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Rechtsbeugungen in Bayern  .

Der Fall Rothenbücher.

München  , 13. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Das Verbot der Aufsehen erregenden Broschüre des Professors Rothenbücher Der Fall Kahr" ist auf folgenbe nicht uninteressante Weise, die die Methoden der bayerischen Grekutivgewalt fennzeichnet, zustande gefommen: Zunächst hat die Polizei direttion München   im Einverständnis mit dem Generalstaatskommissar die Bro schüre für ihren Amtsbereich vorläufig beschlagnahmt, und zwar, wie bekannt, megen Verächtlichmachung der Staatsanwaltschaft, ber in der Broschüre angeblich der Borwurf der Rechtsbeugung gemacht fei. Gleichzeitig wurde Strafanzelge erstattet. Als aber die Staatsan waltschaft die Beschlagnahme der Broschüre vom strafrechtlichen Standpunkt aus nicht für veranlaßt hielt, sprach der General. staatskommissar von sich aus bie endgültige Beschlagnahme für das rechtsrheinische Bayern   aus polizeilichen Gründen aus. Für Stahr war die Anficht maßgebend, baß Brofessor Rothenbücher durch Kahr war die Ansicht maßgebend, daß Brofessor Rothenbücher durch die Broschüre Einfluß auf das schwebenbe Strafverfahren nehmen

wollte, ein Bormurf, mit dem seit Tagen in der nationalistischen Breffe Münchens Sturm gegen Rothenbücher gelaufen wird.

Wirtschaftsfragen im Fünfzehnerausschuß.

Der Fünfzehnerausschuß des Reichstags beriet gestern eine Verordnung über Aenderung der Devisengeleg gebung. Bon der Reichsregierung wurde hierzu erklärt, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse es notwendig machten, die jetzt bei ein­seinen Verordnungen den Reichswirtschaftsminister ein­geräumte Befugnis, Ausnahmen zu bewilligen, auf die gesamten neu zusammenzufassenden Bestimmungen der Devisengefeggebung zu erstrecken und darüber hinaus den Reichswirtschaftsminister zu ermächtigen, für besondere Fälle Anordnungen ergänzen ben ober abweichenden Inhalts zu treffen. Der Aus­ichuß hatte teine Betenten dagegen, daß der Reichswirtschaftsminister bei der Zusammenfaffung der geltenden Borschriften in neuen Ber ordnungen   soweit die geltenden Vorschriften ändert, als es zur Ber einheitlichung oder Klarstellung erforderlich ist, auch seien Aus nahmen von den geltenden Vorschriften zuzulassen. Dagegen erfuchte der Ausschuß die Reichsregierung, tavon abzusehen, daß dem Reichswirtschaftsminister die Ermächtigung erteilt werde, für beson­zu bere Fälle Anordnungen ergänzenden oder abweichenden Inhalts 3

treffen.

Abbau der Sozialfürsorge.

Im Ermächtigungsausschuß wurde am Dienstag zu nächst die Verordnung über Fürsorgepflicht beraten und ver abschiedet. Nach diesem Gesetz sollen die Sozialrentnerfürsorge und die Armenfürsorge den Ländern überwiesen werden. Die Kriegs beschädigtenfüt forge verbleibt dem Reiche. Die Organisation der Gürsorgeträger foll die gleiche sein wie die der Armenfürsorge. A uf. gehoben werden die Gefeße über Notandsmaßnahmen für Rentenempfänger aus der Invaliden- und Angestelltenversiche. rung, über Kleinrentnerfürsorge, über Wochenfürsorge und das Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt. Der Ausschus beschloß, die Kriegsbeschädigtenfürsorge wie bisher aufrechtzuerhaiten. übrigen Fürsorgezweige fallen auf Grund der Berordnung mehr oder weniger an die Armenfürsorge. Der Ausschuß beschloß ferner, caß Beiräte aus den Kreisen der Fürsorgeberechtigten den durch führenden Behörden zur Seite gesetzt werden sollen. Der Ausschuß Aufgaben unter seiner Berantwortung der freien Wohlfahrtspflege

Alle

mar damit einverstanden, daß der Fürsorgeverband einzelne seiner

übertragen fann. Die Reichsregierung fann über die Boraussetzung. Art und Maß der zu gewährenden Fürsorge Vorschriften von all­gemeiner Bedeutung hierüber aufstellen.

