oerhielte und überall in Opposition verharrt, solange sie nicht die Mehrheit errungen hat. Aber diese Methode wird nirgends in der Partei empfohlen, weil erstens einmal das Verhalten der bürgerlichen Parteien nach Zeit und Ort sehr verschieden ist und zweitens, weil die Sozialdemokratie nicht grundsätzlich und allgemein auf einen Zlnteil an der Macht ver- ziehten kann, ohne ihre Anhänger zu enttäuschen und die ihr anvertrauten Interessen aufs schwerste zu schädigen. Die Theorie von der„einen reaktionären Masse", die von den bürgerlichen Parteien dargestellt werden soll, hat kein Ge» ringerer bekämpft als Karl Marx . Wer sich nicht auf ihren Standpunkt stellen will, kann auch nicht praktisch alle bürger- lichen Parteien über einen Kamm scheren wollen. Infolgedessen hat sich in der Partei allgemein die Erkennt- nis durchgesetzt, daß das Eingehen von Koalitionen mit bürger- lichen Parteien grundsätzlich nicht abzulehnen ist. Nicht o b Koalitionspolitik getrieben werden soll, sondern wie, wo, wann sie getrieben werden soll, ist die Frage. Es ist eine Frage der Taktik. Diese ist aber aus� den angegebenen Gründen so außerordentlich oerwickelt, daß sich nur bei ruhigster Ueberlcgung feststellen läßt, ob im einzelnen Fall falsch oder richtig gehandelt wurde, eine Uebereinstimmung der Mei- Illingen wird wahrscheinlich auch dann nur selten zu erzielen sein. Die Reichstagsfraktion kann in Fragen der Koalitions- Politik keine Entscheidung treffen, ohne auf die Situation in den einzelnen Ländern Rücksicht zu nehmen. Auf der anderen Seite müssen aber auch die L a n d t a g s f r a k t i o n e n be- denken, daß sie nicht allein auf der Welt sind und daß sich aus ihrem Verhalten schwierige Situationen für die Politik der Partei im Reich entwickeln können. Es handelt sich also darum, die Politik der Partei im Reich und in den Ländern tunlichst aufeinander abzustimmen, wobei dem Ganzen ein gewisser Vorrang vor den Teilen zuzuerkennen ist. Nur so kann sich die Arbeit der Partei gedeihlich entfalten. Sie kann es aber nicht, wenn die notwendige Gemein- schaft durch leidenschaftlich geführte Richtungskämpfe gestört wird. Sie kann es nicht, wenn zwischen Landesparteien und der Reichspartei Konflikte entstehen und durch Richtungs- kämpfe verschürft werden. Aus den bitteren Erfahrungen der letzten Jahre sollten alle Sozialdemokraten gelernt haben, daß es für die Leiden- schaff auch der bestgemeinten Kritik Grenzen gibt, die nicht überschritten werden dürfen, wenn nicht dem Ganzen der Arbeiterbewegung der schwerste Schaden zugefügt werden soll. Und es sollte später einmal unser aller Stolz sein dürfen, die Sozialdemokratische Partei als das letzte Bollwerk der Ar- beiterklasse auch in härtester Zeit vor jener Zerrüttung bewahrt zu haben, deren Wirten in unserem Lande eine Folge des verlorenen Krieges ist, die aber noch schlimmeren Schaden anrichtet als er selbst._
FehnftunSentag? Der neue Kurs des Marx-KabinettS. Der Reichsminister des Innern, Dr. I a r r e s, hat— wahrscheinlich auf seinen Vorschlag— den Auftrag erhalten, eine Verordnung vorzubereiten zur Erhöhung der A r b e i t s- zeit der Beamten einschließlich der Pausen auflv Stunden. Diese Meldung wird die ohnehin starke Erregung der Beamtenschaft noch steigern. Es ist tatsächlich eine starke Zu- mutung. nach den schematischen M asse nentl a f su n gen. ' der mehr als unzureichenden Besoldung. setzt auch noch die allgemeine zehnstündige Dienstzeit einzuführen. Zweifellos ist der Plan der Regierung der, durch den Abbau des Achtstundentages für die Beamtenschaft dem Verlan- gen der Industrie auf Mehrarbeit durch Wiedereinführung des Zehnstundentages Borschub zu leisten und die Ab- Wehrkraft der Gewerkschaften gegen das seit Monaten an sie gestellte Ansinnen zu lähmen. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, daß der größte Teil der höheren Beamten noch nicht einmal daran denkt, auch nur eine achtstündige Arbeitszeit einzuhalten.
