wir dem Heerführer mit Freuden«inen Ruhesitz in unserem Lande gönnen, den stillen Wunsch hegen, die Zukunft möge uns von dem .Politiker" Ludendorsf befreien. Ist öas nicht»marxistisch�! München , 16. November. (WTB.) Die feit zwei Togen erneut -elingetretsne Preissteigerung aller lebenswichtigen Bedarfsartikel hat
Eine alte Irrlehre. Bon Dr. Müller. Von viel hundert Geschichtslehrern wird heute noch ein« alt« Irrlehre vorgetragen, die ein« ganz gewiss« Tendenz verfolgt und die in den Köpfen der Jugend fortzeugend falsche Ansichten gebärt. Es handelt sich um jene rührende Geschichte, die der Patrizier Menenius Agrippa erfand, um den streikenden Plebejern das Unsinnige ihrer Arbeitsverweigerung darzutun. Der Jugend aber, und zwar schon auf den Schulbänken Roms, sollte und soll dadurch immerzu der Unterschied von reich und arm, von hoch und niedrig, von Herrn und Knecht als gegebene Naturnotwendigkeit sinnfällig vor Augen geführt werden. Di« Geschichte lautet: Di« Plebejer, endlich müde der beständigen Uebervorteilungen durch die herrschende Klasse der Patrizier, wanderten eines Tages aus Rom aus. Der Patrizier Menenius Agrippa eilt« ihnen nach, überlistete sie durch Erzählung einer Fabel und bewog sie zur Rück- kehr. Cr wandte das Gleichnis an: die Gliedmaßen, empört über den anscheinend nichtstuenden Magen, beschlossen, den Magen durch ihre Arbeitseinstellung zu zwingen. Als aber dadurch der ganz« Körper abzehrte, seien die Gliedmaßen(— Plebejer) wieder zur Einsicht ge- langt und hätten ihre Arbeit für den Magen(— Patrizier) wieder aufgenommen. Einmal weiß jeder geschulte Historiker, daß durch den Brand Roms(396 v. Chr.) alle älteren Aufzeichnungen ein Raub der Flammen wurden und daß damit die geschichtliche Glaubwürdigkeit dies«r Erzählung wie der g«samten älteren römischen Geschichte er- ledigt ist. Glaubt man aber trotzdem die Fab«l als belehrend«? Schul- beispiel erzählen zu müssen, dann stelle man sie auch gefälligst richtig. , Jeder naturwissenschaftlich nur einigermaßen gebildete Laie weiß heute, daß die Funktionen der normalen körperlichen Organe weder reich noch arm, weder hoch noch niedrig, weder Herrn noch Knecht überhaupt zulassen. Das Prinzip des Ausgleichs, der Gleichberechtigung, der Gleichbewertung herrscht gerade im Körper (ich rode nur vom normalen) oder wird angestrebt. Eines der .Hauptmomente für einen gesunden Körper ist seine gleichmäßige Blutverteilung. Ganz undenkbar ist es, daß ein einzelnes Organ(normalerweise) sür sich ein Maximum reserviert, sich ein Depot aufspeichert, während andere Organe, und gerade die, denen erhöhte Arbeitsleistung zufällt, auf ein Minimum von Zufuhr ohne Schädigung gestellt würden! Schafft sich aber ein Körper in s e i n e r Gesamtheit einen Vorrat(z. B. an Fett) an, so käme dieser in erster Linie gerade dem in Höchstleistung stehenden arbeitenden Organ zugute. Das Charakteristikum für den Kapitalisten ist sein Deport, ist die Anhäufung von Materiellem. Wie furchtbar rächt es sich an einem einzelnen Organ(z. B. am Herzen), wenn es sich Vorräte (z. B. F«tt) angehäuft hat! Es geht eben zugrunde und mit ihm
den Land�soorsitzenden des Deutschen Gewerkschastsbundes dar christlichnationalen Arbeitnehmer, Landtagsabgeord- neten Funke, veranlaßt, im Auftrag« des Bundes an das Gesamt- staatsministerium und den Generalstaatskommissar ein Schreiben zu richten, in dem er auf die verzweifelt« Stimmung der minderbemittelten Bevölkerung sowie der Lohn- und Gehalts- empfänger hinweist und eine dem jeweiligen Dollar st and angepaßte fcfortige Aufwertung der Renten, Löhne und Gehälter verlangt.