Im meiteren Berlauf der Gizung wurde eine Berordnung über Ein- und Ausfuhr beraten. Wie die Reichsregierung Dazu ist festzustellen, daß erftens in der Angelegenheit Kahr, darlegte, beamedt die Berordnung 1. die Anpassung der Strafvor dem einzigen Hauptthema der Broschüre, gar fein gerichtliches Ber- fchriften und der wirtschaftspolizeilichen Bestimmungen der Berord­Die Sozialbemotraten verlangten dabei, daß die Für fahren anhängig ist und zweltens, daß in den letzten Monaten in nungen über die Außenhandelstontrolle an die gegenwärtige Birt einer Reihe von Schriften und Zeitungsartikeln die Materie des 8. fchaftslage und den derzeitigen Stand des unerlaubten Ein imt forgeberechtigten durch einen Reichsfürforgeausschuß bei dem Erlaß und 9. November eingehend pro Rahr behandelt worden ist, ohne Ausfuhrverkehrs; 2. die Entlastung der mit der Durchführung der diefer allgemeinen Borschriften mitwirten sollen und daß auch neben daß der Generalstaatskommissar hierin eine Einflußnahme auf das vorermähnten Bestimmungen befaßten Reichs- und Landesbehörden.   tem Reichsrat der Reichstag mitzubestimmen habe. Der Hierauf folgte die Beratung einer Berordnung über die Berein Ausschuß beschloß, daß der Reichstag   mitgehört werden soll, den Strafverfahren gegen Hitler   und Genossen erblickte. Erwähnt sei in fachung der Genossenschaftsbildung und die Förderung Fürsorgeberechtigten lehnte man dagegen die Mitbestimmung ab. diesem Zusammenhang auch eine längere fchriftlich gegebene Recht der Deblanderschließung. Die Reichsregierung wies darauf In der Berordnung ist weiter gefagt, daß die Interstügung. fertigung Loffows an das. Offizierkorps des thm unterstellten hin, daß seit einer Reihe von Jahren von der Deffentlichkeit die Arbeitsfähiger von der Leistung angemessener Arbeit abhängig bayerischen Behrfreises. Mit der Materie des Hitler- Prozeffes beschleunige Inangriffnahme der Erfchießung der umfangreichen noch gemacht werden soll und daß diejenigen, die, obwohl arbeitsfähig, faßt sich auch eine antwortliche Darlegung, die sich gegen in Deutschland   vorhandenen untultivierten Ländereien, namentlich die Berichte und Gerüchte über eine angebliche dirette Einmischung des Moors und Deblandes, verlangt werde. In letzter Zeit hätten infolge persönlichen Verhaltens der öffentlichen Armenpflege anheim­bes Generalstaatskommissars in das Verfahren zum Zwede der Ber. einige besonders in Betracht kommende Länder den Entschluß gefaßt, fallen oder einen Unterhaltsberechtigten anheimfallen laffen, in einer sich stärker als bisher mit der Urbarmachung auch tes in privater vom Land für gecignet anerkannten Anstalt oder sonstigen Arbeits fchleierung wendet, aber wenig durchschlagend ist. Hand befindlichen Deblandes zu befaffen. Erhebliche Mitte feien zu einrichtung zur Arbeit untergebracht werden, wenn fie derartige diefem Zwed ausgeworfen. Nun erschwere aber das umständliche Arbeiten verweigern oder Minderarbeit Ceiften. Die Bestimmung und zeitraubende Berfahren, das für die Gründung von Boten. über Minderarbeit" entsprang einen Antroge der Demokraten In einem Teil der Breffe mird eine Melbung aus München   beschleunigte Inangriffnahme der Rultivierungstätigkeit. Daher lege fchriften ab. Aber selbst ihr Antrag, daß in diesen Fragen ein Aus­verbefferungsgenoffenfchaften vorgeschrieben ist, die Die Sozialdemokraten lehnten selbstverständlich diese Bor. miedergegeben, der Reichspräsident habe eine gegen einen die Verordnung die Feststellung von Plan und Satzung der Ge­Dr. Gansfer gerichtete Beleidigungsflage zurückgezogen, trobem nossenschaft in die Hand der obersten Landesbehörde( unter Ausschuß der Fürsorgeberechtigten mitzubestimmen habe, wurde von den Bansfer die Behauptung aufgestellt habe, der Reichspräsident sei ein schaltung der Beschlußbehörden). Während bisher die Enteignung bürgerlichen Parteien niedergeftimmt. Landesverräter, weil er 1917 Leiter im munitions- von Moor- und Debland nur für Besiedlungszwecke und nur für arbeiterstreif gewesen sei. tas gemeinnüßige Siedlungsunternehmen zulässig war, soll sie in Vorauslegungen auch für Körperschaften und Brivate, bie die nötige Bufunft auch für Urbarmachungszwede und unter gewißen Gewähr für eine fachgemäße kultivierung bieten, zugelassen werden tönnen. Der Ausschuß befchioß, die Reichsregierung zu ersuchen, die gesamte Materie im Wege der ordentlichen Gesez­gebung zu rogein, nicht aber auf Grund des Ermächtigungsgesetzes.

