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Cr. 597 40. Jahrgang

Beilage öes vorwärts

Sonnabend, 22. Dezember 192Z

Der Hungertod in Derlin. Das Statistische Amt meldet: iu 2'1 Monaten 103 Fälle!

Notleidende, wird auf ihre Klagen nicht selten die Antwort ge-s geben: �der Mensch oerhungert nicht so rasch." Nein, rasch ver»! hungert er nicht aber langsam. Er verhungert so langsam, daß es ihm außer dem Arzt vielleicht kaum einer anmerkt. Und gewöhn»; lich wird durch eine hinzukommend« Krankheit, die mit dem chun- geraden wohltätig ein Ende macht, auch dem Arzt die peinliche| Pflicht erspart,.Hungertod" zu bescheinigen und einen Verhungerten' in die Statistik der Todesursachen hineinzubringen. In den Todes» ursachenverzcichniDen de» Sieichsgesundheitsamts und des Preu­ßischen Statistischen Landosamts wird infolg« geringerer Ausführ- lichkeit ihrer Gliederung der.Hungertod" nicht besonder» gezählt, und«ii« eigentliche.Krankheit" ist ja der Hunger und das Ver- hungern üb-rhaupt nicht. Dagegen kennt das ausführlichere Todes- ursachenverzeichnis des Etatistischen Amte» der Stadt Berlin auch den Tod durch Verhungern, und es unterscheidet sogar zwei Arten: die.Erschöpfung oder Enrkröftung infoCge mangelhafter Ernährung" und den durch nichts zu bemäntelndenHungertod". Di« Not, die durch das deutsche Land schreitet und die Bewohner der Großstädte am härtesten bedrängt, hat dos Berliner Statistische Amt veranlaßt, di« in neuerer Zeit in Berlin vorgekommener. Hungertodesfäll« zusammenzustellen. Das Ergebnis ist entsetzlich und grauenvoll. Ist Hungertod überhaupt möglich I Borausgelchickt wird vom Statistischen Amt«in« Betrachtung darüber, ob Verhungern überhaupt möglich ist und ob man Verhungern als Todesursache sicher seststetlen kann. Ein gesunder Mensch kann etwa drei Wochen ohne jede Nah- rungszi'fuhr bei Wafseraufnahme leben. Unzulänglichkeit der Er- nährung muß bei langer Dauer etwa dieselbe Wirkung haben, wie völlige Entziehung der Nahrung ste schon in kurzer Zeit hat. Wer- den dem Korper nicht 2000 3000 Kalorien täglich zugeführt, so wird für je O.Z fehlende Kalorien 1 Gramm Fett aus dem Refervevor- rat des Körpers eingeschmolzen. Wenn der Vorrat nahezu erschöpft ist, werden die Organe in bestimmier Reihenfolge angegriffen. Der Tod tritt ein. wenn die lebenswichtigen Organe so weit abgebaut sind, daß ste ihre Funktionen nicht mehr auszuüben vermögen. Heute handelt es iich bei Hungernden meist um alte Leute, deren kör- perlichrr Zustand die.no-rmole" Hungerperiode natürlich Längst nicht aushalten kann. Ter Organismus des Greises rMd der Greisin hat wenig Reserven und wird schon durch kurze NahrungserÄziehung schwer geschädigt. Die Möglichkeit des Verhungern» kann nicht angezweifelt werden, nur die sichere Feststellung ist schwierig. Schwächung des Körpers durch Unterernährung verringert seine Widerstandsfähigkeit gegen Eindringen von Krankheitskeimen. Auch schon bestehende, an sich nicht lebensgefährlich« Krankheiten können infolge Enikräftung schnell z,nn Tode führen. Oft wird es zum eigentlichen Hungertod nur deshalb nicht kommen, weil vorher eine durch Rohrnngsmanael begünstigte andere Krankheit den Tod hcrbcrföhrt. Aber auch sonst kann der Hunaertod sich noch unter einer anderen Todesursache verbergen. Das Alter und seine chro- nilchen Kronkhei'en können als Todesursache angenommen werden. während hanpllSchl'ch Unterernährung das versagen der Organe bi» wirkt hat. Nach Ansicht des Statistischen Amtes lpricht nieles dafür. daß die Not viel-ahlretchere Todesopfer durch verhungern fordert. als die amtlichen Zahlen erkennen lasse». Kbs öer hinterlastenschast des strkeges. Fei der Zusammenstellimg der anerkannten Hungertodesfälle muß dos Statistische Amt sich in der Verqleichung mit weiter zurück- lieoenden Jahren aus das Berlin bisherige» Umfanoes beschränken, weil man Zahlen für da, heutige Berlin erst von 1922 ab hat. In dem Jahrzehnt 19041913 starben nach Angab« der Aerzt« in .Unterernährung" im aanzen öS Personen, also pro Jahr durch- fchnittlich S bis S Personen, während unmittelbarer Hungertod" siberhaupt nickst gebucht wurde. Erst der Krieg brachte mit seinem Mangel und leiner Not ein« stark« Meh- rung der Opfer des Hungers, besonders in seinen letzten Jahren, wo dl« Entbehrung erst ihr« voll« Wirkima ausnbte. In 1 1914, 1915. 1916 1917, 1918 wurden 8, 6, 7, 49, 35 Todesfälle nach .Unterernährung" festzcstellt, wozu in 1914 und 1917 je«in Fall'