Außerdem gibt es auch in der Beamtenlaufbahn Dienst- leistungen, bei denen eine zehnstündige Arbeitszeit einfach undurchführbar ist, weil sie nervenaufreibend wirkt. Wir er- innern nur an den Dienst auf den großen Fernsprechämtern und an den Maschinentelegraphen. Jedenfalls wird die Sozial- demokratie eine schematische Einführung des Zehnstunoen- tages für die Beamtenschaft nicht ohne weiteres hinnehmen. Zu der Meldung wird(Millich wilgetellU Es handelt sich hier nicht um einen Dorschlag des Rsichsministe- riums des Innern, sondern um einen Auftrag des Reichs» k a b i n e t t s an dieses Ministerium, Vorschläge über die Verlange- rung der Arbeitszeit der Beamten und Staatsangestellten demnächst dem Kabinett zu unterbreiten. Dabei wird nicht etwa an eine zehn- stündige Arbeitszeit ohne Pause, sondern an die S 4 stündige Arbeitswoche gedacht.
Lanöwirtschast unü Steuern. Di« neue, von uns mitgeteilte Steuernotverordnung wird vor ihrer endgültigen Verabschiedung zweifellos noch heftige Kämpfe hervorrufen. Sie ist ein Produkt der Not und der Verlegenheit. Sie entsteht in einem Lande, in dem die Kreise, die es angeht, bis heute jedem noch so bescheidenden Versuch einer auch nur halbwegs ernsthaften Steuerreform zähen und immer wieder erfolgreichen Widerstand entgegengesetzt haben. Der gänzliche Mangel an Einsicht in die aus innen- und außenpolitischen Gründen unvermeidlichen Konsequenzen unserer steuerlichen und finanziellen Lage kennzeichnet die geistige Verfassung des deutschen Bürgertums. Diese Kreise haben zur Abwehr unberechtigte klassenegoistischer Forderun- gen das schöne Schlagwort„Marxismus " erfunden, well sie in dem Sinne, in dem sie dieses blöde Schlagwort prägten, selber alle miteinander die größten„Nharxisten" sind. Di« „Wirtschaft" braucht dieses und jenes, sie will regieren, be- stimmen und nicht zahlen. Am„marxistischen "— soll heißen bewußt kurzsichtig berufsegoistischen— ist die deutsche Land- Wirtschaft. Zugegeben, daß es der Landwirtschaft kurze Zeit in den letzten Monaten wegen der Währungsverhältnisse schlecht ging, dieser Zustand war vorübergehend und besagt nichts gegen die Tatsache, daß die Landwirtschaft bis zur so- genannten Landabgabe Steuern überhaupt nicht gc- k a n n t hat, trotzdem es ihr im Vergleich zu anderen Volks- schichten glänzend ging. Lächerlich und beschämend zugleich ist aber der neue Protest, der sofort— mit prompter Zuverlässigkeit— vom Reichslandbund gegen die neue Steuer- Verordnung erfolgt. In dem Protest heißt es: Diese Bestimmungen laufen darauf hinaus, daß zunächst die Zugrundelegung des Wirtschaftsjahres, welihe doch für die Landwirtschaft die allein mögliche Berechnungsgrundlage ist. aboeschofst wird. Ferner soll das Eigentum aus Land-, Garten- und Forstwirtschaft auf Grund durchschnittlicher Erträge ermittelt werden. Eine derartige Botschaft bedeutet das Ende der landwirtschaftlichen Buchführung und damit die Unmöglichkeit. Durchschnittserträge überhaupt aufzustellen. Di« Landwirtschaft soll also wehrlos und r e.ch t l o s gemacht und damit der willkürlichen Schätzung der Finanz behör- den ausgeliefert werden. Bezeichnend ist. daß für die anderen Er. werbszwcige die Einkommenstcuerberechnung sich nach den Bilanzen richten soll, für diese also Rechnungsgoundlagen zugelassen werden. Daß hierbei die Begriffe der Bermöoensbilanz und Einkommens- bilanz durcheinander geworfen werden, sei nur nebenbei erwähnt. Tatsache bleibt, daß für die Landwirtschaft wiederum«in Sonder- gesetz geschaffen werden soll. Di« Durchschniitserträge sollen«ruf der Grundlage der Preise für die Hauptstüchte aus der Ernte des Steuerjahres sowie der Preise für die Erträge aus der Wehhaltung in Goldmark festgesetzt werden, also Bruitonormolsätz«. Daß die Landwirtschaft aber auch Ausgaben hat und daß die Preisrelationen für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Betriebsmittel ganz außerordenllich ungünstig sind, daß ferner die Belastungen der ein- zelnen Wirtschaften in sozialer oder sonstiger Umsicht äußerst verschieden sind, scheint dem Reichsfinanzministerium unbekannt zu sein, oder will es etwa diese Tatsachen nicht wissen? Schon vor
