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Pirmasens und Poincaré .

Er beschuldigt die bayerische Regierung. Paris , 15. Februar.( Eca.) Kammer. 3m Berlauf der Steuerdebatte tam es zu einer kurzen Aussprache über die Ereig­uiffe in der Pfalz . Nach einigen Bemerkungen, daß die Vereinig­ten Staaten und England noch nicht bereit seien, ihre Rüstungs­ausgaben zu beschränken, jagte Abg. Lefèvre, die Ereignisse von Pirmasens müßten die Kammer zum Nachdenken veranlassen. 3n einem Ort, 11 kilometer von Frankreichs Grenze, der von den Franzosen besetzt sei, habe eine deutsche Truppe ein Gebäude be­lagert und gegen die Separatisten gewütet. Das beweise eine An­griffstraft, die für die Zukunft nicht gerade beruhigend wirke. Der Royalist Leon Daudet rief, es sei ein außerordentlich ernstes Unzeichen, daß die französischen Behörden eine große 3u

rüdhaltung bewahrt hätten.

Diese Bemerkung veranlaßte Poincaré zu erklären: Die französische Bejahungsbehörde hätte die neutralität bewahrt, indem sie soweit wie möglich für Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung gesorgt hätte. Die Rheinlandtommission habe einstim. mig den Belagerungszustand verhängt, und es fel nicht bestimmt festzustellen, ob die Ereignisse Frautreich Recht gegeben haben und ob jeine Allierten begriffen haben, daß der Angriff haben und ob seine Alliierten begriffen haben, daß der Angriff von der nationalistischen bayerischen Regierung ausging.

Die Lösung der Pfalzfrage.

Mannheim , 15. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Die aus je einem Franzosen, Engländer und Belgier bestehende Unter­fuchungstommiffion, die im Auftrage der Rheinlandtommis­sion die jüngsten Vorgänge in der Pfalz untersuchen soll, hat ihre Tätigkeit in Speyer damit begonnen, daß sie die Bürgermeister der größten Städte des Landes, von Speyer , Ludwigshafen , Kaiserslautern , Pirmasens und Landau zu sich bat und sich von ihnen Bortrag halten ließ über die Stimmung und die Ereignisse in einzelnen Städten. Die weiteren Verhandlungen wurden mit dem pfälzischen Kreistag und vor allem dessen Borsigenden ge­führt. Auch die Vertreter der pfälzischen Preffe sind bereits von der Kommission gehört worden. Im Verlauf der Verhandlungen gaben die Mitglieder der Kommission von Anfang an ihrer Auffassung einmütig dahin Ausdruck, daß die Pfalzfrage eine Lösung nach den Wünschen der Bevölkerung finden folle; daß aber die Kommission, die ihre Aufgabe dahin sehe, die Ruhe und Ordnung wiederherzustellen, von der Bevölkerung in Zukunft völlige Ruhe

erwarte.

Auch Landstuhl befreit.

Landstuhl , 15. Februar.( Mtb.) Die hiesige separatistische Be. irtsamtsaußenstelle wurde von den Separatisten geräumt. Nachmittags gegen 2 Uhr 30g ein Teil der Bevölkerung por das Stadthaus, holte die separatistische Fahne herunter und zog dafür eine Fahne in den bayerischen Farben auf. Sodann wurde auch Dom Bezirksamtsgebäude, aus dem die Separatisten ebenfalls ge­flohen waren, die Berräterfahne heruntergeholt. Zu Ausschreitungen rber Ruheſtörungen ist es nicht gekommen. Im Finanzamt und in der Bezirksamtsaußenstelle sind die deutschen Beamten wieder ein­gezogen. Französisches Militär patroulliert in den Straßen.

Verkehrsfreiheit im besetzten Gebiet.

Köln , 15. Februar. ( WTB.) Die Rheinlandtommiffion teilt mit, daß die Ordonnanz 177 für alle befeßten Gebiete aufgehoben wird. Der Berkehr ist demnach innerhalb der be­

fetten Gebiete vollkommen frei. Ebenso ist die Aus­fuhr von ausländischen oder inländischen Brennstoffen( Rohle, Rots oder Braunkohle) nach dem unbefehten Deutschland und dem Aus land wieder gestattet. Die Einfuhr ausländischer Rohlen bleibt jedoch weiter von einer Einfuhrbewilligung abhängig.

