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fr. 45 41. Jahrgang

III.)

1. Beilage des Vorwärts

Was ist besser geworden..?

Nach den Feststellungen, die wir bisher zu dem Thema: Bas ift besser geworden?" machen fonnten, bewegt sich der größte Teil der Bevölkerung noch immer in den tiefgefurchten Bahnen, die die Not seit Jahren vorgezeichnet hat. Nur hin und wieder öffnet sich ein schmaler Pfad, der eine Aussicht auf bessere Zeiten ganz ferne ahnen läßt. Wird der Vorhang diese freundlichere Szene wieder ver­hüllen, bevor er sich ganz gehoben?. Zuweilen scheint es so; noch immer herrscht das Schreckgespenst der Arbeitslosigkeit und dort, wo es sich schemenhaft aufzulösen beginnt, lauert die brutale Grimasse der rücksichtslosesten Unternehmerwilltür. Doch es soll anerkannt werden: Ein kleiner Fortschritt ist die Stabilität der Währung. Man ist wieder sicherer und ruhiger. Der große P'e'tegeier scheint nicht mehr so dicht über unleren Köpfen zu schweben. Das Hasten und Jagen, wie in der Zeit der sich überstürzenden Inflation, hat ein Ende. Noch vor einigen Wochen konnte man nicht schnell genug bas eben erhaltene Geld wieder ausgeben. Die Entwertung ging von Tag zu Tag, ja, man möchte sagen, von Stunde zu Stunde vor fich. Das hat zunächst ein Ende und die Hausfrau atmet etwas auf... Der Weg führt uns heute in das Haus jener, die durch den brutalen Völkermord vor allem getroffen wurden:

Der Haushalt der Kriegerwitwe.

99

Der Tisch, an dem wir mit der fleinen, blaffen Frau fihen, ift mit einer Bachstuchdecke überzogen. Durch jahrelanges Waschen und Seifen ist sie brüchig geworden. An eine Neuanschaffung kann vorläufig nicht gedacht werden. Alles muß gut genug sein. Auf die Frage, ob sie als Kriegerwitme von einer besser gewordenen Beit fprechen fönne, lächelte sie schmerzlich: Kein Gedante, Elend genau wie früher. Sehen Sie hier den Berg Strümpfe. Alle sind entzwei. Denken Sie etwa, ich könnte auch nur die einste Doce Wolle Baufen. Einen alten Strumpf räufle ich nun auf, damit ich einen anderen stopfen tann. Sehen Sie die Wanne, Eimer und die Waschschüssel. Alles taputt. Ich bin nicht imstande, die Reparatur. tofben zu bezahlen. Diese Medizinflasche ist unsere Campe". Lesen oder auch nur Strümpfe stopfen fann man dabei nicht; viel meniger noch die Wirtschaft besorgen. Gaslicht fann ich nicht bezahlen, und selbst noch eine anständige Petroleumlampe fann ich mir nicht leisten." Zu unserem Erstaunen sehen wir die neueste Ausgabe des Vorwärts" auf dem Eimerspinde liegen. Auf Frage erklärte bie kleine Frau: Trotzdem ich zurzeit wie mein 20jähriger Sohn schon über ein ¼ Jahr arbeitslos bin und nur wenig Unterstützung erhalte, fönnen wir von unserem Vorwärts" nicht lassen. Mein Sohn, welcher selbst in der Jugendbewegung und in der Partei tätig ist, würde unglücklich sein, wenn ich den Borwärts" abbestellen würde. Mir geht's genau so. Ihnen fann ich es ja sagen, nur meine Berwandten dürfen es nicht wissen." Und die Frau erzählt weiter. Anfang Oftober, also vor vier Monaten, hatte ich für mein 15jähriges Mädel beim Fürsorgeamt ein Paar Stiefel beantragt. Was sie auf den Füßen hat, ist abgeriffen, ringsum mit Riestern besetzt. Nach vier Wochen erhielt ich den Bescheid, daß ich mit meiner Bitte abgewiesen sei. Ich reichte Beschwerde ein, habe aber bis heute feinerlei Nachricht erhalten. Alle meine weiteren Bitt­gesuche blieben unberücksichtigt. Das Mädel muß nun mit Sandalen ins Geschäft gehen. Sie wollen nun wiffen, ob ich es wirklich nicht möglich machen kann, ein Paar Schuhe befohlen zu lassen oder gar ein Paar billige" neu zu laufen?" Dabei legte die Frau ihr Aus. gabenbuch vor, mit den Ausgaben in der Woche vom 13. bis 20. Januar. Wir lassen hier einen Auszug folgen:

10]

"

*) Siehe auch Nr. 21 und 33 des Borwärts".