Ein Hilferuf aus Hapern. Die sozialdemokratische Presse gefährdet. München , 16. November. (Eigener Drahtbericht.) Durch das Verbot der sozialdemokratischen Presse in Bayern sind die sozial« demokratischen P a r t e i b et r i« b e außerordentlich schwer getroffen. Größtenteils fehlen die Mittel, um die Arbeiter und Angestellten auch nur für eine einzige Woche über Wasser halten zu können. Ob die Inanspruchnahme der Erwerbslosenfür- sorge möglich ist, muß nach dem Vorkommnis in Hof bezweifelt werden. Hier wurde anläßlich eines früheren Verbotes des dortigen Parteiblattes den durch das Verbot arbeitslos gewordeneu Arbeitern und Angestellten ein Anspruch auf die Erwerbslosenunterstützung von maßgebender Stelle(Reichsarbeitsministerium? D. Red.) a b- gesprochen. Mit am stärksten betroffen ist die„M ü n ch e n« r Post", deren Inneneinrichtung zum größten Teil dem hitlerischen Vandalismus zum Opfer gefallen ist. Von den sechs gestohlenen Schreibmaschinen wurden am Dienstagabend zwei Stück wieder dem Besitzer zugestellt, und zwar durch einen Dienstmonn, dem die Ma- schinen von zwei unbekannten Männern auf der Straße ausgehändigt wurden. Um der großen Not einigermaßen abzuhelfen, erlösten Redaktion und Verlag der„Münchener Post" folgenden Aufruf an all« Republikaner und Sozialdemokraten: „In der Nacht vom 8. zum 9. November haben haßerfüllt« Banden, Angehörige„nationaler" Verbände, in den Räumen unserer„Münchener Post" wie Hunnen gehaust und in ihrer sinn- losen Wut alles kurz und klein geschlagen. Der angerichtete S a ch- schaden geht in Tausende von Billionen. Vieles ist nicht mehr beschaffbar und dauernd verloren. Gleichviel wie diese Wiedergutmachungsfrage gelöst wird, eines steht unbedingt fest: In einer Zeit, da alle rechtlichen, sittlichen und polltischen Begriffe iich in hellloser Verwirrung befinden, müsten die geistigen Waffen unserer großen Bewegung schärfer und schneidender geführt werden als je zuvor. Darum helft alle zusammen, daß die Brandstifter und Plünderer ihren Zweck der Lahmlegung der„Münchener Post" nicht erreichen. Alle uns Gutgesinnten mögen nach dem Grcjde ihrer wirtschaftlichen Leistunazfähigkeit ihr Scherflein beisteuern zur Behebung der schlimmsten Schäden. Beiträge wollen unter dem Kennwort:„Münchener-Post-Hilfe 1923" an die Firma G. Birk u. Co. m. b. H., München, Alt- Heimereck 19, Postscheckkonto München Nr. 4l99, gesandt werden. Es lebe die unerschüttert« Solidarität für die Sozialdemokratie, es leb« Treue um Treue, bekundet durch die Tat." In einer stark besuchten Versammlung nahmen die Funktionäre der freien Gewerkschaften Münchens Stellung zur gegen- wältigen politischen Lage. Der Vorsitzende, Genosse Schiefer, zeichnet« in Umrissen ein Bild der jetzigen Entwicklung, aus d«m die Funktionäre die notwcndgen Richtlinien für ihr Verhalten entnehmen konnten. Di« Versammlung, die ohne Störung verllef, erhob scharfen Einspruch gegen das Verbot der sozialistischen Zei- tung«n und endete mit einem Treuegelöbnis der München «r Gewerkschaften zur deutschen Republik.