Die deutsch - polnischen Verhandlungen in Genf haben be­gonnen. Borsigender ist Sonza Darte( Brasilien ). Es handelt sich um die Artikel 3 und 4 des Vertrages über die nationalen Minoritäten, insbesondere um Staatsangehörigkeit und Optior.

Bewunderer Don Benitos, dessen sämtliche Werte ich fenne. Jeden Tag lese ich ein paar Seiten seiner Bücher und jeden Tag erscheint er mir größer. Mein Weg von und zu der Arbeitsstätte führt mich täglich an Ihrem Hause vorbei."

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" Sehr schön," unterbrach ihn Don Benitos Enfel. Aber womit kann ich Ihnen dienen?" " Ich komme mit der Bitte," antwortete der Mann, mir einfachen Mann zu gestatten, die Gedenktafel, mit der der Stadtrat nicht fertig werden fann, persönlich anbringen zu dürfen." Selbstver ständlich wurde ihm die Erlaubris erteilt und am Silvestertag des vorigen Jahres befand sich die Gedenktafel auch schon an Ort und Stelle. Der Arbeiter meigerte sich energisch, seinen Namen zu nennen und begründete diese Weigerung, daß ja auch Don Benito von seiner Eristenz nichts gewußt habe.

Revolutionshochzeit von Sophus Michaelis. ( Renaissance­Theater.) Ein Spiel von Liebessucht und Lebensgier, von Todes­furcht und Heldsamkeit, mit Marseillaisentlang und Freiheitsschall, ein Schau- Spiel. Blendende Darstellung in den Hauptrollen, ver­fehlte in den Nebenrollen, primitive Regie und ein lauter Erfolg. Dgr.

Ein neuer Weg zur Krebsverhütung? Wie uns durch eigenen Drahtbericht aus London gemeltet wird, bringt Evening Standard" einen aussehenerregenden Bericht über neue Krebsfor­schungen des Dr. Louis Sambon, eines Londoner Fachmannes für Tropenfrankheiten Dr. Sambon wurde von der britischen Kom­mission zur Bekämpfung der Krebskrankheiten beauftragt, die adria­tische Küste Italiens zu befuchen, wo solche Krankheiten in einigen Gegenden außerordentlich häufig auftraten. Es gelang den Unter fuchungen Dr. Sambons, ganz neues Licht auf die Ursachen des Krebses zu werfen, und es ist denkbar, daß sie zu einer Berhütung der Krankheit führen können. Einige Gegenden, die er besuchte, boten einen günstigen Boder für seine Arbeit. In einer Ortschaft fand er z. B. 500 Personen, die am Krebs litten, in einer anderen war fast jeder Einwohner frebstrant. Nicht weit dapon gab es Ortschaften, wo ein Krebsfall seit 20 Jahren nicht mehr vorgekom men war. Eine genaue Untersuchung der Lebensbedingungen in den beiden Gebieten haben zu höchst wertvollen Ergebnissen geführt. Es ist zu hoffen, sagt Standard", daß diese Forschungen die Krebs­frage auf den rechten Weg bringen und einen Schritt nach vorwärts bedeuten werden.

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Tutankhamen für die Aegypter. Aus Kairo wird gemeldet, die ägyptische Regierung habe beschlossen, die Fortsetzung der Aus­grabungsarbeiten am Grabe Tutankhamens dem Departement für Altertumsforschung zu übertragen. Der Eingang des Pharaonen grabes wird gegenwärtig von einer starken Polizeiabteilung bewacht. Die Blätter fordern, daß die Ausgrabungen fünftig in ägyptischen Händen bleiben.

Eine gencue Nachbildung des Grabes und seines Inhalts wird englischerseits auf der großen britischen Reichsausstellung vor­geführt werden.

ziger Strake 3.

