zutage die Gefehe nicht im Parlament madhen tönne, weil rasche Arbeit nötig sei! Angesichts des Sturmes, der fich gegen diese Misgeburt von allen Seiten erhebt, ist es fogar ungewiß geworden, ob der Vater mit diesem Kind den Hof noch rechtzeitig erreichen wird. Nach dem 15. Februar fann die Regierung feine Berordnungen mehr auf Grund des Ermächtigungsgefeges erfaffen. Bersäumt sie diesen Termin, so wird sich der Reichstag doch noch mit der ganzen verwickelten Materie beschäftigen müffen.
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Im Frühjahr wird die Sozialdemokratie den Wahl tampf mit unvergleichlich besseren Aussichten aufnehmen, tampf mit unvergleichlich besseren Aussichten aufnehmen, als sie es am tiefsten Kurvenpunkt ihrer Machtentwidlung, im Herbst vergangenen Jahres, hätte tun können. Es geht wieder aufwärts! Nach den Erfahrungen, die das Bolf in einer Periode unumschränkter Bourgeoisherrschaft machte-- machen mußte, weil es der Sozialdemokratie nicht die genügende Kraft gegeben hatte, den sozialreaktionären Ansturm Der Kapitalsmächte aufzuhalten, wird es zu entscheiden haben, ob dieses System weiter fortgesetzt werden soll oder ob Sozialdemokratie eine Stärfe gewinnen soll, die seine Wiederkehr unmöglich macht.
So öffnet sich der Sozialdemokratie ein weites Feld zu Ausfaat und rafcher Ernte. Es gilt auf der einen Seite, die Berwirrten aufzuklären, die noch immer vom kommunistischen Barolenquatich wie benommen sind, es gilt auch die große Reservearmeemobilzumachen, die heute noch unter bürgerlichen Fahnen marschiert. Gerade zur Lösung der zweiten Aufgabe, die nicht minder wichtig ist als die erste, hat die manchen zu vorsichtig erscheinende Politik der sozialdemofratischen Reichstagsfraktion die besie Vorarbeit geleistet. Wir find den bürgerlichen Parteien nahe genug gekommen, um die jenigen ihrer Mitläufer, die sozial zu uns gehören, zu uns herüberzuziehen und da die bürgerlichen Barieien nun alles tun, um sie zu uns herüberzu ft oßen, so mögen wir ihnen zeigen, daß in unseren Reihen für sie noch Blaß genug ist!
Die Sozialdemokratie wird vielleicht im Kampf um die Macht den Kranz des Sieges noch öfter berühren, bevor fie ihn dauernd festhalten wird. Ausschlaggebend für die endgültige Entscheidung ist, daß auch ein im Augenblick vielleicht unvermeidlicher Rückzug teine Berwirrung in ihre Reihen trägt und daß sie an die Aufgaben, die ihr der Besitz der Macht ftellt, immer reifer herantritt. Das ist ein Problem der Führer, aber auch der Massen. Beide müssen wissen, was man will, und daß man alles, was man will, leider nicht gleich auch tann!
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Und geht nicht heute auch wirklich ein Zug der Selb ft. besinnung durch die Maffen des arbeitenden Bolles? Und macht sich nicht zugleich auch ein neues Selbstvertrauen bemertbar? Hobles Kraftmeiertum, das sich in großen Ver fprechungen felbft berauscht, flappt an der nächsten Ecke zujam men.( Herrlichen Zeiten führe ich Euch entgegen!") Wirt= liches Selbstvertrauen stellt sich nur lösbare Aufgaben.
Die nächste Aufgabe heißt: Fort mit dem Belagerungszustand! Sturz des Bourgeois Absolutismus, der tapitalistischen Sozialreattion im tommenden Wahlkampf!
Kampf auf Leben und Tod. Gegen den Opportunismus und Reformismus. Das Berhängnis geht feinen Lauf. Sino wje w hat mit feiner Lintsschwentung alle Fesseln hemmungsloser Zersegung in der SPD , geöffnet. Die illegalen Blätter, die die Kommunisten herausgeben( es ist ein Unsinn, daß man diefe Partei ausge. rechnet jett zur Illegalität verurteilt!) sind voll von heftigen Auseinandersetzungen der Kommunisten untereinander. Der Rote Kurier", ein Leipziger Mitteilungblatt der KPD ., bringt Spaltenlange Auseinandersehungen mit dem" Reformismus " der bisherigen Barteizentrale. Wir fönnen nicht alle Einzelheiten wieder
Mangelnde Organisation.