unmittelbaren.Hungertodes" kam Langsam nur milderten sich die Wirkunzen des Hungers der Kriegsjahre. In 1919, 1920, 1921 wurde noch 43-, 21-, 13mal Tod nachUnterernährung" festgestellt, dazu in 1921 einmal Hungertod". Mit 1922 begann dann ein« neue Zunahme, und in 1923 kam es, wie schon die erst bis Ende Oktober reichende Zusammenstellung erkennen läßt, zu einer noch weiteren Verschlimmerung. Auch das gehört zu der Hinter- lossenschaft des Krieges, denn die Not der letzten Jahre und Monate wäre uns wenn der Krieg nicht kam, erspart geblieben. E» starben, immer nach den zweifellos unvollständigen Angaben der Aerzte, anUnterernährung" in 1922 18 Personen, in 1923 von Januar bis Ende Oktober 34 Personen, anHungertod" in 1922 S Personen, in 1923 bis End« Oktober gleichfalls schon S Personen. Von 1922 ob liegen Ergebnisse auch für das größere Berlin setzigen Umfonges vor. Aus 1922 und den ersten zehn Monaten von 1923 wurden für da» jetzig« Berlin 88 Todesfälle nach.Unterernährung" und 15 Fälle vonHungertod" gemeldet, das sind zusammen 103 Todesfälle durch Hunger. Hiervon entfielen auf April bis Ottober dieses Jahres zusammen 40 Fällt, von diesen allein auf September und Oktober zusammen 21 Fälle. An dem 40 Hungertodesfällen aus April bis Oktober waren beteiligt die Allersgcüppen bis zu SO Sohren mil 15 Verfonev. die Alieregruppen über SO Jahre aber mil 25 Personen, die Männer mit 14 Personen, die Frauen aber mit 2S Personen. Unter den Allen, den nicht mehr Erwerbsiähigen. hält der hungerlod seine furchtbarste Ernte. Bei einer S8zährigen Lehrerin a. D. fand sich auf der Sterbekart« der Vermerk:.Gewicht zuletzt SO 65 PfuiK»." Da, Berliner Statistische Amt schließt seine Mitteilungen mit flstgenber Mahnung:.Mögen in Berlin im Jahre 1922 und im Januar bi» Oktober 1923 zusammen 103, davon in den letzten sieben Monaten 40 Men'chen verhungert sein, mögen es etwas wenig c oder, wie anzunehmen, sehr viel mehr gewesen fein, die bloß« Tat- fach«, daß Hungertodesfälle in beträchtlicher Zahl vorkommen und daß ihre Zahl im schnellen Steigen bearifsen ish beweist einen Not. stand, dem gegenüber auch die beste Wohlsohrt». pfleg« versagen muß. Um so verhängnisvoller würden wei» tere Einschränkungen der Wohlfahrts- und Gesundheitspflege infolge der zunehmenden Verarmung Berlins wirken."