( Rachbruck durch Malik- Verlag , Berlin .)

Der Bürger.

Don Leonhard Frank .

,, Kein Zweifel, die sind schwer verliebt. Du natürlich be­merkst das nicht." Adolf setzte sich mit dem Rücken gegen die Fahrtrichtung und forderte:" Sige du auch so!"

Da fiel Jürgen ein, daß er eigentlich gegen seinen Willen zurückfuhr. Ich size so."

Eleganter Blödsinn! Das gibst du doch zu?" " Nein, das gebe ich nicht zu. Das gebe ich nicht zu," fagte er noch beim Betreten der Küche vor sich hin und blickte die feuchten, vollen Schultern Bhinchens an, die, im Unter rod und Hemd, glühend am Bügelbrett stand.

Sein Kopf blieb flar; das unbekannte Gefühl fuhr ihm nur in die Beine. Bhinchen konnte vor Aufregung die ent­blößte, aufsteigende Brust nicht bedecken.

hinaus.

Da kreischte die Haustür. Jürgen taumelte aus der Rüche Du mußt von jetzt an immer hübsch vollkommen befleidet fein. Der junge Herr ist kein Kind mehr." Die Tante demon­strierte an ihrer Brosche. Dies da und auch deine Schultern, überhaupt das alles darf man nicht sehen. So did und nur einen Unterrod! Das ist nicht schicklich." Der Unterrod fönne gewiß einmal aufgehen. Dann stehe sie im Hemd vor dem

jungen Herrn.

Sie nahm aus dem Küchenschrank eine neue Rerze, zog mit dem Meffer sorgfältig einen Riß herum- drei Benti­meter unter dem Docht und stieg in Jürgens Zimmerchen

hinauf.

-

Wortlos stedte fie die Kerze in den filbernen Leuchter und zündete an. Dann deutete sie auf den Riß. Wenn sie bis hierher abgebrannt ist, mußt du aufhören zu lesen.. Das Bücherlesen im Bett und überhaupt das Ideale, das, was du Ideale nennst, muß auf ein schickliches Maß zurückgeführt

werden."

Jürgen beobachtete, wie das Flämmchen erſtarfte, endlich sentrecht stand und wieder fladerte, als die Tante weitersprach. Und morgen zeichne ich nur zweieinhalb Zentimeter zum Lesen an. Webermorgen wieder etwas weniger. Und allmäh­lich liest du überhaupt nicht mehr im Bett, siehst du... Auch

"

Montag

1 Pfund Talg

10

1/2

1

H

.

Kartoffeln Schmalz Salz

Dienstag

3 Pfund Busingtobl. 5 Schacht, Streichhölz. 1 Bfund Zuder.

1

1 Brot.

4

Ausgaben:

0,62 M. 0,44 .\ 0,41 0,18

"

Freitag

2 Pfund grün.Heringe 0,80 M. Schmalz. Kartoffeln

1 Liter Essig

2 Brote

Sonnabend

0,90"

"

"

SP

"

3,73 W.

0,60 M.

1

"

20

0,90

"

99

.

.

0,30

1,65 M.

1 Bfund Zuder. Pfeffer

0,45

4

0,42 W. 0,16 0,45

1 Pfund Zwiebeln

.

0,10 0,28

"

Schmalz

.

0,82

Käse.

.

0'57

"

2,42 W.

1 Gi.

0,30 M.

0,09

0,44

0,57

2

1,39 M.

M.

Mittwoch 1 Bfund Rindfleisch. Suppengrün

1 Bfund Nudeln 1 Brot.

Donnerstag

1 Pfund Schmala.. 0,45 92.

1/2

1 Brot.

1, Pfund Gehadtes

.

Geriebene Semmeln

1 Pfund Grieß. Mehl

1

N

1,14 0,30" 0,50 11 0,15

"

.

0,28 0.32

9

Gesamtausgaben:

Montag. Dienstag Büchfenfleisch 0,40 Mittwoch Gerste.

2

0,40

"

N

Donnerstag 0,57 Freitag Sonnabend

2,00 M.

1 Schacht. Schuhfreme 0.18

·

"

3,29 M.

1,65 M.

2,42 1,39

2,00

3,73

8,29

"

"

14,48 m.

