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Der Nimchener Kommuniftenprozeß. München . 11. Februar.(Eigener Drahtbericht.) Das Urteil in dem Kommunistenprozeh lautet für Steinfurth und Kam- merer auf zwei Jahr» Zuchthaus, während die übrigen Angeklagten mit kleineren Zuchthausstrafen, die in Gefängnisstrafen umgewandelt wurden, davonkamen. Zwei der Angeklagten erhielten f««in Jahr Festung, zwei weiter« wurden freigesprochen. In der Urteilsbegründung heißt es, daß«s den Angeklagten mit ihren ge- planten Sabotageakten in der Hauptsache aus«ine Verhinderung der Reichsoxekutive in Sachs«!! und Thüringen ankam und erst in zweiter Linie auf die Errichtung der proletarischen Diktatur. Nstheubüchcr verklagt Kahr . München , II. Februar.(Eigener Drahtbcricht.) Der General- staatskommissar Hot in der Begründung s«ines Verbots der bekannten Rothenbüchcrschen Schrift behauptet, die Schrift enthalte grobe U n- Wahrheiten und tendenziöse Entstellungen. Profesior Rothen- büch«r hat g«gen Herrn v. Kohr Strasantrag auf Grund der 8Z 185 ss. des Strafgesetzbuches gestellt. Eine geborstene OrdnnngSsänle. München . II. Februar.(Eigener Drahtb«richt.) Gegen den Präsidenten des Amtsgerichts München , Riß, eine der bekanntesten christlichen Ordnungssäulcn in München , sind schwere Beschuldigungen weqen Unterschlagungen in seinem Amt als Vorsitzender von mehreren karitativen Vereinen erhoben worden. Auf Kosten armer Zöglings in Erziehungsheimen füllte der Herr Präsident, so lautet u. a. die Anklag«, ein üppiges Wohlleben. Der Disziplinarhos für richterliche Beamte hat nunmehr in zweiter Instanz das Urteil gs- fällt. Es lautet auf«ine Geldstrafe von 50 Goldmark und gibt dem Iustizminister auf Grund des Z 8 des richterlichen Disziplinar- gesetzcs das Recht der Strafversetzung. Der Gencralstaatson- walt hatte, wie in der ersten Instanz der Oberstaatsanwalt, Eni- l a s s u n g aus dem Amte beantragt. Wenn man in Betracht zieht. daß die Disziplinorkammer als erste Instanz trotz des erdrückenden Belastungsmaterials gegen Riß nur einen Verweis aussprach, kann man von einer außerordentlichen Verschärfung des Urteils durch die zweit« Instanz sprechen, so daß der Präsident Riß für die Oessent- lichkeit gerichtet erscheint._ Dänemark unö Deutscklanös Not. Rede SckieidcmannS in Kopenhagen . Kopenhagen . 11. Februar.(WTD.) Auf Einladung der dänt- schen Studentengesellschaft hielt der frühere Reichskanzler Scheide- mann gestern nachmittag hier einen längeren Vortrag über die deutsche Rot. In der außerordentlich zahlreich besuchten Der- sammlung, in der alle Kreis« t-er Bevölkerung vertreten waren, befand sich auch der deutsche Gesandte von M u t i u e. Der Vorsitzende der Studentengesellschaft, Frisch, begrüßt« Scheidemann mit herz- lichen Worten als treuen und langjährigen Freund Dänemarks . Echeidemann begann feinen Vortrag mit einer Schilderung der deutschen Rot im allgemeinen und ging sodann im einzelnen auf die U r s a ch« der Notlage der deutschen Wissenschaft ein. Die Haupt. ursach« diese, deutschen Unglück» sei dos Berfailler Diktat. Dieses fei Deutschland ausgezwungen worden mit der Behauptung, daß es die A l l e i n s ch u l d am Kriege habe. Dies« Behauptung müsse auf dos entschiedenst« zurückgewiesen werden. Deutsch- land habe seine geheimen Archive geöffnet, die Entente habe diese Forderung bisher jedoch abgelehnt. Erst wenn auch die Entente ihr« geheimen Archiv« der Oesfentlichkeit zugänglich gemacht haben werde, werde man ein wahres Bild von der Kriegsschuld erhalten. Die Hauptsache sei, daß nicht nur Deutschland , sondern ganz Europa unter dem Berfailler Diktat zu leiden habe. Deussch- land seien die furchtbarsten Lasten auferlegt, nachdem man ihm ein Achtel seine» Landgebiets, ein Viertel feine» wichtigsten Rohstoff. gebiet» und dann noch die Kolonien weggenommen habe. Redner ging dann auf die ungeheuren Besetzungstosten im ein- zelnen ein und erklärt«, daß das Berfailler Diktat unter den jetzigen Umständen trotz des guten Willens de» deutschen Volkes unerfüllbar sei. Zum Schluß richtete Echeidemann«inen warm empfundenen