Bayern   und der Reichspräsident.

WTB meldet:

Wie wir von unterrichteter Seite erfahren, ist die Zurückziehung bes Strafantrags aus folgenden Gründen erfolgt: Gansfer hat im Juni 1922 den Reichspräsidenten   in München   in ber angedeuteten Weise beleidigt. Da Gansfer den Wahrheitsbeweis antrat, wurde über die angebliche Teilnahme des Reichspräsidenten an dem Berliner   Munitionsarbeiterstreif im Januar 1918 eine ein­gehende Beweiscufnahme durch eidliche Bernehmung einer Reihe von Zeugen, darunter auch des Reichspräsiden ten selbst, veranlaßt. Die Aussage aller Zeugen hat ergeben, daß der Reichspräsident mit der Vorbereitung und dem Ausbruch des Streits weber dirett noch indirett das Geringste zu tun hatte und nach anfänglicher Beigerung schließlich in denselben ein zugreifen versuchte aus dem einzigen Grunde, Schlimmeres zu ver hüten und ihn möglichst schnell beizulegen.

Trotdem die Beweisaufnahme eine völlig einwandfreie Stärung des Sachverhalts ergeben haffe, hat das Schöffengericht München   den Reichspräsidenten zur nochmaligen Bernehmung in der Hauptver­handlung vorgeladen. Da diese persönliche Borladung sich mit den Borschriften der Strafprozeßordnung und mit der staatsrechtlichen Stellung des Reichspräsidenten nicht vereinbaren läßt und der tat­fächliche Sachverhalt durch die Beweisaufnahme völlig aufgeklärt war, hat der Herr Reichspräsident auf Anraten feines Rechtsbei. Standes Wolfgang Heine   ben Strafantrag zurüdgezogen. Er hat sich hierzu um so mehr entschlossen, als er infolge des felt der Beleidigung mehr als 19 Monate hingezogenen Berfahrens ein Interesse an der weiteren Rechtsverfolgung nicht mehr hatte.

Das amflich festgestellte Ergebnis der Scarwahlen zum Landes rat lautet: Bentrum 14 Gige, Sozialdemokratie 6, Kommunisten 5, Bolfspartei, Demokraten und Liberale 4, Hausbesig und Landwirt­fchaft 1, Saarbund 0, Deutschnationale 0.

Eine Gabe für die Atomforschung. Das amerikanische   Rockefeller  . Inftitut hatte vor furzem bem berühmten dänischen Altomforscher und Nobelpreisträger Prefeffor Niels Bohr   40 000 Dollar zur Er­weiterung des Inftituts für theoretische Phyfit überwiesen, dessen Beiter er ist. An die Gabe war jedoch die Bedingung gefnüpft, daß bie mit der Erweiterung der Anstalt verbundenen erhöhten Be­triebskosten vom dänischen Etaat getragen werden müßten. Den ersten Schritt zur Erfüllung dieser Bedingung hat jegt die Stadt Ropenhagen getan, indem sie der Anstalt den nötigen Baugrund zur Erweiterung geschenkt hat. Inzwischen ist Profeffor Bohr auch bei der Regierung um Bewilligung der Betriebskosten vorstellig geworden, und es ist zweifellos, daß sein Anfuchen bewilligt wird. Das Bohrsche Inftitut hat bereits umfassende Arbeiten für die theoretische Phyfit releistet Niels Bohr   selbst fonnte hier in jahre­langem Forschen die Arbeiten ausführen, die ihn zu feiner Atom­theorie leiteten, für deren Richtigkeit fast jeber Tag neue Be­ftätigungen bringt, und die sich als so fruchtbar für Chemie und Bhnfit erwiesen hat. Auf Grund dieser Theorie ist es dann den Brofefforen G. von Hevesy und Cofter gelungen, das neue Element Hafnium zu entdecken und damit eine der wenigen noch vor­handenen Lücken im periodischen System der Elemente auszufüllen.

