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aber an dem Verfall der Finanzen ist niemand anderes als tfj e l f f e r i ch, die große Autorität und der Führer des Blocks der bürgerlichen Steuerverweigerer.

Die Steuernotverorünungen. Das Reichskabinett erörterte in seiner gestrigen Sitzung die Grundlagen der 3. Steuernotverord- n un g. Die steuerlichen Vorschläge des Reichsfinanzministers wurden unter Vorbehalt der endgültigen Formulierung grundsätzlich gebilligt, lieber die Einzelheiten der Auf- wertungsfrage wurde ein Beschluß noch nicht gefaßt. Verordnungen über die Verpflichtung der Aufftellung von Goldbilanzen und über die Verlängerung von Bilanzfristen wurden genehmigt._ Steuerabzug und Fünfzehnerausschuß. Der FünfzehnerauS sckiuh deS Reichstags legte am Montag bei der Beratung der zweiten Steuernotverordnung der Regierung nabe, bei den vorgesehenen Abzügen der Steuer vom Arbeitslohn die Ermäßigung für die zur Hansbaliung des Arbeitnehmer« zählenden Familienangehörigen auf Kinder bis zu 18 statt nur bis zn 17 Jahren auszudehnen. Weiter empfahl der Ausschuß der Regierung, den Steuerabzug vom Arbeitslohn im Interesse der Bereinfachung und Verbilligung der Steuererhebung in der Weise umzugestalten, daß der Abzug von der Gesamt« summe der von den einzelnen Arbeitgebern gezahlten Löhne und Gehälter erHobe» wird, statt noch individueller Berechnung.

ftas der<drdnungszelle. München , 17. Dezember. (Eigener Drahtbericht.) Hinter ver- schlossenen Türen wurde in der vorigen Woche gegen eine bekannte Münchener Persönlichkeit, den Amtsgerichtspräsidenten und Ober- landesgerichtsrat Ries,«in Disziplinarverfahren durchgeführt, iveil er beschuldigt war, als Organisator und Vorsitzender einer Reihe von karitativen Vereinen Lebensmittel und ander« Bedarfs» artikel, die für die Hilfsbedürftigen gespendet waren, für sich verwendet zu haben. Di« Unterschlagungen, die ein« respek- table Meng« von Waren umfassen sollen, gehen auf Jahre zurück. Der Oberstaatsanwalt Aull, der die Klag« vertrat, beantragt« Dienst- entlassung, während das Disziplinargericht aber nur auf einen Ver- weis erkannte. Der Oberstaatsanwalt hat Berufung eingelegt. Wie es heißt, soll Ries im Laufe des Montags oerhaftet worden sein; eine Bestätigung dieser Nachricht war jedoch bisher nicht zu erlangen. Ries spielte in der Münchener Gesellschaft ein« markante Roll« und war auch«in bevorzugter Vertrauensmann des Erzbischofs und Kardinals Faulhaber: auch sonst wurde er vielfach als eine hervorragende Stütze der Ordnungszelle angesehen und u. a. einmal als Kandidat für das Amt des I u st i z m i n i st e rs gmannt.

Der Düsseldorfer Prozeß. Verlesung der Anklageschrift. Düsseldorf , 17. Dezember. (WTB.) Di« Verhandlungen gegen die Angehörigen der Schutzpolizei aus Anlaß der Vorgänge bei der Kundgebung der Separatisten am 30. September haben heute vor dem französischen Kriegsgericht begonnen. Angeklagt sind im ganzen 10 Personen, von denen die meisten im französisch:!, Gefängnis in Derendorf sitzen. Die Anklage richtet sich gegen den ausgewiesenen Regierungspräsidenten Dr. Grützner. g Offiziere der Schutzpolizei : Major Engel, die Hauptleule Winkelmann, Paßlack. Peffler und Bayer, die Oberleutnants Pohl, Bodenstein und Hübner, den Leutnant Vogt sowie gegen 24 Schupobeamte. Mitangeklagt sind forner drei Angehörige der städtischen Polizei, und zwar der Polizei. inspettor Höffner, Polizeimajor Ener und Schutzmann Krieg sowie Stadtsekretär Neukercken, Artist Königs und Schlosser Engel. Nach Feststellung der Personalien der Angeklagten werden die Zeugen aufgorufen. Es stnd über 60 Zeugen geladen, von denen 8 nicht erschienen sind. Unter den von� den Verteidigern geladenen Zeugen befindet sich der Separatistensührer Ma'tthes. Die Zeugenvernehmung wird voraussichtlich morgen nachmittag 5 Uhr beginnen.