ist s«lbstv«rständkich. daß irgendwo«in Opera-«ur dabei war. Wie diese klein« Mcnschengrupp« in voller Einheit mit der Natur, ganz angepaßt an die Umwelt, unerschütterlich den Kamps ums Dasein in Winteröde und Eiseskäite, oft vom Hunger bedroht be- steht, das ist bewundernswert und ermutigend. Wir sehen sie bei der Arbeit des Botebauens. wir foiren ihnen aufs Wasser, auf ihr« winterlichen Jagdwanderungen durch die aufgetürmten Schncemassen, wir sind Zeugen ihrer großen Geschicklichkeit bei der Wairoßjagd oder dem Seehundfang(unterm Schnee und Eis des zugefrorenen Meeres) Nichts aus ihrem Leben bleibt uns fremd: sie erbauen ihr« Schneehint« vor unseren Augen, sie ziehen sich darin nackt aus, um unter ihren Pelzen zu schlafen. Ihre treuen Gefährten, die Hunde, werden'uns familiär: in einer«rzreifenden C�ene werden fi« das Opfer eines Schneesturms, der sie langsam »udeckt.... Und trotz allem, wie sie dies« Kinder der Natur, deren schwarz« Haare so felisam kontrastier«» mit ihrer weißen Welt, so fröhlich und lebensmutig! Der Film, der täglich auch in der Urania gezeigt wird, Ist in seinen Ergebnissen wie Voraussetzungen ein« Höchstleistung, die wieder einmal Zeugnis ablegt von dem. was d«r Film sein kann. d. wieder ein Hellseher enklarvk. In der Berliner Pspchologiichrn Ges.llschaft wurde der Bericht de» Juristen Virnbgum über sein« Erlebnisse mit dem Wundcrmann Reese«rlesen. den uns einig« «benso unwissende wie schlecht beobachtende Fölch«tonis!«n gewisser WelibläUer vor einigen Jahren al, Hellseher anpriesen. Birn- bäum, der anfangs auch düp'ert worden war, aber durch die gewinn- süch'igen Absichten des Reese stutzig geworden war. wandt« das nächste Mal besondere Vorsichtsmaßnahmen an und konnte nun einroandsrei nachweisen, daß der natürlich auch von P os. Schrenck- Notzina approbierteHellseher" ein ganz gewöhnlicher Schwindler ist. Erstaunlich ist dabei, daß dieser nur i» seiner Chuzbe und in seiner Spekulation aus die Dummheit der allzu wundergläubizen Zest-Ttnossen oußerordent'ich« Hochstapler einen urallen Trick be- nutzte, auf den alle diese Reklame-Impressionisten hereinfielen. Der p p. Reel« schob un'er die Zettel» die«r hellseherisch lesen st Hie einen wischen und las m-wischen den folgenden echten unterm Tisch. Das machen zum Jux halbwegs pfiffige Jungen. Di« große Weit aber ließ sich damit Himers Licht führen und strpst« dem Pseudo- Professor die Tis-ben mit Gold Da» fchlimmst« aber war. daß«in groß'r Teil der Press«, um ja sensationell zu sein, den Schwindel unterstützt«.