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Die Staatsoper bereitet folgenbe Neuheiten vor: Jm Doernbaufe für Mitte März Sanurczets Jenufa", für Mitte April Korngolds  , Tote Stadt". In der Ober am Königsblas für 2. März Friedrich Emetanas Berlante Braut", anläklich des 100. Geburtstages des Stomponisten, und für Anfang April Marschners hans veiling". Generaln ufifdirettor Kleiber bat die musikalische Leitung der Renufa" und des bans Heiling, Stabellmeister Szell die der Verkauften Braut und der Toten Stadt" übernommen.

Marcell Salzer foliekt im Schillerlaal( nie) am 14., 16. und 17. Februar die Reihe semer diesjährigen etteren bende.

p. C. Tyndall spricht auf Einladung der Oumbolbi oldule om 16., 8 Uhr abends, in der Aula Georgenstraße 30/31 Shakespeares Hamlet"( aus dem Gedächtnis).

Ein neuer Flugmotor. Der Brofeffor der Petersburger Technischen Hochschule H. Held bat einen neuen lugmotor erfunden, der mit Naphtha arbiiet und burd fompromierte uit in Bewegung fommt. Der neue Motor wiegt hrmal weniger als die gewöhnlichen Motoren und verbraucht viel weniger Brennstoff.

De Bevölkerung Mosfans, ble in den Hung eisnotfabren start gurld. gegangen war, vermehrte sich in den Jahren 1922 und 1923 fortmåbrend. Ende 1923 zählte Mostau 1 542 874 Ei wohner, b. b. etwa O Broz. der Bevölkerung von 1915, wo der Höhepunkt mit 1984 000 Einwohner er. reicht par.

Eine neue Strafe. In Dms  !( Weftfibirien) zog vor einigan Bochen der Comjet der dortigen Bildungskurse einen der Hörer zur Verantwortung. wel er feine frau, ebenfalls Besucherin der betreffenden Borlefurgen, ge­brücelt batte. Das Schiedsgericht beschloß, wie ber Dit- Expreß berichtet, den Eduldigen für unwürdig der Bugebörigkeit der Roten tubentenschaft zu erflären. In Anerkennung feiner ehrlichen Neue und angesichts feiner proletarischen Herkunft wide ibm   indessen Strajauslegung geipäbrt, au­gleich aber vorgeschrieben, Treblis Buch Fragen der Sitte burchzuarbeiten und darüber dem Sowjet der Studierenden der oben genannten Kurse ein Referat zu erstatten.

In der Frage der Erwerbslosenfürsorge entschied der Ausschuß zu Artikel I Mr. 6§ 6c der Vorlage, der von der Erwägung ausgeht, daß es jüngeren Bersonen bel hin reichenden Anstrengungen auch bei wenig günstigem Arbeitsmartt mörlich ist, eine geeignete Beschäftigung zu erlangen, und der des halb Erwerbslofen, bie das 20. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Erwerbslofenunterstügung nur gewährt, soweit die oberste Landesbehörde oder die von ihr bezeichnete Stelle es für angebracht hält: Es mögen nur Erwerbslose unter 18 Jahren für diefen Paragraphen in Beracht tommen

Weiter beschloß der Ausschuß, die Regierungsvorlage möge in Artifel 1 Nr. 14§ 12a bahin geändert werden, daß die Ge­I meinde, die zur Auszahlung der Erwerbslofenunterstüßung zu ständig ist, auch verpflichtet ist, alle Erwerbslofen, die sie zu unterstützen hat, bei ber Allgemeinen Ortstrantentasse ihres Be girts oder einer anderen Kranfenfaffe, die in ihrem Bezirk thren Siz hat und deren Leistungen denen der Allgemeinen Ortstranten­talle mindestens gleichwertig find, gegen Krankheit zu verfidyern ficherten Berfonen in die Beitragspflicht einbezieht, wurde vom zu Artikel 2 Nr. 2, der die freiwillig gegen Krankheit ver Ausschuß ein Zufaß gewünscht, wonach auch diejenigen Angestellten und deren Arbeitgeber beitragspflichtig fein follen, die auf Grund des Versicherungsgefeßes für Angestellte pflichtversichert sind oder versichert wären, wenn sie nicht auf Grund der§§ 9-11 des An­gestelltenversicherungsgcfeges befreit wären.