Würde sich die Frau in den anderen Wochen ebenso sehr ein­fchränken( die Berhältnisse zwingen dazu, fie muß!), weber die Ausgaben erhöhen noch herableßen, so gibt sie in einem Monat die Gesamtsumme von etwa 61 M. aus. Die monatlichen Einnahmen betragen:

Hinterbliebenen- Grunbrente

hierzu 8mal je 6 M. Zuschußrente Erwerbslosenunterstützung für die Frau. den Sohn

Gehalt der Tochter nach Abzug von Steuern, Stranten­taffe, Invalidengeld, Verband, Fahrgeld.

.

12,00 M. 18,00 10,00 8,40

DP

"

W

16,00.

Monatliche Gesamteinnahme 64,40 m.

Lebensmittel von 61 m. verbleiben also der Frau noch ganze 3,40 M. Bei einer monatlichen Ausgabe für die allernotwendigsten feife, Soda, Bligblant, Seifenpulver usw. In den angezeigten Aus für Beleuchtung, für Heizung, für Miete, für Wäsche- und Gesichts­gaben sind weiter nicht enthalten irgendwelche Neuanschaffungen oder Material für Ausbesserungen. Der schwerste Schlag traf die Frau, als ihr Anfang Januar die Mietrechnung über 18,65 m. Dor­gelegt wurde. Wie sollte sie diese Summe zusammenbringen? Nun, die Frau hat bezahlt, aber auf kosten ihrer frugalen Mahlzeiten, die nun noch fümmerlicher geworden sind und sich folgendermaßen auf den Tag verteilen: Frühmorgens gibt es zwei frodene Brot­schnitten mit etwas Zucker bestreut und schwarzen Kaffee( Der Lefer weiß, was man hier unter" Kaffee" versteht.), zum Frühstück ein Stud Brot dünn mit Schmalz gestrichen. Das Mittagessen ist so bescheiden, wie es der farge Ausgabenetat notwendig macht. Nach­mittags gibt's wieder schwarzen Kaffee und Juderstulle", am Abend Schmalzftullen". So geht es Tag für Tag. Keine Wurst, fein vernünftiges Stück Fleisch, nichts! So sehen wir trotz Breis­Abbau" genau das alte, graue Elend wie vorher. Von einem besser geworden" kann hier im großen und ganzen keine Rede sein! Der Lehrerhaushalt.

"

In Nr. 30 vom Sonntag, den 20. Januar, hatten wir in unserer am vorhergehenden Sonntag begonnenen Rundfrage Was ist beffer geworden" die Auskünfte eines Postunterbeamten und eines Lehrers wiedergegeben, deren Haushaltsrechrungen bereits im Jahre 1922 Gegenstand von Erörterungen im Vorwärts" war.

"

deine Mutter las immer im Bett. Dein Vater hat es ihr ab= gewöhnt. Wer nicht selbst streng ist gegen fich, gegen den muß es ein anderer sein... Deine Mutter hat dich machen lassen, was du wolltest. Berzogen, verwöhnt hat sie dich. Das soll eine Mutter nicht tun."

-

Das kannst du ja gar nicht wissen; du warst ja nie Mutter." Staunend beobachtete er, wie ihr ganzes Geficht - auch die Stirn sich dunkel rötete. Der Mund stand offen. In unbegreiflicher Fassungslosigkeit verließ sie das Zimmer. Jürgen nahm das Bild seiner Mutter von der Wand, be­trachtete lange den angsterfüllten Mädchenblick, den schmerz­lichen Mund, der zu lächeln versuchte, und lehnte die Photo­graphie gegen den Leuchter.

Im Bücherregal standen nur Reisebeschreibungen und Abenteuerromane in bilderreichen Umschlägen. Mit der Schreckenvollen Reise in das Erdinnere" stieg Jürgen ins Bett, passierte zusammen mit dem fühnen Abenteurer auf dem Floße die zerklüftete Felsenspalte, geriet plötzlich in ein Loch und saufte auf gischtigen Wassermassen beinahe senkrecht in die Erde hinein. Es wurde nachtstill im Hause.