Bon Paul Gutmann,
In einem großen Schweizer Hotel weigern fich die onwesenden Franzosen und Engländer, mit den zahlreich vorhandenen Deutschen in dem gleichen Speisesaal zu elfen. Der Verwaltung bleibt nichts anderes übrig, als den Deutschen in einem abgelegenen Raum au fervieren. Ein betannter Chemiter, Brofeffor an der Technischen Hochschule, der sich öffentlich auch als Bazifist bekannt hat, muß es erleben, daß ein anderer Professor sich von seinem Speisetisch entfernt, nachdem er erfahren hat, wer fein Gegenüber sei.
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handlungen fommt das Rompromißgefeh zustande, das an Stelle der Notverordnung nunmehr in Kraft treten und dem Kleinbesig gewisse nicht unerhebliche Erleichterungen bringen soll.
3 weiter Att: Der Staatsrat, der nur durch das Ber bleiben der drei Demokraten beschlußfähig ist, nachdem Sozialdemo fraten und Kommunisten den Saal verlassen haben, lehnt den Gesetzentwurf ab, so daß dieser nach der Verfaffung dem Plenum erneut vorgelegt werden muß.
3wischenspiel: Der Staatsrat, ber der ihm höchst unsympathischen republikanischen Regierung befonders eins auszuwischen gedachte, hat nur eine Kleinigkeit übersehen: daß nämlich sein Einprudsrecht automatisch die schärferen Bestimmungen der Rotverordnung wieder aufleben läßt.
geben. Nur einige Proben. Sie werden genügen! Thalheimer| Brandler hatten in ihren Thefen( wieviel Thesen hat Thalheimer fchon fabriziert?) als Lehre des„ Oftober- Rüdzugs" festgestellt, daß die KPD. sich nur auf einen End kampf zur Eroberung der polittfchen Macht vorbereitet und die Einleitung von Leiltämpfen mit weniger aggreffiven Mitteln und Kampfmethoden abgelehnt habe". In dieser ftarren Saltung sieht der rechte Flügel die Ursachen der Oktober- Niederlage. Auf gut Deutsch : er bekennt, den Mund zu voll genommen zu haben. Diese Behauptung erbost die Oppositionsmänner. Sie finden, daß die Zentrale, wenn man von dem ohrenbetäubenden Kraftmelertum der Parteipreffe ( 3. B. dem Radau vor dem Antifaschistentag) absieht", leineswegs auf den Endkampf eingestellt gewesen sei. Im Gegenteil:„ Die Zentrale hat in der Maibemegung im Ruhrgebiet , wie in Oberschlesien die Dritter Art mit dramatischem Höhepunft: Der Staatsrat vorstürmenden Arbeitermassen brutal zurückgewiesen. Jede Ausfällt tief in die Grube hinein, die er anderen durch seine Ueberschlaubreitung des Kampfes und Weiterftedung seiner Biele stempefte die heit zu graben gedachte, und schon ertönen aus dem Graben, in Bentrale als ein Eingehen auf die Provokationen der Bourgeoisie" den in seinem ersten Schreck das Agrarierblatt, die Deutsche TagesIn langen geschichtlichen Untersuchungen stellt der Rote Kurier" zeitung", mit hineingefallen ist, verzweifelte Hilferufe an die fest, daß seit langem in der Partet die opportunistisch preußische Regierung. reformistischen Elemente geherrscht hätten. In Grund und Boden wird die sächsische Lattik verurteilt, die nur der Sozialdemokratie geholfen habe. Die Parteizentrale sei durch die Streitwellen im Sommer 1921 völlig überrascht worden. " Die unendliche Welle von Streiks, die das ganze Reich im Sommer 1921 überflutete, ließ die Zentrale überhaupt falf. Man ließ sie unter der Bacole Friedenslöhne" im Sande verlaufen. Am raffesten wird die Haltung der Parteiinstanzen zu ben revolutionären Aeußerungen der Arbeiterklasse beleuchtet durch die Stellung zum fogenannten Euno- Generalftreit, wo einfach die Bewe gung unter Aufstellung von ganz belanglojen Forderungen durch einen befristeten Generalstreit abgewürgt wurde." Der Eintritt in die sächsische Regierung fei für die fopflose Bartelteitung der einzige Ausweg gewefen. Böttchers Reden werden jämmerliche Tyraden" genannt. Sedert wird vorgeworfen, doß er versucht habe, die" lächsischen Indu striellen zur Rettung der Arbeitertiaffe zu beme. gen", aber:„ Der Klassenfeind fäßt sich nicht gern auf Späße ein. Am 29. Oktober jagen Reichswehrsoldaten die Koalitionsminister auseinander."
