Einzelbild herunterladen
 

Mitteilung über die Tätigkeit der deutschnationalenAetle" in der oolksparteilichen Rcichstagsfratiion. Sie schreibt: Die Fraktion der Deutschen Dolkspartei, die gestern abend 7 Uhr zu einer längeren Sitzung zusammentrat, beschäftigte sich zunächst mit der Zcntraloorstandssitzung vom Sonntag und deren Ergebnissen. Dabei wurde an dem partei- offiziösen Bericht von verschiedenen Seiten leb- Haft dahin Kritik geübt, daß er sehr zugunsten des Reichskanzlers eingestellt sei, indem er z. B. die Ausführungen des Abg. Scholz nur unvollständig wiedergebe »md auch sonst die Aeußerungen der Opposition nnterdrücke. Später besprach di« Fraktion eingehend die Lage in den besetzten Gebieten. Zu der Kabinettsfrag« Stellung zu nehmen, behielt sich die Fraktion sür di« nächste Sitzung v o r." Die Maulwürfe sind also noch sehr munter und tättg. Sie befolgen das seit dem November ISIS so sehr bewährt« Rezept, sich in kritischen Tagen zu verstecken, um dafür später um so unver- schämter zu werden. Reichsgericht oüer vo!ksgericht! Stvesemann hat am Sonntag versichert, daß die November- Helden des Münchener Bürgerbräukellers vor das Reichsgericht gehören und daß der Oberreichsanwalt sich mtt ihrem Hochverrat zu beschäftigen habe. Das sagt Stresemann . Ander« Leute denken anders und was wichtiger ist, sie handeln anders. Di« DAZ." meldet aus München : Es besteht keine Neigung, die Hitler fache dem Staats- gcrichtshof nach Leipzig abzugeben, denn das R« v u b l t t- schutzgesetz bleibt suspendiert in Bayern . Der Hitlerputsch kommt vor das M ü n ch e n e r B o l k s g e r i ch t«ls das bestehend« landesrechtlich« Sondergericht, das auch Staats- verbrechen aburteilt, die gegen das Reich gerichtet waren." Damtt ja kein« Zweifel an den bayerischen Sympathien des Stinnesblattes auftauchen können, bestätigt die Redaktion diese eigene Meldung ausdrücklich durch vier kostbare eigene Zeilen sie schreibt: Es scheint uns richtig, aus politischen Gründen dem Münchener Volksgericht die Aburteilung des Hitler- putsche« zu lassen: hoffentlich wird di« Angelegenheit dort . schleunig betrieben." So wünscht«s Stinnes mit seinenstarken Bataillonen". Wir zweifeln nicht, daß trotz desjubelnden Beifalls", den Stresemann am Sonntag gefunden hat, als er di« Zuständigkeit des Reichs- anwalts betonte, sich denpolittschen Gründen" der DAZ. anschließen wird. Wir zweifeln auch nicht, daß er das eben so schön und temperamenwoll unterjubelndem Beifall" begründen wird, wie am Sonntag das Gegenteil. Mas Stresemann nicht weiß! Nationalsozialistische Kriminalstatistik aus Bayer«. Im Zentrvlausschuß der Deutschen Lolksportei am 18. November sprach Herr Dr. Stresemann diesen Satz gelassen aus:In Bayern waren Leb«n und Eigentum nicht bedroht." Wir haben schon einmal gefragt: Ist der deutsche Reichskanzler wirklich fo weltfremd, daß er die mit Blut geschriebene Geschichte des Ratio- nalfozialismus in Bayern nicht kennt? Vielleicht schöpft er doch aus den folgenden statistischen Ziffern der Geschichte der nationalsoziali st ischen Verbrechen m der weißblauen Ordnungszelle einig« Belehrung? Am 20. September 1920 wird Dr. Magnus Hirschfeld schwer mißhondett, am 21. Juni 1921 erfolgt«in Straßenüberfall auf den Abg. Alwin Sänger . Im Frühjahr 1921 werden in einer Ausschußsitzung in der nationalsozialistischen Arbeiterpartei in München Pläne über di« Ermordung Erzberger» und Rathenaus beroten: Am 11. November 1921 wird«in A t t e n- tatauf Auer ausgeführt. Am 29. August 1922 werden der Kauf- mann Heß und fein Sohn mißhandelt. Im September 1922 begehen die Nationalsozialisten allein vier grob« Ausschreitungen in München . Im Dezember 1922 sind 10 schwer« Ueberfälle der Nationalsozia- listen in München zu buchen. Im Januar 192Z ereignen sich vier blutige Ausschreitungen der Nationalsozialisten. Sie erstürmen z. D. am 24. Januar das Hotel Grünewald in München . Am .12. März 1923 eröffnen nationalsozialistische Sturmtrupps ein leb- Haftes Feuer auf das Ingolstädter Gewerkschaftshaus.