Deutschnationale Machtgelüfte. Graf Westarp über die„Regierung des Vertrauens". Di« starke Erregung innerhalb der sogenannten national«» Kreise über die Münchener Vorgänge kommt auch in den öffentlichen Versammlungen der Rechtsparteien zum Ausdruck. Di« Sympathien der Anhänger der Rechtskreife sind dabei offensichtlich viel mehr auf der Seite Hitlers und L u de n d o r f f s als auf der Seite des „ultramontanen ",„von den Jesuiten gekauften"„verräterischen G«nrralstaatskommissars o. Kahr . In einer öffentlichen Versamm- lung in Tempelhof verurteilte Graf Westarp gestern das Vorgehen Hitlers und Ludendorffs als politisch unklug. Er machte dann
der ganze Körper. Solche Depotanlagen in einzelnen Organen sind krankhafte Erscheinungen, sie schädigen den Gesamtorganismus. Der Mensch in seiner kurzsichtigen Selbstsucht widerstrebt diesem Naturgesetz, das ihm die Solidarität auferlegt. Ganze Volts- schichten können an Unterernährung, Tuberkulose, Skrophulos«, Racchitis in einem Staatstörper zugrunde gehen, während dem Magen anderer die ausgesuchtesten Leckerbissen zugeführt werden, während der Reiche sich s«in„Depot" anlegt, womöglich noch im Ausland.... So sieht also das Schulbeispiel, jene alt« Irrlehre, aus. Und man wird hoffenllich künftig das Beispiel meiden, um daran etwa die „gegebene Naturnotwendigkeit" der Monarchie klarzumachen. Ka- pitalismus züchtet den Imperialismus. Gerade die Naturwissen- schaften weisen auf die Republik hin, und wir wünschen, daß auch in der Geschichte mehr Licht werde!—
physiologische Geschlechtsumsiimmung. Seit Jahren werden Experiment« gemacht, um das Geschlecht eines Tieres in das entgegengesetzte Geschlecht umzuwandeln. Die bisher übliche Methode des Ueberpflanzens von Keimdrüsen hat nicht zu beftiedigcnden Ergebnisien geführt; bei Insekten war auf diesem Wege eine Geschlechtsumstinnnung überhaupt nicht möglich, wie Meisenheimer, Kellog u. a. zeigten, und bei Säugetieren wurden nur Scheinerfolge erzielt. Wenn auch in den Versuchen von Stei- nach, Schultz, Sand u. a. di« Meerschweinchen- oder Rattenmännchen völlig weiblich entwickelt« Milchdrüsen und sonstige weibliche Merk- mal« aufweisen, falls ihnen an Stelle der Hoden Eierstöcke einge- pflanzt wurd«n, so waren die Tiere doch niemals imstande. Nach- kommen zur Welt zu bringen; sie waren doch nur Sch«in-Weibchen! Auf anderem Wege gelang es Prof. Harms in Königsberg , wirk- lich Männchen in Weibchen zu verwandeln. Wir wissen längst, daß die Wirbeltiere bisexuell veranlagt sind; d. h. neben dem ausg«- prägten Geschlecht ist das andere Geschlecht doch noch in versteckten Anlagen vorhanden. Die Aufgabe der Geschlechtsumftimmunq ist es nun, diese ruhenden Anlagen zur Entwicklung zu bringen. Wenn di« betrefiende Tierart labil genug ist, muß eine Umstimmung auch noch beim erwachsenen Tiere möglich sein. Eine derartig« Geschlechts- umstimmung ist Ha»ms auf phnfiologischem Wege bei dem Weibchen der Erdkröte gelungen. Das Männchen besitzt in dem sogenannten Bidderschen Organ unentwickelte Reste des Eierstockes. Die Ent- Wicklung dieser weiblichen Keimdrüse wird durch Einwirkung des Hodens unterdrückt. Wenn daher di« Hoden entfernt sind, fällt die Hemmung hinweg. Aus dem Bidderschen Organ bildet sich dann ein vollstöndia entwickelter Eierstock, und aus anderen, früher nicht weiter ausg«bildsten Organen entstehen Uterus und Eileiter , fo daß nunmehr ein funktionsfähiger weiblicher Fortpflanzungsapparat vorhanden ist. Um feine Ausbildung zu erreichen, ist es nötia. den Stoffwechsel in weiblicher Richtung durch überreichliche Ernährung mit Fetten, Lipoiden und Lezitinen umzustellen und die Hoden zu entfernen. Auch äußerlich nimmt dann das Tier weibliches Aus- sehen an, da»er Kopf breit und stumpf wird, wie bei anderen Weib-