Der Gerlchtsfchrelber verllest bann die sehr ttmftmgwtche««» klageschrist, die behauptet, daß die Zusammenstöße am 30. Sep­tember nur auf das Verhalten der Schutzpolizei zurückzuführen feien, daß die demonstrierenden Separatisten sich völlig ruhig verhalten hätten und erst durch dos Erscheinen zweier Polizeibeamten, die sich von der Kaserne in der Mühlenstraße nach dem Cornelliusplatz be» geben und dabei die Demonstranten gereizt hätten, beunruhigt war- den seien. Die Festnahme dieser beiden Polizisten sei in völlig über- triebener Weise, verbunden mit falschen Berichten über die aggressiv« Absicht der Demonstranten, in dem Quartier der Schupo verbreitet und dadurch das Signal zum Losschlagen gegeben worden. Damit hätten sämtliche Beteiligte sich gegen die Befehle der Be- satzungsarmee vergangen, wonach ausdrücklich das Ausrücken der Schupo an diesem Tage von der Erlaubnis des städtischen Polizeidirektorz Dr. Haas abhängig gemacht worden sei. Dieser sei überhaupt nicht gefragt worden. Bei den darauf sich am Hinden- burgwall abspielenden Kämpfen sei von zwei der Schutzpolizei Ange- hörigen absichtlich in die Menge gescho'ssen und dadurch verschiedene Personen verletzt worden. Außerdem seien bei dem Abtransport und bei der Vernehmung der von der Schutzpolizei gemachten Gefangenen Mißhandlungen vorgekommen. Es seien ferner bei den später angestellten polizeilichen Ermittlungen wissentlich falsche Aussagen über die Beteiligung der französischen Soldaten an den Vorgängen gemacht worden. Daher seien auf Grund des französischen Strafgesetzbuches, und der Ver- ordnungen der Besatzungsbehörden Anklagen erhoben worden, und zwar gegen den ausgewiesenen Regierungspräsidenten Grützner wegen Beihilfe zum Totschlag, da er durch einen Brief an die Stadtverwailwng Düsseldorf die Unterdrückung� der Man,- lestationen mit alleiV zur Verfügung stehenden Mitteln angeordnet habe. Wegen Beihilfe zum Totschlag sind angeklagt Polizeihaupt- mann Bayer und Oberleutnant Bodenstein, wegen vollendeten T o t l ch l a g s die Hauptleute Paßlack und Peffler, die Oberleutnants Pohl und Hübner und die Schutzpolizeibeamten Willecke, Hähnel, Brune, Bocker. Allmacher, Hartmann, Kettler, Huhme, Schünemann, Schabacker. Richter und Berger. Die übrigen Angeklagten sind wegen Mißhandlung von Gefangenen, wegen Störung der öffentlichen Ordnung und wegen wissentlich falscher Anschuldigung angeklagt. Nach Verlesung der Anklageschrift, die rund% Stunden dauerte. trat eine kurze Pause ein, noch der die Vernehmung der An- geklagien begann. Di« Verteidigung bestritt die Zuständigkeit des französischen Kriegsgerichts. wobei Rechtsanwalt Bräutigam ausführte, es handle sich bei dem Gebiet, auf dem die französische Besatzungsarmee weile, nicht um feindliches Gebiet, denn die Besetzung Düsseldorfs fei seiner- zeit ols Sanktion erfolgt. Zudem feien die Vorgänge vom 30. Scp- tember anläßlich der Kundgebung der Separatisten und der Eingriff der deutschen Schupo ein« rein deutsche Angelegenheit. Es handele sich also keinesfalls um einen beabsichtigten Angriff gegen Mitglieder der französischen Besatzungsarmee, und wenn wirk- lich die angeklagten Polizeioffiziere einen Befehl des Dr. Haas, dem die Polizei unterstellt war, nicht befolgt hätten, so handele«s sich hier nicht um einen von der Besotzungsarme« gegebenen Befehl, son. dorn um den Befehl eines deutschen Vorgesetzten, also um eine rein deutsche Disziplinarangelegenheit. Wenn bei den Vorgängen in der Menge befindliche französische Personen verletzt morden seien, so sei das durch reinen Zufall durch verirrt« Kugeln geschehen, keinesfalls aber