Zeitbilder. Don Hans Gothmann. Der gcfesfelke Dickjter. Mir Gedichten kann man keinen Handel treiben. Geistig« Werte stehen so niedrig im Kurs, niedriger als die Paprermark, daß ihre Besitzer bei stärkster Produktion und bestem Absatz verhungern müssen. Au» diesen Erwägungen heraus hatte sich der Dichter ent- schloffen, in einem zugigen Hausflur der Großstadtftraße mit Ziga- retten zu handeln. Ich gehe jeden Tag an ihm vorüber, schlage di« Augen nieder aus einem unklaren Schamgefühl und habe da» b«- stimmte Empfinden, daß er begreifen wird, warum ich ihn nicht de- grüß«. Wir kennen uns noch von der Schule her, er hatte einen herrlichen Mut zum Leben, vor feinen klaren Augen lag die Welt bezwungen, wenn er ein zärtlich geliebtes Gedicht las. Jetzt steht er immer ganz in sich zusammengesunken. Kürzlich habe ich ihm fast wider Willen ins Anttitz gesehen. Er hatte einen Blick, der durch mich hindurchging in irgendeine weit« Ferne. Er sah mich nicht und mußte etwas Wunderbares erschauen, denn auf seinen blassen Zügen lag ein fremdes Lächeln, das bis über die feine Stirn leuchtete. Da sah ich sin großes, tragisches Schicksal unserer Zeit: den ge- fessetten Dichter. Einer fristet sein körperliches Dasein mit Ziga- retenhandel und träumt Gedichte in die vorüberjagende Menschen- Herde, ein anderer hockt in lärmenden Banken bei Spekulanten und Schiebern und schreibt Werse auf die weiße Seite werlloser Mil- lionenscheine, der dritte scheut jede Berührung mit all den verhaßten Möglichkeiten körperlicher Existenzbehauptung und verhungert. Alle aber, die mtt den Schätzen ihres Herzens, ihrer Seele Wucher treiben, ihr Boll, die Menschheit beglücken könnten, sterben den geistigen Hungertod. In unserer Aett besteht, geschäftlich ausgedrückt, keine Nach- frag« nach ihnen. Abfall. An einem regenfeuchten Novembermorgen standen an die hundert arm« Frauen, polizeilich behütet, vor einer Wildhandlung. Sie froren jämmerlich vom stundenlangen Warten, ober sie ver- harten regungslos und stumm. Nur wenn eine hüstelte, klang«s wie ein rauher, tierischer Laut des Höstes. Es war bekannt geworden, daß in diesem Geschäft achtzig Schwarzhasen" verschenkt würden. Der Abfall, den die glück- lichen Käufer der Hasen nicht essen wollen, blieb für die Armen. Ich sah«inen Augenblick mit seltsamen Gefühlen auf die lange Reihe der stillen Frauen, denen die Kälte und der heiße Wunsch, nicht leer auszugchen, den Mund verschloß, und denen vielleicht noch nie recht zum Bewußtsein gekommen war, daß st« alle Tag« und Jahre ihres sorgenvollen Leben, nur vom Abfall gelebt hatte». Der Loh«, den U..