Es ist die heiligste Pflicht jedes Arbeiters, mit dem verfeuchenden Gelft der bisherigen Einstellung und deffen Wort. führern scharf ins Gericht zu gehen. Wir müssen auf unserer Fahne mit feurigen Buchstaben den Kompf auf Leben und Tod gegen jeden Opportunismus und Reformismus schreiben, soll die Kommunistische Partei zur Bannerträgerin der herannahenden proletarischen Revolution werden."
Wir sind nicht ängstlich. Die Leute, die jetzt das Heft in der Kommunistischen Bartei ergriffen haben, werben sie ganz gewiß auf dem schnellsten Wege ruinieren. Schon sind sie dabei, nach Ginomjers schönem Programm durch Niederlagen zu neuen Siegen zu schreiten". In einem Flugbla't ruft das Direftorium der KPD. zu gewaltigen Massendemonstrationen om 13. Februar im ganzen Reiche auf. Man braucht aus dem ganzen Flugblott nur einen Satz zu zitieren:
Ist das Spiel zu Ende? Wir wissen es nicht; wohl aber dürfte das Verhalten der agrarischen Akteure geeignet sein, den Zu schauern gründlich die Augen darüber zu öffnen, welchen Bärendienst die gefeiertste Behörde aller Reaktionäre in Breußen ihnen geleistet hat, wenn nunmehr die verschärften Bestimmungen der Notverord nung in Straft bleiben. Hoffentlich vergißt der ländlige Klein best sämtliche drei Afde dieses Spiels nicht vor der Kleinbeitt nächsten Wahlen!
Demonstrationen find verboten!
Aber der Landbund pfeift darauf.
Greifenberg ( Pommern ), 2. Februar .( Tul.) Heute fand hier die erste diesjährige Arbeitgeber- und Bauernverfammlung statt. In dieser wurde neben anderen Berufspolitischen Fragen auch zur Lage der Landwirtschaft hinsichtlich der Besteuerung Stellung genommen. Die Bersammlung stellte folgende Forderungen auf, die fofort dem Landrat und dem Finanzamtsleiter übereicht wurden: 1. Bereinfachung der Steuergefeßgebung, 2. Berechnung nach dem Ertragswert, 3. Einfegung von Boreinschätzungsfommissionen, 4. Breisgestaltung auf Grund der Gestehungskosten, 5. Schaffung von Schutzölfen und 6. fofortige Auflösung von Reichs- und Landtag und Ansehung von Neuwahlen. In der Bersammlung machte sich eine ungeheure Erregung geltend, die immer wieder durch den Vorsitzenden beschwichtigt werden mußte. Man beschloß, die Kommission, die diese Forderungen überreichen follte, zu begleiten. Ueber 2000 Bauern warteten vor den Behörden. Dann wurde ein hoch auf den Landbund ausgebracht, und unter Absingung des Deutschlandliedes zogen sie wieder ab.
Die Arbeit der Sachverständigen.
Am Sonnabendnachmittag befaßte sich der erste Unterousschuß der Komitees Dawes mit der Frage des deutichen Budgets auf Grund des von der Reichsregierung unterbreiteten fiatifiiiden Materiale. Im zweiten Unterausschuß. der sich mit dem Bank. wefen befchäftigte, war einige Reit Reichebantpräsident Tr. Echacht anwesend, wobei ibm von den Sachverständigen ein eigener Plan einer Goldnotenbank vorgetragen wurde. Auch an der Eizung des Marenna- Ausschusses nahm Dr. Schacht teil.