von den Schupobeamten beabsichtigt wor» den. De» Schupobeamten war bekannt, daß am 30. September sämtliche französische Truppen konsigniert waren, die Schupobeamten hätten deshalb gar nicht auf den Gedanken kommen können, daß sich französische Militärpersonen unter dcr Menge befinden. Wenn also in der Anklage von absichtlichen An­griffen gegen die Mitglieder der Besatzungsarmee gesprochen werde, so sei dies unzutreffend. Handele es sich aber vielleicht um ein französisches Interesse? Um welches? Vielleicht um die Separatisten zu schützen? Das könne doch wohl nicht der Fall sein. Die fran- zösische Besatzungsarmee habe bei der Besetzung Düsseldorfs ausdrück- lich die deutsche Gerichtsbarkeit in ihren Funk- klonen bestehen lassen. Das deutsche Boll erwarte von den: Gerichtshof, der im Namen des französischen Volkes spreche, die

Der Kampf um die Reichsbank. HelfferichsVerdienste" um die Währung. Die Sitzung des Reichsrats, in der zu der Wiederbefetzung der Stelle des Reichsbankpräsidenten Stellung genommen werden soll, findet heute Dienstag nachmittag 5 Uhr statt. Aus diesem Anlaß unternimmt die deutschnationale Presse noch einen letzten Vorstoß für H e l f f e r i ch, dessenVerdienste" um die Währung über den Schellendaus gelobt werden. Wie steht es nun mit den Verdiensten des Herrn Helfferich? Helffcrich hat nicht die Rentenmark, sondern eine Roggen- mark vorgeschlagen. Er wollte den abstrusen Versuch machen, ein industriell so hoch entwickeltes, auf den Außenhandel und den ausländischen Kredit angewiesenes Reich, wie das deutsche, völlig von der auf Gold gegründeten Weltwährung loszulösen. Seine Roggenwähruüg wäre ein hin und her schwankendes Geld gewesen, abhängig nicht nur von der ausgegebenen Menge, sondern auch veränderlich mit jeder Aenderung des Roggenpreises. Wenn statt dessen an der Goldbasis für die Währung, damit aber auch für die gesamte Wirtschaft fest- gehalten wurde, so ist das gegen den Willen Helfferichs auf den Rat Hilferdings geschehen. Das einzige Verdienst Helfferichs, der mit seinem Projekt das von ihm gegängelte Ministerium C u n o zu erhalten trachtete, bestand darin, daß er die alte sozialdemokratische Forderung, die Erfassung der Sachwerte, für den Wöhrungszweck in einem ganz geringen Umfange akzeptierte. Dabei muß aber sofort gesagt werden, daß diese Belastung wahr- scheinlich nie zur Wirklichkeit werden wird. Denn die Renten» dank macht durch ihre Kreditgewährung an das Reich und an die Wirtschaft ein risikoloses und fast spesenloses Geschäft» dessen Ertrag wahrscheinlich weit höher sein wird, als die Ver- zinsung ihrer Pfandbriefe je erfordern wird. Trotzdem ver- langte Herr Helfferich noch weitere außerordentlich bedeutsame Zugeständnisse für die von ihm ver» tretenen Interessenten. Er verlangte einmal die völlige Aus- lieferung der gesamten Währungspolitik an die von ihm vor- geschlagene Roggenrentenbank. Diese Bank sollte von den Wirtschaftsständen" errichtet werden und als Vertreter dieser Wirtschaftsstände sollten im wesentlichen der Landbund und der Reichsverband der Industrie gelten. Eines der wichtig st en Hoheitsrechte des Reiches sollte also kostenlos dem Agrarier- tum und der Schwerindustrie ausgeliefert werden! Damit war Herr Helfferich noch nicht zufrieden. Er ver- langte für die 300 Millionen Roggenmark, die die Roggen- bank dem Reiche zur Verfügung stellen sollte, die Auf­hebung der im August beschlossenen, auf Gold gestellten B e s i tz st e u e r n, der Landabgabe und der Vetriebssteuer. Das Reich sollte also gle ich zeitig um ein wich- tiges Hoheitsrecht und um die einzig wichti- 8en Besitz