Am 23. März 1923 fallen nationalsozialistische Sturmtrupps über die sozialdemokratische Arbeiterjuxend her. Am 26. Ipril 1923 ent- wickelte stch in München-Neuhausen eine förmliche national- sozialistische Straßenschlacht gegen die unbewaffnete sozialdemokratische Arbeiterjugend. Sie wiederholt sich am 27. April 1923 in München-Schwabing. An diesem Tag« wird die bürgerlich- demokratisch« Frau Dr. Rosa Kempf angepöbelt. Am 23. April 1923 wird der Eisenbahner Hammerschmied in Mittelfeld durch Nationalsozialisten erschossen. Am 29. April 1923 wird von diesen der Maschinist M e r k l in Schwandorf ermordet. Am 1. Mai 1923 ziehen die Nationalsozialisten bewaffnet in München auf und zahlreich« Arbeiter werden miß-iandett. Am 3. Mai 1923 erfolgt«in Feuerübsrfall auf die sozialdemo- krotische Arbeiterjugend Südost-Miinchen. Am 21. Juni 1923 schla­gen Nationalsozialisten auf den Kommerzienrat Frankel brutal ein. Im Jnli 1923 sind drei schwere Mißhandlungen der National- sozialisten in München zu verzeichnen. Am 29. Juli 1923 erstür- m« n nationalsozialistisch« Hakenkreuzler das Gewerkschafts- haus in Rosenheim . Bei den nationalsozialistischen Uebersällen in Nürnberg am 1. und 2. September wird ein Arbeiter ermordet. Fünf schwer« nationalsozialistische Gewalttaten lind überdies noch im September 1923 zu buchen. Großes Aussein.rregte im Sommer 1923 die Ermordung des Studenten Bauer, der vor- übergehend ein« Vertrauensstellung in den bayerischen Geheim- bünden einnahm. > Gegen die sozialdemokratischeMünchener Post" sind allein vier Anschläge ausgeführt worden. In de? Nacht zum 9. No­vember 1923 hausten Nationalsozialisten in der Druckerei, Expedition und Redaktion derMünchener Pest" direkt vandalistisch. Triumphie- rend schrieb derVölkische Beobachter":Die Giftküche am Altheimer Eck ist zerstört." In der Wohnung Auers demolierten National- sozialisten zahlreich« Gebrauchsgegenstände. Auer selbst schwebte in Lebensgefahr. Ein nationalsozialistischer Trupp entführte am 9. No- vember den 1. Bürgermeister Münchens , Schmid, und einige sozial- demokratische Stadträte, um sie in einem Gehölz bei München hin- zurichten. Sie wurden von einem Exekuticnskommando mit vor- gehaltenen Maschinenpistolen bedroht, in das Gehölz geführt und dort aufgestellt. In letzter Minute gelang es zwei Männern, die dem nationalsozialistischen Exekutionstrupp nachgefahren waren, die schwer mißhandelten Stadträte zu retten. So sah und sieht es in der Ordnungszell« Bayern aus, wo nach StresemannLeben und Eigentum nicht bedroht" war. Sozial- demokratisch« Arbeiterjugend und sozialdemokratische Abgeordnete sind freilich nicht sozial gleichgestellt mit nationalliberalen Fabri- kanten. Aber vor dem deutschen Gesetz sollten sie doch gleich sein, wie in allem geschriebenen Recht versichert ist. Jedoch Dr. Stresemann, des Reiches Kanzler, handelt wie di« Iustltia, deren Augenbinde verrutscht ist: Er sieht nur Sachsen , aber auf dem bayerischen Aug« ist er blind.

Die Länüerregierungen. Deutschnationalcr Ansturm i« Württemberg . Verfolgt man die deuftchnationale Press?, dann haben die Erbfeinde Deutschlands , dieMarxisten", ihre festeste Position in den einzelnen Länderrcgierungen. Immer wieder ertönt als Schlagwortparols die Forderung nach restloser Be- seitigung der Sozialdemokratie aus den Länderregie- rungen. Merkwürdigerweise sind die Deutschnationalen aber in den Ländern, in denen diese Forderung erfüllt ist, k e i n e s- w e g s b e f r i e d i g t. In Württemberg z. B. ist die So- zialdemokratie feit längerer Zeit aus der Regierung aus- getreten oder wenn man will, von dem reichlich rechtsgerich­teten Zentrum hinausgedrängt worden. Das hindert die Deutschnationalen nicht im geringsten, auch diese ganz und gar marxistenreine Regierung mit allen Mitteln der Dema- gogie und Verleumdung anzugreifen. Di«Germania " nimmt in einer Stuttgarter Zuschrift erneut gegen diese Treibereien und gegen die Agitation des Herrn Bazille Stellung. Sie betont, daß im Gegenlatz zu Bayern die Staatsautorität in Württemberg gefestigt sei und daß für rechtsradikale Elemente dort k« i n R a u m fei. Sie weist ganz richtig auf die eigent- liche Wurzel der deutschnationalen Agitation hin. Die Herren