Keine Schuporückkehr..
" Unfere Not, unseren Hunger, unseren proletarischen Zorn werben wir in die Straßen tragen. Mögen die Stlavenhalter vor uns zittern. Und die verbotenen proletarischen Hundertschaften werden die Leiber ihrer Brüder, Frauen und Kinder schüßen." Das heißt, lehenden Auges und im vollen Bewußtsein dessen, was man tut, Arbeiter, ihre Frauen und Kinder in blutige Niederlagen hineintreiben, um bie Schuld für seine eigenen Berbrechen auf andere, auf die Sozialdemokratie, abwälzen zu. tönnen. Die Phantasten und Narren, die diesen neuen Kurs auf russischen Befehl zu steuern versuchen, werden sehr bald grünblättern erschienene Melbung, wonach die Befagungsbehörden ibre Paris , 2. Februar.( Eigener Drabtbericht.) Die in deutschen Cich Schiffbruch leiden. Sinomjem wird bald um eine Illusion ärmer werden. Erlaubnis zur Rüdtebr der Saupo ins befeste Gebiet era teilt hätten, bedarf der Berichtigung. Es bandelt sich zunäd ft nur um die von den Befagungsmächten erteilte Genehmigung zu einer Berstärkung ber blauen Boliget in denjenigen Städten, in denen der augenblidliche Mannschafte bestand nicht ausreicht, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. 8u gleider Zeit ist allerdings mitgeteilt worden, daß gegen eine Einreibung der ausgewiesenen Schupobeamten in die blaue Polizei feine Bedenken bestehen, soweit die Beamten aus Rheinland und Westfalen gebürtig sind.
Das preußische Satyrspiel.
Erster Art: spielt in der Vergangenheit. Der Ständige Ausschuß und das Preußische Staatsministerium be schließen gemeinsam die Notverordnung über die Erhebung der Grundsteuer, die der Landtag nachträglich annehmen oder abtehnen kann. Nach langen frattionellen und interfraktionellen Ber
Warum tobt jeden Tag von neuem der Kampf in der Untergrund. oder Straßenbahn? Warum werden immer von neuem Frouen, Greife, Leute mit unzeitgemäßer Sanftmut beiseite gebogt, mit Schimpfrörtern überhäuft, mit den Stiefelfohlen bearbeitet? Borum hat nicht längst eine links. oder meinetwegen rechtsradifale Organisation die Sache in die Hand genommen, einen verkehrs. notwendigen Ku- Klux- Klan organisiert, die Schaffner gefnebelt, die Schwächlinge vom Trittbrett geworfen und den Berkehr in schneidige Bahnen gelenkt?
Ein Dr. Achellis hat angeblich einem jungen Mann die Seh fähigkeit durch hypnotische Suggestion genommen. Er wird des wegen vom Staatsanwolt perfolgt. Weiß der Staatsanwalt, wie Es ist höchste Zeit, derartige Möglichkeiten auszuschalten. Die töricht kontrarevolutionär er handelt? Man follte dem Mann jenent Gastfreundschaft, die bekanntlich bei tiefer stehenden Nationen wie Führerposten anvertrauen, zu dem sich Ludendorff , Hitler, Cuno, jum Beispiel bei ben Arabern, soweit geht, daß der Tobfeind darauf der Apostel Häußer, der Philosoph Steiner als unfähig erwiesen rechnen kann, freundlich aufgenommen zu werden, wenn er durch hoben. Wenn jener Hypnotiseur wirklich folche fuggeftive Gewalt Zufall in die Behausung des durch ihn Getränkten geraten ist, diefe hat, so müßte man ihn das gesamte deutsche Bolt von Bayern bis Sentimentalität ist nichts für zivilifierte Europäer. Deshalb ftellt es Thüringen und Ostpreußen in Blindheit versehen lassen, anstatt zufich als immer notwendiger heraus, die Gaststätten streng nach Na- zusehen, wie es heute mit einer spärlichen Laterne von Juufion zu tionen, Ronfeffionen und politischen Richtungen zu trennen. Sowie Julion taumelt! es bereits rein völkische Bäder gibt, muß eine vernunftgemäße Organisation dafür sorgen, daß einem ehemaligen Korpsftudenten nicht die Berdauung durch einen Antimilitariften, einem beutschnationalen Juden nicht durch die Nähe eines Zionisten oder gar Sozialdemo fraten, einem Franzosen durch einen Deutschen gestört wird. Eine Derartige, einem schreienden Bedürfnis abhelfende Organisation hat bas arbeitende Bolt, also die große Mehrheit, freilich nicht zu be rüdsichtigen; denn letztere with durch unpaffenben Besuch fowieso nicht bei den Mahlzeiten gestört.