steuern gebracht werden! Echter Helfferich und echt deutschnational! Weil Hilferding diese ,amose Art von Sanierung ablehnte, deshalb die fortgesetzten Angriffe der rechtsstehenden Kreise gegen ihn. Und wenn die Kreuzzcitung" meint, daß der Währungsplan durch Schuld von Schacht und Hilferding verzögert worden wäre, so ist das esst recht Schwindel. Denn auch dieKreuzzeituny" könnte endlich wissen, daß jede Währung nur dann wertbeständig er- halten bleiben kann, wenn das Defizit im öffentlichen Haus- halt beseitigt wird. Das war nicht möglich, solange die Riesen- rosten des passiven Widerstandes und dann die ungeheuren Kosten seiner Liquidierung fortdauerten. Hätte man damals diese oder eine andere Art der Währungsreform versucht, so wäre diese Währung längst zusammengebrochen. Die ver- zweifelten Maßnahmen, die heute die Regierung auf Kosten der Arbeiter und Beamten ergreift, um die Ausgaben zu ver- ringern, stnd im wesentlichen die Folge davon, daß man ent- gegen der sozialdemokratischen Steuer- Politik jede rechtzeitige Sanierung der Fi- nanzen vor der Einführung wertbeständigen Geldes vermieden hatte. Dcr Hauptschuldige

Das dramatisthe Moment. Von Hans Wesemann . Im Variete sitzen die Leute und üissen sich für ihr Geld einen amüsanten Abend machen. Und es wird ihnen auch genügend serviert. Dressierte Tiger, die der Bändiger mit magnetischen Blicken und fabelhaften Beefsteaks in Freiheit dressiert vorführt, radfahrende Riesendamen, ein musikalischer Elown, der auf dem HosenbodenAve Maria" spiell, Kraftmenschen, die mit ihrem Gebiß ein Trapez halten, auf dem sich eine ganze Artistenkolonie entfalle!, Harold Lloyd mit der Brille Und AnzeigenSind's die Slugen, geh zu Mampe", dazwischen angenehm dudelnde Musik, die einen Schnelldichter begleitet, vor dessen genialischer Sprachneu- bildung selbst Kasimir Edschmidt und Sternheim erbleichen müßten. Das Publikum ist dankbar, aber schon ein wenig schläfrig, wie nach zu vielem guten und fetten Essen und läßt seine Gedanken wieder um seine Privatangelegenheiten kreiseln. Der korrekt ange- zogene Herr denkt an seinen Anschluß an die Reichsbank und ob fein neuer Auftrag auf 10 000 000 tibetanisch« Goldanleihe schon perfekt geworden ist, seinem Nachbar fällt pe'.nlicherweise der Entbehrungs» faktor und die noch ferne nächste Gehaltszahlung ein, und die in prachtvoll knisternde Seide gehüllte Dame, deren Ernährimgs- zustand ein« Aufreizung zum Klassenhaß ist, steckt mit gütigem Lächeln einen Schub Pralinen nach dem andern in den duftigen Mund. Eine neue Nummer beginnr. Ein wohlgescheitelter junger Mann erscheint auf der Bühne. Cr stellt einen Tisch, auf diesen noch einen, und so baut er lustig weiter, bis zur Höhe eines zweistöckigen horrfchaftlichen Hauses. Da« Publikum wird allmählich aufmerk- fam und folg! diesem modernen Turmbau von Babel mit aner- kennendem Gemurmel, das In ein beklemmendes Ach endet, als der jung« Herr in der Mitte seines Gerüstes einen Tisch mit drei Beinen anbringt, auf dessen kippeliger Grundlage stch nun der Turm erlzebt. Als er, der junge Herr nänklich, mit dem Kopf fast an die Decke stößt, bekommt er einen zweibeinigen Stuhl zugereicht, den er nun als Krone und Abschluß des Ganzen auf dem obersten Tische an- bripgt. Dann stellt er diesen wackeligen Ruhesitz dort nieder und macht Anstalt, sich auch drauf zu setzen. Das Publikum ist ganz still und beschaut mit angenehmem Gruseln den kühnen Knaben. Es fühlt sich m seinen Polstersesseln zwar recht geborgen und stellt entsprechende Vergleiche mit dem da oben an, aber man kann nie wissen, wenn er nun fällt, vielleicht direkt ins Publikum herein und dem Herrn mit dem Entbehrungs- faktor auf den Kopf, oder wenn er sich das Genick bricht, oder wenn ein andere.?, noch interessanterer Fall einträte man sieht, denkt und hat eine unwillkürliche Angst für und mit dem netten jungen Herrn, der jetzt nach einigem Probieren sich auf den Stuhl niederläßt und Arme und Beine freischwebend hält. Da schwankt leise der Turm, d« Stnbl wankt.Er fällt!" kreischt es, und der dicken Dame