Der Ausschuß ersuchte die Reichsregierung, bei Regelung der Arbeitspflicht folgende Gefichtspunkte zu berüdsichtigen: Der Erwerbslofe foll verpflichtet sein, eine nachgewiefene Arbeit, die auch außerhalb feines Berufes oder Wohnortes liegen darf anzunehmen, die ihm unter Berücksichtigung feiner förperlichen Beschaffenheit, feiner Kenntniffe und Fähigkeiten und feiner bisherigen Berufs­tätigteit billigerweise zugemutet werben fann, und die zu tariflichen Bedingungen, in Ermangelung folcher zu angemessenen ortsüblichen Bedingungen entlohnt wird. Der Ermerbslose foll nicht ver. pflichtet sein, Arbeit anzunehmen, die ihm nach feiner törper. ichen Beschaffenheit, seinen Kenntniffen und feinen Fähigkeiten und feiner bisherigen Beschäf'igung nicht zugemutet werden fann, oder für die nicht angemessener tariflicher oder ortsüblicher Lohn vereinbart ist, oder wenn die ihm ange botene Unterkunft gefundheitlich oder sittlich bedenklich ist; bei Unter­haltsverpflichteten, wenn die Berforgung der Unterstützten gefährdet ift. Insbesondere ist der Erwerbslche nicht verpflichtet, eine Be­fchäftigung anzunehmen, die durch Aussperrung oder Aus. ft and freigeworden ist. Diese Bestimmungen follen finngemäß auch für die Notstandsarbeiten oder für Arbeiten gelten, für die aus den Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge Darlehen oder Zuschüsse gewährt werden. Hierauf vertagte sich der Ausschuß.

Sparausschuß und Beamtenabbau.

Der Sparausschuß des Reichstags nahm am Mittwoch zum Abbau der Schwerbeschädigten folgende Entschließung an:

Die Reichsregierung wird erlucht, beim Abbau der Schwer beschädigten die weitestgehende Rücksichtnahme zu üben, unter allen Umständen aber das Abbauprozent der Schwerfriegsbeschä­bigten( gerechnet aus der Bahl) auf höchstens% des gesamten Ab­bauprozentes einzustellen."

Im übrigen erklärte die Reichsregierung auf eine fozial bemotratische Anfrage, daß nicht beabsichtigt fei, die im Reichsdienst beibehaltenen Angestellten( Kriegsbeschädigte, Berfor. gungsanwärter. Angestellte mit über 12 Dienstjahren) aus ihren Stel­fungen zu entlassen und an ihre Stelle abgebaute Beamte einzustellen. Außerdem hat der Sparausschuß inzwischen folgende Ent. Schließung einstimmig verabschiedet:

Die Reichsregierung wird ersuchi, 1. so schnell wie möglich eine Erhöhung der Gehälter der Beamten und Angestellten und der Löhne der Reichsarbeiter vorzunehmen; 2. die Beför derungssperre für die Beamten und das Verbot ber Einstellung außerplanmäßiger Beamter aufzuheben und min bestens jede zweite freimerdende Stelle wieder zu befeßen. Aus­nahmen hiervon find in fachlich begründeten und notwendigen Fällen durch besondere Genehmigung des Sparfommissars und des Reichsministers der Finanzen unter Mitteilung an den Haushalts­ausschuß des Reichstages zuläffig."

Die Reicheregierung wollte ferner ben§ 1603 des BGB.   ändern, nach dem es nicht mehr heißen foll, daß die Verwandten inge= pflichtig sind, soweit dies ihr standesgemäßer Lebensunierhalt zuläßt, raber Linie( Rinder, Eltern, Entel, Großeltern) unterhalts. sondern wenn durch die Unterhaltspflicht das Fortkommen des Jnan spruchgenommenen oder seiner Familie unbillig erschwert werde, Weiter follen unterstüßungspflichtig sein Geschwister, Stiefgeschwister und Stiefeltern. Diese Bestimmung wurde der Regierung ge= strichen, es bleibt bei den bisherigen Bestimmungen im§ 1603 des BGB  . Das Berlangen der Sozialdemokraten, einen Reichsfürsorgeausschuß aus den Kreisen der Fürsorgeberechti ten zu fchaffen, lehnte man auch hier ab. Was für die Kriegsbeschädigten feit Anbeginn besteht, hat man den Sozial- und Reinrentnern nicht gewährt.