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Borträge. Der Breußische Minister des Innern Sebering ipricht an der Leffing- Hochschule über Bege zu beutscher Zutunft": am Sonnabend 8 Uhr im Bienai faal des ehemaligen Herrenhauses, Leip: Eine Führung durch die Abgußfammlung griechischer Bildwerke in der Universität, Dorotheenftrane, findet Sonntag, den 17., vormittags 11 Uhr, statt. Eintrittspreis 30 Pf.

in

Das Gesetz gegen die Gemeinden.

ihrer endgültigen Fassung vor. Sie wird, unbeschadet der Aus­Endlich liegt die fo lange umfämpfte dritte Steuernotverordnung| gar Beseitigung des Reichsmietengefeges, zugunsten einandersetzungen in Reichstag , die Finanzgebarung der diefe feine Auffassung mehrfach bekundet und in der Fassung der des Hausbefizes hinsteuert. Der Finanzminister Dr. Luther hat über dem ersten Entwurf für die Gemeindefinanzen in zahllosen Die ausdrückliche Festlegung des dem Hauswirt zur Verfügung Gemeinden aufs wesentlichste beeinflussen. Sie bedeutet gegen Berordnung finden sich die Spuren dieser Anschauung deutlich genug. wichtigen Punkten eine ganz bedeutende Verschlechterung. stehenden Mietanteiles auf 30 Proz. der Friedensmiete am 1. April Die endgültige Fassung behält zunächst die im ersten Entwurf bereits 1924 bedeutet bereits jetzt schon eine sofortige und wesentliche Steige. vorgesehene neue Belastung der Gemeinden bei. Die bisher rung, denn in den Ländern, in denen, wie in Preußen, jetzt bereits gezahlten Besoldungszuschüsse fallen fort, der feit Ende Dezember 30 Broz. Miete erhoben werden, lasten auf diesen 30 Broz. bedeutende schon mesentlich gekürzte Sazz der Zuschüsse, wird vom 1. Februar meinden darstellen. Der Ertrag der neuen Steuerquelle ist voll. durch eigenartige Berechnungsmethoden des Reichsfinanzministeriums Grundsteuern, die wesentliche Einnahmequellen für Land und Ge­auf 50 Proz., vom 1. März auf 25 Proz. verkürzt, vom 1. April ab tommen unsicher. Der Versuch ihrer Erhebung muß zu den erledigt sich diese Einnahmequelle überhaupt. Es bleibt dabei, daß schwersten Berwicklungen führen und die Gemeinden in ihrer sozia­len Aufgabe aufs allerschwerste schädigen. In ganz fur­die Aufgaben der Wohlfahrtspflege, des Schul- und Bildungswesens und der Polizei den Ländern nach Maß- zer Zeit bereits wird sich herausstellen, daß die starke Neubelastung gabe näherer reichsrechtlicher Vorschriften zu selbständiger Regelung" der Gemeinden mit dieser Steuer nicht gedeckt werden kann. überlassen werden. Die Angaben der Berordnung auf diesem Ge. Außerordentlich wichtig für die Gemeindefinanzen sind die Be­biete weichen nicht wesentlich von der ursprünglichen Faffung ab. Stimmungen, die die Anleihen der Gemeinden im Gegensatz Es bleibt dabei, daß dieser Belastung, deren Ausmaß trotz der zu den Anleihen des Reiches und der Länder ausdrücklich beson­Schäzung der Reichsregierung auf 400 Millionen Goldmart noch deren Borschriften unterwirft. Offenbar soll die Aufwer vollkommen ungewiß ist, verhältnismäßig unbedeutende Er- tungsmöglichkeit, die bei den Schuldverpflichtungen des Reiches durch höhungen der Gemeindeeinnahmen aus der Neuregelung des Finanz- die Reparationslaften eingeengt ist, bei den Gemeinden durch Zu­ausgleiches bei Einkommen-, Körperschafts- und Umsatzsteuer gegen- griff auf ihr Bermögen erweitert werden.§ 16 Abs. 3 bestimmt überstehen. ausdrücklich, daß die oberste Landesbehörde beim Borliegen beson= derer Verhältnisse für die Anleihe einer Gemeinde oder eines Ge. meindeverbandes" eine von den Bestimmungen für die Reichs- und Länderanleihen abweichende Regelung treffen kann. Damit schwebt über allen deutschen Gemeinden die Drohung einer neuen, in ihrem Ausmaß nicht zu übersehenden Belastung. Und diese Drohung muß selbstverständlich die finanzielle Lage der Gemeinden, die ohne jeben Kredit sind, aufs äußerste erschweren.