Der Gesang öes Settiers. Bon Joseph Roth . An einer Kurfürstendammecke hörte ich einen Bettler„Deutsch . kand über alles", die«Wacht am Rhein",„�eil dir im Sisgerkranz" singen. Der Wind fegte wütend durch die Nacht, grausam stieg die Kälte von den Pflastersteinen auf. Passanten wehten, von ihr getrie» ben, vorbei und spät war es. Welchen Sinn tonnte hier, an dieser teils gemiedenen, teils eilig passierten Ecke«in Betteln haben und welchen Gewinn brachte es?— Es schien, als hätte der Bettler hier Dienst, um ihn war die Einsamkeit eines nächllichen Wachtpostens, und nur eine Disziplin, der militärlschen ähnlich und verwandt, konnte ihn hier ausharren lassen. Ja, der Bettler glich einem Soldaten, der einen undankbaren, harten und unhygienischen Dienst versieht, ohne die Gründe und den Zweck seiner Tätigkeit zu kennen. Und wie ein« Militärkapelle, die Gedanken an theldentod musikalisch zu betäuben, lustige und patriotische Märsche spielt, wenn die Sol- baten den Gistgasen und der Vernichtung entgegengehen, so sang die Kehl « dieses Bettlers heldenhafte Lieder, während seinem Magen der Hunger und seinen Lungen die tödliche Entzündung drohten. Weshalb sang er nicht, wenn er schon durchaus singen mußte, von der bitteren Not seiner Tage? Wen hoffte er mit patriotischen Ge- sängen bis zur tätigen Barmherzigkeit zu rühren? Glaubte er, die nationale Gesinnung eines Passanten wäre stärker, als Kältegefühl, Furcht vor Verkühlung und Sehnsucht nach dem warmen Bett? Wußte er nicht, daß gerade die nationalen Gesang liebenden Pa- trioten(wie die deutsche Industrie und ihr Gefolge) am kärglichsten zu spenden pflegen? Und was gingen nun ihn. den frierenden, hun- gernden, obdachlosen Bettler der Rhein und der Siegerkranz an? Wie tonnte er sein persönliches Weh so untennbar verbergen hinter dem musikalischen Ausdruck einer patriotischen Gcstnnung? Ich kann nicht annehmen, daß der herrlich« Gesang, der Schwung der Me- kodie, der mitreißende Text den Bettler seine traurige Siwation vor- gessen ließen. Ich habe patriotische Lieder schon oft gehört: Stu- deuten sangen sie, wohlgenährt« Bürger in den Dielen. Offizier« und jene ganze Klasse, deren bejonderes Borrecht der akustische Pa- tr'.Otismus ist: die singen kann, weil sie essen darf. Dieser Bettler aber sang zu Unrecht. Er hätte ungefähr singen sollen:„Wer nie sein Brot mit Tränen aß..." oder das Hunger- lied aus den Webern oder jenes Weberlied von Hüne, in dem von Alldeutschlands Leichentuch die Red« ist... Solche Lieder würden nicht nur der Situation des Bettlers entsprechen, sondern auch der Stimmung jener Straßenecke und der augenblicklich aktuellen euro - päifchen Politik. Der Bettler ist bestimmt falsch instruiert: jemand muß ihm ge. sagt haben, daß die Konjunktur nattonalen Gesang erheisch«. Das stimmt allerdings, nicht aber an den Straßenecken. Di« Konjunktur für patriotisch« Musik blüht in den Herzen der Fabri»
kanten und in den Tanzdielen. Patriotischer Gesang ohne Sekt ist wie«ine Militärkapelle, hinter der keine Kompagnie marschiert. Oder sollte der B.<tlcr wirklich aus Begeisterung singen? Flüchtet er vor seinem Elend in den Patriotismus? Und singt, um nicht zu schreien? Und wird kriegerisch, well er kein Empörer sein darf? Dann ist er symbolisch. Millionen singen in Deutsch - land: Hell dir im Siegerkranz. Und ihr Leiblicd müßte lauten: Wer nie sein Brot mit Tränen aß...