Der Golömark-haushalt. Einschränkung der städtischenHanöhaltSuiittelauf7VProz. Im städti'chin Haushalt steht eine durchgreifend« Aenderung bevor. Nach den Beschlüssen des Magistrats werden vom 1. Da- imar 1924 die Haushaltsbücher auf Goldmart umgestellt und die Haushollswirtschaft wird nach Goldmark geführt werden. Der stabil« Morkwert der letzten vier Wochen hat eine gewisse Er- leichterung auch der städtischen Wirtschaft gebrocht. Namentlich verwögen die Betriebe wieder einigrnnaßen mit ihren Einnahmen den Ausgaben zu folgen. Dogegen haben die Steuern noch kaum begonnen, im Goldwert ihres Ertrages sich den Beträgen zu nähern, welch« bei der Aufstellung des Haushalts von chnen oerlangt wurden. Der völlige Wegfall der Wi rtschaft« k red it« und der unerwartet» schnelle Abbau der Besol- dungszuschüsse schafft in den bisherigen Einnahmen«in« Lücke, die in den nächsten Monaten noch nicht ausgefüllt werden kann. Im ganzen stehen nach den Berechnungen der Ftnanzver- waltung für die drei Monate Januar bis März 1924 an Ausgaben sechzig Millionen Goldmark bevor, denen durch Ein» nahmen aus der Verwaltung, aus Steuern, Besoldungszuschüssen und Werksabgaben nicht mehr als dreiundvierzig Millio- n e n Goldmart gegenüberstehen. Da auch mit Anleiheerträgen in den nächsten Wochen noch nickst zu rechnen ist, sah der Magistrat sich gezwungen, in ähnlich rücksichtsloser Weis« wie Reich und Staat den Gemeinden gegenüber, so den einzelnen zentralen Ver- waltungev und Bezirksverwaltungen gegenüber die Haushaltsmittel zu beschränken. Er beschloß, den Verwaltungen von den nach dem

