Norwegen beginnt sich nach der Zerschlagung der Arbeiterbewegung bis zur völligen Ohnmacht die Sozialdemofratie wieder zu regen. In der Provinz nennt sie schon wieder einige Tagesblätter ihr eigen, in der Hauptstadt Kristiania gibt sie zweimal in der Woche ein Blatt heraus. In In Schweden geht es rüstig vorwärts mit der Sozialdemofratie. In Dänemart hat die rechtsliberale Regierung weder den Kronenfall verhindern, noch ein Defizit von 36 Milliarden Kronen beseitigen fönnen. Nun kommt sie mit Lurussteuern, die aber in Wirklichkeit eine Reihe von Gebrauchsgegenständen treffen. Das alles find Gründe, die der hier rüstig fortschreitenden Sozialdemokratie einen Wahlfieg verbürgen würden, wenn ja, wenn nicht ungefchickte Reichsmehrgeneräle und tölpelhafte deutschnationale Außenpolitifer der jezigen Regierung eine Ablenkung des Bolkswillens nach außen hin in die Hand spielen.
Mit Recht weist die„ Boffische Zeitung" darauf hin, daß derartige Beileidsfundgebungen den Hinterbliebenen geiten, in diesem Falle der amerikanischen Nation, deren Regierung eine breißigtägige Nationaltrauer angeordnet habe. Noch schärfer wendet sich die Germania " gegen den AußenNoch schärfer wendet sich die Germania " gegen den Außen minister Stresemann, dem sie in unzweideutigen Wendungen unmännliches Zurüdweichen vor der deutsch nationalen Kritit vorwirft.
99
hurgemäß im gesamten öffentlichen Leben eine innere Spannung und die lähmende Unsicherheit, die nur erträglich erscheint im Hinblick auf den nahen Zeitpunkt, an dem durch den Prozeßbeginn tas Ventil geöffnet und der Gefahr der lleberhigung begegnet... wird. Offenbar in dem Wunsch, daß im Intereffe der Deffent Cichkeit dieses Ventil mit einiger Sicherheit und Zuverlässigkeit funktioniert, unternimmt es der bekannte Staatsrechtslehrer an der Universität München , Karl Rothenbücher , im Berlage Mohr- Tübingen , eine Broschüre erfheinen zu lassen, die für jeden, mag er sich aus politifden, juristischen oder sonstigen Gründen mit dem Prozeß beschäftigen, von gleich großem Interesse ist. Sie führt den Titel„ Der Fall Kahr" und beschäftigt fich eingehend mit der Frage der Mitschuld Kahrs,
Der ganze Borfall ist bezeichnend für die politische Atmosphäre, in der wir seit einigen Monaten leben: Feig heitist Trumpf, Feigheit vor den nationalistischen Maul helden, Feigheit vor den bajuvarischen Bierbankpolitikern, Feigheit vor der Reaktion in Zivil und in Uniform. Ueber diefes Trauerspiel, in dem die Washingtoner Flaggenaffäre nur eine Episode bildet, hat Deutschland allen Anlaß, Halbble cerade som staatspolitischen Gesichtspunkt aus von entscheidenmaft zu flaggen!
Erfolge der Sozialdemokratie in Standinavien liegen aber fowohl in sozialistischem wie im Interesse einer ehrlichen Wiederaufbaupolitik der Republik Deutschland . Die skandi Neue Verdunkelungsversuche. navischen Bruderparteien werden sowohl aus ökonomischer Justizrat Claf und das Attentat gegen Seedt. Einsicht wie aus Ablehnung imperialistischer Bündnispolitik Eine Berliner Korrespondenz veröffentlicht unter der lleber. zubauen, ablehnen, die dänische Partei lehnt scharf die Eider - v. Seedt" sehr ausführliche Mitteilungen, in denen ein gewiffer die Versuche, künstliche Handelswege um Deutschland herumschrift:„ Die Wahrheit über die Verschwörung gegen General dänenagitation ab. Könnte Deutschland Hirnverbrannteres Major Gilbert, der zu dem verhafteten Ihormann und dem tun, als durch Aufrollung aller eventuellen Reibungspunkte von dem Barchimer Fememord bekannten Roßbach- Anhänger diesen Parteien den Boden unter den Füßen fortziehen? v. Lettenborn Beziehungen unterhalten haben foll, als angeb licher politischer Agent des Reichstommiffars für öffentliche Sicher heit und der Abteilung IA die Rolle eines Drahtziehers und Geld gebers der Attentäter spielt. Für die Tettenborn und Gilbert soll nach dieser Darstellung der Mordplan gegen Seedt nur ein Borwand gewesen sein, um gegen den Borfizenden des Alldeutschen Verbandes Claß einen Schlag zu führen.