bleibt vor Entsetzen die Praline im Halse stecken. Einen Augenblick furchtbarster Angst, verzerrte Gesichter, Hände, die gehoben werden, als könnten sie den da oben festhalten, ein Sichfesthalten am Sitz, als könnte dieses Fühlen des eigenen Fest- und Sichersitzens dem da oben helfen, und dieser eine starte Massenwunsch: er soll nicht fallen, stärker aber«ine unerträglich gespannte Erwartung auf irgend etwas, das nun gleich passieren muß und dem niemand«nt- rinnen kann. Aber schon steht der junge Mann wieder auf seinem Tisch« und macht sein« angelernte Artistenverbeugung zu den Leuten herunter. Er ist ganz ruhig und freut sich, daß sein alter Trick, die Leute durch absichtliches Schaukeln zu erschrecken, wieder geglückt ist. Dann aber entladet sich die Erregung In einem wütenden unauf- hörlichen Beifall, und selbst die Dam« mit den Pralinen vergißt für volle drei Minuten das Essen, so sehr ist ihr Fettherz ergriffen und auch sonst noch gerührt, ehrlich umgerührt. Unsere jungen hoffnungsvollen und älteren hoffnungslosen Dra- matiker aber sellten doch etwas mehr ins Variete gehen, sie könnten hier lernen, wie man dem lieben Publikum ans Herz greift. Aller. dings das Balancieren auf einem dreibeinigen' Tische ist nicht jeder- manns Sache.

Maria Magdalene " im Schiller-Theater. Ist Hebbels Trauer. spiel aus einer nunmehr versunkenen Kleinbürgerwelt mit ihren starrer. Ehr- und Moralbegrifsen noch lebendig? Hat der Dichter ihm, wenn wir auch diese Welt nicht wehr verstehen, den EwigkeUs- zug verliehen, der unsere innere Anteilnahme noch sichert? Die Antwort pendelt zwischen den Bejahern, dieMaria Magdalene " als zweite deutsche Bürgertrvgödie gleich hinter Schiller »Kabale und Liebe " einrangieren, und den Lerncinern, die sie als unmodern und unnatürlich ablehnen, hin und her. Halten wir uns an die Bühnenpraxis und sehen wir zu, was Leopold Zehner als Re- oisieur in dem ihm anrm-tra-uen zweiten staatlichen Schauspielhause daräus gemacht hat. Zehner hat dem Drama einen heißen Atem eingeflößt: in knapp zwei Stunden rollt es stch ab. Die Geschlossen- heit und Folgerichtigkeit, auf die der sonst reflektierende Hebbel stolz war, kommt so zu ganz starker Wirkung. Die Kürzungen haben der Gedrungenheit gedient, und nur einige Stellen vermissen wir, die KlarasSchuld schärfer hervortreten lassen. In der szenischen Der» wirklichung ging Zehner eigene Wege. Das Zimmer des Tischler- meisters Ist Wsrkstätt« und Wohnstube zugleich und befindet sich auf der Diele. Wenn die große Tür geöffnet ist, sieht man den kahlen Baum und den Friedhof als beziehungsreichen Hintergrund. Aber ist um der lzenischen Wirkung willen nicht zuviel zusammengestellt? Vom Zimmer der Canaille Leonhard sieht man nur ein kleines Stück. ober daneben dehnt sich ein« lange, kahl« Korridorwand, auf der sich die Silhouette Klaras unheimlich abhebt. Die Grundstimmung: das Düstere. Gebundene, Unfreie, Unfrohe beherrschte die ganze Darstellung. Schwer, trotzig, in seiner Ver» ranntheit imponierend war Robert Taube , in seder Miene und in seinem Gesamihabitus ein vollendeter Meister Anton, dem unter der Zgelhaut auch die wärmeren Untertöne nicht fehlten. Klara war Geroa Müller, ein sehr interessantes Experiment. Das absolute