Ein Mitglied jener Rommission, die zum Studium der deutschen Wirtschaftslage hierher gereift war, betlagt fid) über die teueren Dinerpreise. Auch hier ist wieder eine falsche Organisation am Werke. Man beföftige die ausländischen Gäste grotis. Man lasse sie an den nahrhaften Boltsspeisungen teilnehmen, etwa im Herzen Berlins , am Aleranderplaß, wo die stets wehende frische Luft einem etwa fehlen. den Appetit nachhelfen würde. Muniere Gespräche ous den Reihen der Wartenden würde die Tafelmusit des Esplanade oder Adlon er fetzen.
Ein Regierungskommissar fährt von Berlin nach der Schweiz , um Sie dort zum Kuraufenthalt befindlichen Deutschen bei ihren Echlemmereien zu beobachten. Er tonn nichts Auffälliges entdecken. Das ist begreiflich; denn derselbe Mann hat dieselben Deutschen jahrelang in den Dielen und Luxusstätten des Kurfürstendamms gefehen und tonftatiert einfach, daß sich inzwischen nichts geändert hot. Warum schickte man nicht einen jener zahlreichen Jebellektuellen, die inzwischen langsam verhungern, von denen einer diefer Tage fich in Berzweiflung aus dem Fenster gestürzt hat, nach St. Mori, um die Unterschiede zwischen der Lebensweise jener Neureichen und ber eigenen zwods lehrreicher Aufschlüsse, festzustellen? Mangelnde Organisation!
Mangelnde Organisation!
Bluth im Staatstheater.
Eine Barobie würde sich empfehlen. Man tun aber fo, als wenn die Tragödie des Herrn Karl Theodor Bluth, Die Empörung des Lucius" ein ernsthoftes und von starkem Willen inspiriertes Berf wäre. Dann tann man feststellen, daß man sich im Staatstheater um Wert oder Unwert des Wertes ein wenig balgte. Schließlich behielten die Freunde des Dichters recht. Sonft ist nichts Erfreuliches über diesen Abend zu melden. Der junge Mann, der nicht mehr vollkommen in den Kinderschuhen steckt, will ein wichtiges Broblem lösen. Zeigen will er wie das Königtum, das sich in Macht, in Kriegsluft und Unterdrückung des fleinen Mannes aufplustert, ab. gewirtschaftet hat. Der fleine, halb närrische Mann aus dem Bolt darf dem entlarvten König die Krone von der Stirn reißen, und der so leicht Entthronte fällt wie ein Dreckhäuflein in sich zusammen; zusammen mit seiner bösen Gattin und dem Vafallentros der übrigen
Bluthunde.
Was so schön ausgedacht und fo herzlich gefühlt ist, wurde ganz undramatisch von tausend guten und schlechten Borbildern be. einflußt auf die Bühne gebracht. Es ist ein geschwollenes Beug, über das fich die agierenden Komödianten die Mäuler müde reden. Raum eine Spur von Wortbegabung, nur ein unendliches Ueber fluten abgebrauchter und pompöser Phrasen. Der Dramatiter fieht vorläufig alles in abftratier Bifton, er mertt gar nicht, daß diese aufgebonnerten Sprechmaschinen ziemlich tomisch wirfen. Hat nun die Tendenz oder irgendein Einfühlen in fommende Gewalt den Intendanten und Regiffeur verleitet, diese Tragödie durch seine Arbeit zu adeln? Jegner wollte allerhand erfinden, um das Trockene und Dürre lebendig zu machen, aber die Tüftelei
farm fich an dem untauglichen Objekte nicht bewähren. Die Schauspieler sind wie gelähmt. Sie werden zu einer Rethorit gezwungen, die typisch ift für einen Wortesucher, der nicht aus der Anschauung schöpft. Das unaufhörliche Geheute und pathetische Heraussprengen der Säße ist vielleicht der Stil für solche unbeseelte Kunst. Aber es gelangt nicht in das sehnsüchtige Ohr.