Halbmast!
Der deutsche Skandal in Washington . Als hier die ersten Meldungen über Paris eintrafen, daß allein die Deutsche Botschaft in Washington nicht Halbmait geflaggt habe, und daß darüber große Entrüstung in Amerifa herrsche, konnte man zunächst an eine französische Propaganda mache glauben. Spätere Meldungen ließen jedoch an der Richtigkeit des Tatbestandes feinen Zweifel mehr und schließlich ift non offiziöfer deutscher Seite der Tatbestand in einer Form zugestanden worden, die das deutsche Wolf zu ebensolcher Empörung gegen die deutsche Diplomatie veranlassen muß wie das amerikanische. Danach ist es der Botschafter Bied feldt selbst gewesen, der telegraphisch bei der Wilhelmstraße angefragt hat, wie er sich zu dem Tode Wilfons ver halten solle, und die Antwort des Auswärtigen Amtes habe dahin gelautet, daß von einer offiziellen Beileidsfundgebung der Reichsregierung abzusehen sei, da Wilson zur Zeit feines Ablebens„ feine offizielle Bersönlichkeit" mehr gewesen set; im übrigen bliebe es aber dem deutschen Botschafter überlaffen, ob und in welcher Form er sich persönlich an den borligen nationalen Trauerfeierlichkeiten beteiligen wolle.
Ist es schon höchst erstaunlich und bedenklich, daß ein Botschafter, der ja an Ort und Stelle am besten in der Lage sein müßte, eine solche Entscheidung zu treffen, so wenig Selbständigkeit zeigt, daß er sich vorerst Instruktionen aus Berlin einholt, so ist der Bescheid des Auswärtigen Amies schlechthin standalös. Erst vor kurzem hatte die Reichsregierung auf die deutschnationale Anfrage wegen des Todes der Digmuiden Besagung geantwortet, daß alle fremden Vertreter in Paris diesen rein diplomatischen Höflichkeitsaft erfüllt hatten und daß ein ab weichendes Verhalten der Deutschen Bote fchaft als eine unhöfliche politische kunde gebung gedeutet morben wäre". Im Falle Wil son hätte dieser Grundsaz erst recht gelten follen. Aber es ist ganz offenfundig, daß die maßgebenden Herren vom Auswärtigen Amt sich vor einer Wiederholung der deutschnationalen und deutschvölkischen Heze gefürch tet und deshalb diese ganz blödsinnige Instruktion hinübergefunft haben. Die Rolle, die die Deutsche Botschaft, leider im Namen des deutschen Bolles in dieser Angelegenheit spielt, wird dadurch nur noch fläglicher, daß sie nachträglich ebenfalls Halbmast flaggen wird und daß der deutsche Botschafter an der offiziellen Trauerfeier, wie er bereits hat anfündigen laffen, bo ch teilnehmen wird!
Musikalisches Dreitagerennen.
Konzertumschau von Kurt Singer . Ueberfluge und besonders Hellsichtige behaupten, die Berliner Staatsoper egiftiere noch. Wenn diese Gerüchte nicht dementiert werden, so muß man glauben, deß die einst so schöne Oper von ihrem Sterben lebt. Barten wir noch ein Weilchen, um zu sehen, wie piel Monate man Berlin mit Nichterfüllen und Nichtleisten in Schach haften kann. Jetzt hören wir, daß der Intendant im Monot ber üblichen Premieren funstpolitisch nach Amerika fuhr. Warten wir. Die Rapelimeisterfrage ist unter den Linden halb, bei Kroll noch ger nicht gelöst. Der Generalmusikdirektor Kleiber aber führte sich indessen in der Philharmonie als Konzertbirigent ein, nachdem ihm am Abend vorher sein Borgänger Stiedry den Plaz am Bult geräumt hatte. Seltsamer Zufall!
