Abendausgabe
Nr. 558 40. Jahrgang Ausgabe B Nr. 281
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Vorwärts
Berliner Volksblatt
70 Milliarden M.
Donnerstag
29. November 1923
Berlag und Anzetgenabteilung Geschäftszeit 9-5 Uhr
Berleger: Borwärts- Verlag Gmb. Berlin S. 68, Cindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 2506-250%
Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutfchlands
Keine Aenderung in Preußen.
Das deutschnationale Verlangen abgelehnt.
Die deutschnationalen Berjuche zur Sprengung der preu- auch heute nicht so auf, daß die anderen handeln und sie zu fifchen Regierungsfoalition find gescheitert. Die 3 entrums- allem Ja und Amen zu sagen hat. fraffion des preußischen Landtags beschloß ein ffimmig, daß eine 2 enderung der Regierung im gegenwärtigen Augenblid nicht erwünscht sei. In der Form eiwas milder, in der Sache ebenso deutlich, hat sich die volts. parteiliche Fraffion ausgesprochen. Die Stellung der Demotraten ist bekannt.
Das Berlangen der Deutschnationalen hat alfo einmütige Ablehnung bei den bürgerlichen Parfeien erfahren, um so mehr, als die Deutschnationalen gleich den Bosten des ministerpräsidenten für den Abg. Hergt und das Amt des Innenministers für den General v. Gayl beanspruchten.
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Nachdem der Verfuch der bürgerlichen Mitte, eine Regie. rung mit Unterstügung der Rechten zu bilden, gescheitert ist, bleibt, wenn das Reich nicht der Anarchie überlassen werden foll, nur die Bildung einer Regierung übrig, die von der Sozialdemokratie unterstüt ober gebulbet wird. Ob sie an dieser Regierung dirett beteiligt sein soll ober nicht, ist eine Frage zweiter Ordnung.
Die jetzt zu bildende Regierung wird auf alle Fälle nur ein turzes Leben haben, ba bie Bahlen spätestens im Juni, wahrscheinlich aber schon früher tommen. Eine ihrer wichtig ften Aufgaben wird also fein, die Neuwahlen vorzubereiten, die im ganzen Reich, alfo im besetzten wie im unbefeßten Ge biet, in möglichst vollkommener Freiheit vorgenommen werden sollen.
Bis dahin werden angesichts ber trostlosen äußeren und wirtschaftlichen Lage gewiß gewaltige Schwierigkeiten zu überminden sein. Sie fönnen überwunden werben, wenn die Parteien der Mitte, belehrt durch die Erfahrungen der neuesten Zeit, bereit sind, auf die Masse der Arbeitnehmer, Arbeiter, Angestellten und Beamten jede Rücksicht zu nehmen, die mit dem 3wang der Lage irgendwie vereinbar ist.
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Bon anderer Seite wird uns noch gemeldet:
Eine Entwirrung der durch die Verhandlungen mit den Deutschnationalen noch mehr verwirrten Situation ist bisher noch nicht eingetreten. Herr Stegerwald hat seinen Auftrag noch nicht zurüd gelegt, er dürfte es aber in den nächsten Stunden tun. Man spricht jezt von einer ReDie Sozialdemokratische Partei hat nichts getan, um die gierung der Mitte mit Marg( Bentrum) a's Reichstanzler Berhandlungen über die Bildung einer Bürgerblockregierung und Stresemann als Außenminister. zu stören. Aus Gründen der Austlärung hätte sie es begrüßen Die fozialdemokratische Reichstagsfraktion ist für morgen fönnen, wenn das Bolt erfahren hätte, was eine Rechtsregie- 2 Uhr nachmittags telegraphisch zusammengerufen worden. rung bedeutet. Dieser Anschauungsunterricht hätte nicht nur den Anhängern der Deutschnationalen ein Licht aufgefeßt, sondern auch jenen Anhängern der Linken, die sich mit der Redens art trösten, es tönne ja doch nicht mehr schlimmer fommen. In der bürgerlichen Bresse hat man unterdeffen vielfach Dersucht, den Anschein zu erweden, als ob die Rechtsregierung beshalb unvermeidlich sei, weil sich die