Sonntag, 27. Januar 1924

Bei der Auskunft des Lehrers war nicht angegeben, daß es ihm insofern beffer geht als den meisten seiner Kollegen, als er in der Zwischenzeit Rettor geworden ist und daher zur Gehaltsgruppe 9 gehört. Der größte Teil der Lehrer in Gemeindeschulen wird nach den Säßen der Gehaltsgruppe 7 befoldet. Ein Volksschullehrer mit zwei Kindern erhält danach nur wenig über 200 Mart. Die Durch schnittsbezüge der Lehrer an den Gemeindeschulen liegen zwischen 180 und 210 Mart monatlich. Erst nach 25 Dienstjahren rücken die Lehrer in die Gehaltsstufe 8 auf. Wir kommer. mit diesen Fest­stellungen den Wünschen nach, die in einer Reihe von Zuschriften aus Lehrerfreifen geäußert wurden, von denen einige ganz offen­sichtlich die Tendenz der Artikelfolge verkannten. Wenn festgestellt werden soll, was besser geworden" ist, so kann das am besten durch Bergleiche geschehen. Als Maßstab dienten daher jene Familien­haushalte, die bereits vor zwei Jahren jene Angaben gemacht hatten. die wir unter dem Titel Wie tommst du aus?" veröffentlicht hatten. Es geht auch aus der garzen Art der Darstellung hervor, daß ein Gehalt von 256 Mart nach sämtlichen Abzügen bei den heutigen Preisen als durchaus unzulänglich bezeichnet werden muß, daß aber dagegen die den Unterbeamten und Arbeitern gezahlten Einkommen" geradezu ein Skandal sind. Auch in anderen Artikeln ist immer wieder gesagt worden, daß nur gut bezahlte und gut ge nährte Menschen auf die Dauer Qualitätsarbeit leisten können. Die Tendenz der Veröffentlichungen geht also nicht darauf hinaus, den besonders schlecht Bezahlten zu sagen, wie gut es doch die Lehrer haben, sondern im Gegenteil darzutun, daß das Arbeitseinkommen im allgemeinen viel zu gering, so niedrig ist, daß auf die Dauer eine fchwere Schädigung des gesamten Volkes zu fürchten ist.

Ein Lehrer aus einer mest fälischen Landgemeinde sendet uns zu unserem Thema einen Notschrei, dem wir folgendes entnehmen:

Es handelt sich bei mir um den Haushalt eines ledigen Beamten mit dem Anfangsgehalt der Besoldungsgruppe 3, Drtsklasse A mit 11 Proz. örtlichem Sonderzuschlag. Mein Einkommen beträgt: Gehalt einschließl. sämtlicher Zuschläge davon ab: Steuern

Beamtenfrankenkasse

Kleidergeld

.

78,26 M.

27

2,82 m 2,50 6,00 11,32 " Bleiben 66,94 m.

"

Da ich hier am Ort fremd bin, wird niemand behaupten können, Dazu übergegangen, nur Schlafgelegenheit zu suchen; welche Un­daß das Einkommen ausreichend ist. Ich bin daher notgedrungen ein Nachtlogis gefordert werden, tann taum geschildert werden. Die fummen aber heute, bei der verheerend wirkenden Wohnungsnot für Zubereitung des Essens erledige ich selbst, weil das Einkommen nicht ausreicht, um Speisewirtschaften zu besuchen. Für Kleidungsstücke irgendwelcher Art, im weiteren für Bildungszwede bleibt faft nichts übrig. Was ist da beffer geworden? Schon gehen Nachrichten durch die Bresse, daß man von den, von jedem als unzureichend aner­fannten Gehältern einen Abzug von 10 Broz. vornehmen will? Es flingt als schier unglaublich, und doch kann man mit einer solchen Möglichkeit angesichts der immer frecher werdenden Reaktion rechnen. Sind wir denn nun nicht mehr berechtigt, als Mensch unser Dasein zu fristen? Ist diefes Recht Mensch zu fein" nur für eine fleine Bolts­schicht da, die Tag und Nacht in den Lokalen schlemmt, anstatt fie rücksichtslos zu Steuerleistungen zu zwingen?"

Die Steigerung der Versicherungslasten.

Zu unserer Artikelreihe Was ist besser geworden..?" erhalten wie viele Aeußerungen aus unserem Leserkreise. Sie bleiben nicht unbeachtet, wenn wir auch wegen Raummangel uns die Veröffent lichung verjagen müssen. Eine Ausnahme wollen wir mit einer 3uschrift machen, die fachliche Angaben zu einer jetzt zeitgemäßen Frage macht. Der Verfasser flagt über die Höhe der Versicherungs. laften und fordert im Hinblick auf die jetzt vor zwei Monaten zu stande gekommene Markstabilisierung eine Herabsehung der Beiträge. Er schreibt hierzu: Im Jahre 1914 mar mein

Einige Wochen später lag auf Jürgens Nachtkästchen eine Geschichte der Philosophie, in der schon viele Zettelchen mit Anmerkungen steckten.