Photo~ ruiicanuv- de« Vogelzüge ««. Donner«tog« llbr beginnt Proteisor 85 e q e n« r einen v'ertivudigen ZyNu« aber.Indien'. Freitag » Uhr w'.ilbt P'vl- SchSnichen aber.Naturdenkmäler au« der lier- und Pflanzenweit» und um« Nbr Dr.». Kaftoa übei .«cue tlnlchauuugeu g»,, Welden «nierer iS i t» e r u n g LcnwM". Die bolschewttztsch«« Gonvernemnitldebbrden in Atui- dir««,(xi«eburttftadt Lenin«, deschlollen. dt« Stadt t» Leninek um-

Dank an Dänemark für die Deutschland bisher geleistet« Hilf« I und schloß mit de? Bitte um weitere materiell« Unterstützung gegen die Rot und um moralische Unterstützung in den Bestrebungen für eine Revision des Versailler Diktate. Der Dortrag wurde mit lebhasicstem Beifall aufgenommen. Danach sprach der Vorsitzende der dänischen sozialdemokratischen Partei. S t o u n i n g, und empfahl aufs wärmste, das dänische Hilfskomitee in seiner Arbeit für die Linderung der deutschen Not zu unterstützen. Ruhige Kammerschung. Varls, 11. Februar. Die Kammer verhandelt« heut« nach- mittag über Artikel 2 des Gesetzentwurfes betreffend die Durch- führung von Ersparnissen und die Erschließung neuer Steuer- quellen. Der Artikel sieht vor, daß bi» zum Schluß de» Haushalts- jahres 1324 in der Swatsverwaltung kein« neuen Stellen gesch-efstn und kein Personal eingestellt werde, abgesehen von drin- genden Ausnahmefällen, die durch Verordnung unter Gegenzeichnung des Ministerpräsidenten und de» Finanzministers geregelt werden sollen. Der Zlbg. Dovier-Laplerr« verlangt die Streichung de» gesamten Artikels, dessen erst« Hälft« er für gefährlich hält. Der Kammer müsse die Entscheidung über die Zweckmäßigkeit ge- wiff.'r Stellen allein überlassen bleiben. Di« Volksvertreter könnten die Beamten nicht der Willkür oder den Schikanen einer Regierung aussetzen, die sich des Artikels gegen diejenigen bedienen würde, die sich diesem oder jenem Stichwort nicht füg!«». Der Finanzminister hält dem Redner entgegen, daß es sich in keiner Weise darum Handel«, die statutenmäßigen Recht« der Beamten anzutasten, sondern darum, die Einrichtung neuer Stellen zu oerhmdern. Gegen den Artikel sprach auch de? Abg Leon Blum. B«i der Abstimmung über den Antrag Booier-Lapierre wird dieser mit 560 gegen 182 Stimmen abgelehnt. Die Kammer erledigt« weiter«ine Reih« von Abänderungs- antrügen, u. a. einen Antrag gegen die Subvention der Handels- s ch i f s a h r t vcm Abg. B o u i s s o n. der mit 573 gegen 200 Stim- men abgelehnt wird, nachdem der Finanzminister di« Der- tran«ns frage gestell. hatte. Di« nächste Sitzung findet morgen vormittag statt.