Sozialdemokratie neuer dings auf die Stellung einer Oppofition unt jeden Breis zurück gezogen habe. Dieser Darstellung sind wir stets mit der größten Entschiedenheit entgegengetreten, nicht meil mir die Mittelparteien in ihrem erstrebten Glüd mit der Rechten stören wollten, sondern weil sie tatsächlich vollkommen falsch ist. An der grundsäglichen Stellung der Sozialdemokratie hat sich nichts geändert. Sie hat niemals Mitarbeit und Unter ftügung prinzipiell verweigert, fie hat im Gegenteil ihre Mit arbeit in dieser oder jener Form stets gewünscht und gefordert. Nur hat sie diese Mitarbeit nicht so aufgefaßt und faßt sie
Jetzt follen Deutschlands Finanzen in lutherischem Geist burch den Artifel 48 der Weimarer Verfassung zwangsweise und antiparlamentarisch in Ordnung gebracht werden. Daß fie in Ordnung gebracht werden müssen, wenn nicht die Republit aus Mangel an Mitteln auseinanderfallen soll, ist mit vorschriftsmäßiger Langfamteit fogenanntes Gemeingut aller Oberfinanzräte geworden. Die Raulen reden ja eine nicht mehr zu widerlegende Sprache. Werden die Oktober ein nahmen des Reiches in Golb mart umgerechnet wir neh men die Mitte jenes Monats mit einer Milliarde gleich einer Goldmart als Maßstab dann ergeben sich zum Beispiel Kapitalertragssteuer 5 Colomart Reichsnotopfer
Bermögene steuer nebst Zuschlag Befiziteuer
Erbichaftssteuer.
4
454
162
22 797
Aufsichtsratssteuer
4.571
Kraftfahrzeugsteuer
29 561
Frachturkundenstempel
573
Branntweinmonopol
20 643
Effigsäuresteuer Salisteuer
8 469
9 644 4712
190
Spielfartensteuer Süßstoffmonopol
Unsere Zusammenstellung ergibt nicht einmal 100 000 Goldmart, mit diesen Einnahmen können noch feine hundert Beamte bezahlt werden, obwohl sie sich aus zwei Monopolen, Befiz- und Erbschaftssteuer und neun weiteren fomplizierten, ganze Berwaltungen beschäftigende Belastungen" zusammensetzen. Einzelne der genannten Steuern find in Abbau" begriffen.
Auf das Ersuchen der Deutschnationalen Fraffion des PreußiDie gesamten Reichseinnahmen betrugen im Oktober Ichen Candtages, fich über die Frage einer Menderung der großen etwas mehr als 87 Goldmillionen Mart. Kürzlich Roalition in Preußen zu äußern, traten heute vormittag um 10 Uhr wurde für unsere außerordentlichen Deckungsmittel festgestellt, die bürgerlichen Fraffionen zu Sibungen zusammen. Die Demo- taß sie im September entsprechend umgerechnet schon fratische Fratilon beschloß, auf eine gemeinsame Antwort 1900 millionen Goldmart bean'pruchten. Im 3m der Deutschen Volkspartel, des Zentrums und der Demokraten auf Ottober ist es wesentlich mehr geworden! Wie lange will die deutschnationale Anfrage hinzuwirken und für den Fall, daß eine angesichts dieser fatastrophalen Zustände das Reichsfinanzfolche gemeinsame Antwort nicht beliebt werden follte, ihrerseits zu ministerium noch mit der großen Steuerreform warten? Wie ertiären, daß sie eine Verquidung der Seise im Reid mit den preu- lange gedenkt es, an Stelle der Notenpreffe mit den ßlichen Angelegenheiten für unfuulich halte. Auch im Zentrum 1200 Rentenmillionen das wahnmihig hohe Defizit zu beden? feint, foolel man erfahren kann, keine Neigung zu einer Neuberung nach ben eigenen Aussagen der Leitung der Rentenbank hat in Preußen vorzuherrschen. Die Deuliche Volkspartei wird voraus- das Reich die Hälfte seines Anspruches bereits erfüllt befichtlich fich für eine Ablehnung der Anfrage in gemäßigter Form tommen. Spätestens Mitte Dezember ist nach der Meinung entschelden, will aber ihre Fraffionssihung am Abend nach der jener Leute das Faß ausgeschöpft. Was dann? Plenarsihung des Candinges noch fortsetzen.
An die Sozialdemokraten Deutschlands und Dänemarks !