Das Kernstück der neuen Einnahmen verbleibt entgegen dem ausdrücklichen Willen der Parteien die gefeßliche Möglichkeit für die Länder, eine Mietsteuer einzuführen. Die einschlägigen Be­stimmungen der Verordnung lassen klar erkennen, daß um diese Mietsteuer und ihre detaillierte Ausgestaltung, durch die ihr Charafter unter Umständen wesentlich beeinflußt. wenn nicht ganz geändert werden fann, die entscheidenden Auseinander. fegungen erst in den Ländern stattfinden müssen. Wir werden also in allen deutschen Ländern in ganz furzer Zeit die heftigsten parlamentarischen Kämpfe um die Neu­gestaltung des Mietwesens bekommen. Daß 10 v. H. der auf­tommenden Steuererträge der Förderung der Neubautätigkeit zu gewandt werden sollen, bedeutet nur eine bei der Lage auf dem Wohnungsmarkt unvermeidliche; aber deswegen doch für die bürger­lichen Parteien peinliche Konzeffion. Biel flarer als in der ersten Fassung kommt der Wunsch der Reichsregierung zum Ausdruck, diese Erhöhung der Mieten, soweit sie Erträgnisse für die Deffent Itchkeit abwirft, auf eine bestimmte Zeit zu beschränken. Als Termin ist der 31. März 1926 angegeben. Die Beschränkung soll nicht etwa erfolgen, weil man hofft, in furzer Zeit diese unsoziale Steuer durch Belastung des Besizes zu ersetzen, sondern weil man offenbar auf eine generelle Erhöhung der Mieten, auf eine Aenderung, wenn nicht

Französische Klassenjustiz.

Paris , 15. Februar. ( WIB.) Der Geschäftsführer der Hu­manité" Bandeputte war megen Veröffentlichung der Berliner Rede des Dichters Barbusse in Form einer Adresse an die deutsche Arbeiterschaft, insbesondere die des Ruhrgebiets, in An= lage zustand versetzt worden, und gleichzeitig mit ihm die Mit­glieber der tommunistischen Jugendpereinigung Poriot und Rebertois. Die Angellogten find gestern zu folgenden Strofen

verurteilt worden: Poriot zu 6 Monaten Gefängnis und 100 Franken Geldstrafe, Bebertois und Bandeputte zu 4 Monaten Gefängnis und 100 Franken Geldstrafe.

Aufschub der französischen Kammerwahlen?

Paris , 15. Februar. ( WTB.) Nach dem Quotidien" foll der Ministerrat gestern mit Rücksicht auf die voraussichtliche Finanz­debatte in der Kammer und besonders im Senat in Erwägung ge­zogen haben, die Kammerwahlen bis zum 11. Mai auf zu schieben.

Vor einem Hafenarbeiterstreik in England.

London , 15. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Heute war ber kritische Tog in dem Dodarbeiterkonflikt, ba, wenn Sie Berhandlungen fehlschlugen, der Streif am Sonnabend beginnen soll. Bisher sind die Versuche, cine Einigung zu erzielen, trotz der Vermittlung des Arbeitsministers Shaw vergeblich gewesen. Infolgedessen hat der Hafenarbeiterverband on die Bezirksleiter Parole auszugeben, daß die Arbeit am Sonnabend, 12 Uhr mittags, in allen Häfen die Anweisung telegraphisch ergehen lassen, die niederzulegen sei, es sei denn, daß bis dahin eine Gegen parole eintreffen würde". Es besteht demnach eine gewisse Hoffnung, daß noch im Laufe des heutigen Abend ein Kompromiß gefunden

werde.

Macdonald erkrankt.