ihre Männer und Söhn« für ihre schwere Arbeit bekamen und der nie zu Swer noch so kloinen Freude reichte, war immer nur Abfall. Kein Entgelt, kein« Gegengabe für ein« ehrlich eingeschätzt« Leistung: nur ein Almosen, ein Abfall vom Tisch des Herrn, der sie vor dem Derhungern gerade noch schützte. Oder di« kümmerliche Rente, di« sie für ein opferreiches oder gar für ein geopfertes Leben bezogen, war kein vollwertiger Dank für Dienste, die der Allgemeinheit ge- leistet wurden, sondern auch nur Almosen und Abfall aus der Gnade und Barmherzigkeit des Herrn. Si« schufen ihr ganzes Leben lang Wert«, und während andere den Gewinn daraus«insteckten und herrlich von ihm lebten, vegetterten sie vom dürftigen Abfall. Waren schließlich selbst nur Abfall und dem Brotherrn weniger wert als fein Auto oder sein Rennpferd, Abfall unter dem roichgedeckten Tisch des Lebens, an dem si« niemals sitzen durften, unter dem sie wie Ungeziefer krochen, das andere mit den Füßen zertreten. So standen die Frauen noch bis ins helle Licht des Tages. Und warteten auf den Abfall von der Tafel der Reichen, geduldig und stumm wie ihr Leben long.

Internationaler Sriefwechfel. Ein- nichtamtlich« Anregung des preußischen Kultusministers. Der Kultusminister Dr. Boelitz veröffentlicht in dem.�Zentral- blatt für di« gesamte Untmichtsverwaltung in Preußen(1923, Nr. 20) einen Artikel des Leipziger Oberstudienrats Dr. Hartmann, des Leiters der Zentral stell« für amerikanisch-deut- schen Briefwechsel. Diese war im Jahr« 1897 gegründet worden, im Krieg« emgegangen, ober im Jahr« 1922 wieder ins Leben gerufen worden. Die deutschen Schüier bedienen sich der englischen, di« amerikanischen der deutschen Sprache: die Brief« werden von dem Empfänger in seiner Muttersprach« berichtigt und so dem Absender wieder zurückgesandt. Auch Erwachsen« können stch an dem Briefwechsel beteiligen. Dieses Mittel zur Befestigung des friedlichen Verkehrs zwischen Nordamerika und Deutschland ist zu begrüßen. Aber es ist nicht einzusehen, warum es auf die beiden Völker beschränkt bleiben soll. Ein solcher Briefwechsel könnt« ohne Schwierigketten zwischen Engländern und Deutschen vermittelt werden, vielleicht auch zwischen Franzosen und Deutschen . Ist es nicht im höchsten Grade auchim nationalen Interesse" erwünscht, daß man in Frankreich über den Hunger und das Elend der deutschen Bevölkerung nicht nur durch die französische Presse, sondern auch durch Briefs Deutscher t nrerrichtet wird? Darum soll der Brief- Wechsel nieljt auch auf solche ausgedehnt werden, die nicht eine fremde Sprache lernen? Z. B. auf Deutsche, di« mit Deutsch - Amerikanern in Verbindung treten wollen? Ich habe in msiner SchriftDer Unterricht im Geist« der Böckerversöhnung"(Berlin 1921) und in verschiedenen Aufsätzen(Sozialistischer Erzieher, Stmn- mer vom 22. September 1921; Die Menschheit, Nummer vom 13. Juni 1922), dargelegt, daß die deutschen Schüler in der Lektüre di« Literatur, die Kultur und da, Boltsiebe» der Engländer und