Kleiber hat vor kurzem durch die Art, wie er Scricbine dirigierte, berechtigtes Aufsehen erregt. Wenn er sich jetzt in der Philharmonie Groß- Berlin vorstellte, so erwartete man von ihm Neues, das ihn als Berber und Propagandist moderner Kunst er wies. Das ist nun leider ganz und ger nicht der Fall geresen. Mit innerem Entfehen gewahrt man, daß es Kleiber entweder an künstlerischem Geschmack und Urteil gebricht oder daß er nicht Willenstraft genug befigt, bequemen Lockungen, nüglichen Anerbietungen die bisher bewiesene Energie entgegenzusehen. Er dirigierte von Jacp Roo1 eine chinesische Pantomime und eine Sinfonie Op. 10, Arbeit" genannt. Hier wie bort hörte man immer das gleiche, nämlich einen äußerlichen Klingklang ohne inneren Halt, ohne seelisches, geistiges Fundament. Lauter Jn strumentalpariotionen über fein Thema( möchte man fagen). Liebe zu egotischen Melodien und Klängen erschöpft sich bei Kool in unaufhörlichem Bemühen feltsamer sinfonischer Instrumente. Beson ders das Xylophon, Gong, Tamtam, Trommel, Harfe haben es ihm angetan. Das lärmt nun mit dem Streichförper und einem Siden Blasorchester pausbäckig durcheinander. Bergeblich ein Suchen nach revolutionären Themen, nach heiligen Rhythmen der Arbeit". Das ift Arbeit in schlechtem Sinne, nicht im fünstlerischen Sinne des 3wedhaften, Zielvollen, Stilschönen. Das ist Arbeit, fofett cus der Bogelperspektive eines daneben Lebenden angesehen, eines Mannes daz, der den Widerspruch alter und moderner Musit nicht mit dem Herzen, sondern mit der Feder überbrüden will. Was reizvoll en dem Wert ist, die bunte Inftrumentenplatte, wird auf die Dauer recht moncton, und nur in bem einfachen, weich schwebenden Adagio ( ein Adagio con moto gibt es nicht!) flingt ein wirkliches Gefühl ouf. Kleiber verhalf dem unbeholfenen Stück zu einem Achtungs. erfesz. Sich selbst hat er damit geschadet. Man wird mehr als je seinen Geschmad unter die Lupe nehmen müssen. Im zweiten Teil des Konzerts setzte Musik ein: Dvorat. Hochachtung für solchen Interpreten!
Die Darstellung der Korrespondenz entspricht nicht den Tatfachen. Gilbert, der bere.ts vernommen wurde, ist in der Angelegenheit eine sehr nebenfächliche Figur. Weder ist er politischer Agent amtlicher Stellen, noch hat er von diesen Gelder empfangen. Zettenborn hat aus eigener Initiative gehandelt. Die Beröffentlichung der Korrespondenz verfolgt allem Anschein nach den Zweck, die Sache von neuem zu verdunkeln und dürfte von einer Justizrat Claß nahestehenden Seite flammen.
Amtlich wird gemeldet:
Eine Berliner Korrespondenz verbreitet eine ebenso ver worrene mie entstellende Darstellung über das angebliche Untersuchungsergebnis in Sachen des Verfahrens gegen Thormann und Dr. Grandel wegen des gegen General von Seedt gerichteten Mordplanes. Den zahlreichen unrichtigkeiten des Korrespondenzberichtes gegenüber sei vorläufig folgentes festgestellt:
1. Es ist unwahr, wenn behauptet wird, daß die Herren auftragte. Anm. d. Red.) von der Deutschvölkischen Freiheitspartei Don Zettenborn und Koerte( der mit dem Attentat Be vom Reichskommissar für die öffentliche Ordnung oder einen feiner Beamten dazu veranlaßt worden feien, auf die Attertatspläne des Thormann auch nur zum Schein einzugehen.
2. Es ist unwahr, wenn behauptet wird, daß irgendjemand für irgendwelche Tätigkeit in der Eache des Mordplanes des Thor mann und Grandel vom Reichstommiffariat Geld mann und Grandel vom befommen hätte.
3. Es wird erneut festgestellt, daß das angeblich gefälschte Bro. totoll einer Gibung vom 17. Februar 1920 bis zu feiner Beröffentlichung in der Presse dem Reichsfommissariat nicht be. fanni war...
Kahrs Schuld beim Novemberputsch.