London , 15. Februar.( EP.) Die Times" teilen mit, daß macdonald an Neuritis( Nervenentzündung) ertranft ist.

Arbeiterpartei und Internationale.

London , 15. Februar. ( BTB.) Im Oberhause fagte gestern Lord Parmoor gegenüber den Behauptungen Lord Charm. woods und des Herzogs von Northumberland , der Premierminister hätte bereits erklärt, daß die Arbeiterpartei von der Internationale in ihrem Wahlprogramm enthaltenen Politik stehen. pollkommen unabhängig sei. Die Arbeiterpartei werde zu der

Der Poplar- Konflikt.

sprechen ausführlich den von den Liberalen im Unterhaus ein­Condon, 15. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Die Blätter bz­gebrachten Antrag gegen den Gesundheitsminister Wheatley. Der Antrag geht dahin, daß die von dem sozialistischen Stadtrat der Londoner Borstadt Poplar ausgezahlten Arbeitslosenunterstüßungen, die vom Minister gutgeheißen wurden, rüd gängig gemacht diesen Antrag unterſtüßen werden, jedoch foll seine Begründung in werden. Die Blätter meinen, daß eine ganze Anzahl Konservativer einer Form erfolgen, die vom Ministerpräsidenten nicht als ein fundheitsminister betrachtet zu werden braucht. Der Antrag besagt, Mißtrauensvotum gegen ihn oder auch nur gegen den Ge­daß die vom Minister angeordnete Maßnahme die Gefeßwidrigkeit und Vergeudung fördern würde, und erflärt, daß das enzige Mittel, die Schwierigkeiten beizulegen, in denen sich die von der Not heim gesuchten Bezirke befinden, in einer Reform der Londoner Ge­meindeverwaltung liege. Macdonald fogte am Donners­tag im Unterhaus, daß diese Frage nicht als eine Parteifrage be­handelt werden sollte. Es handle sich nicht um einen Gegensaj zwischen Bergeudung und Sparsamkeit, sondern um die Wirksamkeit diefes oder eines anderen Vorgehens. Indessen erwartet man, daß der liberale Führer Sir John Simon im weiteren Berlauf der Debatte die Zurüdnahme der Verfügung des Gesundheitsminifters vor allem darum fordern wird, weil sie mit den bestehenden gefez lichen Bestimmungen im Widerspruch stehe. Die Arbeiter­

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Ein gutes hat vielleicht der neue Finanzausgleich doch für sich. Er ist in all seinen Zeilen so unzureichend und so sehr Augen­blidsarbeit, er bringt so wenig endgültige und finanziell befriedigende Lösungen, daß man ihn ohne weiteres als ein Provisorium bezeichnen fann. Der wirkliche Finanzausgleich steht erst bevor. Er hängt selbstverständlich mit der möglicherweise kommenden Lösung der Reparationsfrage zusammen. Borläufig werden die Gemeinden auf der neuen Grundlage nur von der Hand in den Mund leben fönnen. Abbau und nicht Aufbau wird unter dem Zeichen dieser, den Stempel der Steuerscheu deutlich an der Stirn tragenden Steuer­regelung immer noch die Parole der Gemeindepolitik bleiben müssen. Erst die Erkämpfung einer gerechten Berteilung der Steuer­laften und eine Heranziehung der wirklich leistungsfähigen Kreise wird auch den Gemeinden die neuen Lebensmöglichkeiten erschließen, die fie unbedingt gebrauchen,

partei stimmt grundsätzlich dem in dem Antrag zum Ausdruck ge­brachten Standpunkt zu, daß die Maßnahmen mit den gegen= wärtigen gefeßlichen Bestimmungen nicht zu vereinbaren seien; aber wie Macdonald in seiner Rede erklärt hat, handelt es sich um längst peraltete gesetzliche Bestimmungen. Insbesondere müsse die Frage geprüft werden, inwiefern die Kommunalpolitik finanziell den Bedürfnissen der armen Bevölkerung entspreche.

Aenderung der Erwerbslosenfürsorge.

Nene Beitragslaft für Arbeitende.