weiter interessante Mitteilungen über dt« strategischen Absichten der Rechrsputschisten: „Mit dem Streit der nationalen Elemenie untereinander ist nicht vorwärtszukommen. Unser« Parteifreunde in München und ein von Tag zu Tag wachsender Teil der dortigen vaterländischen Ver- bände steht auf dem Standvunkt, es muß bei der Diktatur Kahr bleiben. Sie wünschen nicht, daß er gestürzt wird und daß wieder durch neue planlose Erhebungen die nationale Sache gefährdet wird. Nach den persönlichen Informationen, die ich eingezogen habe, halte ich diesen Standpunkt für den richtigen. Kohr muß bleiben und die Regierung Knilling muß bleiben und sie werden bleiben, und Bayern muß we'ter die Politik treiben, daraus kommt es an, die es bisher getrieben hat, um im Reiche ander« Verhält- nisse zu schaffen." Natürlich gebraucht Westarp zu dem Zweck«ine B e s e i t i- gung der jetzig«» Reichsr«gi«rung und vor allen Dingen den Hinauswurf der Sozialdemokratie aus allen Länderregierungen. Er bedauert den Widerstand der bürgerlichen Parteien namenllich in Preußen gegen diese Forderung und formuliert demgegenüber das deutschnationale Programm folgendermaßen: „Wir verlangen im Reiche eine Regierung des nationalen Ver- irauens. Da eine Regierung nicht das Vertrauen der ganzen Raiion haben kann, verlangen wir eine Regierung, die das V e r- trauen der nationalen Kreise hat, der Berufsstände, der Landwirtschaft, Industrie und der christlich- nationalen Arbeiterschaft, der Deutschnationalen Par- tei, der vaterländischen Verbände und der alten, guten preußischen Beamten. Das parlamentarische System hat vollständig abgewirt- schaftet. Wir werden eine Regierung haben müsten, die mit diktatorischen Bollmachten unabhängig vom Reichs tag « und den Parlamenten wenigstens für den Uebergang die feste, südrende Hand zeigt. Es brauchen nicht Parteimönoer aus unseren Reihen zu sein, aber Leute, die etwas von den Dingen verstehen. (Zurufs: Keine Juden und keine vom jüdischen Groghandel Ab- hängige!) Auf welchem Weg««ine solche Regierung zu bilden ist. darüber kann man in Lssenilichen Versammlungen nicht reden, dos müssen Sie schon uns Parteiführern überlassen. Wir sind durchaus erfüllt von der Notwendigkeit, stramm aktivistisch, vorwärtsdrän» gend das jetzige Regierungssystem zu beseitigen. Wir sind der An- ficht, daß man damit nicht mehr Wochen und Tage warken darf. daß das sofort geschehen muß, darr nicht in Bayern oder anders- wo«ine neue Flamme hervorbrennt." Westarp weiß natürlich sehr genau, daß diese Machtgelüste der Deutschnationalen nicht leicht durchzusetzen sind. Cr tut so— offen. bar mit Rücksicht darauf, daß«r in einer öffentlichen Versammlung spricht—, als wollten di« Deutschnationalen auf dem Umwege über ein« Reichstogsauslösung den legalen Weg beschreiten und durch Neuwahlen auf der rechten Seite die Deutschnationalen und auf der linken Seite di« Kommunisten stärken(das wäre der größte Erfolg der Reaktion!), um so die Position der Sozialdemokraten und der Mittelparteien zu schwächen. In Wirklichkeit wisten die Deutschnationalen ganz genau, daß ihre Plön « nur durch Ge- w a l t zu erreichen sind und daß ihre Regierung allerdings„nicht das Vertrauen des ganzen Bolkes" haben wird. Grotesk ist di« außenpolitische Perspektive der Herrschaften. Er spricht von dem Abbruch der Verhandlungen mit Frankreich , er sieht dabei voraus, daß„der Franzcs« weiter vorstößt gegen den Main , gegen Berlin und di« Hansastädte". „Aber," fährt er tapser fort: „wenn ich die Wahl habe zwischen«iner neuen feigen Kapi- tulation und der Möglichkeit eines solchen weiteren Vormarsches der Franzosen , so ist mir die Wahl nicht zweifelhaft, dann müßten wir eben das Risiko eines solchen Bormarsches ein- gehen.(Beifall.) Wenn durch den weiteren Vormarsch d,er Französen diese Tatsach« vor. aller Well klargestellt wird, dann wird sich auch das deutsche Volk zu mannhaftem Widerstand ermannen." Das sind die Leute, die über das wirtschaftlich« Elend jammern und dem Volke vorreden wollen, daß sie mit ihrer„Regierung des Vertrauens" imstande sein werden, das Elend zu mil- dern. Sie werden nur eins fertig bringen, die Zerfplitte- rung und den Untergang Deutschlands für Jahrzehnte zu sichern._ Der hessische Landtag hat den der Regierung vorgelegten Gesetz- entwurf über die Auflösung der Familietlfideitom, misse angenommen.