wollen ihre eigene uneingeschränkte Herrschast restlos durch« setzen. Sie betont: Für parteipolitische Experimente, wie sie dil Bürgerpartei nach dem Vorbild in Bayern vorführe» möchte, ist das in der Demokratie erstarkte und gefestigte Schwaben - kand nicht zu haben. Auch wer kein Hellseher ist, merkt das System, das der deutschnationalen Geschäftigkeit zugrunde liegt. Da der Angriff auf die Regierung Stresemann bisher nur Teil- erfolge gehabt hat, sollen dic einzelstaallichknmarxistischen " Re- giecuagen sturmreif gemacht und in Bälde genommen werden, um von diesenBollwerken" aus Leciia zu berenuen. Der Plan ist aber zu schlau angelegt, als daß er nicht ruchbar geworden wäre." Ob freilich das Zentrum in der letzten Zeit nicht doch den Deutschnationalen Hoffnungen auf Eroberung der Festung Berlin gemacht, ist eine andere Frage. Man wird sie laum ganz verneinen können: vielleicht haben aber die Münchener Vorgänge doch dazu beigetragen, auch dem Zentrum die Gefahren klar zu machen, die von rechts dem Bestände Deuts6)Iands drohen.

Vereitelee Sparmaßnahmen. Im Vorjahr« hatte die Regierung W i r t h dem Reichstage ein Pensionskürzungsgesetz zur Annahme vorgelegt. Es bezweckte, die Pension derjenigen Pensionäre zu kürzen, die infolge Ausübung eines bürgerlichen Berufes ein wesentliches Zivlleinkommen erzielten neben ihrer erdienten Pension. Dieses Pensions- kürzungsgsetz lehnten damals die Rechtsparteien ab. Di« inzwischen aufs Unerträglich« gestiegene wirtschaftliche Rot zwingt die jetzige Reichsregierung, ihre Absichten aus dem Vorjahre nunmehr durchzuführen. Sie stützt sich jetzt auf das Ermächtigungs- gesetz. Einsprüche der Rechtsparteien, wie im Vorjahre, bleiben also wirkungslos. Hiernach ist endlich zu hoffen, daß denjenigen pensio- Merten Offizieren usw. gegenüber, die als Gutsbesitzer, Fabrikanten und in ähnlicher gefichcrlcr Stellung sich nicht scheuen, unter den jetzigen Notzeiten vom Staate noch die voll« Pension und daneben für ihre Frauen den Fraueazuschlag und für jedes Sind außerdem den Kinderzuschlag mit Teucrungszus.ig zu fordern, etwas wenig» Entgegenkommen und geminderte Zahlungsfreudigkeit a.s bisher geübt wird. Immerhin ist es interessant und verdient die Aufmerksamkeit des werktätigen Volkes, zu sehen, in welch eigenartiger Form die Interessenvertretungen der pensionierten Offiziere aufs neue Sturm laufen. Es find die verschiedenen Offiziersoerbänd«. Statt die Versorgten von den Unversorgten, die Drohnen von den Arbeitsbienen mit scheiden zu helfen und so das Parasitentum gerade ihrer Kreise einzuschränken, zweifeln sie von vornherein di« Durchführbarkeit der neuen Kürzungsvorschriften an. Man ver- gleiche dazu nur die einschlägigen Artikel in den verschiedensten rechffiehenden Zeitungen. Si« heben immer wieder hervor, es sei bei dem Kürzungsoerfahren ein Denvaltungsapparat nötig, der mehr Kosten verursache, als er einbring«. Dabei berufen sie sich auf das Urteil der im Reichspensionsamt und in den Versorgunxs- behörden sitzenden Praktiker. Daß diese Praktiker fast ausnahmslos auch Mitglieder der Offiziersbünde find, verschweigen sie wohlweislich. Gerade diese Personen haben einen großen Teil Schuld an dem krassen Bureau- kratismus, der in den DersorgungsbehSrden(voran im Reichs- pensionsamt) sich so heimisch fühll und mehr ihrer Versorgung als derjenigen der wirklich Dersorxungsberechtigten dienstbar gemacht ist. Diese Personen nun auch noch als Kronzeugen gegen die so zwingend notwendige Sparmaßnahmen der Reichsregierung mobil zu machen, das übersteigt doch alles bisher Dagewesene. Wir fordern die Reichsregierung auf, sich durch solche Machen- lchasten reaktionärer Kreise nicht beirren zu lassen und zugleich und endlich mit ehernem Besen di« Augiasstall« im Dersorgungswefcn zu säubern. Sie muß sich vor allem die aufgerufenen Kronzeugen, die meist doch nur ein« unterschreibend« Tätigkeit im Ver­sorgungsdienst ausüben, einmal näher ansehen.