Rusilsthe Gefängniffe. Selbstmordversuch eines bekannten Kommunisten. Der bekiniute russische Kommunist Miasnikoss hat Mitte Januar im Gefängnis den Versuch eines Selbstmordes begangen. Im letzte« Augenblick wurde er aus der Schlinge befreit und ist am Lebcu geblieben. Um die Bedeutung der vorstehenden Nachricht zu würdigen, muß man die Geschichte dieses interessanien Menschen vor Augen führen. Miasnikoss, ein Metallarbeiter der Uralindustrie, ist Kommunist seit 15 Jahren und gehörte zur Kcrntruppe der Leninschen Partei. In den Jahren des Bürgerkrieges war er, wie die meisten kommunistischen Arbeiter, von Illusionen und überspannten Hoffnungen beseelt:« war an der Front energisch und heroisch tätig. Er war es aber auch. der den Großfürsten Michael(de» letzten Zaren Bruder) im Sommer 1V18 erschossen hat. Nachdem aber die Bürgerkrieg« beendet waren und die neu« t a p i t a l i st i s ch- kommunistisch« Politik der Sowset» regierung einsetzte, war Miasnikoss, wie auch viele andere kommu» nistische Arbeiter, für eine derror'stische Politik nicht mehr zu haben. Er richtete einen Appell an de» Parteivvrstand, die alten Methoden der Schreckensherrschaft aufzugeben:ihr verhaut die Bourgeoisie und wir Arbeiter verbluten dabei". Für derartiges Auftreten wurde er zuerst nach dem O st en verbannt: da er aber auch hier di« Unterstützung verschiedener Gruppen sich gesichert hatt«, wurde er zu» erst nach Moskau zurückberufen und verhaftet und schließlich nach Deutschland in«ine sowjetrussische Handelsvertretung b e- fördert. Im Herbst 1323, mit Erlaubnis seines Parteivorstand«», kehrt« er nach Moskau zurück. Diese Rückkehr hing damit zusammen, daß Miasnikossangesichts der bevorstehenden deutschen Revolution" für Beilegung des inneren Parteistreit» glaubte eintreten zu müssen. Es dauert« aber nicht lang«, und er kam wieder ins Gefängnis, um hier schließlich- seinen schrecklichen Entschluß zu fassen. Ueber die Diktatur und den Terrorismus der russischen kommu« nlstischen Partei reden diese Ereignisse eine so deutliche Sprache, daß es sich wirklich erübrigt, noch«in Wort»zuzufügen.

Begnadigung weißgardislischer OMzlere. Di« Sowsetregierung hat den zum Tove verurteilte,! weißgardistiichen General Pepel» j a e w und seine 20 Anhänger begnadigt.

Die Wahlen in Thüringen . Fort mit dem Ausnahmezustand!

I. Weimar II. Gera Iii. Meiaingeu IV. Aivstadl

Sozialdcm. 3« 200(3 Sitze) 6(i 011(5.) 46 200(3. i 40 683(5.')

Völkische 17 300(11 24 662(2) 13582<1) 21 249(1)