Stäöte, üie au einem Tage erbaut werben. Das Sprichwort sagt zwar, daß Rom nicht an einem Tage er- baut wurde, aber es gibt doch Städte— wenn sie auch freilich nicht mit der ewigen Stadt gemessen werden können, die wirklich in einem Tage erbaut wurden. Dies« Wimderleistungen der Schnelligkeit sind natürlich nicht in der alten Welt vollbracht worden, sondern in jenen Neusiedlungen, zu denen ein plötzlicher Auffchwung große Menlchen- mengen zog, und am häufigsten in den Bereinigten Staaten. Ein solch blitzschneller Städteerbauer war z. B., wie ein« eng- Uschs Zeitschrift erzahlt George Chesterton Cornwell, einer der ersten Pioniere der australischen Besiedlung in Victoria. Er nahm vor Sv Jahren an der Entdeckung der großen australischen Goldfelder teil und erbaute die Stadt Canoastown am„Smaragdhügel" buchstäblich an einem Tage. So unglaublich es auch er- scheint, wußte er doch innerhalb von 24 Stunden Unterkunftsstätten für 30000 Menschen zu errichten. Ebenso ist die Stadt Custer in Colorado in einem Tage emporgestiegen: sie bestand in ihren Anfängen aus S00 hölzernen Häusern, die alle in der Zeit zwischen einem Sonnenaus- und Sonnenuntergang erbaut waren. Der Bau- stoff war schon länger« Zeit vorher herbeigeschafft und bestand aus ganzen Teilen hölzerner Wände, aus behausnen Balten und aus Dächern, die nach sorgfältiger Anordnung in zwei Teilen gefertigt waren. Jedes Stück eines jeden Gebäudes war numeriert, und olles lag in schönster Ordnung nahe bei dem Bauplatz, an dem es ge- braucht werden sollt«, so daß alles im Nu aufgerichtet werden konnte. So begann denn früh am Morgen mit den ersten Sonnenstrahlen das lustig« Zusammensetzspiel, und zwar halsen den Ansiedlern noch 2000 Arveiter, die Nägel einzuschlagen und alles zusammenzufügen hatten. Das größte Haus war ein Gasthof, der zwei Stockwerke auf- wi>:s. In den fruchtbaren Gefilden von Oklahoma sprossen früher die Städte wie Pilze nach dem Regen hervor, und gar manch« ist m einem Tage fertig geworden. Thomas City soll sogar in einem einzigen Nachmittag entstanden sein. Hier wurden innerhalb weniger Stunden 3000 Personen bequcm untergebracht, und sofort war auch Handel und Wandel in veger Tätigkeit,«ine Zeitung wurde gedruckt, die die Erbauung der Stadt der Nachbarschaft verkündete, und am nächsten Tage fand eine große Gründungsfeier statt. Eine andere Stadt in Oklahoma , die plötzlich wie ein Wunder dastand, heißt S n y d« r. Sie wurde an einem Freitag erbaut. Um dies inter - «ssant« Schauspiel zu genießen, wareii schon beim Morgengrauen Tausende um den abgesteckten Platz versammelt, auf dem Land- agenten, Kaufloute und Siedler geschäftig herumliefen, um sich die besten Plätze zu sichern. Bis zu Freitag morgen durfte niemand mit
längerer Zeit hat ein Vertreter des Reichsfinanzmimsteriums SÄ einer Sitzung geäußert, daß die Reinertragsberechnung einge st«llt werden würde, wenn sich h erauspellt, daß die Landwirtschaft keinen Reinertrag mehr hat. Diese Ansicht ist bezeichnend. Wenn Erträge nicht mehr vorhanden sind, will also das Reichs. finanzmini st erium eine Besteuerungsart diktie- r e n, die auf die Leistungsfähigkeit der Landwirtschast über- Haupt keine Rücksicht mehr nimmt. Di« Absicht der Steuer- Notverordnung läuft also bewußt auf das sozialistische Steuerprogramm hinaus: vor allen Dingen werden die leichten Böden durch derartige Normaljätz« in schwerster Weise ge- troffen, so daß in kurzer