Haushalt ihnen zur Verfügung stehenden in Goldmark umgerech- neten Beträgen für die nächsten drei Monat« nur siebzig Prozent zur Bewirtschaftung freizugeben. Auf ein» zelnen Gebieten, z. B. der Beleuchtung, der Wohlfahrtspflege, wird der Prozentsatz erhöht, auf anderen, die den größeren Tell der Ausgaben im Sommer haben, noch wesentlich herabgesetzt werden. Auf der anderen Seite wird den Bezirksämtern größere Selbständigkeit, größer« Freiheit in der Verfügung über die so beschränkten Mittel gegeben, indem für diese drei Monat« die sämtlichen Ausgaben derselben Haushaltsabteilungen als irntcrein- ander übertragbar dehandelt werden dürfen. Die Finanzverwaltung hatte beantragt, um wenigstens eine Bewirtschaftung im Rahmen von fünfundstebzig Prozent Haus» haltsmtttel möglich zu machen, von, 1. Januar ab die Zuschläge zur Grundsteuer von 323i> Proz. auf 100 Proz. zu erhöhen. Der Magistrat hat sich hierzu angesichts des noch unsichevon. Geschick» der Mietzinssteuer nicht entschließen können, sondern die stärkere Beschränkung der Haushaltswirtschaft als das kleinere Uebel an- gesehen. Gegen ö:e Golümketen. Eine Kundgebung der Geschäslsraummieker. Der Schutzverband der Arbeits» und Gcschgftsroummieter veranstaltete im Plenarsaal des Herrenhauses eine Prot« st kund- gebung gegen die Gold mieten und die Mietzins- steuer. Als erster Referent beschäftigte sich das geschästsführende Borstandsmitglied des Verbandes Dzieyck mit den für die Mieter verhängnisvollen Folgen der sreien Mietzinsbildung vom 17. August bis zum 1. Dezember dieses Jahres. Niemals könne 5)andel und Gewerbe über die schwere Krise hinwegkommen, wenn in einem Augenblick, in dem die Steuern und sonstigen Lasten wesentlich erhöht würden, auch noch Mieten gefordert werden, die nicht nur der Bewirtschaftimg der Häuser, sondern ouch der Erhöhung der Renten für die Hauswirt« dienen sollten. Dadurch, daß die Regierung jetzt die Aufwertung der Hypotheken ».erbieten wolle, würden sich die Selbstkosten des Hauswirtes um 65 Proz. verringer.'Diese 65 Proz. der F r i- d e n s m i« U beanspruch« die Regierung aber nun als M i« t z i n s st e u e r von de» den Mietern aufzuerlegenden Goldmieten für sich selbst. In der Praxi» bedeute das, daß die siskalischen Interessen mit denen de» Hacsbesitzes aus» engst« in Verbindung gebracht würden, waä für die Mieterschaft ein« große Gefahr bedeute. Dabei würden die Gewerbetreibenden nicht nur für Ihre eigenen Räume, sondern ouch al» Arbeitgeber für ih-e Angestellten höhere Mieten zahlen müssen, wa, zu einer neuerlichen Verteuerung aller Waren und damit zu einer Verminderung der Absatzmöglich. t e i t sühren müsse. Jede Mieterhöhung würde also die schwersten Gefahren für Handel und Gewerbe mit sich bringen. Syndikus Dr. Meyer betont«, daß die Maßnahmen, die die Regierung jetzt in der Wohnungsfrage treffen würde, entscheidend für da» ganze deutsche Volk seien. Er«rlüuteri« sodann die Richt- linien, die von dem Verband zur Goldmieten, und Mietzinssteuer- frage ovsgestellt worden sind und die in einer Entschließung zusammengefaßt, folgendes verlangen: Der Mietzins dürft« erst dann Goldzins werden, wenn alle Hausunkosten, zu deren Abgeltung er bestimmt ist. Goldlasten sein werden. Solange die Hypotheken noch nicht in voller Höh« zurück- gezahlt und verzinst werden, kann es daher keine Goldmiete geben, sondern nur ein« der Höbe der Hauslosten entsprechende Miete. i Eine Goidmiete ist für Wohnungen und Geschäsisräum« erst dann ! wirtschostlich möglich, wenn angesichts der verteuerten Lebenshaltung mindesten» da« frühere Goldeinkommen vorhanden Ist. Sie darf nie den Prozentsatz der Friedenszeit übersteigen, den der Meter von seinem Einkommen an den Vermieter zahlt«. Der Mietzin» bietet kelnt vernünftig« Grundlage für die Steuererhebung. Eine solche Steuer wäre nicht nur roh, sondern ungerecht, denn sie würde u. a. insbesondere die personenrrichen Haushaltungen in der unbilligsten Weis« belasten. », 4 Siädlische Sieu erlassen am 24. und 31. Dezember geschlossen. Di« Hauptsteuerverwaituna teilt mit: Zur Vermeidung vön Irr- tümern wird nochmals darauf hingewiesen, daß die städtischen Steuerkassen ebenso wie alle städtischen Bureaus und Kassen am 24. i und 31. Dezember geschlossen bleiben, während die Reich». sfinanzkassen an diesen Tagen geöffnet sind. Zwischen . dem Weihnacht«, und Neujahrsfest sind die städtischen Kassen, also ! am 27.. 28. und 29. Dezember, geöffnet.

Ce»;rl(U Qeort MSIlo, Mücchet

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Die Lofolfischer.