Weimar . 11. Februar.(Eigener Drahtberichk.) Vach dem vorläusigca amilichen Ivahlcrg bui» haben die Darteisn folgende Siimmenzahlen aus sich vereint und dementsprechend folgende Man. dal« erhallen: "'S" 38 600(3) 110 800 lS) 29 876(2) 91 966(7) 32 558(2) 93 500(7) 50 171(4) 88 335(7) Auf die Landesliste enisillen außerdem für die Sazialdemokralen und Kommunisten je ein Mandat, für den Ordnungsbund zwei Man. dal«, für die völkischen ein Mandat. Zlbgrgeben wurden insgesamt 803 215 Slimmen. Davon ent. fallen auf dl« VSPV. 183 094(15 Sitze), LPD. 149 205(12 Sitze), Ordnungsbund 38 1 601(32 Sitze). Völkisch« 76 793(6 Sitze), Freier Wirischastsbund 3326(0 Sitz). USP. 6196(0 Sitz). Dem neuen Thüringischen Landlag, der versassungsgemäß zehn Tage nach den Wahlen zufammenlcelm muß. werden solzende Mit. gi'iedcr angehören: Aus dem ersten Wahstreis die Sozialdemokraten Leder- Jena. K i e ß- Jena. Böhme. Weimar ; aus dem zweiien Wahlkreis Minister Frölich. Weimar , Minister Ereil- Sera. Gründlcr Greiz ; aus dem drillen Dahikrci» Minister her- mann-Weimar. L ä r h- Stünach. Reanerl-Meini.'.gea: au» dem vierlcn Wahl?:«!» Finanzmluifler h o r l m a« u. Weimar , Staalsral V l e li g k-Gehren. Staatsrat B r il l. Weimar, von den völkischen wird der bekannte onii'emUischz Azilotor Dr. Arthur Vinter mit terSünde wider da» Vlnk" künf.iz da? thüringische Parlament zieren. Die Demokra en entsenden dte drei bisherig:,, Abgeordurle,, Dr. Krüger, Frl. Dr. Schultz and Profcssor Dr. V o s e n l h a l- 2cna. Vom Lindl und sind gewählt dcssen thürin­gischer Führer H oeser und Dr. Weratck, von der Deutschen VolkTportet Dr. Willmann und der ehemaiige Minister in Son. dershausrn. Dr. Daum; neu in den Landleg zicht der keiner Parlet ungehörige Vorsitzende de» Deutschen veam.enbuudes. Slu'.ienrat Kühn. ein. Unter den gewählten Kommunisten be'indcn sich die bisherigen Abgeordneten Zimmermann. Sorsch, Neu- b a u e r, Tenne r, G e i l n e r. Bischof und Borchardt. Die 32 auf die Liste de» Ordnungsbundr» gewähllen Alzeard- neken verteilen sich etwa wie fo'zl: 8 Deutsche Volkspar- teiler(bisher 3), 5 vealfchuolionalc(bisher 4), 12 Land. bündler(birher 10). Z Demokraken. 2 B-rlrelcr von hiud- werk und Wirtschaft sowie 2 Vertreter auderer Berussstände. « Der ungekrönte König Thüringens , General Hasse, In dessen Borzimmer bekanntlich ein riesiges Hakenkreuz-Wahl- Plakat prangt, offenbar um die republikanische Zuverlässigkeit der Reichswehr zu demonstrieren, bat also auf der ganzen Linie ge egt. Dierote" Mehrheit Thüringens ist beseitigt und in allen deutschnationalen Blättern wird dieser Triumph über- schwänglich gemeiert. Wenn Generai H�sse nicht iehr bald be­fördert"wird, dann gibt es eben keinen Dank im Hause Geßler. Dennoch glauben wir, daß manchem alten deutschen General bei genauerem Nachdenken nicht übermäßig wohl zumute sein wird, wenn er die Aufgaben, die einst der deutschen Wehrmacht zufielen, mit denen vergleicht, die der heutigen Reichswehr auf- getrogen werden. Uno wenn sich gestern die Herren in der Bendlerstrahe gegenseitig dazu beglückwünschten, daß sie das operative Ziel voll erreicht haben, das General Hess? in seinem von uns zitierten Bericht so deutlich gekennzeichnet hatte, näm- lich die Erzwingung einer Regierungsmehrheit des Bürger- blocks, so müßten sie doch noch einer objektiven Prüfung des Erreichten einsehen, daß solcheSiege" mit mathemotischer Gewißheit zum Untergang Deutschland » führen müssen. Denn das wichtigste Kennzeichen des thüringischen Wahl- ergebnisses ist ja viel weniger die Schwächung der Sozialdemo- kratie, als das beträchtliche Anwachsen der beiden extremensslügelporteien. Wenn sich diese Tendenz in ganz Deutschland verallgemeinern und mit der Zeit von Wahl zu Wahl verstärken würde, dann würde das über kurz oder lang bedeuten, daß in Deutschland eine vernünftige Politiküberhouptnichtmehrmöglich wäre, son- dern nur noch«in gewaltsames Austragen der wirtschaftlichen,