Zeit mit einer wettgehenden Mabilisierung des landwirtschaftlichen Besitzes zu rechnen ist. Dann haben Bodenreform und Marxismus erreicht, was sie der Land- Wirtschaft gegenüber haben wollen. Wir hoffen, daß der Reichs- ernäh-ungsmimster, der für die Ernährung des deutschen Volkes in «rsdcr Linie die Derantwortung trägt, dann aber auch der Reichs- kangler, der für die Gesamtpolitik verantwortlich ist, sofort gegen die hier vom Reichsfinanzministerium beabsichtigten Maßnahmen einschreiten. Auch Herr Dr. Luther sollte daran denken, daß er einmal Reichsernährungsminister war. Das Schlagwort„Marxismus " kann man zu schön zu allen nützlichen Dingen gebrauchen. Es ist geradezu grotesk, mit welcher Frechheit hier in einem ernstzunehmenden Schrift- stück einer der größten deutschen Wirtschaftsorganisationen über das„sozialistische Steuerprogramm" nach Analphabeten- manier geurtellt wird. Di« Landwirtschaft hat im Vorkriegs- preußen überhaupt den Begriff einer Steuerverwaltung in ihrem Bereiche nie gekannt. Die größten Kämpfe im preußi» schen Landtag entstanden immer um die Erweiterung der staatlichen Steuerveranlagung. Heut« nennt man solche pein- lichen Dinge„marxistische Fesseln". Das klingt ge- lehrter, dient mehr der Volksverdummung und verspricht darum mehr Erfolg. In Wirklichkeit kann kein moderner Staat, weder Frankreich , noch England, und noch viel weniger dos besiegte Deutschland ohne eine gut ausgebaute und von den Fesseln der Berufsoertretungen freie Steuerexeku- tive auskommen. Der Widerstand der Agrarier ist auch einer der vielen Gründe, weshalb das Reich sich auf die Kraft der Reaktion um seiner selbst willen ebensowenig stützen kann. wie etwa seine Einhest mit separatistischen Parteien gesichert werden kann. Auch das Reich wird nicht leben können, wenn es auf die Unterstützung der Kräfte angewiesen sein wird, die noch n i e dem Reich geopfert haben. Der neue preffechef. Der neue Reichskanzler wird den wichtigen Posten der Presse- stelle der Reichsregierung und des Auswärtigen Amtes mit dem Direktor der..Germania", Dr. S piecker, besetzen. Mit Dr. Spiecker übernimmt ein erfahrener Journalist und Fach» mann dieses wichtige und schwierig« Amt. dessen Aufgabe es sein soll, die Politik der Reichsregierung journalistisch zu vertreten und den Niederschlag der öffentlichen Meinung in der Presse der Reichs- rsgierung zu übermitteln. Dr. Spiecker war sett 1912 Schriftleiter der„Zentrums-Parlaments-Correspondenz" und trat nach seiner Rückkehr aus dem Feld in die Nachrichtenabteilung des Auswärtigen Amtes ein. Im oberschlesischen Wsstimmungskampf. bei dem neben der Sozialdemokratte das Zentrum in erster Linie ausschlaggebend war, hatte Dr. Spiecker eine führende Rolle inne: damals wurde er in Anerkennung feiner Tätigkett zum preußischen Regierungsrat befördert. Nach Abschluß der Wahlen wurde er zum Direktor des Zentralorgans der Zentrumspartei , der„Germania ", berufe». Der Reichvral trat gestern zu ein« kurzen öffentlichen Poll- sitzung zusammen. Er stimmte den Entwürfen von Verordnungen zur Äenderung der gesetzlichen Fernsprechgebühren. Tele- graphengebühren. der Fernsprechordnung und der Tele- graphenordnung, ferner einer 18. Verordnung über die Gebühren der Rechtsanwälte— es Handell sich hierbei um die Um- Wandlung der Rechtscmwattsgebühren aus der Goldgrundlage— sowie dem Gesetzentwurf über die Goldrechnung auf dem Gebiete der Iustizgesetze zu.