Die Abiturienten hatten sich getrennt in zwei Gruppen, die weiterhin nicht mehr miteinander in Berührung famen: Ein Teil studierte und hatte andere Interessen als die Fabri­fantenföhne, die in die Geschäfte ihrer Väter eintraten.

Leo Seidel arbeitete im Magistratsgebäude, im städti­fchen Wohnungsnachweisbureau, dessen trübe Fenster gegen die Nordseite des immer sonnelosen Lichthofes standen. Das Mißbehagen der Kollegen war von Monat zu Monat größer geworden. Jeden Morgen hatten sie, beim Eintritt in das Bureau, Leo Seidel schon heißgeschrieben am Bulte vorgefunden.

Bor allem Herr Hohmeier, ein Beamter, der sehr lang­fam arbeitete und seiner Dienstzeit nach am nächsten daran war, vorzurüden, lebte seit Monaten beständig in der Angst, daß der bei größtem Fleiße und unangreifbarer Gemiffen. haftigkeit auch noch ungewöhnlich schnell arbeitende Leo Seidel den Buchstaben M zugeteilt bekommen werde, was der zahllosen zu bewältigenden Müllers und Maiers wegen eine Beförderung außerhalb der Reihe, ein leberspringen Hoh

Noch besorgte Seidel den ungefährlichen Buchstaben Y, wurde infolgedessen bei seinen Abschreibearbeiten nie gestört und benußte, zusammen mit dem jüngsten Kollegen, der gleich. zeitig angestellt worden war, ein Doppelpult, über dem nur eine Gasflamme brannte.

Dide Finsternis umgibt Jürgen und sein Fahrzeug, das mit den immer gewaltiger brausenden Gewässern in rasendster Geschwindigkeit in die Tiefe stößt volle zwölf Tage langmeiers bedeutet hoben würde. unter der ständigen fürchterlichen Gefahr, zu zerschellen. Blöglich verlangsamt sich die wilde Fahrt: Jürgen flößt aus einer Felsspalte heraus und, ganz wider Erwarten sanft, hinein in einen wunderbar stillen See im Erdinnern, an deffen Ufern menschenähnliche Geschöpfe mit Kuhlöpfen stehen. Grüne, fremde Helligkeit liegt über dem Tale und den milden Wäldern, obwohl fein Himmel vorhanden ist. Der Abenteurer durchforscht vorsichtig das Tal nach ge­fährlichen Wilden, macht ungewöhnlich wichtige Entdeckungen und überlegt endlich, wie er mit seinem Floß auf dem fent­recht herabrasenden Gewässer aus dem Erdinnern wieder zur Erdoberfläche hinauffahren fönne.

Heißgele'en, sah auch Jürgen nachdenklich auf. Und be­merfte mit Schrecken, daß die Kerze still bis über die Hälfte herabgebrannt war.

Während er dann im Traume papageiengroße, fliegende Edelsteine fing und mit fuhköpfigen Menschenwesen, die sich plöglich in lauter geachtete Männer verwandelten, in bösen Rämpfen lag, streifte Adolf Glacéhandschuhe über, ging in den Klub junger Kaufleute" und wurde vom Vorsitzenden auch den neuen Mitgliedern, Adolfs bisherigen Schulfame­raden, mit feierlicher Korrektheit vorgestellt.

Die Herren Neubert und Hohmeier hatten jeder ein Bult für fich mit je einer Gasflamme. Ueber Herrn Ants Pult befand sich, entsprechend seinem höheren Dienstgrad, ein zwei­flammiger Gasarm mit grünen Lichtblenden. Und vor des Herrn Bureauleiters Bult stand zudem noch ein drehbarer Schreibsessel, auf dem ein dienstliches Lederkissen lag. Auch war sein Löschblattbügel bedeutend breiter.

Dieses festgefügte Dienstschema zu sprengen, die niederen Dienstgrade zu überspringen, war Seidels Bestreben. Das allmähliche Vorrüden bis zum breiteren Löschblattbügel wollte er sich ersparen.

Das war seinen Kollegen nicht entgangen. Der Tag, an dem die Katastrophe fich ereignete, begann damit, daß Herr Hohmeier begann, sich zu schneuzen, indem er Kanzleibogen und den schmalen Löschblattbügel zur Seite räumte und das Taschentuch erst sorgsam auf die Schreibtisch platte breitete. ( Fortsetzung folgt.)