Ein Rechtsgutachten.
der Bedeutung ist Die Untersuchung dieses unparteiischen Ge Schichtsforschers ist im wesentlichen gegründet auf die Berichte und Erklärungen, mit denen die Beteiligten auf beiden Seiten nach dem Putsch die Deffentlichkeit überschwemmt haben. Rothenbücher untersucht naturgemäß vor allem die Frage nach dem Verhalten täterschaft an jenem Hochverrat besteht". Kahrs in der Nacht vom 8. zum 9. November, da gegen den Generalstaatsfommiffar der dringente Verdacht der Mittäterschaft an jenem Hochverrat beſteht". Darstellungen über die Ereigniffe im Bürgerbräufeller kommt Ro Nach forgfältiger Prüfung aller hier in Betracht kommenden thenbücher zu dem Schluß, daß Kahr auf die dringenden Bitten und Flehen Hitlers und Boehners Flehen Hitlers und Boehners
aufrichtig und ernsthaft mittat, nachdem er felbft eine Art Gegenvorschlag gemacht, indem er vor. schlug, daß er die Statthalterschaft für die Monarchie übernehmen wolle. Nun war er gong dabei. Nur durch tatsächliche An gaben, die bis jetzt nicht erfolgt find, fann Kahr den Berdacht entkräften, daß er einen Verfassungsbruch hat verüben wollen und nur sehr langsam, vielleicht später als Lossow, fich entschlossen hat, hiervon abzustehen., Kahr hat am 8. November nach langem 3aubern sich entschlossen, mit Hitler , Luden dorff und Pehner gemeinsame Sache" u machen. Einige Stunden später hat er, der foeben noch ein Mitrevolutionär war, sich auf sein Amt als Generalstaatsfommissar zurückgezogen, um dem Kind der nationalen Revolution, dem er noch eben selbst zur Geburt verholfen hatte, den Tod zu geben. Seine Beweggründe fennen wir nicht."
Für Rothenbücher steht fest, daß Rahr entschlossen war, an dem
Hochverrat teilzunehmen und dementsprechend der Fall Kahr nach
der rechtlichen Seite hin nach den Hochverratsparagraphen zu beurteilen ist.„ Kahr ist aber auch Beamter, der überdies stets als Mufter eines solchen der Bevölkerung hingestellt worden ist. Durch feine Beteiligung an dem Unternehmen Hitlers , insbesondere durch feine Uebernahme der Statthalterschaft für die Monarchie, hat Kahr aber seine
Amtspflicht schwer verletzt und feinen Eid gebrochen. Er ist auch hier von der einfachen Richtschnur des Handelns abge richen. Wer sich selbst untreu wird, bricht in sich zusammen. Wer die von der Sittlichkeit und dem Recht gefehten Schranken veriäßt, verliert den Haft. Wer andern darin vorangeht, bringt unheil über bas Ganze Taufende fahen auf Rahr als den, der Ziel und Wegwies, der Richtschnur und Maß. angab. Der 3usammenbrudh Kahrs, der nicht verheimlicht werden fann. wenn auch aus man. nigfachen, dem Rechte fremden Grünben die gerichtliche Anlage nicht gegen ihn erhoben worden ist, wirft zerstörend hinaus in die Beite. Die Berfehlung Kahrs liegt nicht nur in feiner Stellung in dem für Bayern und Deutschland unheilvoll endenden Unternehmen Hitlers , sondern in der Erschütterung des flaren Sinns für das Recht, in der Zerstörung des Glaubens an Gradlinigkeit und Ueberzeugungstreue. Dies ist seine größte geschichtliche Schuld."
München , 6. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Der Hitler. Ludendorff- Prozeß wirft tiefe Schatten voraus. Das ganze Ges triebe der bayerischen Politit ist in seinen Wirkungen heute gestellt wird, entsprechen die Angaben in dem von uns am Sonntag hemunt, ja es stellt mit voller Absicht alle Entscheidungen zurüd, bis der Berlauf und das Ergebnis dieses Prozesses die Bahn für neue Entschlüsse freigegeben haben. Dieser Zustand erzeugt na
Hier blieb Stiebry in ben vorgeschriebenen Bahnen und holte, ob gleich fein Brudner- Dirigent, mit großartiger Einfühlung Leben und Blühen aus den Lönen des ersten Eages. Das Trio des Scherzos allerdings ist nicht als Adagio gedacht, nur langsam" im Vergleich zu Anfang und Repetition. Man sah aber auch hier, welch eine geistige Kapazität Stiebry ist, der sich, zuerst vielleicht literarisch, dann aber fünstlerisch- inbrünstig in andere Musikwelten
versehen kann.