In der Berliner Konferenz vom 26. November 1921 zwischen fratische Partei, die deutsche Arbeiterklasse und bie überwiegende Bertretern dänischer und deutscher Arbeiterorganisationen erörterte Mehrheit des deutschen Bolles den stärksten Widerstand entgegen man eine Reihe von Fragen, die die Bevölkerungen zu beiden setzen. Seiten der dänisch - beutfchen Grenze betreffen, und in den Beschlüffen Die Bertreter der sozialdemokratischen Parteien befchließen, die dieser Konferenz wurde auch die Bereitwilligkeit der fo fozialdemokratische Presse in beiden Ländern aufzufordern, mit zialdemokratischen Parteien ausgesprochen, die Behard aller Kraft lung von Frogen bezgl. der Grenzgegenden fünftig gemeinsam in Angriff zu nehmen.
Demgemäß haben sich Bertreter der Arbeiterorganisationen füdlich und nördlich der Grenze sowie der Leitungen der bänischen und der deutschen Sozialdemokratie am 25. November 1923 zu einer neuen Konferenz in Flensburg vereinigt. Beranlaßt wurde diese Konferenz durch die chauvinistische Agilation,
gegen die völferverhehende Täfigkeit der Chauvinisten einzutreten; auch haben die Parteien bie Kontrolle der Anmendung der Mittel zu verschärfen, die von den refpeftiven Ländern für fogenannte tulturelle Zwede in Anwendung gebracht werden, und dagegen aufzutreten, daß unter diesem Namen der chauvinistischen Agitation und Bressetätigkeit Borschub geleistet wird.
Der Weg ist, wie im Vormärts" schon berichtet, vorbe reitet. Ohne Parlament, auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung soll im Handumdrehen Wandel geschaffen werden. So berichten wenigstens amtliche Auslaffungen, fo flang es aus Herrn Luthers Rede. Dabei zeigt der allerflüchtigste lleberschlag seiner Absichten, daß ihre Erfüllung noch teine hundert Goldmillionen hinter dem Ofen hervorloden wird. Das neue dittatorische Steuerprogramm ist nichts wei ter als Wille zum Dilettantismus.
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Sehen wir uns nach besseren Einnahmequellen um. Unfere Vorschläge setzen wir als befannt voraus. Am 25. November schreibt aber z. B. die Deutsche Arbeitgeberzeitung", oder rich tiger, gibt sie dem folgenden Vorschlag in großer Aufmachung unter dem Signum Inflationsgewinn- Steuer" Raum. Ende mai dieses Jahres, vor dem 3ufammenbruch ber Stügungsattion, notierte der Dollar etwa 70 000 m. Wer zu diesem Zeitpunkte Ware taufte und diese mit einem Drei- Monats- Atzept bezahlte, ftand Ende August bei Einlösung vor der für ihn erfreu lichen. Tatsache, daß die Ware nur noch) 1/160 tostete, denn der Dollar notierte um diese Zeit 11 000 000 m. Diese Beldentwertungs Die Konferenz bestätigt in völliger Uebereinstimmung der sozial- erscheinung blieb bestehen bis in die letzten Tage und ist weiblich die sowohl von deutschen wie von dänischen Kreisen betrieben wird, temokratischen Barteien in Dänemart und Deutschland , daß die ausgenußt worden. Wegbereiter waren führende Kreife eine Agitation, bie von der Konferenz bedauert und verurteilt wird. nach dem Friedensschluß 1920 auf Grund stattgehabter Boltsabstim. des Wirtschaftslebens. Aus diesem Zusammenhange her. Wenn diese chauvinistischen Kreise die Gewalt hätten, ihre Pläne munger vereinbarte Grenze zwischen Dänemark und Deutschland aus ist auch die Verschleppung der Währungsreform zu be burchzuführen, so wäre das Ergebnis ein neuer nationaler Streit, as gefeßlich geltende Grenze anerkannt wird. Die eine Störung des gegenseitigen Bertrauens, das sich seit der Rege. deutsche wie die dänische Sozialdemokratie lehnt jede irredentische fung der Grenze zu verbreiten begonnen hat, und eine Reihe von Bewegung ab. neuen Reibungen und neues Unheil für die Grenzbevölkerung der Ferner pflichtet die Konferenz ber Erflärung vom 26. November 1921 über die betreffenden Landestelle.
Begen der B.äne, tie von einzelnen Berfonen aus dänischen Kreisen entworfen sind und auf eine Berschiebung der bänischen Grenze bis zu einem südlicheren Bunft als bem vereinbarten ab zielen, falls die auf Grund der traurigen Berhältnisse in Deutschland einsetzende Zersplitterung und Auflösung weiter vorschreitet, erklären die dänischen Vertreter, daß solchen
Bersuchen einer Ausnutzung der Not
greifen, denn diese einflußreichen Streife hatten natürlich ein Interesse an einer Stabilisierung der Währung und haben zweifellos einen hemmenden Einfluß ausgeübt; fie fahen in Havenffein, der ihnen diefe enormen Inflationsgewinne ermöglichte, ihren besten Freund.