Roman von Zohan Loser. Hebe? den breiten, offenen Westfjord steuert Segel an Segel. Aber sie wirken so klein hier draußen, sie erinnern an' einen Schwann Insekten, der sich mit ausgebreiteten Flügeln 1 auf das Meer niedergelassen hat. I Wie Kristaver hier stand, empfand er eine seltsame Liebe *u derRobbe". Sie gehörte ihm so sicher. Sie war ganz im Ernst sein Eigentum. Sie würden von jetzt an beisammen- bleiben die beiden. Und er kannte sie fast, so daß er sie steuern konnte, wie er wollte, bei jedem Winde. Vielleicht ober hatte sie noch ihre Tücken, die ihm eines Tages einen Posten spielen konnten, denn auf Tod und Leben waren sie ja nach gar nicht gesegelt. Run zerteilt sich der Schwärm der Boote allmabliaz: einige schwenken zu ihren alten Fischerplätzen ab. andere fahren weiter. Manche sind aus Vaeröy und Röst gekommen. Die haben«inen langen Weg. Leuchtfeuer und Hafenlichter werden dort oben in der rötlichen Dämmerung angezündet, undMeerblume" und Robbe " fahren gleichzeitia durch die Sund« in den Hafen ein. Du bist wohl jetzt Millionär." rief Kristaver zu Jakob hinüber. Jakob Schwsrenot mst dem Kurzfuß stand da wie ein Gewirr von schwarzem Haar und Bart, aber der kleine Fleck eines Gesich's leuchtete nn'er dem Südwester. Ahoi!" sagte er,Millionär ist viel. Aber es hat schlechter ausgesehen als jetzt" Und die beiden Bootsführer lachten einander zu. Aber war es denn zu verwundern, daß der Dakob da am Steuer stand und etwas mehr war als ein Mensch? Da konnten die Leute doch wieder sehen: wenn auf dem Lofot ein Mißjahr zu kommen drohte, dann brauchten ste nur hinzuaehen und Boot und Gerätschaften an Jakob zu verkaufen. Dann wurde Rat geschafft. Vor kurzem gab es in der See nicht einen Fisch, aber die vier Bootsmannschaf»en/ die sich an Jakob verkauften, die wußten, was ste toten. Geld? Er batte kein Geld. Aber cr konnte sich mit ihnen um den Breis einig-m, Boote und Gerätschaften konnten ste sa als Pfand be­halten: sie sollten sa doch gegen Anteil unter ihm arbeiten. Gut. Und Jakob kaufte. Und was geschieht? Ein Riesen«

fang, ehe man noch zur Besinnung kommt. Im Fjord hatte er mit fünf Booten den Fang betrieben, er war kein Fischer mehr, er war ein Admiral. Boote und Gerätschaften hatte er im Handumdrehen bezahlt, und die Männer, denen sie gehört hatten, wußten nicht, ob sie weinen oder lachen sollten. Sie verdienten allerdings gute Anteile, aber hätten sie nicht ver- kauft, so wäre es doppelt soviel gewesen. Igkob selbst mußte ganz unmenschlich an diesem Handel oerdienen, er konnte sich am ganzen Leibe mit Banknoten auspolstern, ste sahen förm- lich, wie er mit jedem Tage dicker wurde. Und manche fanden es gut und andere schimpften, daß er so wenig mit seinem GeiC haushielt. Die alte Lofotbütt« wirkte jetzt geradezu vornehm. Hier waren Wände aus Holz, Fenster, Tisch und Stühle. Hier waren Pritschen mit weichem Stroh, ganz wie bei einem König. Jetzt sollte hier ober ein feines Leben werden. Aber das erste, was die Bemannung derRobbe" tat, das war. große Wäsche an sich selbst vorzunehmen. Kemer geht zu Bett, ehe er sich gewaschen und die Wäsche gewechselt hat," sagte Henrik Rabben. Und keiner bestritt, daß er In dieser Sache zu befehlen habe. Sie machten Feuer im Ofen, sie beizten die Hütte so. daß die Leute, die herein wollten, nack Lust schnappten und wieder binausflüchteten. Das mar ihre Sache.Leg' nur ein," sagte Kansles und g'ng sekbe�zin und packte noch mehr in den Ofen hinein. Hatten sie nickt in letzter Ze't gen"g gefroren und gab es hier nicht Torf und Holz genug?Feuert nur tüchtig!" sagte Henrik Rabben draußen in der Küche; er sorgt« für heißes Wasch wasser. S'e machten sich an eine scbwierioe Arbelt die Waller» sstefel mußten ausaewgen werden. Die Füb« waren cnffge- schwollen und die Stielel loben nonz mißnn'tia aps. nachdem sie tagelang im Seewasser. Fischschlamm und Schnee hsr"m- gewatet hatten, ohne geschmiert oder getrocknet zu werden. Das Leder war granweiß geworden, brüchig und gesprungen, sie saben aus w'e Kranke. Aber herunter nmßten sie. Der Mann saß auf einem Schemel, ein anderer stand hinter ibm , faßte ihn "nter den Annen und zog ibn nach hinten, ein dritter hatte Absatz und StieWvitz« gefaßt und zog in entgegengesetzter Richtung, daß das Gesicht sich verzerrte.Hol up... ahoi!" Von beiden Setten w"rd« gezogen. Es hih ans, als wolle man dem Kameraden d'e Beine«"sreißen. Aber schließlich gab der Stiefel mit einem ächzenden Ton nach.