Boris Kront, in den letzten Jahren immer dort, wo modernfte Mufit gefeiert wurbe, versuchte sich am Brahmschen Geigenkonzert Die anfängliche Dünne des Tones wurde bald überwunden, die treffliche Fingertechnik aber stand im Allegro noch gar nicht im Dienst musikalischer, überirdischer Idee. Er spielte das Konzert, er fang es nicht, er erlebte es faum, und er übermittelte es nicht in feinem rätselhaften Innenleben. Mit Hingabe verweilte Kront dann erst beim Adagio, dessen Schlußteil beherzt und befeelt tiang, und auch die Zigeunerweise des dritten Gayes fand einen tempe ramentvollen Bertreter. Kront ist auch ein Beweis mehr dafür, daß man nicht ungestraft unter dem Balmenschatten die Futuristit wandelt, besonders wem man die Sonne klassischer Mufit wieder lächeln sehen will.
Erlebens nicht.
Ein anderes größeres Format als Musikant hat Franz Osborn. Alles an ihm, alles in ihm drängt zu gefungenem, gehämmertem, schrungvollem Ausdrud. Ein Temperament, eine Feuerseele, mit genialifhem Aufbliken. Dennoch: zum Tschaifowsti- Konzert reichte die Jugendlichkeit oder Flüchtigkeit bes Mit heftigem Danebengreifen und rasendem DaDonlaufen führt man sich nicht als zweiter d'Albert ein. Dringend ift dem hochbegabten Jüngling Selbstzucht und zielbewußter Unterricht weiter anzuraten. Wer ihn hymnisch preist, ohne die Fehler Griffunsicherheit, harter Anschlag, Stilunebenheit zu beman. geln, tut feiner Entwidlung bitter unrecht.
-
Heinz Unger fühlt sich in Welten ein, bie früher nicht sein eigen schienen. Aber er fingt sich, von Mahler zu Brahms fchrei tend, innerlich frei, wie er an äußerer Beherrschtheit und Orchester beherrschung gewachsen ist. Einen idealen Tempoverehrer wird man ihn richt nennen tönnen; auch ist sein Wesen nod) start auf efftatische Momente eingestellt, und er ruht sich bei den stilleren Partien der ersten Brahmschen Sinfonie gehörig aus. Wie er aber das grandiose Allegro vorbereitete, einleitete, antrieb und zu hymnischem Jubel austlingen ließ, das war großartiger Beweis einer immer mehr nach Befeeltheit und Bertiefung strebenden, fraftvollen Dirigentenperfönlichfeit.
Und zum Schluß des Rennens: Gruß und Dant unserer Liebmeisterin Mays3- Gmeiner, die 25 Jahre unser Konzert podium abelt und schmückt. Dank für alle reine Freude des Genießens im Schubert und Wolf- Zied!
Jugunsten der nofleidenden Schriftsteller plant dle Boltsbühne am Sonntag, den 24. Februar, borm. 11%, Uhr, im Großen Schauspiel baus eine fünstlerische Beranstaltung unter Mitwirkung des Blüthner Drchefters, bes Gegar- Chores und des Sprechchors für die proletarischen Feierstunden, Reichstagspräsident Röbe wird eine Ansprache halten. tänze Roloff rezitieren. Zur Aufführung gelangt u. a. das Debmelsche Erntelieb in der Stomposition von A. Fried. Karten für Boltsbühnenmitglieder in
Etiebrn begann mit der Coriolan- Quvertüre. Wollte er durch Aufheben der Tradition imponieren? Durch das Berschleppen und Dehnen des Lempos erzielte er ein Verzerren der Meloble und ein großes, unmotiviertes Klaffen der Pausen. Das Tattieren in Bierteln bekam dem Werk wirklich nicht gut. Diefe fubjektiven Fehläußerungen verschwanden im Respekt vor Brudners 8. Sinfonie. I den üblichen Zahlstellen.