che». Di« völlige Umstimmung der Männchen in Weibchen, die stets restlos gelingt, beansprucht bei erwachsenen Tieren einen Zeit- räum von 4 bis 6 Jahren._ Der irische Dichter Zeats, mit Lornamen William Butler , ist der Träger des diesjährigen literarischen Nobelpreises. Fünf ganze Tage länger, denn sonst, haben di« Herren in Stockholm nötig gehabt, um zu diesem Schiedsspruch zu kommen, der ebenso wie im vergangenen Jahr, als der weitesten Kreisen unbekannte Spanier Venadeute den Preis einheimsen konnte, einigermaßen Kopfschütteln erregen wird. Don Deutschen galt in diesem Jahr Arno Holz als der aussichtsreichste Kandidat. Er mußt« einem Iren weichen, der, ebenso wie der bekannteste Dichter seines Landes, Shaw, in Dublin geboren wurde, und zwar am 13. Juni 186S. Von seinen 1998 erschienenen gesammelten Werken, die acht Bände um- fasten, ist bisher nur ein kleines Buch„Erzählungen und Essays" in die deutsch « Sprache übersetzt(erschienen im Insel-Verlag, Leipzig ). Hier ist u. a. zu lesen:„Wenn die äußere Welt nicht mehr als dos Grundmaß aller Wirklichkeit angesehen wird, dann werden wir die großen Leidenschaften als die Engel Gottes erkennen, und daß si«„ungezügelt in ihrer ewigen Glorie" zu verkörpern, selbst wenn sie den'Frieden und das Glück der Menschen bedrohen sollten, mehr ist als sich über die Ziel« unserer Zeit unterhalten oder die sozialen, humanitären oder anderen Kröft« unseres' Zeitalters beleuchten oder sogar unsere Zeit, wie die Phrase lautet„zusammenfassen": denn die Kunst ist«in« Offenbarung und nicht eine Kritik". Dieser programmatische Satz stellt Peats in bewußten Gegensatz zu seinem Landsmann Shaw, der Sozialist und Gejellschafls- kritizist ist und der es als feine Hauptaufgab« betrachtet, seiner Zeit ein Richter zu sein, stellt ihn auch in Gegensatz zu den anderen großen Iren: Swift. Goldsmith, Wellington , denen die äußere Welt wahrhaftig das Grundmaß aller Wirklichkeit war. Inzwischen hat Irland, heut« noch mehr denn je, unter der britischen Herrschaft zu ieiden, stellt Männer als Märtyrer, die nichts von Osflans kühnen Heldenträumen und den diesen Visionen folgenden dramatischen Geschichten von Neats wisten wollen, wie wir sie in seinen„Plays for an Irish Theatre" finden, von denen sich einige Stücke nicht nur die englische, sondern auch die amerikanische 'Bühne eroberten. Dennoch— auch Shaw sagt:„Dos Herz eines Irländers ist seine Phantasie"— eine Behauptung, die sich bei Z)eats also darstellt, daß jener seine Mystik ganz aus der sagenraunenden Dergcmgenheit seiner grünen Heimatinfei nimmt, allwo verlassene Burgri-inen di« Schemen mutiger Recken und edler Fronen bergen. Seitsam alte Musik klingt aus den Versen des preisgekrönten Dichters auf; und einen eigenen Ton findet er eigentlich nur, wenn ihm fem Herz von Strophen der Liebe überquillt. Vorlewng. Zugunitcn der Ssterreichifchen Freunde«- b ilse veranstaltet die Zsuch- und Kunstbandlung Reichs Pollack, Meinecke- Straße 1. Freitag 8 Uhr, einen KamMertuntlabend. Felix Langer wird sgjn neuestes Drama„Der Zweikamvi' lesen. Museumaführungen. Sonntag 9'/, Ubr vorm. finden wistenickiaft- liche Führungen durch Direktorialbcamte im Alten Museum s.Täg. lichcs Leben im Altertum'— Dr. Reugebauer) und um tl Uhr vorm. Im Kaiser- Friedrich-Museum(.Vorderaste»"— Direktor Weber) statt. EintrittSlarte» am Eingang der Sias««».
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