Hier ist die Möglichkeit gegeben, eine gerechte, nur den Berdem noch den großen Borzug befißt, leicht und schnell, ohne großen diener treffende und äußerst ergiebige Steuer anzutragen, die außer Rostenaufwand, erhoben werben zu können.
Behandlung der beiderseitigen nationalen Minderheiten bet. Der einzige wirksame Schuß ist ter durch staatliche Gefeße gewährleistete, und man betont die Notwendigkeit der Erfüllung einer moralischen Pflicht, die gegenwärtig noch vermißten gefeßlichen Alle diese Wechsel sind auf dem schnellsten Wege, meist noch Bestimmungen zu schaffen, die den berechtigten Ansprüchen ber um Ausstellungstage, in bie Hände der Reichsbant gelangt, die fie nationalen Minderheiten entsprechen und die beiden Minderheiten auch pflichtschuldigft übernahm und damit diesen Kreisen fürft. hinsichtlich kultureller Rechte auf gleichen Fuß ftellen. fiche Geschenke machte auf Roften des gesamten Bolles, denn ebenfo schnell, wie sich jeder von dem Wechsel trennte, bis er an feinem Bestimmungsorte, der Reichsbant, anlangte, trennte sich der Empfänger des Erlöses, meist der Aussteller, von der der Entwer tung ausgefeßten Papiermark und taufte Devisen. Fast töfung aus der Beftentasche vornehmen fonnte. So ist es nur ein Att ausgleichender Gerechtigkeit, wenn er heute einen Teil seiner Riefengewinne wieder hergibt. Damit aber nicht wieber basselbe traurige Ergebnis wie bei der Erfassung ber Kriegsgewinne gezeitigt mirb, ift eine fleine Umrechnung notwendig. Alle Wechsel find durch die Reichsbant gegangen und dort gebucht worden. Bon jebem Bechfel wird der Goldmarf betrag errechnet, und zwar auf Basis Dolarstand des Ausstellungstages.
Im übrigen bezieht die Konferenz sich auf die früher aus des Deutschen Reiches mit dem einhelligen Widerstand gefprochenen Erklärungen, nach benen bie sozialdemokratischen Bar ber Sozialdemokratischen Partei und der gesamten teien ber beiden Länder auch ferner zur Berwirklichung ter ben Arbeiterklasse Dänemarts entgegengetreten werden wird. Minderheiten gegebenen Bersprechen beitragen werden, und wünscht Denfelben Standpunkt vertritt nach der Aeußerung des Staats die möglichst beste Nachbarschaft zwischen unseren Bötern. Die ben ganzen Gewinn hatte der Bezogene, der bei Fälligkeit bie Einministers Neergaard im Folketing des dänischen Reichstags am sozialdemokratischen Parteten merben wie bisher ben Weg angeben, 18. Oftober b. 3. bie gegenwärtige Regierung Dänemarts, und burch ein inniges, brüderliches 3ufammenarbeiten der Arbeiter es unterliegt nicht bem geringsten Zweifel, daß eine überwältigend flaffe unserer beiden Länder, zur Förderung der gemein'amen Inter große Mehrheit des dänischen Bolles unbedingt diesen Standpunkt effen und zur Kräftigung des Friedens und der Freundschaft zwischen ten beiden Böltern. Der Vorstand der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei Deutschlands .
einnimmt.
Ebenso lehnt die deutsche Sozialdemokratie kategorisch alle auf eine Biebereroberung des jeht Dänemart zugesicherten Gebietes abzielenden Pläne ab. Diefen Blänen, es fei, baß fie eine Wiedervereinigung des dänischen Schleswig mit dem Deutschen Reich oder die Schaffung eines selbständigen schleswigschen oder Der Vorstand der sozialdemokratischen Partei Dänemarks ben, meift 99 Proz.! Rechnen wir nur, um alle Einwände abzufchleswig- Holsteinischen Staates bezweden, wird bie Sozialdemo
3. A.: Th. Stauning.
An allen Wechseln ist verdient worden, fehr viel verdient wor
fchneiden, mit 80 Broz. und nehmen wir eine redliche Teilung vor.