dem Häuserbau in dem geplanten Umkreis beginnen. Snyder war nur ein Name, ein Erdflecken ohne Häuser, ohne Eisenbahn, ohne Einwohner. Aber sofort nach Sonnenaufgang war der Raum mit 10 000 Menschen angefüllt, die mtt rasender Eil« ibr« Wohnungen zu zimmern begannen. Schnell wurde ein« Eisenbahn angelegt: bald fuhren Züge hin und her: zwei Hotels, drei Banken und eine Anzahl Läden entstanden. Nicht weniger wunderbar war die Schöpfung der Stadt L a w t 0 n. SS Minuten, nachdem die Lage der Siedlung festgesetzt wurde, waren schon 8000 Bauplätze in Angriff genommen, und zwei Stunden später war die Bevölkerung der neuen Stadt auf 8000 Menschen angewachsen._ Das Wallner-Theater beglückt ein harmloses Spießerpublikum mtt einem sogenannten Schmant„Der Sprung in die Ehe", der jeides Iungfraumherz höher schlagen läßt. Ein an Schüler- Vorstellungen gewöhnter, im übrigen anspruchsloser Backsisch würde die Borstellung entzückend finden und seiner Freundin berichten: Leo Peuckert ist als zerstreuter Professor beinahe so herzig wie im Film, und dann verliebt er sich in ein iüßes Dienstmädchen. Ein Professor kann dach aber kein Dienstmädchen heirarcn. Und dent dir. in Wahrhett ist cs gar kein Dienstmädchen, sondern ein Fräulein aus der Gesellschaft und noch dazu adlig. Und dann kriegen sie sich.— Mehr über das Stück zu sagen, hieße der Be- langiosigkeit zu viel Ehre erweisen. CamiCla Spiro war ein fesches, in allen Sätteln gerechtes Pseudo-Dienstmädchen, und wirklich lustig wurde es, wenn Emil Sondermann Ext«m- pores aus dcm Handgelenk schüttelt«. Merkwürdigerweis« amü- sierte sich das Publikum köstlich. Dg'"- Amerika , du hast es befferi Di«„New York Times " hat dieser Tage die umfangreich st« Nummer herausgebracht, die jemals durch die Rotationsmaschinen beider Hemisphären ge- lausen ist. Die Nummer, die eine wahre Enzyklopädie darstcllt, gliedert sich in 12 Abteilungen, die 192 Seiten großen am-- rikanischen Zeitungssormats umfassen. Ss ist in einer Auflage von SLS 000 Exemplaren erschienen, die insgesamt 875 Tonnen. t>. h. 1 754 000 amerikanische Pfund wiegen. SSI Sp-lten sind Meldungen, Berichten und Aufsätzen gewidmet, während der Rest von 2S2 Spalten auf Anzeigen entfällt.
VollSbühne. Prof. Egon P« t r i und Michael Z a d 0 r a werden im VI. Sonzert der VolkZbühn« am Tonntag, den S. Dc- zcmber, mittag« �12 Uhr, im Theater am Bülowplatz Werk« für zwei Klaviere von Mozart , Busoni und LifztS Ton-Juan-Fantafic zum Vortrag bringen. Muscvmsslihrmigeu. Sonntag, den S. Dezeinber, 0'/, Uhr vorm., finden wissenlchaiiliche Führungen durch Dlreltortaibeamte im Alten M u i e u m(„Antike Bildwerke Perggmon"— Dr. Schede) und im Museum für Völkerkunde(„Nord- und Miltelamerika"— Direktor Vreug) natt. EmtrittZtmten find vor Beginn der Führungen am Einganz der genannten Museen in bcschränlter Anzahl crhämtch. Sensf-Georgt bringt heute' Sonntag S Uhr im Bcethovensaal ein völlig neues lustiges Programm unter dem Moito:„Troyalle- dem und alledem..." Karlen an der Saallass« vormittags 11—1 und ab 6 Uhr.