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Die Nachtausgabe von WTB. bringt folgende Mitteilung: Der noch immer außerordentlich große Umfang der Arbeits­losigkeit, die Lage der öffentlichen Finanzen und die Notwendigkeit

des Gleichgewichts im Reichshaushalt, die gerade in den Berhand­lungen mit dem Internationalen Sachverständigenausschuß bison­ders deutlich geworden ist, haben eine Nachprüfung der Bestimmun gen über die Erwerbslosenfürsorge im Sinne wirtschaftlicher Aus­geftaltung notwendig gemacht. Diese ist in der Verordnung der Reichsregierung vom 13. Februar 1924 erfolgt.

Die Pflicht der Erwerbslosen , für die öffentliche Unter­stügung eine gewissen Gegenleistung durch Arbeit einzuführen, wird

beibehalten, jedoch ist der Grundfaß, daß die Pflichtarbeit ich auf gemeinnügige Arbeiten beschränkt, schärfer herausgearbeitet und sichergestellt, daß die Arbeitslosen nur zu olchen Pflichtarbeiten herangezogen werden, die ihnen nach ihrem törperlichen Zustande zugemutet werden fönnen. Zu den Pflicht arbeiten können auch jugendliche Erwerbslose unter 16 Jahren herangezogen werden, die dann auch stellt, daß der Arbeitsmarkt für diese Altersgruppen besonders un­Unterstützung erhalten. Im übrigen werden Erwerbslose unter 18 Jahren nur unterstüßt, wenn die oberste Landesbehörde fest­ftellt, daß der Arbeitsmarkt für diese Altersgruppen besonders un­

günstig ist.

gelung für alle Berufe und alle Gegenden sich immer schwieriger er­Die Kurzarbeiterunterstützung, deren zentrale Re­

weist, ist in das Ermessen der Obersten Landesbehör= den gesiellt worden. Einem dringenden Wunsche von Länderseite murde stattgegeben, indem zur Aufbringung der Kosten der Erwerbs­losenfürsorge die Arbeitgeber und Arbeitnehmer fünftig mit je Hundertteilen vom Lohn herangezogen wer­den. Andererseits soll geprüft werden, ob nicht Berufsgruppen, bei denen erfahrungsgemäß Erwerbslosigkeit felten ist, durch diese Bei­träge unverhältnismäßig belastet wären, und von der Zahlungspflicht auszunehmen sind. Die neue Berordnung gibt hierzu die Möglichkeit.

Abbau der sozialen Fürsorge. Suspendierung des Hebammengesezes.

Im ständigen Ausschuß des Landtags wurde ter Entwurf einer Verordnung über die vorläufige Ausjegung der Durchführung von Vorschriften des Hebammen. gesehes beraten. Das am 1. April 1923 in Kraft getretene Gesetz, das bei aller Unzulänglichkeit den Hebammen annehmbare Borteile brachte, ist bei ciner größeren Reihe von Städten und Gemeinden noch nicht in Kraft getreten. Auch hier müssen wieder die bekannten finanziellen Nöle herhalten: die Durchführung der Wahlen zu den Heban menstellen sollen zu hohe Kosten verursachen. Die Regierung wellte das Gesetz fuspendieren, bis wieder günstigere Zeiten den Gemeinden winfen. Der Berichterstatter Genosse Dr. Beyl wandte sich entschieden dagegen, die Aufhebung des Ge feges ohne jete Befristung zu erklären. An Stelle der Hebammen­stellen sollten, so schlug er vor, freie Kommissionen treten, zu denen die Hebammenorganisationen ihre Vertreter entsenden. Diese Kommiffionen sollten zunächst an Stelle der Reishebammen und Provinzialhebammenstellen treten. Als Rotbehelf fönnte man sich mit diesem Borschlag einverstanden erflären. Es gelang lediglich die Befristung der Suspendierung bis zum Aprif 1925 zu erreichen. Eine tompafte bürgerliche Mehrheit lehnte die freien Kommiffionen ab. Seitens der Staatsregierung wurde aller­dings zugesagt, die Hebammenorganisationen follten bei allen sie angehenden Fragen gehört werden. Einc entsprechende Anweisung werde an bie nachgeordneten Behörden ergehen.