.Und nun sah man die Socken. Sie waren dermaleinst aus weißer Wolle gewesen, jetzt sind sie schwarz. Sie riechen nach Seewasser, Leder, Schweiß. Sie werden heruntergestreift»nd nun kommt der Strümps zutage. Welche Farbe er in seiner Jugend hatte, kann niemand sagen, aber jetzt ist er braungrau. Es ist eine seltsame Sache, ihn auszuziehen. Er scheint mst einer Mischung aus Seewasser und Blut cm den Fuß anqe- trocknet zu fem. Aber herunter muß er, man schiebt ihn vor- sichtig an der Wade hinunter. Rot, rot überall. Er sitzt fest, er reißt die Haut mit ab. Aber herunter muß er. Und jetzt kommt endlich ein nackter Menschenfuß, blau am Hacken, gefchwollen und wund, mit Spuren von Wolle und Seewasser, aber blaurot an den Zehen, die allesamt erfroren sind. Sie erwachen zu Leben hier drinnen in der Wärme, e» sticht in ihnen wie mit Nadeln, au, man kann sie gar nicht be» wegen. Nun fommt der Kübel herein mit dem dampfend heiß« Wasser.Heizt nur tüchtig!" sagte Kaneles. Als die Füße n den Kübel kamen, begannen sie erst wirklich zu brennen, di Männer heulten, es fuhr wie Messerstiche durch den ganze Leib, und doch wt es innerlich gut, den Fuß reinzuscheuern Es ist. als reinige motz das Herz selber. Man hebt den Fui> auf und zeigt den Kameraden die Frostwunden und erntet ein wenig Mitleid.Teufel auch, das sieht bös aus," sagen ste. Aber Ich kann dir noch was Schlimmeres zeigen." Jetzt ist es ggt. Gallbranntwein in der Kiste zu haben, es gibt kein zweites so gu�es Mittel gegen erfrorene Gliedmaßen. Mehr warmes Wasser und nun werden die Kleider aus- gezogen.Heizt nur e'n!" sagt Kaneles. Es ist kein Spatz, auch das unterste Wollhemd ablegen zu sollen. Den Ueberrock aus und die Friesweste aus, und dann die dicken, gestrickten Wolljacken und das gewebte Wollhemd und schließlich dos weiße Leinenhemd. Ist der Ofen heiß genug? denn Henrik Rabben verlangt, daß auch das unterste Wosshemd ausgezogen wird. Gut! I'nd nun ist endlich der nackte Körper da, den die geschwollenen Fäuste streicheln. Er ist so weiß und so empfind- lich, weil er hinter soviel Wolle eingesperrt ist, frische Lust oat er lanae ni-bt meV gewürt. Aber setzt geht das Wüschen los. daß die Seife über Brust und Arme schäumt. Man scheuert sich gegenseitig den Rücken. tüchtig reiben, es wt so gut!Heizt noch mehr ein!" sagte Kaneles. ........(Fortsetzung folgt.)

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