Mit dieser Berordnung hat man in der Sozialfürsorge einen Die Armenpflege wird mit ihren häßlichen Begleiterscheinungen zur neuen Blüte. außerordentlich großen Abbau vollzogen. tommen, ohne daß sie nennenswert gebessert wäre. Sozial- und feinrentner und andere Erwerbsbeschränkte und Erwerbsunfähige, die zum größten Teil ein Leben treuester Pflichterfüllung hinter fich haben und durch die Folgen des Krieges in Not geraten sind, werden unbarmherzig in die Armenpflege hineingeworfen, und ihnen wird damit das Unwürbigste geboten, was man je einem Armen bieten fonnte, die Bettelei beim Armenpfleger und beim Armenamt. Klein- und Sozialrentner fönnen sich bei ber bürgerlichen Regierung und bei der bürgerlichen Mehrheit des Reichstags dafür betanten. In der Unfallversicherung plante das Arbeitsminifterium den Abbau der Renten unter 20 Broz. ohne jede Abfindung, und nicht nur derjenigen Renten, die bisher bestanden, sondern auch der fommenden Kleinrenten. Weiter sollte mit Zustimmung des Ber. liten bis eiro ließlich 30 Broz. abgefurben werden können. Die Regierungsvorlage wurde von den Sozialdemokraten lebhaft be. fämpft, une fchließlich mußten auch die bürgerlichen Barteien zu geben, daß diese Borloge nur auf dem ordentlichen Gefeßnebungs wege erledigt werden kann. Der Arbeitsminister sah sich baher ge­nötigt, die Borlage zurüdzuziehen.

Frankreichs   Abrüftung.

Auch eine Antwort an Macdonald. Paris  , 13. Februar.( EP.) In der Kammer iff elne Bor­lage über die Organisation der Nation in Kriegszeiten ein­gebracht worden. Sie geht von der Voraussehung aus, daß in Zu­fanft mit einer immer längeren Kriegsdauer gerechnet werden müsse und daß somit alle Zweige der nationalen Tätigkeit zur Landesverteidigung herangezogen werden müffen. Deshalb feien vor allem die Verkehrsmittel so auszubauen, daß fie jederzeit den Ansprüchen des Krieges genügen fönnten. Das gleiche Prinzip folle auch für die Produktion, die geistige Arbeit und die Regelung der Beziehungen zwischen dem Staat und seinen Bürgern angewandt werden.

Die Pariser   Finanzdebatte.

Paris  , 18. Februar.  ( WTB.) In der Kammer bekämpfte der Führer der Sozialistisch- Radifalen erriot die 20vrozentige Steuererböhung und forderte eine schärfere Gerangiebung bes Stapitals zu den Steuerleistungen.

Obschon 15 Redner eingeschrieben waren, wurde nach dem pierten die Generaldebatte geschlossen. Am Nachmittag sprach zuerst Atg. Bincent Auriol( S03). Er beantragte, den Artikel 3 aus. zumerzen und dadurch auf die 20prozentige Steuererhöhung zu ver­zichten.

Zweijährige Dienstpflicht in Polen  .

Warschau  , 13. Februar.( DE.) Nach dem vom polnischen Sefm biefer Tage in dritter Lesung angenommenen Wehrpflichtgesetz bauert bie Dienstzeit im polnischen heer zwei Jahre. Polen   hat damit die längste Wehrpflicht in Europa   ein­geführt, denn Frankreich   und Sowjetrußland begnügen sich mit 18 Monaten. Die Parteien der Linten kämpften jedoch vergeblich mit der zweijährigen Dienstzeit das ganze Gesetz stehe und falle. um eine Berkürzung. Der Kriegsminister Sosnowski erklärte, daß Bei der Ausdehnung der polnischen Grenzen bedürfe Bolen einer bestehenden Armee von mindestens 290000 Mann. Von sozialistischer Seite war einjährige Dienstzeit beantragt worden Für diesen Antrag stimmten auch die' nationalen Minderheiten, mit Ausnahme der Utrainer, welche das Gefeß en bloc ablehnten. Doch wurde es in der wenig geänderten Regierungsfaffung an.

Ueber den Abbau der Lehrerschaft teilte die Reichsregierung mit, daß diese Frage zurzeit noch mit den Landesregierungen sprochen wird und sich die Materie noch nicht übersehen lasse.

Die angekündigten Kommunistendemonstrationen haben nicht stattgefunden. Kleinere Versuche in Hamburg   und Königs. berg wurden im Reim erstickt.

genommen.