Bie uns von der Direttion der Dresdener Bant mitge abgedruckten Brief eines Hitler- Offiziers, nach dem in der Mün. jener Filiale der Bant Munition gelagert haben soll, nicht den Tatsachen.
„ Die nackte Tänzerin".
Die Gattin des Redakteurs glaubt von der Gleichgültigkeit thres Mannes überzeugt zu sein. Sie tanzt nadt, nur mit einer Maste befleidet, im Trocadero. Der Redakteur verliebt sich in die Nackt tänzerin. Auch ein indischer Fürst verliebt sich in die Redakteurs. gattin. In demjenigen Leben, daß Rudolf Lothar , der Autor der Komödie, fieht und das dem Bublifum des Trianon Thea ters glaubhaft oder zumindestens amüsant vorkommt, ereignen sich solche Zufälle. In dieser Welt der Kleinbürgerlichkeit, in welcher der Berfasser und seine Gestalten steden, nimmt die Nackttänzerin und Redakteursgattin die Billa an, die ihr der indische Fürst schenkt, um in einem sehr bequemen Rurtifanenbett zu ihrem eigenen Mann zurückzukehren. Solche indische Fürsten gibt es. Sie reden Feuille tonweisheiten im Nachtlokal. Man stelle sich einen Rabindranath Tagore vor, der durch Rudolf Lothar den Feuilletonlefern der„ Ele. ganten Welt" vermittelt wird. Und alles geht gut aus, wie man es in der ersten Szene des ersten Attes gewußt hat, wenn man die Gesetzmäßigkeit fennt, in der die bürgerlichen Luftspielverfaffer leben. Es ist eine heitere Welt. Sie hat keine Probleme, sondern Schwank motive, fie hat feine Gedanken, sondern Bifanterien. Ihre Unmar scheinlichkeit ist zu naivo, als daß man sich mit ihr auseinanderlegen sollte. Gespenstisch, aus einem erledigt gewähnten Jahrzehnt steigt fie auf die Bühne in der Gestalt des applaudierenden Berfaffers und verneigt sich. Pseudofranzöfifch parfümierte Totengerippe der Dra mati wandeln auf den Brettern, die die Rotterwelt bedeuten. Oskar Kanehl führte eine schleppende, gedehnte Regie. Die Redakteursgattin und Tänzerin Erifa Glasner ist leider zu did geworden. Ihre berauschende Nacktheit ist unglaubwürdig. Gie bleibt gut in den Szenen, die ihre natürliche Drastik herausfordern und zur Geltung fommen lassen. Man glaubt ihr die Redakteurs. gattin. Aber wenn man sie aus dem Bett in die Morgenwäsche R. steigen sieht, nur sehr schwer eine Nadttänzerin.
„ Die vertagte Nacht" im„ neuen Operettentheater". Die Herren Franz Arnold und Ernst Be zeichnen als Autoren eines Schwantes, der mit befannien Mitteln gefchidt gearbeitet wurde. Bärtliche Dinge werden luftig und spiz refagt. Ein paar brollige Einfälle. Gut verteilte Rollen. Die sympathischen Schauspieler des halb in bester Laune, Thielscher obenan. Es scheint, als ob die ger manschten Gehirne unserer Zeit eine höhere„ Geiftigkeit" als wie fit in fo einem Schwant zum Ausdrud fommt, gar nicht mehr ertragen Man lacht drei Stunden lang, doch es folf nur feiner fragen warum Benn aber Guido Thielscher auf der Bühne Emil Dobermann heißt, dann lacht man natürlich schon, ehe der Vorhang aufgeht. Unt wenn dann dieser fleine fette Mann über die Bühne rollt, rutscht gleitet und hüpft, und in seinem rundlichen Antlig mit fabelhafter Mimik hundertiei Seelenregungen auffprühen läßt, dann spürt mar mit Genuß, was wir Berliner doch in diesem Künstler haben, det nur mit ganzer Hingabe bei seinem Spiel ist und nichts spüren lä von jener elenden Eitelkeit, die so mandyen anderen berühmten Kollegen im Angesicht des Publikums zum Clown und Hanswurf werden läßt. Neben Thieffcher, der den emporgekommenen Berline Unternehmer verförpert, fionden eine Reihe gut angezogener( alfa anziehender) und gut fpielender Kräfte auf der Bühne: Leo Peu tert als eleganter reicher und wissender, Berthold Reißig al