Gegenteil zur Höflich, die ganz innerlich und nordisch die(Bestalt verkörperte. Die Müller ist viel erpansivcr, nervöser, sie riskiert den großen Schrei(heirate mich), kniet am Boden, streift hart das Pathologische ,md Hysterische. Sie ist schmal, dunkel, eher slawisch als dithmarsisch. So überzeug! sie nicht immer, aber sie fesselt und. bannt immer, auch wo sie nicht ergreist. Die Mutter Elsa Wagner zu sein und vornehm für diese enge Welt. Twar- t d o w s k y, sehr apart in der Maske, ganz Schleicher und kalt.r Rechner, gab dem Leonhard ein eigenartiges Gepräge. Lauter Beifall rief die Darsteller und Zehner ein wohlverdienter Dank für einen spannungsvollen Abend. r. Der ZNännerchorHarmonie" gab am Sonntag in der Staat- lichen Hochschule für Musik anläßlich seines fünften Stiftungsfestes ein W i n t« r k on z« r t. Die Darbietungen zeugten von guter Ar- beit und ernstem Streben des zirka 90 Mann starken Chors. Zn beseitigen wäre das Atmen an falscher Stelle, wie zwischen seine Sterne, meine Liebe, teuren To ten usw. Der VortragAm Heimweg" von Richard Trunk war zu flach: aus dieser Komposition läßt sich bedeutend mehr herausholen. Daß der Chor dies kann, bewies die stimmungsvolle Wiedergabe vonSo weit" von Engels- berg. Durch schärfer ausgeprägten Rhythmus hätte HegarsMorgen im Walde" packender gewirkt. Gut gelungen warWaldesnacht" von Uthinann. Klavieroorträg« von Justus Dahlke, Violinsoli von Frau Osmann bereicherten das gutgewählte Programm. Sy.

Zm Deutschen Theater ist die Erstausführung von KrabbeSScherz, Satire, Ironie und ttesere Bedeutung' aus Sonnabend verlegt. ver ungarische Liederkomponist pankrastu» Sacsou ist SO Jahre alt an Herzleiden gestorben. DieOper am KSnlgsplah- wird nunmehr der Staat Sop er dngegliedcrt und am erste n W e l h n a ch t S f e i e r t a g mit Richard Wagners »Die Meistersinger von Nllrnberg' eröslnet. Die aus dcr Not enlipringcnden Schwierigkeiten baden den Neubau de« Hauses so hin- auSgezögert, dah schließlich zwar die Inbetriebnahme sich noch sür die Feiertage ermöglichen lieh, für.die geplante' völlige Neuinszenierung dcr , M e r st e r i i n g e r- aber leine ausreichende Möglichkeit ,u Proben sich ergab. Diese muh daber einer iväteren Zeit vorbehalten bleiben und kann sich bei dcr EröiinungSvorstellung nur aus die Festwiese erstrecken. Den HauS Sachs wird Kammeriönger Karl Braun singen, die Eva?mmh Beltendorf, Etolzing Fritz Soot , Beckmesser Eduard Habich, Pogncr Olto HelgerS. Dirigent: Wencralmusildireltor Erich Kleiber . Am zweiten Weib- nachtsfeiertag werden dann mit Mozart»Zaubcrflöte-, dl« an mehreren Abenden wiederholt wird, die regelmäßigen Ausführungen beginnen. Die vereinigten Deutschen Prüfungsausschüs!« sür Zugeudschrifkeu w Hamburg haben ihr Verzeichnis empfehlenswerter Jugendschris ten wieder berauSgepcben. da« zum Grundpreise von 0,20 M. vom Nordwcsldcut'chen TürerbauS in Bremen . Balgebrückilrabe 14, zu bezieben ist. Das Reichsminlflerium des Innern hat das Verzeichnis den UntcrrichlSverwaltungen dcr Länder und den iührenden VoltSbildungSvereinigungcn cmpiohlcn und gebeten, seine Bekanntgabe bei allen an dcr JugendbildüNg beteiligten Personen sowie bei der Jugend elbst nach Möglichleit zu fördern. veulsche Gelehrte für Spouleu. Die spanische Presse schlägt die Bildung eines nationalen Fond« unter der Aussicht eine« akademischen AuSichm'seS vor, zwecks Auswahl deuticher Gelehrter, die in Spanien wissenschaftlichen Forschungen obliegen wollen unter der Bc dingung, daß sie die Ausbildung spanischer Studierender leiten."