sozialen und politischen Gegensätze zwischen den Dolschewlsten von rechts und links. Ist es übrigens nicht bezeichnend, daß gerade d i e Parteien am besten abgeschnitten haben, die Gene» ral v. Geeckt als Obermilitärbefehlshaber mit einem Federstrich verbieten zu können geglaubt hatte? Allein diese Tatsache be­deutet eine schwere politsche Niederlage für die jetzigen Inhaber der Exekuiivgewal: Es Ist eine alte internationale Er» Ehrung, daß d'« Sympathien breiter Schichten de» Volkes sich immer instinktiv denen zuwenden, die Gegen» stand einer politischen Unterdrückung sind. So war es in Deutschland unter dem Soziali st engesetz und, um ein Beispiel aus neuerer Geschichte und au» einem anderen Lande zu nehmen, sei hier an die Verfolguekgen erinnert, die die Regierung Poincar� zu Beginn der Ruhr- besetzung gegen die französischen Kommunisten ein- geleitet hatte. Damals, Anfang Januar 1S23, war die KPF. in voller Auflösung begriffen, ihr Absterben war nur noch ein« Frage von Wochen. Die Verhaftung von Cachin und Genossen, ihre Stellung unter chochverrotsanklage bedeutete ihre Aus» erstehung. Und es wird erzählt, daß der zynisch« und witzige Abgeordnete Mandel bei der Nachricht dieser Verfolgungen in den Wandelgängen der französischen Kammer höhnisch aus» rief:Poinears kann eben ohne Kommunisten nicht regieren. Er b r a u ch t sie, und weil er sich vor ihrem Verschwinden fürchtet, flößt er ihnen aus diese Art neue Lebenskraft ein!" Es soll zwar hier nicht behauptet werden, daß ähnlich« Gedankengänge bei dem Verbot der deutschen Kommunisti» schen Partei mitgespielt haben, denn für so machiavellistiich halten wir dieselben Reichswehrgeneräle nicht, die sonst bei fast jeder Gelegenheit beweisen, wie wenig sie den einfachsten poli» tischen Aufgaben gewach-en sind. Gewiß ist der Reaktion die Sozialdemokratische Partei , die streng aus dem Boden der von ihr selbst milgestlxisfcnen Reichsversassung steht und jede Gewaltpolitik ablehnt, ein viel unangenehme» rer und hasse nswerterer Gegner als die Kommu» nistischc Partei, die scheinbar idre Lebensaufgabe darin erblickt, dem Bürgertum Borwünde für einen bewaffneten Schutz zu liefern. Trotzdem können wir nicht glauben, daß es die Reichs» wehr bewußt darauf abgesehen hatte, die Kommunisten aus Kosten der Sozialdemokratie zu stärken. Wir müssen aber leid?? feststellen, daß die Wirkung der ganzen Reichswehr - Politik in Thüringen und im übrigen Reiche keine andere sein konnte als die Stärkung der Kommunisten. A e h n l i ch verhält es sich mit den Deutfchvölkischen, ob- wohl manche Anzeichen dafür sprechen, daß gewisse Reichs» wehrstellen trotz aller Verbote von oben heimlich mit einer Par» tei sympathisieren, d;e sitz auf dos Protektorat und die Führer» schaft eines Ludendorff berufen kann. Aber die einzige sicht» bare Wirkung der Ausnahmebestimmungen nach dieser Seite war. außer der Stärkung der Völkischen agf Kosten der Deutsch» nationalen. ein Masscnabwanderung der Haken» k r e u z l e r aus ibren verbotenen Verbänden in die fogenann- tenlegale n" Organisationen. Gerade in Thüringen sind jetzt derStahlhelm ", derWerwolf", derIungdentsche Orden" und ähnlich«legale" Verbände mit Hakenkreuzlern ge» füllt, die darin ihre eigenen Zellen und Gruppen bilden und den alten Stamm mit ihren Ideen systematisch und erfolgreich ansiecken Das ist der andereErfolg" des Belagcrungs- z"stondcs. Wir meinen, daß dem Relchswehrminister Dr. Geßler. dem alle diese Erscheinungen ebenso gut bekannt sind wie uns, allmählich vor den Folgen setnerSiege" bange werden dürste. Er selbst hat aber erst vor wenigen Tagen in Weimar erklärt, daß nach der Wahl in Thüringen der Belagerungszustand wohl endlich ausgehoben werden könnte. Wir erwarten be- stimmt, daß er dieses Versprechen nunmehr erfüllen wird, nicht allein wei' es sich um ein'Versprechen handelt, sondern auch, weil das Watzlresultat selbst am deutlichsten illustriert, wie politisch unsinnig und für Deutschland ver- hängnisvoll das System des Belagerungszustandes ist, welches noch vierundelnhalb Monaten solch« Ergebnisse auf- weist, wie die Ansttzwellung gerade derjenigen Parteien, die sich zum gewaltsamen Sturz der Reichsverfassung bekennen.