Mut zur Jugend und denen, die noch nicht geworden sind, tausendmal Nicht einmal der Versuch des Intendanten ist zu verteidigen. wird das verlangt! Wer aber diesen Mut zeigt, muß auch das geniale Gehör für die echten Töne haben. Max Hochdorf .
Shaw als Bierulf.
vogel ein Buch mit dem Bemerken, hier ist eine luftige Operette von Eines Tages übergab dem Regisseur Robert Pirt ein SpaßOffenbach ohne Musit, das ist was für Sie. Es war die Komödie Androclus und der Löwe" von Bernhard Shaw. Da Herr Birt offensichtlich noch nie etwas von dem irischen Satiriker gehört hatte, glaubte er tatsächlich einen famosen Bierulf vor sich zu haben. Er fagle fich, ouf fo was fliegen die Berliner , das ist die richtige Boffe für die Staffe und garnierte das arme Stück zu einer Urt „ Orpheus in der Unterwelt " auf. Daß unter der übermütigen Ober. fläche, unter den luftigen Paradoren eine tiefe Weisheit steckt, daß die Figuren feine Hampelmänner, sondern Menschen voll innerer Tragit find, fiel ihm nicht auf. Ihm fam es nur darauf an, die nackte Handlung fo ultig wie möglich hinzuhauen, die Geschichte von dem Stlaven Androclus, der einen Löwen von wütenden Schmerzen befreit. Als er später gerade diesem Löwen im Theater zum Fraße vorgeworfen wird, erinnert der sich der Wohltat, frißt ihn nicht und folgt ihm von nun ab wie ein Hündchen. Diese rührende Fabel aus dem Altertum hat Sham benußt, um in feiner oberflächlich scheinenden Manier den Menschen, ihrer Religion und ihren Gebräuchen den Nimbus zu nehmen und sie in ihrer anziehenden oder abstoßenden feelischen Nacktheit zu zeigen.
Gehalt der Komödie und arbeitet um jeden Breis auf billige Effette Das Refidenz- Theater ahnt nichts von dem ethischen hin, wobei ihm alle mittel recht sind. Sinn'os wird vom Text ge ftrichen, finnlos werden fnallige Zusäße gemacht. Mit den Bühnenbildern war George Groß , der augenblicklich sehr modern ist. betraut. Er hatte sich ebenfalls auf Bierull eingestellt. Leider ist ihm dabei nur wenig eingefallen. Im dritten Aft verließen ihn seine Kräfte ganz. Das Bühnenbild vom Kolosseum war geistlos, öde, langweilig und leer.
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Den Androclus es hat lange gedauert, bis sich ein Schaus spieler fand, der sich zu der Stillefiafeit hergab spielte Herr Biensfeld als völlig verblödeten Trottel frei nach Ballenberg. Das Publikum war alüdlich, wenn er Mäßchen machte. Der Las vinia der Franziska Rind fehlte die Holbieligkeit und Anmut, die bei diefer Rolle unentbehrlich ist. Dafür foftete sie die Worte durch wie ein Austernesser den Leckerbissen. Der einzige, der Shaw ver. standen zu haben scheint, ift Raoul Lange, der ben temperament vollen Ferrovius einfach, einbrudsvoll und überzeugend gab. Es fehlte nur noch, daß der Keiser in jüdischem Seren indhen wurde. Ich hatte es nach den ersten Worten Berthold Rosés schon gefürchtet. Dann hätte das Theater den Reißer gehabt, den es fucht. Ernst Degner.