Nicht im tausanner. sonder« im Präger polittschen Mordprozeß ist der freigesprochene Mörder R i k o l o w infolge der Revision des Staatsanwalts wiedne verhaftet worden.

der Franzosen nur«inseitig kennen lernen, vvrwtegenfc nur das monarchistische, nationalistische, imperialistische Engiand, das sich unter häufiger Verletzung des Völkerrechts ohne all« mora- li schen Rücksichten zu ein» Weltmacht entwickelt hat, und dos chauvinistische, militaristische Frankreich , das lein« Glanzperiode an» xeb.ich zu der Zeit hatte, als es unter»ooerungssüchttgen Mon- nrchen erfolgreiche Kriege führte. Daß es auch in Fr-mkreich und England eine starke oazifistische Strömung gegeben Hot und noch gibt, davon erfahren die Schüler nichts. In dem weit oerbreiteten Elementarbuch der englischen Sprache von Duoislav und Boek wer- den z. B. in 12 von 20 Lesestücken Kriege behandelt, aber in keinem einzigen ein Mann, der durch Bekämpfung der Krieg« und der Kriegsgreuel berühmt geworden ist. Herr Boelitz hat den Artikel Hartmanns in dem nichtamt» lichen Teil« des Zenttolblatts veröffentlicht. Mann werden Sie, Herr Minister, sich amtlich dafür interessieren, den Unterricht »ach Artikel 148 der Reichsvcrfassung in den Dienst der Völkeruer- söhnung zu stellen? Wann werden Sie gemäß der wiederholt an Sie im Landtag ergangenen Aufforderung nach dem Muster Braun- schweig? Ausführungsbestimmungen zu dem Artikel er- lassen? Wann werden Si«, der Sie kürzlich amtlich ein Buch sür das Deutschtum im Auslande empfohlen haben, amtlich«in« Reihe pazifistischer, englisch «? und französischer Werke als Schullektüre empfehlen? Wann gedenken Sie den vor ivm Kriege bestehenden Kandidatenaustausch wieder ins Leben zu rufen? Denn auf eigen« Kosten jetzt in den Ländern französischer und englisch « Zunge zu leben, ist 99 Proz. der Studierenden und Kandidaten der neueren Sprachen unmöglich. Dr. Erich Witte .

Wilhelm und das Orakel. Als im Juli 1914 Wilhelm II. noch unsicher war, ob er eine Politik für oder gegen den Krieg machen solle, beschloß er, wi» schon im Altertum große Staatsmänner es H-rn hatten, das delphisch« Orakel zu b-ftagen. Er wandte an seinen Schwager, den König Konstantin von Griechenland, als Landesvater der Pythia dafür zuständig war. Durch Kon, stanttns Vermittlung erhielt er folgenden Spruch:Wenn Wil- Helm den Krieg beginnt, wird er all« Deutschen zu Milliardären mach en." Darauf wurden di« Mobil- machungsbefehl« freudig«« Herzens unterzeichnet. Rüpelelen und Prügeleien nationalistischer Sludenien. Au» Wien wird unterm 19. gemeldet: Heute vormittag versuchten nationalsozialistische Studenten die Vorlesungen einiger ihnen mißliebiger Professoren durch Lärm zu stören. Infolge dieser Dorzänge. die auch zu Tätlichkeiten zwischen den Studenten verschiedener Parteirichtungen führtet,»ließ de? Rektor«ine neue Kundmachung, in der er den Ruhestörern schärfste Mißbilligung ausspricht, di« Einstellung der Vorlesungen und di« Sperrung des Unloerfitäisgebäudes bis auf weiteres verfügt_ Urani«. Arn SS., abend»* Uhr. Hütt Ssg. GplezelSerg« Trstlrk einen LIchtblldersortraz über:.»»« S ab eaeseu da» Eerga»gea, halt und Segenwart".